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32. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A.A. gegen Familienausgleichskasse Banken (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
8C_753/2020 vom 20. Mai 2021 | |
Regeste |
Art. 4 Abs. 3 und Art. 7 Abs. 2 FamZG; Art. 7 Abs. 1 FamZV; Art. 67 und 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit; Art. 60 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009. | |
Sachverhalt | |
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B. Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Urteil vom 26. Oktober 2020 ab.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.A. das Rechtsbegehren stellen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils seien ihm ab 1. Oktober 2017 die ungekürzten Familienzulagen für B.A. und C.A. auszurichten.
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Die FAK und das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) schliessen auf Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Aus den Erwägungen: | |
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Erwägung 3 | |
3.1 Familienzulagen sind einmalige oder periodische Geldleistungen, die ausgerichtet werden, um die finanzielle Belastung durch ein oder mehrere Kinder teilweise auszugleichen (Art. 2 des Bundesgesetzes vom 24. März 2006 über die Familienzulagen [Familienzulagengesetz, FamZG; SR 836.2]). Für das gleiche Kind wird gemäss Art. 6 FamZG nur eine Zulage derselben Art ausgerichtet; die Differenzzahlung nach Art. 7 Abs. 2 FamZG bleibt vorbehalten. Nach Art. 4 Abs. 3 FamZG in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 der Verordnung vom 31. Oktober 2007 über die Familienzulagen (Familienzulagenverordnung, FamZV; SR 836.21) besteht nur dann Anspruch auf Familienzulagen für im Ausland lebende Kinder, wenn eine zwischenstaatliche Vereinbarung dies vorschreibt. Das ![]() ![]() | 7 |
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Erwägung 3.3 | |
3.3.1 Welche nationalen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit auf eine Person anzuwenden sind, regelt Titel II (Art. 11 ff.) der VO Nr. 883/2004. Die Unterstellungsvorschriften sind für alle Sozialversicherungszweige einheitlich anzuwenden. Eine Person unterliegt grundsätzlich nur den Rechtsvorschriften eines einzigen Staates (Art. 11 Abs. 1 VO Nr. 883/2004). In der Regel ist das ![]() ![]() | 9 |
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1) Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten folgende Prioritätsregeln:
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a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schliesslich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.
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b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach den Folgenden subsidiären Kriterien:
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i) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: Der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt,
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ii) (...),
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iii) (...).
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2) Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Absatz 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in der Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren. Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschliesslich durch den Wohnort ausgelöst wird.
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3) Wird nach Artikel 67 beim zuständigen Träger eines Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften gelten, aber nach den Prioritätsregeln der Absätze 1 und 2 des vorliegenden Artikels nachrangig sind, ein Antrag auf Famillienleistungen gestellt, so gilt Folgendes: ![]() | 19 |
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b) der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften vorrangig gelten, bearbeitet den Antrag, als ob er direkt bei ihm gestellt worden wäre; der Tag der Einreichung des Antrags beim ersten Träger gilt als der Tag der Einreichung bei dem Träger, der vorrangig zuständig ist.
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1) Die Familienleistungen werden bei dem zuständigen Träger beantragt. Bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung ist, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen. Nimmt eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf die Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahr, berücksichtigt der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, einen Antrag auf Familienleistungen, der von dem anderen Elternteil, einer als Elternteil behandelten Person oder von der Person oder Institution, die als Vormund des Kindes oder der Kinder handelt, gestellt wird.
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2) (...)
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3) Kommt der Träger, bei dem der Antrag gestellt wurde, zu dem Schluss, dass seine Rechtsvorschriften zwar anwendbar, aber nach Artikel 68 Absätze 1 und 2 der Grundverordnung nicht prioritär anwendbar sind, so trifft er unverzüglich eine vorläufige Entscheidung über die anzuwendenden Prioritätsregeln, leitet den Antrag nach Artikel 68 Absatz 3 der Grundverordnung an den Träger des anderen Mitgliedstaats weiter und informiert auch den Antragsteller darüber. Dieser Träger nimmt innerhalb einer Frist von zwei Monaten zu der vorläufigen Entscheidung Stellung. Falls der Träger, an den der Antrag weitergeleitet wurde, nicht innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Antrags Stellung nimmt, wird die oben genannte vorläufige Entscheidung anwendbar und zahlt dieser Träger die in seinen Rechtsvorschriften vorgesehenen Leistungen und informiert den Träger, an den der Antrag gerichtet war, über die Höhe der gezahlten Leistungen.
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4) (...)
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3.3.6 Art. 68 Abs. 3 VO Nr. 883/2004 sieht in Übereinstimmung mit dem Prinzip der europaweiten Antragsstellung vor, dass ein Antrag, der bei einem der in Betracht kommenden Träger gestellt worden ist, von diesem an den vorrangig zuständigen Mitgliedstaat weiterzuleiten ist (vgl. dazu auch Art. 60 Abs. 3 VO Nr. 987/2009). Im Fall der Nachrangigkeit des Trägers, bei dem der Antrag gestellt ![]() ![]() | 29 |
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3.3.8 Die Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit hat, um Ungewissheiten und ![]() ![]() | 31 |
Erwägung 4 | |
4.1 Die Vorinstanz erwog, aufgrund der Erwerbstätigkeit beider Elternteile sei die Prioritätsregel von Art. 68 Abs. 1 Bst. b VO Nr. 883/2004 anwendbar. Soweit der Beschwerdeführer eine Auslegung von Art. 68 Abs. 1 VO Nr. 883/2004 vertrete, die an den nationalen Rechtsvorschriften anknüpfe und die Prioritätsordnung danach festlege, aus welchen Gründen die nationale Rechtsordnung Ansprüche auf Familienzulagen gewähre, sei dem nicht zu folgen. Die VO Nr. 883/2004 stelle eine reine Koordinierungsverordnung dar, die zwar festlege, welches nationale Recht zur Anwendung komme, dieses Recht aber weder auslege noch anwende. Entsprechend genüge es zur Festlegung des prioritär zuständigen Staates festzustellen, ob eine Erwerbstätigkeit ausgeübt oder eine Rente bezogen werde und wo sich der Wohnort befinde. Daraus folge, dass die Familienleistungen im vorliegenden Fall aufgrund des Wohnortes der Kinder in Polen primär von Polen zu gewähren seien. Im ![]() ![]() | 32 |
4.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe Bundes- und internationales Recht verletzt, indem sie den Anspruch auf Familienzulagen in der VO Nr. 883/2004 dahingehend ausgelegt habe, dass Polen vorrangig leistungspflichtig sei. Die Schweiz sei ungeachtet des Erwerbsstatus der Kindsmutter für die Ausrichtung der Zulagen zuständig, da aufgrund der international geregelten Prioritätenordnung die Schweiz jedenfalls der leistungspflichtige Vertragsstaat sei. Entgegen den vorinstanzlichen Ausführungen bestehe die Aufgabe des Rechtsanwenders nicht nur darin, generell eine vorrangige Leistungspflicht festzustellen. Dieser müsse zudem prüfen, ob der vorrangig leistungspflichtige Vertragsstaat überhaupt Leistungen erbringen könne, die nach der Prioritätenordnung von Art. 68 Abs. 1 Bst. b VO Nr. 883/2004 den schweizerischen Familienzulagen vorgehen könnten. Da in der Schweiz der Anspruch aus Erwerbstätigkeit gegeben sei und beim ausländischen Versicherungsträger lediglich ein Anspruch aufgrund des Wohnsitzes bestehe, habe zweifellos die schweizerische Leistung Vorrang. Es sei zu beachten, dass sich die Kindsmutter zum streitigen Zeitpunkt (18. Januar 2018) im unbezahlten Erziehungsurlaub befunden habe, der vom Arbeitgeber bis zum 30. September 2020 verlängert worden sei. Diese habe während der genannten Zeit kein Erwerbseinkommen oder Ersatzleistungen erhalten. Sie habe einzig davon profitiert, dass sie an den angestammten Arbeitsplatz zurückkehren könne. Selbst wenn eine vorrangige Leistungspflicht Polens bestünde, ![]() ![]() | 33 |
Erwägung 5 | |
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5.2 Die FAK hat die notwendigen Abklärungen beim polnischen Versicherungsträger vorgenommen. Aus dem ausgefüllten ![]() ![]() | 35 |
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5.4 Das kantonale Gericht verletzte daher weder Bundes- noch Völkerrecht (Art. 95 lit. a und b BGG), indem es feststellte, dass das ![]() ![]() ![]() | 37 |
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