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21. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. SWICA Krankenversicherung AG gegen A. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
9C_388/2020 vom 3. März 2021 | |
Regeste |
Art. 27 und 31 Abs. 1 lit. a KVG; Art. 19a Abs. 1 KLV; Sanierung einer nach Vollendung des 20. Altersjahrs erfolgten prothetischen Versorgung eines zahnmedizinischen Geburtsgebrechens. | |
Sachverhalt | |
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B. Die hiergegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt mit Entscheid vom 16. Dezember 2019 gut. Es hob den Einspracheentscheid vom 21. August 2019 auf und verpflichtete die SWICA, die Kosten der Zahnbehandlung auf der Grundlage des Kostenvoranschlags vom 27. November 2017 (recte: 27. Dezember 2017) zu übernehmen.
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C. Die SWICA führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt, es sei der vorinstanzliche Entscheid vom ![]() ![]() | 3 |
A., das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt sowie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) schliessen auf Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 4 | |
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(...)
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4.4 Zu beurteilen ist - insoweit unbestritten - nicht die Kostenübernahme für die Erstbehandlung des Geburtsgebrechens. Nach Feststellung der Vorinstanz erfolgte bereits in den Jahren 2000 bis 2004 in Deutschland eine umfangreiche Behandlung, nämlich eine Kieferkammaugmentation nach Beckenspanentnahme sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer mit anschliessender Versorgung durch Prothesen. Strittig ist die Kostenübernahme für die Sanierung dieser zwischenzeitlich abgenutzten prothetischen Versorgung. Es ist ![]() ![]() | 8 |
Erwägung 5 | |
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5.2 Ob dies eine Leistungspflicht der OKP für eine nicht allein aus medizinischen Gründen erst nach Vollendung des 20. Lebensjahrs erfolgende Erstbehandlung in jedem Fall (statt nur regelmässig) ausschliesst, braucht hier mangels Entscheidwesentlichkeit (oben E. 4.4) nicht näher erörtert zu werden (kritisch bezüglich eines ![]() ![]() | 10 |
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5.3.1 Fest steht: Bei initial durch die Invalidenversicherung übernommener Behandlung hätte die Trägerin der OKP die notwendigen erneuten Behandlungen, etwa bei Abnutzung oder Spätfolgen, als Pflichtleistungen zu übernehmen (vgl. etwa Urteil 9C_223/2009 vom 16. April 2010 E. 2.2 und 4.2; Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts K 48/03 vom 3. Juni 2004 E. 3.2 f. und 5.3). Ebenso ![]() ![]() | 12 |
5.3.2 Dass Personen mit zahnmedizinischen Geburtsgebrechen schlechter gestellt werden sollen als solche mit grundsätzlich vergleichbaren, später auftretenden schweren Erkrankungen des Kausystems, ergibt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut der Art. 27 und 31 Abs. 1 lit. a KVG, noch aus den Materialien (Botschaft vom 6. November 1991 über die Revision der Krankenversicherung, BBl 1992 I 93 ff., ad Art. 21 [S. 62 f.] und 25 [S. 65 f.]; AB 1992 S 1300 ff.; AB 1993 N 1842 ff.), ebenso wenig wie aus dem Wortlaut von Art. 19a Abs. 1 lit. a KLV und dessen Entstehungsgeschichte (vgl. Schreiben der Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft SSO an das Bundesamt für Sozialversicherungen [BSV] vom 18. April und 5. Juli 1996 sowie Protokoll der Eidgenössischen Fachkommission für allgemeine Leistungen der Krankenversicherung [ELK] zur Sitzung vom 29. August 1996). Dergleichen wäre auch nicht einsichtig, wollte der Gesetzgeber mit Art. 27 KVG doch gerade die OKP hinsichtlich der Geburtsgebrechen zur Leistung verpflichten, wo keine Deckung durch die Invalidenversicherung besteht (Botschaft, a.a.O.; vgl. ausserdem HARDY LANDOLT, in: Basler Kommentar, Krankenversicherungsgesetz/Krankenversicherungsaufsichtsgesetz, 2020, N. 4 ff. zu Art. 27 KVG). Mit dem BAG (nicht publ. E. 4.3) sind sodann keine Gründe ersichtlich, die Trägerin der OKP aus ihrer Leistungspflicht zu entlassen allein aufgrund einer verspätet vorgenommenen Erstbehandlung, wo diese Verspätung für sie weder zu höheren Folgekosten führt noch von ihr die Übernahme der Erstbehandlung verlangt ![]() ![]() | 13 |
5.3.3 Nach dem Gesagten lässt sich aus Art. 19a Abs. 1 KLV sowie der hierzu ergangenen Rechtsprechung nicht ableiten, dass eine Leistungspflicht der OKP ohne Weiteres auch für Folgebehandlungen entfällt, wenn die Versicherte ihr Geburtsgebrechen ohne ersichtlichen medizinischen Grund erst nach Vollendung des 20. Lebensjahrs angemessen hat versorgen lassen. Im Gegenteil: Hätte die Folgebehandlung auch bei Erstversorgung vor dem 20. Altersjahr (oder aus medizinischen Gründen erst nach diesem Zeitpunkt) überwiegend wahrscheinlich nach dem 20. Lebensjahr - und mithin zu Lasten der OKP - erfolgen müssen, handelt es sich um eine Behandlung, die im Sinne von Art. 19a Abs. 1 KLV nach dem 20. Lebensjahr (medizinisch) notwendig ist. Dass dies hier der Fall ist, ist - zu Recht - nicht umstritten (vgl. bereits oben E. 4.1). In casu nicht entscheidend ist angesichts des Gesagten, inwieweit eine Behandlung des Geburtsgebrechens der gehäuften Nichtanlagen (Ziff. 206 des Anhangs zur Verordnung vom 9. Dezember 1985 über Geburtsgebrechen [GgV; SR 831.232.21]) im Fall der Versicherten überhaupt vor Ende des 20. Altersjahres hätte abgeschlossen werden können, was nicht ohne Weiteres angenommen werden kann (vgl. aus zahnärztlicher Sicht GEBAUER/GNOINSKI, Zahnmedizinische Geburtsgebrechen in der Invaliden- und Krankenversicherung, Abgrenzungsfragen, in: Der Zahnarztpatient - sozialversicherungs- und sozialhilferechtliche Fragen, 2008, S. 49 ff., 59). Weiterungen dazu erübrigen sich, ebenso wie zur Frage, inwiefern eine zumindest ansatzweise Behandlung des Geburtsgebrechens bereits vor dem 20. Altersjahr der Versicherten in der Türkei stattgefunden hat. ![]() | 14 |
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