BGE 146 V 240 | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 24.10.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
23. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Bundesamt für Gesundheit gegen A. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
9C_805/2019 vom 2. Juni 2020 | |
Regeste |
Art. 61 lit. c ATSG; Art. 25 Abs. 1 und 2 lit. b, Art. 34 Abs. 1, Art. 52 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 und lit. b KVG; Art. 63 Abs. 2, Art. 65, Art. 71a Abs. 1 lit. a und b, Art. 71b Abs. 1, Art. 71c, Art. 71d KVV; Kostenübernahme einer Kombinationstherapie ausserhalb der Spezialitätenliste (SL). |
Es kann von einem kantonalen Versicherungsgericht nicht erwartet werden - und würde den in Art. 61 lit. c ATSG verankerten Untersuchungsgrundsatz sprengen -, ohne jegliche Anhaltspunkte von sich aus nach sämtlichen möglichen Therapieoptionen zur Behandlung eines multiplen Myeloms zu forschen (E. 8). | |
Sachverhalt | |
A. Der 1942 geborene A. ist bei der Sanitas Grundversicherungen AG (nachfolgend: Sanitas) obligatorisch krankenpflegeversichert. Seit 2007 leidet er an einem rezidivierenden multiplen Myelom. Mit Eingabe vom 14. Dezember 2017 ersuchte der behandelnde Arzt Prof. Dr. med. B., Hämatologie FMH, die Sanitas um Kostengutsprache für die Behandlung von A. mittels einer Kombinationstherapie mit Darzalex/Revlimid/Dexamethason. Am 2. März 2018 verfügte der Krankenversicherer, namentlich gestützt auf die Stellungnahme seiner Vertrauensärztin vom 25. Januar 2018, die Leistungsablehnung, da die Voraussetzungen einer ausnahmsweisen Übernahme der Kosten nicht gegeben seien. Dagegen liess A. Einsprache erheben, welcher Berichte des Prof. Dr. med. B. vom 19. und 25. März 2018 beilagen. Am 27. März 2019 äusserte sich die Vertrauensärztin der Sanitas erneut in der Sache, woraufhin Letztere mit Einspracheentscheid vom 29. März 2019 an ihrem abschlägigen Bescheid festhielt.
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B. Im dagegen angehobenen Rechtsmittelverfahren reichten die Parteien Berichte und Stellungnahmen des Prof. Dr. med. B. vom 6. Juni 2018 sowie 17. und 18. Juni 2019 und der Vertrauensärztin der Sanitas vom 31. Mai 2019 ein. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess die Beschwerde in der Folge mit der Feststellung gut, dass die Sanitas für die Behandlung von A. mit der Kombinationstherapie Darzalex/Revlimid/Dexamethason leistungspflichtig und der angefochtene Einspracheentscheid vom 29. März 2019 aufzuheben sei.
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C. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei der Einspracheentscheid der Sanitas vom 29. März 2019 zu bestätigen. Mit der Eingabe werden diverse wissenschaftliche Studien und fachmedizinische Berichte aufgelegt.
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A. lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen, soweit darauf einzutreten sei; ferner seien die durch den eigens in Auftrag gegebenen beiliegenden Bericht des Prof. Dr. med. B. vom 3. Februar 2020 verursachten Kosten von Fr. 1'750.- im Rahmen der zuzusprechenden Parteientschädigung zu berücksichtigen. Die Sanitas verzichtet auf einen förmlichen Antrag in der Sache.
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D. Mit Eingabe vom 25. Mai 2020 lässt A. ein Gesuch um vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 104 BGG stellen.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.
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Aus den Erwägungen: | |
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Erwägung 5 | |
5.1 Die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) übernimmt die Kosten für die Leistungen, die der Diagnose oder der Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen (Art. 25 Abs. 1 KVG). Diese Leistungen umfassen unter anderem die ärztlich verordneten Arzneimittel (Art. 25 Abs. 2 lit. b KVG). Ein Arzneimittel im Sinne dieser Bestimmung kann nur sein, was auch ein Arzneimittel im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte ist (Heilmittelgesetz, HMG; SR 812.21; GEBHARD EUGSTER, Die obligatorische Krankenpflegeversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 3. Aufl. 2016, S. 619 Rz. 693).
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5.2 Welche Arzneimittel die OKP zu übernehmen hat, ist behördlich festgelegt: Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) erlässt eine Liste der in der Rezeptur verwendeten Präparate, Wirk- und Hilfsstoffe mit Tarif (Art. 52 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 KVG). Es handelt sich um die sogenannte Arzneimittelliste mit Tarif (ALT), die als Anhang 4 zur Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV) gehört. Das BAG erlässt seinerseits gemäss Art. 52 Abs. 1 lit. b KVG eine Liste der pharmazeutischen Spezialitäten und konfektionierten Arzneimittel mit Preisen (Spezialitätenliste [SL]). Die für die SL geltenden Regeln finden teilweise auf die ALT sinngemäss Anwendung (Art. 63 Abs. 2 KVV [SR 832.102] betreffend Aufnahme in die ALT; Ziff. 1.3 der Allgemeinen Bestimmungen zur ALT). Als Positivlisten haben die ALT und die SL gleichzeitig abschliessenden und verbindlichen Charakter. Auf Grund des in Art. 34 Abs. 1 KVG verankerten Listenprinzips können die Krankenversicherer grundsätzlich nur die darin vorgesehenen Arzneimittel übernehmen (BGE 144 V 333 E. 3.2 S. 336; BGE 139 V 509 E. 4.1 S. 510 f.; BGE 136 V 395 E. 5.1 S. 398 f.; EUGSTER, a.a.O., S. 530 Rz. 407).
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5.3.1 Laut Art. 71a Abs. 1 KVV übernimmt die OKP die Kosten eines in die SL aufgenommenen Arzneimittels für eine Anwendung ausserhalb der vom Institut genehmigten Fachinformation oder ausserhalb der in der SL festgelegten Limitierung, wenn der Einsatz des Arzneimittels eine unerlässliche Voraussetzung für die Durchführung einer anderen von der OKP übernommenen Leistung bildet und diese eindeutig im Vordergrund steht (sog. Behandlungskomplex; lit. a); oder wenn vom Einsatz des Arzneimittels ein grosser therapeutischer Nutzen gegen eine Krankheit erwartet wird, die für die versicherte Person tödlich verlaufen oder schwere und chronische gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen kann, und wegen fehlender therapeutischer Alternativen keine wirksame und zugelassene Behandlungsmethode verfügbar ist (lit. b).
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Für alle drei Konstellationen gilt ferner gemäss Art. 71d KVV das Folgende: Die OKP übernimmt die Kosten des Arzneimittels nur auf besondere Gutsprache des Versicherers nach vorgängiger vertrauensärztlicher Konsultation (Abs. 1). Der Versicherer überprüft, ob die von der OKP übernommenen Kosten in einem angemessenen Verhältnis zum therapeutischen Nutzen stehen (Abs. 2). Ist das Gesuch um Kostengutsprache vollständig, entscheidet der Versicherer innert zwei Wochen darüber (Abs. 3). Der Leistungserbringer stellt dem Versicherer die effektiven Kosten in Rechnung. Bei Arzneimitteln nach Art. 71a KVV wird der Höchstpreis der SL in Rechnung gestellt, bei Arzneimitteln nach den Art. 71b und 71c KVV der Preis, zu dem das Arzneimittel vom Leistungserbringer bezogen wurde, zuzüglich des Vertriebsanteils nach Art. 67 Abs. 1quater KVV und der Mehrwertsteuer (Abs. 4).
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Erwägung 6 | |
6.1 Nach den unbestrittenen - und daher mangels offensichtlicher Fehlerhaftigkeit für das Bundesgericht verbindlichen (nicht publ. E. 3) - vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen sind alle drei Präparate der beantragten Kombinationstherapie auf der SL aufgeführt. Für das Präparat Dexamethason ist keine Limitierung vorgesehen. Die Limitierung für Revlimid sieht u.a. eine Kombination mit Dexamethason zur Behandlung von multiplen Myelomen vor, die wenigstens eine vorangegangene Therapie erhalten haben. Was das Präparat Darzalex anbelangt, wird unter der bis 28. Februar 2022 befristeten Limitierung festgehalten, dass dieses nur als Monotherapie Anwendung findet zur Behandlung von auf die letzte Therapie refraktäre Patienten in der vierten Linie des multiplen Myeloms, bei Patienten die mindestens drei frühere Therapielinien erhalten haben einschliesslich > 1 Proteasomen-Inhibitors und > 1 immunmodulatorischen Wirkstoffs und noch nie mit Darzalex behandelt wurden oder als Monotherapie zur Behandlung von auf die letzte Therapie refraktäre Patienten in der vierten Linie des multiplen Myeloms bei Patienten, die gegenüber > 1 Proteasomen-Inhibitors und immunmodulatorischen Wirkstoff doppel-refraktär waren und noch nie mit Darzalex behandelt wurden.
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6.2 Es finden sich somit alle drei Präparate auf der SL und werden zur Behandlung von Patienten mit multiplen Myelomen eingesetzt. Die Kombination sämtlicher Präparate ist allerdings in der SL nicht vorgesehen und hinsichtlich des Wirkstoffs Darzalex wird explizit die Monotherapie stipuliert. Die vom Beschwerdegegner beantragte Kombinationstherapie würde daher im sog. off-label-use verwendet ([vgl. etwa BGE 136 V 395 E. 5.2 S. 399] respektive im off-label-limitation-use als Teilbereich des off-label-use).
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Bei einem derartigen off-label-use besteht grundsätzlich keine Kostenübernahmepflicht durch die OKP. Sie liegt - wie vorstehend dargelegt - nur ausnahmsweise vor, sofern die Voraussetzungen von Art. 71a KVV erfüllt sind. So kann ein off-label-use zur Pflichtleistung werden, wenn gemäss Abs. 1 lit. b der Bestimmung für eine Krankheit, die für die versicherte Person tödlich verlaufen oder schwere und chronische gesundheitliche Probleme nach sich ziehen kann, wegen fehlender therapeutischer Alternativen keine andere wirksame Behandlungsmethode verfügbar ist und das eingesetzte Arzneimittel einen hohen therapeutischen Nutzen hat (E. 5.3.1 hiervor).
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6.2.1 Die fehlende Behandlungsalternative ist generell dort zu bejahen, wo der off-label-use medizinisch ein wesentlich besseres Risiko-Nutzen-Verhältnis verspricht als regulär zugelassene Alternativen. Das Kriterium ist damit erfüllt, wenn zwar eine Behandlungsalternative besteht, diese aber gegenüber einer Anwendung im off-label-use so deutlich unterlegen ist, dass ein hoher therapeutischer Nutzen begründet wird (EUGSTER, a.a.O., S. 534 Rz. 419).
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6.2.2 Die Frage, ob ein hoher therapeutischer Nutzen im Sinne der genannten Bestimmung vorliegt, ist sowohl in allgemeiner Weise als auch bezogen auf den konkreten Einzelfall zu beurteilen (BGE 139 V 375 E. 4.4 am Ende S. 378). Der Nutzen kann sodann kurativer oder palliativer Natur sein (EUGSTER, a.a.O., S. 534 Rz. 420). Der Begriff des hohen therapeutischen Nutzens orientiert sich an der gleichlautenden Voraussetzung für eine befristete Bewilligung nicht zugelassener Arzneimittel im Sinne von aArt. 9 Abs. 4 HMG (Absatz aufgehoben per 1. Januar 2019) respektive neu Art. 9a HMG. Eine solche Zulassung setzt nach Art. 19 Abs. 1 lit. c der Verordnung des Schweizerischen Heilmittelinstituts vom 22. Juni 2006 über die vereinfachte Zulassung von Arzneimitteln und die Zulassung von Arzneimitteln im Meldeverfahren (VAZV; SR 812.212.23) voraus, dass Zwischenergebnisse von klinischen Studien vorliegen, die darauf hinweisen, dass von der Anwendung ein grosser therapeutischer Nutzen zu erwarten ist (BGE 136 V 395 E. 6.5 S. 402 mit Hinweisen; Urteil 9C_785/2011 vom 25. April 2012 E. 2.1.2.2, in: SVR 2012 KV Nr. 20 S. 71). Es reichen ferner auch anderweitige veröffentlichte Erkenntnisse aus, die wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen über die Wirksamkeit des in Frage stehenden Arzneimittels im neuen Anwendungsbereich zulassen und auf Grund derer in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlich hohen therapeutischen Nutzen besteht (vgl. EUGSTER, a.a.O., S. 535 Rz. 420). Es müssen in rechtlicher Hinsicht somit nicht bereits die (höheren) Voraussetzungen für eine Aufnahme in die SL erfüllt sein (BGE 136 V 395 E. 6.5 S. 402).
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Erwägung 7 | |
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Das kantonale Gericht ist vor diesem Hintergrund mit Blick auf die zu prüfenden therapeutischen Behandlungsalternativen zum Schluss gelangt, dass die bereits bewilligte und durchgeführte Kombinationstherapie mit Kyprolis/Dexamethason mangels nicht mehr bestehender Wirksamkeit keine solche darstelle. Auch diesbezüglich besteht Einigkeit unter den Verfahrensbeteiligten. Sodann erwog die Vorinstanz gestützt auf die medizinische Aktenlage, namentlich die Berichte des Prof. Dr. med. B. vom 14. Dezember 2017 und 25. März 2018, die auf der SL aufgeführte Darzalex-Monotherapie bilde in Anbetracht der Gesamtsituation des Versicherten mit vorliegender Progression der Krankheit und damit zu rechnenden einhergehenden massiven irreversiblen gesundheitlichen Schäden auf Grund ihrer geringen Ansprechrate und eines erheblich tieferen PFS (progression free survival [progressionsfreies Überleben]) im Vergleich zur beantragten Kombinationstherapie mit Darzalex/Revlimid/Dexamethason keine valable Behandlungsalternative im Sinne von Art. 71a Abs. 1 lit. b KVV.
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Als erfüllt betrachtete die Vorinstanz ferner auf der Basis der Ausführungen des Prof. Dr. med. B. vom 25. März 2018 - mit dem darin enthaltenen Verweis auf die Pollux-Studie - das Kriterium des hohen therapeutischen Nutzens sowohl in allgemeiner Hinsicht als auch bezogen auf den vorliegend zu prüfenden Einzelfall. Zu den entsprechenden fachärztlichen Erkenntnissen hätten sich - so das kantonale Gericht - weder die Sanitas noch deren Vertrauensärztin geäussert. Nach dem Dargelegten sei schliesslich auch das Kriterium des angemessenen Verhältnisses der zu übernehmenden Kosten zum therapeutischen Nutzen ohne Weiteres zu bejahen (BGE 136 V 395 E. 7.4 S. 407 f.). Eine weitere Wirtschaftlichkeitsprüfung entfalle, da alle drei Medikamente der beantragten Kombinationstherapie bereits auf der SL gelistet seien und eine solche deshalb in genereller Weise bei deren Aufnahme in die SL vorgenommen und durch die Preisfestsetzung sichergestellt worden sei.
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7.2 Das beschwerdeführende BAG rügt letztinstanzlich eine fehlerhafte und unvollständige Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz. Es macht im Wesentlichen geltend, es handle sich um einen komplexen und anspruchsvollen Fall, welcher vertieftes medizinisches Fachwissen erfordere. Für die Klärung der Fragestellung, insbesondere ob die Voraussetzungen für eine Vergütung im Einzelfall gegeben seien, habe sich das kantonale Gericht einzig auf den vom Beschwerdegegner vorgebrachten Sachverhalt gestützt. Damit sei es seiner Pflicht zur Abklärung und Festlegung des rechtsrelevanten Sachverhalts nicht genügend nachgekommen. Es hätte im Speziellen erkennen müssen, dass neben den erwähnten Alternativen Darzalex und Kyprolis/Dexamethason noch weitere durch die OKP vergütete und gleichwertige Therapiealternativen zur Behandlung des multiplen Myeloms bestünden. Wenn der Vorinstanz das notwendige medizinische Fachwissen dazu gefehlt habe, hätte sie für eine vollständige Sachverhaltsfeststellung die Expertise eines Sachverständigen auf diesem Gebiet einholen müssen. Für einen solchen wäre es ohne Weiteres erkennbar gewesen, dass neben den genannten Alternativen noch eine Vielzahl von anderen zugelassenen, wirksamen und auf der SL gelisteten Therapiealternativen für das multiple Myelom in der Schweiz auf dem Markt sei. Auch entbinde der Hinweis des kantonalen Gerichts, dass sich die Sanitas und deren Vertrauensärztin zu gewissen Fakten nicht geäussert hätten, dieses nicht von seiner Pflicht, den rechtserheblichen Sachverhalt umfassend und vollständig abzuklären. Vor dem Bundesgericht würden, so das BAG im Weiteren, eine Vielzahl von kassenpflichtigen Behandlungen aufgezeigt, die Therapiealternativen zur beantragten - und vorinstanzlich geschützten - Kombinationstherapie darstellten. Insgesamt sei eine ausnahmsweise Kostenübernahmepflicht gemäss Art. 71a Abs. 1 lit. b KVV deshalb zu verneinen.
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Erwägung 8 | |
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Der Untersuchungsgrundsatz verpflichtet das kantonale Gericht - unter Vorbehalt der Mitwirkungspflichten der Parteien -, von sich aus für die richtige und vollständige Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts zu sorgen (so etwa Urteil 8C_773/2008 vom 11. Februar 2009 E. 5.3, in: SVR 2009 EL Nr. 5 S. 17). Massnahmen zur Klärung des rechtserheblichen Sachverhalts müssen vorgenommen oder veranlasst werden, wenn dazu auf Grund der Parteivorbringen oder anderer sich aus den Akten ergebender Anhaltspunkte hinreichender Anlass besteht (Urteil I 110/07 vom 25. Juni 2007 E. 4.2.2 mit Hinweisen, in: SVR 2009 IV Nr. 4 S. 6). Rechtserheblich sind dabei alle Tatsachen, von deren Vorliegen es abhängt, ob über den streitigen Anspruch so oder anders zu entscheiden ist (Urteil 8C_592/2012 vom 23. November 2012 E. 5.2, in: SVR 2013 UV Nr. 9 S. 29). In Nachachtung des Untersuchungsgrundsatzes sind etwa weitere Abklärungen vorzunehmen, wenn der festgestellte Sachverhalt unauflösbare Widersprüche enthält oder eine entscheidwesentliche Tatfrage bislang auf einer unvollständigen Beweisgrundlage beantwortet wurde (Urteil 9C_323/2009 vom 14. Juli 2009 E. 3, in: SVR 2009 IV Nr. 56 S. 174; vgl. auch UELI KIESER, Kommentar zum Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts ATSG, 4. Aufl. 2020, N. 107 zu Art. 61 ATSG).
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Erwägung 8.3 | |
8.3.1 Das kantonale Gericht hat auf die im vorinstanzlichen Beschwerdeverfahren durch die beteiligten Parteien eingereichten umfangreichen medizinischen Unterlagen, namentlich die diversen Berichte und Stellungnahmen des Prof. Dr. med. B. vom 14. Dezember 2017, 19., 25. März und 6. Juni 2018 sowie 17. und 18. Juni 2019 und der Vertrauensärztin der Sanitas vom 25. Januar 2018 sowie 27. März und 31. Mai 2019, abgestellt und diese im Lichte der zu beurteilenden Problemstellungen sorgfältig gewürdigt. Dies gilt insbesondere auch mit Blick auf das Kriterium der fehlenden therapeutischen Alternative, welcher es gemäss Art. 71a Abs. 1 lit. b KVV für eine ausnahmsweise Kostenübernahme u.a. bedarf. Beachtenswert ist dabei, dass sich die involvierten ärztlichen Fachpersonen - und damit auch die Parteien, die sich in ihren Eingaben im Wesentlichen auf die entsprechenden medizinischen Schlussfolgerungen abstützten - einzig zu den konkret diskutierten Behandlungsmethoden Darzalex-Monotherapie respektive Kombinationstherapien Kyprolis/Dexamethason, Revlimid/Dexamethason sowie Darzalex/Revlimid/Dexamethason äusserten. Die vom BAG letztinstanzlich neu ins Feld geführten anderweitigen Behandlungsansätze waren zu keinem Zeitpunkt Thema des Prozesses und wurden auch vom Krankenversicherer nicht als mögliche Alternativen im Sinne von Art. 71a Abs. 1 lit. b KVV genannt.
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Die Vorinstanz führte einen doppelten Schriftenwechsel durch, welcher den Parteien erlaubte - und wodurch auch ihr Anspruch auf rechtliches Gehör vollumfänglich gewahrt wurde -, sich beidseitig ausführlich zu äussern. Insbesondere erhielt die Sanitas damit, namentlich konfrontiert mit den eingehenden Berichten des Prof. Dr. med. B., Gelegenheit, zu allfälligen anderweitigen therapeutischen Alternativen Stellung zu nehmen, worauf sie indessen verzichtete. Es bestand für die Vorinstanz demnach keine Veranlassung, zusätzliche Abklärungen bezüglich möglicher weiterer adäquater Therapieformen in die Wege zu leiten. Vielmehr durfte sie die sich stellenden Fragen auf der Basis des von den Parteien offerierten Tatsachenfundaments beurteilen. Dies gilt umso mehr, als keine Hinweise erkennbar waren, wonach dieses hätte lückenhaft sein sollen. Dem kantonalen Gericht kann daher insofern keine Verletzung seiner Pflicht zur Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts vorgeworfen werden.
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Erwägung 9 | |
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9.3 Den genannten Preisfestsetzungsregulatorien respektive Mechanismen der Wirtschaftlichkeitsüberprüfung wurde im angefochtenen Entscheid nicht hinreichend Rechnung getragen. Das BAG hält dazu in seiner Beschwerde korrekterweise fest, dass die Wirtschaftlichkeit eines Medikaments anlässlich eines Aufnahmegesuchs in die SL jeweils betreffend der zugelassenen Indikationen überprüft und der Preis entsprechend festgelegt wird. Wird auf der Basis einer Indikationserweiterung durch Swissmedic die Vergütung neuer Indikationen beantragt, prüft das BAG die Wirtschaftlichkeit erneut. Dabei wird die Wirtschaftlichkeit in jeder einzelnen Indikation beurteilt und der Preis des Arzneimittels gegebenenfalls angepasst oder ein indikationsspezifischer Preis festgelegt. Das BAG führt für jede Indikation eine gesonderte Kosten-Nutzen-Beurteilung durch (vgl. BGE 142 V 26). Auch kann die Wirtschaftlichkeitsprüfung, welche das BAG bei der Aufnahme von Arzneimitteln in die SL durchführt, nicht ohne Weiteres mit derjenigen bei der Vergütung im Einzelfall gleichgesetzt werden. Vielmehr gilt hier, wie insbesondere der vorstehende Verweis auf Art. 71a Abs. 2 (in Verbindung mit Art. 71d Abs. 4) KVV zeigt, ein spezielles Preisfestsetzungsverfahren.
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9.3.2 Folglich ist auch die Vergütungshöhe der hier fraglichen Kombination im Sinne des beschriebenen Prozederes zu bestimmen. Dabei hat die Sanitas, an welche die Angelegenheit zurückzuweisen ist, mit den betroffenen Zulassungsinhaberinnen einen Preis auf der Grundlage von Art. 71a Abs. 2 KVV festzulegen, welcher den Nutzen der Therapie angemessen berücksichtigt und eine entsprechende Reduktion zum Höchstpreis der SL vorsieht. Erst hernach lässt sich die Wirtschaftlichkeit der Behandlung in der vorliegenden Konstellation beurteilen.
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