![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 04.02.2021, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
34. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Ausgleichskasse des Kantons Zürich (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
9C_737/2019 vom 22. Juni 2020 | |
Regeste |
Art. 8 und Art. 14 EMRK; Art. 8 Abs. 3 und Art. 190 BV; Art. 8 Abs. 1 und Art. 16b-h EOG; kein Anspruch auf Betriebszulagen bei Mutterschaft. |
Mangels vergleichbarer Sachverhalte innerhalb des Schutzbereichs einer Konventionsgarantie ist Art. 14 i.V.m. Art. 8 EMRK nicht anwendbar und liegt keine verpönte Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vor (E. 4). | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
B. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 23. September 2019 ab.
| 2 |
C. A. führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Anträgen, es sei der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 23. September 2019 aufzuheben und die zuständige Behörde anzuweisen, ihrem Antrag auf Ausrichtung einer Betriebszulage im Rahmen der Mutterschaftsentschädigung stattzugeben. Eventualiter sei festzustellen, dass deren Nichtausrichtung Art. 8 Abs. 3 BV verletze.
| 3 |
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
| 4 |
Aus den Erwägungen: | |
5 | |
(...)
| 6 |
Erwägung 3 | |
7 | |
8 | |
Erwägung 4 | |
9 | |
Im Vordergrund steht dabei, ob und inwieweit - als eine von mehreren Anwendungsvoraussetzungen von Art. 14 EMRK - mit Blick auf die Ausübung der geltend gemachten Rechtsposition überhaupt vergleichbare Verhältnisse vorliegen, die eine unterschiedliche Behandlung erfahren (Urteile des EGMR Di Trizio gegen Schweiz vom 2. Februar 2016 [7186/09], § 80; Markin gegen Russland vom 22. März 2012 [30078/06], § 125;MEYER-LADEWIG/LEHNER, in: EMRK, Handkommentar, 4. Aufl. 2017, N. 6 und 9 zu Art. 14 EMRK).
| 10 |
Erwägung 4.2 | |
4.2.1 Das EOG regelt zwar sowohl den Entschädigungsanspruch für Dienstleistende (Art. 1a ff. EOG) als auch denjenigen bei Mutterschaft (Art. 16b ff. EOG). Die Regelung im selben Gesetz führt für sich allein indes nicht zur Annahme vergleichbarer Sachverhalte und darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die jeweiligen Ansprüche an grundsätzlich verschiedenen versicherten Lebenssachverhalten anknüpfen (Dienst - primär Militärdienst - im Sinne des EOG einerseits und Mutterschaft anderseits), von denen nur die Mutterschaft dem Schutzbereich von Art. 8 EMRK unterfällt. Die fundamentale Verschiedenheit kommt bereits in den separaten Kompetenznormen der Bundesverfassung zum Ausdruck (Art. 59 Abs. 4 bzw. Art. 116 Abs. 3 BV), die dem Gesetzgeber überdies unterschiedliche Vorgaben machen. So wird dieser gemäss Verfassung nur bei Militär- und Ersatzdienst zum Erlass von Vorschriften über den "angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls" ("juste compensation pour la perte de revenu" / "adeguata compensazione della perdita di guadagno") angehalten, während er im Falle der Mutterschaft eine "Mutterschaftsversicherung" ("assurance-maternité" / "assicurazione per la maternità") einzurichten hat, deren genaue Ausgestaltung nicht näher präzisiert wird. Soweit in der Lehre die Vergleichbarkeit der beiden Sachverhalte ohne nähere Begründung bereits aufgrund der Regelung im ![]() ![]() | 11 |
12 | |
4.3 Ausschlaggebend ist letztlich die Anknüpfung der schweizerischen Mutterschaftsversicherung an die biologische Mutterschaft (Niederkunft mit anschliessender Erholungs- und Stillzeit), statt an die soziale Elternschaft und die damit verbundene Betreuungsaufgabe. Sie unterscheidet sich damit etwa von einer Elternzeit (zit. BGE 140 I 305 E. 8.1 S. 314 und E. 10 S. 317 ff. mit Hinweisen; vgl. auch STÉPHANIE PERRENOUD, Durées du travail et discrimination, AJP 2017 S. 657 ff., S. 661; zur unterschiedlichen Zielsetzung von Mutterschafts- und Elternurlaub weiter zit. Urteil des EGMR Markin gegen Russland, a.a.O., § 132). Angesichts der Versicherung eines "Risikos", das sich nur geschlechtsspezifisch bei Frauen verwirklichen kann, fällt eine Geschlechterdiskriminierung grundsätzlich ausser Betracht (vgl. implizit zit. Urteil des EGMR Markin gegen Russland, a.a.O.; ausserdem [allerdings bezugnehmend auf Art. 8 Abs. 3 BV] BGE 144 V 184 E. 5.2 S. 193). Dies bedeutet einerseits, dass ![]() ![]() | 13 |
14 | |
Angesichts des Ergebnisses besteht auch keine Veranlassung zur Überprüfung der getroffenen Regelung auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 8 Abs. 3 BV: Ein Anspruch auf Prüfung der Verfassungsmässigkeit von Bundesgesetzen besteht nicht. Ob dazu Veranlassung besteht, hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalles ab (BGE 140 I 353 E. 4.1 S. 358 f.; SVR 2020 AHV Nr. 9 S. 25, 9C_659/2019 E. 4.2; vgl. ausserdem HANGARTNER/LOOSER, in: Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 3. Aufl. 2014, N. 11 zu Art. 190 BV und GIOVANNI BIAGGINI, Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2. Aufl. 2017, N.13 zu Art. 190 BV). Auf das dahingehende Eventualbegehren der Beschwerdeführerin ist mit Verweis auf das Anwendungsgebot von Bundesgesetzen (Art. 190 BV) nicht weiter einzugehen.
| 15 |
4.5 Anzufügen bleibt, dass die Beschlussfassung über Regelungen kollektiver Absicherung, ebenso wie deren Ausgestaltung, Sache des Gesetzgebers ist (so bereits Urteil 2P.296/1992 vom 11. Februar 1994 E. 4b, in: ZBl 1995 S. 375 ff., mit Verweis auf BGE 116 Ib 270 E. 7a S. 282 f.; ausserdem zit. BGE 144 V 184 E. 5.2 i.f. S. 194 f.). Es ist nicht Sache des Bundesgerichts, sich zur politischen Opportunität ![]() ![]() ![]() | 16 |
© 1994-2021 Das Fallrecht (DFR). |