BGE 147 V 10 | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.04.2021, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
2. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Stiftung Auffangeinrichtung BVG gegen Pensionskasse Stadt Zürich (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
9C_63/2020 vom 7. Januar 2021 | |
Regeste |
Art. 26 Abs. 4 BVG; Regressforderung; Schadenszins. | |
Sachverhalt | |
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A.a Die 1962 geborene A. arbeitete ab Februar 2006 beim Hilfswerk B. und war bei der Pensionskasse Stadt Zürich (nachfolgend: PK Stadt Zürich) berufsvorsorgeversichert. In der Folge bezog A. verschiedentlich Arbeitslosentaggelder. Während dieser Zeit war sie bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG (nachfolgend: Auffangeinrichtung) angeschlossen.
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A.b Im Januar 2010 meldete sich A. bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Luzern sprach ihr vom 1. Januar bis 31. Juli 2011 eine ganze und ab 1. August 2011 eine halbe Invalidenrente zu.
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A.c Nachdem die PK Stadt Zürich die Ausrichtung von Invalidenleistungen abgelehnt hatte, erbrachte die Auffangeinrichtung die gesetzlichen Vorleistungen.
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A.d Am 6. September 2016 bestätigte die IV-Stelle die Ausrichtung der bisherigen halben Invalidenrente. Die Auffangeinrichtung bestritt wie bereits zuvor ihre Leistungspflicht und forderte die erbrachten Vorleistungen samt Zins von 5 % zurück. Mit Schreiben vom 8. Juni 2018 hielt die PK Stadt Zürich an ihrem Standpunkt fest.
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B. Am 18. September 2018 erhob die Auffangeinrichtung Klage und beantragte, die PK Stadt Zürich sei zu verpflichten, ihr Fr. 59'317.57 zu bezahlen, zuzüglich Zins von 2,75 % vom 20. März bis Ende 2015, von 2,25 % für 2016 und von 2 % für 2017 bis Datum der Klageeinreichung, zuzüglich Zins von 2 % seit 18. September 2018, Mehrforderung vorbehalten. Vorfrageweise sei festzustellen, dass die PK Stadt Zürich gegenüber ihrer ehemaligen Versicherten, A., im Sinne von Art. 23 BVG leistungspflichtig sei.
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Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess die Klage mit Entscheid vom 6. Dezember 2019 insoweit gut, als es die PK Stadt Zürich verpflichtete, der Auffangeinrichtung die seit dem 20. März 2015 erbrachten Vorleistungen zurückzuerstatten. Hingegen lehnte das kantonale Gericht die Ausrichtung eines Verzugszinses sowie die Verzinsung der Vorleistung (Vergütungszins) ab.
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C. Die Auffangeinrichtung führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, in teilweiser Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei die PK Stadt Zürich zu verpflichten, zusätzlich zu den zurückzuerstattenden Vorleistungen einen Zins von 2,75 % vom 20. März bis Ende 2015, von 2,25 % für 2016 und von 2 % für 2017 bis 18. September 2018, zuzüglich Zins von 2 % seit 18. September 2018 (Datum der Klageeinreichung) bis Rückerstattung der Vorleistung zu bezahlen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung des Rechtsbegehrens betreffend Verzinsung des Rückforderungsanspruches an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Die PK Stadt Zürich schliesst auf Abweisung der Beschwerde. A. und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.
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Am 10. März 2020 reicht die Auffangeinrichtung eine weitere Eingabe ein.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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Aus den Erwägungen: | |
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Streitig und zu prüfen ist einzig, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem sie auf den vorgeleisteten Betrag keinen Zins gewährte.
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(...)
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Erwägung 3 | |
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" 4 Befindet sich der Versicherte beim Entstehen des Leistungsanspruchs nicht in der leistungspflichtigen Vorsorgeeinrichtung, so ist jene Vorsorgeeinrichtung vorleistungspflichtig, der er zuletzt angehört hat. Steht die leistungspflichtige Vorsorgeeinrichtung fest, so kann die vorleistungspflichtige Vorsorgeeinrichtung auf diese Rückgriff nehmen."
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3.2 Zur hier interessierenden Frage, ob die letztlich leistungspflichtige Vorsorgeeinrichtung die Vorleistung zu verzinsen hat, kann - soweit der klassischen Auslegung folgend - dem blossen Wortlaut (auch in der französisch- und italienischsprachigen Version) nichts entnommen werden. Art. 26 Abs. 4 BVG wurde von beiden Räten gemäss Vorlage der Kommission kommentarlos angenommen (AB 2002 N 546; AB 2002 S 1045); ebenso wenig lässt sich aus der Entstehungsgeschichte eine direkte Antwort ableiten (dazu: MARC HÜRZELER, Zum Rückgriffsrecht der gemäss Art. 26 Abs. 4 BVG vorleistungspflichtigen Vorsorgeeinrichtung im Invaliditätsfall [nachfolgend: Rückgriffsrecht], SZS 2006 S. 325 ff. sowie UELI KIESER, Vorleistungspflichten der Pensionskassen nach BVG und ATSG - Fragen und einige Antworten, in: Die 1. BVG-Revision, Schaffhauser/Schlauri [Hrsg.], 2005, S. 112 ff.). Dabei hat es nicht sein Bewenden, steht hier nämlich das Rechtsinstitut des Rückgriffs im Fokus.
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Erwägung 4 | |
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Erwägung 4.3 | |
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4.3.2 Regress steht allgemein für Schadloshaltung im Sinne einer Ausgleich- und Korrekturfunktion (BGE 136 V 131 E. 3.4 S. 138; WALTER FELLMANN, Regress und Subrogation: Allgemeine Grundsätze, in: Haftpflicht und Versicherungsrechtstagung, Alfred Koller [Hrsg.], 1999, S. 13). Dies bedeutet im Kontext von Art. 26 Abs. 4 Satz 2 BVG, dass die vorleistungspflichtige Vorsorgeeinrichtung nach Ausübung ihres Regressrechts so gestellt sein soll, wie wenn sie nie eine Vorleistung bezahlt hätte (vgl. HÜRZELER, Rückgriffsrecht, a.a.O., S. 335 ["Schadenstragung"]). Sind vorleistende und definitiv leistungspflichtige Vorsorgeeinrichtung - wie hier - nicht identisch, so beläuft sich der Schaden der Ersteren auf sämtliches Kapital, das sie durch die Vorleistungspflicht nicht zur Verfügung hat, wohingegen die eigentlich leistungspflichtige Vorsorgeträgerin das entsprechende Guthaben in dieser Zeit gewinn- resp. zinsbringend anlegen kann (vgl. BGE 131 III 12 E. 9.1 S. 22). Dieser Zinsverlust der vorleistungspflichtigen Vorsorgeeinrichtung ist auf dem Regressweg auszugleichen (derselbe, Intrasystemische Vorleistungspflichten in der beruflichen Vorsorge [nachfolgend: Intrasystemische Vorleistungspflichten], in: Das prekäre Leistungsverhältnis im Sozialversicherungsrecht, Schaffhauser/Kieser [Hrsg.], 2008, S. 163). Mit anderen Worten: zum Schaden gehört ein Schadens- oder Regresszins (GHISLAINE FRÉSARD-FELLAY, in: BVG und FZG, Kommentar zum Schweizerischen Sozialversicherungsrecht, 2. Aufl. 2019, N. 232 zu Art. 34b BVG; SYLVIA LÄUBLI ZIEGLER, Zeit ist Geld II - oder die Funktion der Zinsen im Haftpflichtrecht, HAVE 4/2005 S. 320). Dieser ist ab dem Zeitpunkt geschuldet, in welchem sich das schädigende Ereignis finanziell ausgewirkt hat, und endet am Tag der Zahlung des Schadenersatzes resp. der Rückzahlung der Vorleistung (BGE 130 III 591 E. 4 S. 599; BGE 122 III 53 E. 4a S. 54; vgl. auch Urteil 4A_301/2016 vom 15. Dezember 2016 E. 10.2, nicht publ. in: BGE 143 III 79).
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4.3.3 Abgesehen davon liegt eine zu Art. 50 f. OR ähnliche Situation vor. So hat Art. 26 Abs. 4 Satz 2 BVG vergleichbar die Auflösung des Innenverhältnisses zwischen zwei oder mehreren Vorsorgeeinrichtungen als Schuldnerinnen zum Gegenstand, welche im Aussenverhältnis mit der versicherten Person als Gläubigerin durch Anspruchskonkurrenz verbunden sind. Anspruchskonkurrenz besteht allgemein, wenn die geschädigte Person einen Leistungsanspruch gegenüber mehreren Ersatzpflichtigen hat (Schuldnermehrheit), wobei die verschiedenen Leistungen in sachlicher, ereignisbezogener, personeller sowie zeitlicher Hinsicht kongruent sein müssen. Davon ist in concreto ohne Weiteres auszugehen, geht es doch um den Anspruch ein und derselben Person auf Invalidenleistungen der beruflichen Vorsorge in der gleichen Zeitperiode (vgl. Art. 23 BVG). Nachdem die versicherte Person die vorleistungspflichtige Trägerin gemäss Art. 26 Abs. 4 BVG ins Recht gefasst hat, erlischt ihr Anspruch im Umfang der Vorleistung gegenüber der effektiv leistungspflichtigen Vorsorgeeinrichtung (Anspruchskonkurrenz). Gleichzeitig erlangt die vorleistungspflichtige Einrichtung einen Regressanspruch, den sie, wie erwähnt (vgl. E. 4.3.1), direkt gegen die definitiv leistungspflichtige Vorsorgeeinrichtung durchsetzen kann (HÜRZELER, Intrasystemische Vorleistungspflichten, a.a.O., S. 159; derselbe, Rückgriffsrecht, a.a.O., S. 332 f.). Der Anspruch entsteht im Moment der (Vor-)Leistung der regressierenden Vorsorgeeinrichtung an die versicherte Person und wird ab dann auch fällig (BGE 133 III 6 E. 5.3.3 S. 25; Urteil 4A_656/2011 vom 12. März 2012 E. 4.2). Gleichzeitig fällt Regress- resp. Schadenszins zu Gunsten der vorleistungspflichtigen Vorsorgeeinrichtung an (CHRISTOPH K. GRABER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 7. Aufl. 2020, N. 11 zu Art. 51 OR).
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5. Zu klären bleibt die Höhe der Verzinsung. Diesbezüglich erweist es sich als sachgerecht, vom BVG-Mindestzinssatz (Art. 15 Abs. 2 BVG in Verbindung mit Art. 12 der Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [BVV 2; SR 831.441.1]) auszugehen, da von der Vorleistungspflicht einzig die obligatorischen Leistungen der beruflichen Vorsorge betroffen sind (KIESER, a.a.O., S. 121; HÜRZELER, Intrasystemische Vorleistungspflichten, a.a.O., S. 163). Mit dem Vermögensertrag müssen jedoch weitergehende Aufwendungen als nur die Verzinsung des Kapitals gedeckt werden. Daher erscheint der von der Beschwerdeführerin verlangte Zuschlag von einem Prozent ebenfalls sachdienlich (vgl. auch Art. 7 der Verordnung vom 3. Oktober 1994 über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [FZV; SR 831.425]). Eine zeitlich ausgedehntere oder höhere Verzinsung fällt mit Blick auf die Bindung des Bundesgerichts an die Anträge der Parteien ohnehin ausser Betracht (Art. 107 Abs. 1 BGG). Insgesamt resultiert unbestritten ein Zins von 2,75 % vom 20. März bis Ende 2015, von 2,25 % für 2016 und von 2 % für 2017 bis 18. September 2018, zuzüglich Zins von 2 % seit 18. September 2018 bis Rückerstattung der Vorleistung.
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