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12. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Ausgleichskasse des Kantons Zürich (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
9C_809/2019 vom 17. Februar 2021 | |
Regeste |
Art. 9 Abs. 3 AHVG; Art. 23 Abs. 4 AHVV; Bindungswirkung der Steuermeldung. | |
Sachverhalt | |
1 | |
A.a Die Geschwister A., B. und C. gründeten mit Gesellschaftsvertrag vom 21. Juli 1988 eine einfache Gesellschaft "Gesellschaft D.". Sie brachten ihre im Rahmen eines Erbvorbezuges aus dem elterlichen Vermögen herrührenden Liegenschaften in diese einfache Gesellschaft ein. Die Gesellschaft bezweckte den gemeinsamen Erwerb und die Verwaltung der im Gesamteigentum der Gesellschafter stehenden Liegenschaft D. (Liegenschaften E. und F. und G.); gegebenenfalls auch die Veräusserung aller oder einzelner dieser Liegenschaften. Die Tätigkeit der Gesellschaft war auf die langfristige Investition gerichtet, nicht auf spekulative Immobiliengeschäfte. Nach dem Tod von B. im Jahr 1998 gingen deren Anteile an der Gesellschaft durch Erbgang und Kauf an die bisherigen Gesellschafter über, welche die Gesellschaft weiterführten. Steuerrechtlich wurden die Liegenschaften bis zum 31. Dezember 1995 als Privatvermögen behandelt. Im Juni 2000 wurden sie - gestützt auf eine Vereinbarung mit dem kantonalen Steueramt Zürich - rückwirkend per 1. Januar 1996 in das Geschäftsvermögen überführt.
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A.b Mit Vertrag vom 29. Juni 2012 verkaufte A. ihren Anteil an der Gesellschaft D. beziehungsweise ihren Anteil an den Liegenschaften an C. Basierend auf dem Verkaufserlös meldete die Steuerbehörde über die Veranlagung der direkten Bundessteuer 2012 der Ausgleichskasse ein Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit. In der Folge ermittelte die Ausgleichskasse des Kantons Zürich gestützt darauf ein beitragspflichtiges Einkommen von Fr. 14'796'000.- und forderte von A. Beiträge von Fr. 1'441'670.40 (inkl. Verwaltungskosten), nebst Verzugszinsen (Verfügungen vom 16. Juni 2017). Gegen diese beiden Verfügungen erhob A. Einsprache, welche die Ausgleichskasse mit Einspracheentscheid vom 6. Juni 2018 abwies.
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B. Mit Entscheid vom 29. Oktober 2019 wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die von A. eingereichte Beschwerde ab.
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C. A. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Entlassung aus der Kassenmitgliedschaft.
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Die Ausgleichskasse schliesst ohne weitere Ausführungen auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. ![]() | 7 |
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2.2 Die Beschwerdeführerin legt dar, die einfache Gesellschaft D. sei bei den Beteiligten vom 1. Januar 1986 bis zum 31. Dezember 1995 als Privatvermögen gehalten und auch so besteuert worden. Im Juni 2000 habe für die steuerlichen Belange ein Paradigmawechsel stattgefunden, weil die Liegenschaften nach Ansicht der Banken und angesichts der vergleichsweise geringen Erträge als zu hoch bewertet erschienen seien. Die Beteiligten hätten sich darauf geeinigt, dass die Liegenschaften abzuschreiben seien. Da Abschreibungen im Privatvermögen indessen steuerunwirksam blieben, sei für Steuerzwecke mit Zustimmung der Steuerverwaltung die Umqualifikation der Liegenschaften zu Geschäftsvermögen beschlossen worden. Fortan seien die Gesellschafter steuerrechtlich wie Selbständigerwerbende betrachtet worden (ohne dass sie je einer AHV-Beitragspflicht unterstellt worden wären), womit auf den Liegenschaften Abschreibungen hätten vorgenommen werden können. Die Vorinstanz habe es unterlassen, diese wirtschaftlichen Gegebenheiten zu beurteilen, die ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der steuerrechtlichen Qualifikation begründeten, obwohl keine Bindung an die Steuermeldung hinsichtlich der beitragsrechtlichen Qualifikation und ![]() ![]() | 10 |
Erwägung 3 | |
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Erwägung 3.3 | |
3.3.1 Nicht unter den Begriff der selbständigen Erwerbstätigkeit nach Art. 9 Abs. 1 AHVG und Art. 17 AHVV fällt die blosse Verwaltung des persönlichen Vermögens. Der daraus resultierende reine Kapitalertrag unterliegt daher nicht der Beitragspflicht; ebenso ![]() ![]() | 13 |
3.3.1.1 Der Begriff des Geschäftsvermögens wird im AHV-Recht in Art. 17 letzter Teilsatz AHVV erwähnt, indem dort bestimmt wird, dass Einkünfte aus zu Geschäftsvermögen erklärten Beteiligungen nach Art. 18 Abs. 2 DBG nicht als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit gelten. Eine Definition zum Begriff des Geschäftsvermögens fehlt aber. Hingegen wird der Begriff im Steuerrecht bestimmt, auf welches das Beitragsrecht verweist (vgl. E. 3.2 hiervor). Gemäss Art. 18 Abs. 2 Satz 3 DBG und Art. 8 Abs. 2 StHG gelten als Geschäftsvermögen alle Vermögenswerte, die ganz oder vorwiegend der selbständigen Erwerbstätigkeit dienen.
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3.3.1.2 Seit BGE 70 I 257 unterscheiden Rechtsprechung, Praxis und Doktrin im Steuerrecht zwischen notwendigem Geschäftsvermögen, notwendigem Privatvermögen und den Alternativgütern bzw. dem gewillkürten Geschäftsvermögen (REICH/VON AH, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer [nachfolgend: Komm. DBG], Zweifel/Beusch [Hrsg.], 3. Aufl. 2017, N. 47 zu Art. 18 DBG). Für die Zuteilung eines Vermögenswertes zum Geschäftsvermögen oder zum Privatvermögen ist auf dessen aktuelle technisch-wirtschaftliche Funktion abzustellen (BGE 133 II 420 E. 3.3 S. 422 f.; Urteil 2C_797/2018 vom 28. März 2019 E. 3.1). Ist die technisch-wirtschaftliche Funktion nicht klar erkennbar, was insbesondere bei sog. Alternativgütern, wie sie u.a. Liegenschaften darstellen, der Fall sein kann, kommt dem Willen und der Sachdarstellung des Steuerpflichtigen grosse Bedeutung zu. Dabei kann jedoch nicht auf einzelne beliebige Willensäusserungen des Steuerpflichtigen abgestellt werden. Für die Abgrenzungsfrage relevant ist vielmehr der Wille, ein Wirtschaftsgut dem Geschäft zu widmen und nicht der Wille, ein Wirtschaftsgut für die Zwecke der Besteuerung als Geschäftsvermögen zu behandeln (REICH/VON AH, Komm. DBG, a.a.O., N. 49 zu Art. 18 ![]() ![]() | 15 |
3.3.1.3 Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht lediglich bei den vom Steuerpflichtigen als Geschäftsvermögen qualifizierten Beteiligungen (optiertes Geschäftsvermögen). Nach Art. 18 Abs. 2 Satz 3 Teilsatz 2 DBG (analog Art. 8 Abs. 2 Teilsatz 2 StHG) können Beteiligungen von mindestens 20 % am Grund- oder Stammkapital einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft vom Eigentümer im Zeitpunkt des Erwerbs zum Geschäftsvermögen erklärt werden.
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Nach dem Wortlaut der Bestimmung bezieht sich die besondere Regelung ausschliesslich auf Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft. Systematisch steht die Sonderbestimmung im engen Zusammenhang mit der Regelung des Abzugs für Zinsen auf Geschäftsschulden für derartige Beteiligungen in Art. 27 Abs. 2 lit. d DBG (vgl. REICH/VON AH, Komm. DBG, a.a.O., N. 57 zu Art. 18 DBG), sowie der Teilbesteuerung der Einkünfte aus Beteiligungen des Geschäftsvermögens nach Art. 18b DBG. Aufgrund der Materialien ergibt sich, dass der Gesetzgeber eine Regelung treffen wollte, damit beim Aufbau einer Unternehmung und bei einer Unternehmensnachfolge die Schuldzinsen weiterhin voll abgezogen werden könnten, indem bei einer Beteiligung von mindestens 20 % diese auch von einer Privatperson zum Geschäftsvermögen erklärt werden kann (AB 1998 N 2407). Es ergibt sich damit, dass der Gesetzgeber eine eng umfasste Ausnahme vom Grundsatz geschaffen hat, dass als Geschäftsvermögen diejenigen Vermögenswerte gelten, welche ganz oder vorwiegend der selbständigen Erwerbstätigkeit dienen. ![]() | 17 |
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Erwägung 3.4 | |
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Erwägung 4 | |
4.1 Die Beschwerdeführerin hat im Jahr 2012 Liegenschaften bzw. ihre Beteiligung an der einfachen Gesellschaft D. verkauft, die ![]() ![]() | 22 |
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4.3 Soweit die Beschwerdeführerin nun von ihrer gegenüber den Steuerbehörden abgegebenen Deklaration der Liegenschaften als Geschäftsvermögen und der dieser zugrunde liegenden selbständigen Erwerbstätigkeit nichts mehr wissen will, ist dieses Verhalten widersprüchlich und vermag keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit der Steuermeldung zu begründen. Das von der Steuerbehörde gemeldete Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit war ![]() ![]() | 24 |
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