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Informationen zum Dokument  BGer 6S.768/1999  Materielle Begründung
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BGer 6S.768/1999 vom 29.01.2000
 
[AZA 0]
 
6S.768/1999/odi
 
KASSATIONSHOF
 
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29. Januar 2000
 
Es wirken mit: Bundesgerichtspräsident Schubarth, Präsident des Kassationshofes, Bundesrichter Wiprächtiger, Bundesrichter Kolly und Gerichtsschreiber Briw.
 
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In Sachen
 
GeneralprokuraturdesKantons Bern,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
X.________, z.Zt. Strafanstalt, Beschwerdegegner, vertreten durch Fürsprecher Andreas Güngerich, Bahnhofstrasse 6, Biel,
 
betreffend
 
Verwahrung nach Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB, (Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern [IV. Strafkammer] vom 31. August 1999 [Nr. 286/IV/99]), hat sich ergeben:
 
A.- Das Kreisgericht II Biel-Nidau fand X.________ am 31. März 1999 schuldig
 
1. der Schändung und Vergewaltigung, z.N. von D.,
 
2. der Schändung, z.N. von R.,
 
3. der sexuellen Nötigung, z.N. von D.,
 
4. der Ausnützung einer Notlage, z.N. von D.,
 
5. der qualifizierten sexuellen Nötigung, z.N. von H.,
 
6. des Diebstahls von Fr. 6'500. --, z.N. von S.,
 
7. der BetmG-Zuwiderhandlung durch Verkauf von Heroin.
 
Das Kreisgericht verurteilte ihn zu 4 Jahren Zuchthaus. Es schob den Vollzug zu Gunsten einer Verwahrung auf.
 
B.- X.________ erklärte Appellation, beschränkt auf den Schuldspruch wegen qualifizierter sexueller Nötigung, die Strafzumessung und die Verwahrung. Die Generalprokuratur des Kantons Bern erhob ebenfalls Appellation.
 
Das Obergericht des Kantons Bern stellte am 31. August 1999 fest, dass das Urteil des Kreisgerichts im nicht angefochtenen Umfang in Rechtskraft erwachsen sei. Es erklärte X.________ der qualifizierten sexuellen
 
Nötigung (z.N. von H.) schuldig und verurteilte ihn zu 5 Jahren Zuchthaus unter Anrechnung von 55 Tagen Untersuchungshaft, mit der Feststellung, dass die Strafe am 18. Dezember 1997 vorzeitig angetreten worden sei, und unter gleichzeitiger Anordnung einer ambulanten psychotherapeutischen Behandlung.
 
C.- Die Generalprokuratur des Kantons Bern erhebt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung (Anordnung einer Verwahrung gemäss Art. 43 Ziff. 1
 
Abs. 2 StGB) an die kantonale Behörde zurückzuweisen.
 
D.- Das Obergericht des Kantons Bern verzichtete auf
 
Gegenbemerkungen.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.- a) Art. 43 StGB regelt seinem Randtitel nach die "Massnahmen an geistig Abnormen". Sie sind anzuordnen, wenn der "Geisteszustand des Täters" dies erfordert (Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB). Der Begriff des Geisteszustands wird im Sinne des Randtitels ausgelegt. Nach der Rechtsprechung sind solche Massnahmen daher nur gegenüber geistig abnormen Tätern möglich. So geht BGE 102 IV 234 E. 1 mit Selbstverständlichkeit davon aus, dass die Anordnung einer Massnahme gemäss Art. 43 StGB eine "geistige Anomalie" voraussetzt. Aus medizinischer Sicht umfasst dieser Begriff alle Persönlichkeiten, deren psychischer Habitualzustand von der medizinischen Norm abweicht; dazu gehören die Schwachsinnszustände, die Psychopathien, die psychogenen Fehlentwicklungen mit Einschluss der Neurosen und die chronischen und phasischen Geisteskrankheiten. Der medizinische Begriff geht damit ausserordentlich weit, und die Umschreibung in Art. 43 StGB erweist sich als unbestimmt und weitreichend. Die Massnahme erscheint insbesondere in ihrer Ausgestaltung als stationäre mit Freiheitsentzug von unbestimmter Dauer rechtsstaatlich nicht unbedenklich. Daher können nur bestimmte, relativ schwerwiegende Arten und Formen geistiger Anomalie im medizinischen Sinne als "geistige Abnormität" im Rechtssinne qualifiziert werden.
 
b) Die Voraussetzungen der Anlasstat sind im Rahmen der Rechtsprechung zu Art. 43 StGB zu beurteilen (vgl. BGE 118 IV 108; 121 IV 297; 123 IV 1, 100). Das bedeutet vorab, dass die Rechtsprechung zur Verhältnismässigkeit bei der Verwahrung von Gewohnheitsverbrechern (Art. 42 StGB; BGE 118 IV 213) bei der psychiatrischen Verwahrung nicht massgebend ist. Es lassen sich dem Art. 43 Ziff. 1 StGB unter dem Gesichtspunkt der Anlasstat drei Kriterien entnehmen: Der Täter muss erstens eine vom Gesetz mit Zuchthaus oder Gefängnis bedrohte Tat begangen haben, die zweitens mit seinem Geisteszustand im Zusammenhang steht (Abs. 1), und er muss drittens infolge seines Geisteszustands die öffentliche Sicherheit in schwerwiegender Weise gefährden (Abs. 2). Zusammengefasst ergeben sich zwei Kriterien: Der Täter muss eine mit Zuchthaus oder Gefängnis bedrohte Tat begangen haben, und die Anlasstat muss jenen Geisteszustand offenbaren, der den Täter als besonders gefährlich erscheinen lässt. Diese Konnexität geht aus Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB nicht unmittelbar hervor, ist aber nach der Systematik des Gesetzes (Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 und 2 StGB) und sachlich - wie bei der Einweisung in die Heil- oder Pflegeanstalt - unentbehrlich (vgl. Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II, Bern 1989, § 11 N 14, 132).
 
Im Anwendungsfall stellt das Kriterium einer mit Zuchthaus oder Gefängnis bedrohten Tat einerseits geringe Anforderungen und setzt zunächst für sich genommen nichts anderes voraus, als dass eine solche Straftat vorliegen muss, damit eine Massnahme überhaupt in Betracht fällt. Diese Tat bildet gegebenenfalls aufgrund des "körperlichen und geistigen Zustands des Täters" (Art. 43 Ziff. 1 Abs. 3 StGB) allererst Anlass zur Prüfung des Geisteszustands. Andererseits weist diese Voraussetzung einer mit Zuchthaus oder Gefängnis bedrohten Tat darauf hin, dass die Anlasstat eine gewisse Tragweite aufweisen muss. Der Verhältnismässigkeitsgrundsatz ist deshalb auch hier zu beachten.
 
Die Frage einer sozialen Gefährlichkeit stellt dagegen alle Entscheidungsträger bekanntermassen vor
 
Schwierigkeiten. Eine Sozialgefährlichkeit lässt sich nicht unmittelbar aus der Anlasstat erschliessen; damit würde zudem das zweite Kriterium weitgehend auf das erste verkürzt, nämlich auf die Gefährlichkeit der Tat. Unter dem Titel von Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB entscheidet nicht die Gefährlichkeit der Tat, sondern die Gefährlichkeit des Geisteszustands über die Rechtsfolge. Diese bedarf einer vertieften Abklärung, weshalb der Richter seinen Entscheid auf Grund von Gutachten trifft (Art. 43 Ziff. 1 Abs. 3 StGB). Dies erübrigte sich, wäre eine Gefährlichkeit unmittelbar aus der Anlasstat ersichtlich. Es spielt überdies keine Rolle, in welcher Weise die Tat mit dem abnormen Geisteszustand zusammenhängt, ob sie also unmittelbar aus ihm hervorgeht oder mittelbar in ihm begründet liegt (Stratenwerth, a.a.O., § 11 N 15). Die schwerwiegende Gefährdung bezieht sich nicht nur auf Nähe und Ausmass der Gefahr, sondern auch auf Art bzw. Bedeutung des gefährdeten Rechtsguts, so dass bei der Gefährdung hochwertiger Rechtsgüter wie Leib und Leben an Nähe und Ausmass der Gefahr weniger hohe Anforderungen zu stellen sind als bei der Gefährdung weniger bedeutender Rechtsgüter (BGE 118 IV 108 E. 2a). Zu verwahren ist nur, wenn diese Massnahme notwendig ist (Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2StGB; BGE123IV1E. 4c;dazuuntenlit. c).
 
c) Die Verwahrung im Sinne von Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB ist angesichts der Schwere dieses Eingriffs in die persönliche Freiheit des Betroffenen ultima ratio und darf nicht angeordnet werden, wenn die bestehende Gefährlichkeit auf andere Weise behoben werden kann. Unter welchen Voraussetzungen eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit "in schwerwiegender Weise" im Sinne von Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB anzunehmen ist, ist Rechtsfrage, wie auch, was unter der in dieser Bestimmung ebenfalls vorausgesetzten "Notwendigkeit" der Verwahrung zu verstehen ist (BGE 118 IV 108 E. 2a). Die Auslegung des Begriffs der "geistigen Abnormität" bildet ebenfalls eine Rechtsfrage. Für die strafrechtliche Beurteilung kommt indessen der gutachterlichen Diagnose des "Geisteszustands" wesentliche Bedeutung zu, weil die Feststellung physischer und psychischer Anomalien in den Fachbereich der Begutachtung fällt, während die Einschätzung der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit wesentlich in den Fachbereich des Strafrichters gehört.
 
Unter dem Gesichtspunkt der Notwendigkeit unterschied das Bundesgericht daher in BGE 123 IV 100 E. 2, die Rechtsprechung zusammenfassend, in einer Typisierung mit blosser Orientierungsfunktion, folgende Tätertypen, bei denen eine Verwahrung gemäss Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB in Betracht kommt: Nämlich zunächst die hochgefährlichen Täter, die keiner Behandlung zugänglich sind, sowie jene, die zwar einer Behandlung zugänglich sind, von denen aber auch während einer Behandlung schwere Delikte zu befürchten wären, wenn sie im Sinne von Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB ambulant oder in einer Heil- oder Pflegeanstalt behandelt würden. Es unterschied sodann als dritten Tätertypus jene, die noch nicht eindeutig aus dem Anwendungsbereich von Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB herausfallen und deshalb auch noch nicht klar jenem von Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB zugeordnet werden können, bei denen also die Heilchancen kurz- oder mittelfristig als gut erscheinen, jedoch in bestimmten Situationen ein Risiko besteht, so dass einer trotz Behandlung möglichen Gefahr mit sichernden Mitteln begegnet werden können muss. Dagegen sind unter Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB jene Täter einzuordnen, bei denen eine Behandlung notwendig ist, jedoch der Sicherungsaspekt deutlich zurücktritt, sowie nicht gefährliche Täter und schliesslich die in diesem Zusammenhang wenig problematischen Täter, die lediglich einer ambulanten Massnahme bedürfen, sei es im Vollzug oder in der Freiheit.
 
d) Art. 43 StGB sieht somit Massnahmen bei psychisch kranken Menschen vor, die Verbrechen oder Vergehen begangen haben (und zwar unabhängig des Grades der Zurechnungsfähigkeit bei Tatbegehung). Vorausgesetzt wird aber, dass die psychische Krankheit erheblich (abnorm im Sinne des Gesetzes) und für die Tat kausal war. Für die Anwendung von Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB muss die Anlasstat (Symptomtat) jenen Geisteszustand offenbaren, der den Täter als besonders gefährlich erscheinen lässt (schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit).
 
2.- a) Die Vorinstanz stellt im appellierten Schuldspruch (Ziff. 5) wegen qualifizierter sexueller Nötigung folgenden Sachverhalt fest: Die Geschädigte H. habe sich freiwillig in die Wohnung des Beschwerdegegners begeben. Sie habe sich dort auf der Toilette befunden, als dieser sie von hinten gepackt, auf sein Bett gezerrt und vollständig ausgezogen habe. Er habe ihr hierauf Duschmittel in Scheide und Anus einmassiert und sie dabei verletzt. Er habe ihr Schmerzen zufügen wollen. Sie habe geschrieen und sich mit Händen und Füssen gewehrt, weshalb er ihr zudem mit der Hand auf das Gesäss geschlagen habe. Nach etwa einer halben Stunde habe er aufgehört und ihr einen Geldschein hinterher geworfen, als sie aus seiner Wohnung geflüchtet sei (angefochtenes Urteil S. 11).
 
Das Kreisgericht erachtete in den nicht appellierten Schuldsprüchen die Überweisungssachverhalte als erstellt (Urteil des Kreisgerichts S. 3-36; Überweisungsbeschluss, kantonale Akten, act. 401-402). Betreffend Schändung und Vergewaltigung (z.N. von D.; Ziff. 1) führte es aus, es könne festgestellt werden, dass die Kontakte des Beschwerdegegners zu den Frauen im Allgemeinen auf "geschäftlicher" Basis funktioniert hätten. Er habe für ihre Dienste teils mit Geld, aber auch mit Drogen gezahlt. Es sei ihm logisch erschienen, dass D. ihm dafür etwas schuldig sei, dass sie bei ihm habe wohnen dürfen, und er habe sich berechtigt gefühlt, sich diese Leistung auch gegen ihren Willen zu nehmen. Er sei in sie eingedrungen, als sie unter Drogeneinfluss tief geschlafen habe, und habe den Geschlechtsverkehr fortgesetzt, als sie erwacht sei, sich gewehrt und gebissen habe. Betreffend Schändung (z.N. von R.; Ziff. 2) wurde festgestellt, dass er die Frau, als sie schlief, am Gesäss berührte und sich befriedigte. Betreffend die sexuelle Nötigung (z.N. von D.; Ziff. 3) wurde festgestellt, dass er gegen den Willen der Frau auf sie ejakulierte, nachdem sie seine Vorschläge, mit ihm zu schlafen, respektive ihn oral zu befriedigen, zurückgewiesen hatte. Betreffend die Ausnützung einer Notlage (z.N. von D.; Ziff. 4) wurde festgestellt, er habe sich gegen ihren Willen von ihr oral befriedigen lassen, unter der Drohung, dass er sie andernfalls samt Katze und Mobiliar vor die Tür setzen werde. Des Diebstahls (Ziff. 6) wurde er schuldig gesprochen, weil er in einem Restaurant, in dem er als Kellner arbeitete, mit einem Stemmeisen den Geldautomaten aufgebrochen und das Geld an sich genommen hatte. Die Widerhandlung gegen Art. 19 Ziff. 1 BetmG (Ziff. 7) betrifft den Verkauf von zehn bis zwölf Briefchen Heroin an D. und R. sowie an einen Massimo und eine unbekannte Frau.
 
b) Die Vorinstanz führt zur Strafzumessung aus, der Beschwerdegegner habe - entgegen der Staatsanwaltschaft - seine Opfer nicht bewusst in der Drogenszene ausgesucht. Er habe selbst am Rande der Gesellschaft gelebt, häufig in diesen Kreisen verkehrt und seine sozialen Kontakte fast ausschliesslich in Lokalen geknüpft, die auch von drogensüchtigen Frauen aufgesucht wurden. Er habe die Taten nicht lange zuvor geplant; diese hätten sich aus den speziellen Umständen des Augenblicks ergeben (angefochtenes Urteil S. 21). Er sei 1963 und 1974 wegen Unzucht mit einem Kind verurteilt worden sowie 1963, 1966, 1986 und 1988 wegen öffentlicher unzüchtiger Handlungen und 1996 wegen qualifizierter sexueller Nötigung, einer Tat, die jener z.N. von H. ähnlich sei. Nach dem Führungsbericht vom 10. August 1999 (act. 684 f.) der Strafanstalt seien die Betreuer mit ihm nach wie vor sehr zufrieden. Er lebe in der Wohngruppe eher zurückgezogen, sei aber gut integriert. Er sei offen, kooperativ, auch bereit, über sein Delikt zu sprechen. Die im letzten Urteil ergangene Verwahrung habe ihn sehr deprimiert; es sei ihm bewusst geworden, dass er an sich arbeiten müsse, und entsprechend engagiert nehme er an den regelmässigen therapeutischen Sitzungen teil. Es könne ihm ein progressiver Vollzugsverlauf attestiert werden; er setze sich mit seiner Situation auseinander und sei sich bewusst, was er zukünftig an seiner Lebensweise verändern müsse (angefochtenes Urteil S. 22, 30).
 
Während das Gutachten aus dem Jahre 1996 (act. 279) von einer mindestens im mittleren Grad herabgesetzten Fähigkeit zur Einsicht in das Unrecht der Tat spreche, komme das forensisch-psychiatrische Gutachten vom 18. Februar 1999 (act. 429) zu folgendem Schluss: Bezüglich der qualifizierten sexuellen Nötigung sei der Beschwerdegegner unter Alkoholeinfluss gestanden, und eine geringfügig herabgesetzte Steuerungsfähigkeit lasse sich nicht ausschliessen. Weiter bestehe eine geistig mangelhafte Entwicklung im Sinne einer Persönlichkeitsstörung von dissozialem Typus, die jedoch zu keiner zusätzlichen Herabsetzung der Steuerungsfähigkeit beigetragen habe. Für die anderen Taten lasse sich weder eine durch Alkohol bedingte Beeinträchtigung des Bewusstseins noch eine Herabsetzung der Steuerungsfähigkeit durch die bestehende Persönlichkeitsstörung feststellen. Es sei von einer leicht verminderten Zurechnungsfähigkeit im Tatzeitpunkt auszugehen (angefochtenes Urteil S. 23).
 
c) Die Vorinstanz führt zur Massnahmebedürftigkeit aus, das Gutachten aus dem Jahre 1996 habe empfohlen, eine ambulante Massnahme an Stelle des Strafvollzugs anzuordnen und auf eine Verwahrung zu verzichten. Dem sei die 2. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern damals gefolgt und habe die Strafe von 2 1/2 Jahren zu Gunsten einer ambulanten Massnahme aufgeschoben.
 
Nach dem Gutachten vom 18. Februar 1999 handle es sich beim Beschwerdegegner um einen normal intelligenten Menschen, bei dem keine Hinweise auf psychotische oder depressive Erkrankungen vorlägen. Eine primäre sexuelle Devianz liege nicht vor, vielmehr sei die Vielfalt der abnormen Sexualverhalten im Rahmen der bestehenden Persönlichkeitsstörung zu sehen. Es bestehe weder der Wunsch noch der Zwang nach Alkohol, und die Kriterien für eine Alkoholabhängigkeit nach ICD-10 seien nicht erfüllt. Es falle eine mangelnde Emotionalität auf, und es bestehe ein Unvermögen zur Beibehaltung längerfristiger, emotional tiefer gehender Beziehungen. Auch bestehe eine gewisse Unfähigkeit zum Erleben von Schuldbewusstsein und zum Lernen aus Erfahrungen. Die geistige Gesundheit sei im Sinne einer Persönlichkeitsstörung leicht beeinträchtigt gewesen. Es bestehe eine erhebliche Wiederholungsgefahr. Er habe enorme Mühe, sich mit seinen Taten auseinander zu setzen, und versuche, nicht darüber nachzudenken und zu bagatellisieren. Es bestünden erhebliche Zweifel, ob eine psychotherapeutische Behandlung ausreichen werde, um die Wiederholungsgefahr zu vermindern. Der Gesundheitszustand erfordere nicht die Einweisung in eine Heil- oder Pflegeanstalt. Trotzdem sollte ein Versuch einer ambulanten Behandlung unternommen werden. Der Beschwerdegegner gefährde die öffentliche Sicherheit in schwerwiegender Weise, wie bereits im Gutachten von 1996 festgestellt worden sei. Anders als im damaligen Gutachten sei aber davon auszugehen, dass selbst die Verabreichung von Antabus oder Androcur die öffentliche Sicherheit nicht garantieren würde. Es wäre wichtig, falls eine halb- bis einjährige Therapie nicht zu einer verstärkten Introspektion führe, noch einmal die Frage einer Verwahrung zu diskutieren. Die Wahrscheinlichkeit, die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch eine ambulante oder stationäre Therapie wesentlich zu mindern, sei äusserst gering. Das einzige, was für einen Therapieversuch spreche, sei, dass bis jetzt kein solcher stattgefunden habe.
 
Nach dem Therapieverlaufsbericht vom 18. August 1999 (act. 694 f.) bilden die neun Sitzungen zu 45 Minuten seit dem 4. Juni 1999 in Anbetracht der eher ungünstigen Vorbedingungen eine zu kurze Verlaufsdauer, um über die Wirksamkeit zu entscheiden. Der Beschwerdegegner werde nur ungern mit seinen Delikten konfrontiert und reagiere ausweichend und abwiegelnd. Er zeige im Gespräch keine emotionale Beteiligung. Dies weise auf ein massives Gefühlsdefizit sich selbst und anderen gegenüber hin. Bisher habe keine tragfähige therapeutische Beziehung aufgebaut werden können; eine Änderung werde schwierig sein. Wegen der zu kurzen Verlaufsdauer werde eine Fortführung der Therapie für mindestens weitere sechs Monate vorgeschlagen (angefochtenes Urteil S. 27-29).
 
d) In ihrer Beurteilung nimmt die Vorinstanz an, die allgemeinen Voraussetzungen einer Massnahme gemäss Art. 43 StGB seien gegeben. Die Verwahrung solle aber als einschneidender Eingriff in die persönliche Freiheit ultima ratio sein. Sie sei nicht anzuordnen, wenn die Gefahr für die öffentliche Sicherheit anders gebannt werden könne, etwa durch eine lange Freiheitsstrafe, allenfalls verbunden mit einer ambulanten Massnahme. Das Gutachten von 1999 gebe in Bezug auf die Rückfallgefahr und die schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit keine besonders klare und überzeugende Antwort. Die Begründung der Gemeingefährlichkeit falle knapp aus, und es werde nicht begründet, weshalb weder Antabus noch Androcur die Gefahr vermindern würde. Es sei aber letztlich mit der Gutachterin übereinstimmend anzunehmen, dass der Beschwerdegegner eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstelle, wie sich auch angesichts der einschlägigen Vorstrafen und des früheren Gutachtens ergebe. Jedoch werde eine Behandelbarkeit nicht vollständig ausgeschlossen. Es sei noch nie ein ernsthafter Therapieversuch unternommen worden. Die damalige Anordnung der 2. Strafkammer sei nicht vollzogen worden. Zwar werde der jetzige Therapieversuch skeptisch beurteilt, aber die erst neun Sitzungen liessen nur wenig präzise Aussagen über einen möglichen Erfolg zu, wie die Therapeutin dargelegt habe. Der Führungsbericht dagegen laute durchaus positiv. Die Verwahrung erscheine daher derzeit nicht als notwendig. Die therapeutischen Bemühungen im Strafvollzug seien fortzusetzen (angefochtenes Urteil S. 29-31).
 
3.- In der zu beurteilenden Sache scheiden Diebstahl und BetmG-Zuwiderhandlung als Anlasstaten einer Verwahrung aus. Als Symptomtaten in Betracht fallen die Sexualdelikte zum Nachteil von D., R. und H. Dabei sind auch die weiteren Tatumstände in Betracht zu ziehen: Der Beschwerdegegner hatte der Geschädigten D. angeboten, bei ihm zu wohnen, bis sie eine Wohnung gefunden habe; in der fraglichen Zeit wohnte sie bei ihm, und beide schliefen auf einem gemeinsamen französischen Bett. Die Geschädigte R. putzte beim Beschwerdegegner, der von ihr gegen Geld auch Nacktfotos gemacht hatte; sie war bereits früher bei ihm eingeschlafen (weil sie so "verladen" gewesen sei), und sie war auch bei jenem zur Verurteilung führenden Ereignis bei ihm eingeschlafen. Er war früher Freier der Geschädigten H. gewesen; vor der Tatbegehung hatte er sie zu einem Drink in seine Wohnung eingeladen (Urteil des Kreisgerichts a.a.O.). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen beruhten diese Kontakte im Allgemeinen auf "geschäftlicher" Basis; er unterstützte diese Frauen etwas und fühlte sich berechtigt, sich von ihnen dafür auch etwas gegen ihren Willen zu nehmen. Er suchte die Frauen nicht bewusst in der Szene aus, sondern verkehrte in diesen Kreisen. Er plante die Taten nicht im Voraus, sondern handelte aus den Umständen des Augenblicks. Er und die Frauen kannten sich.
 
Nach dem massgeblichen Gutachten von 1999 schloss der Beschwerdegegner trotz widriger Jugendumstände eine Lehre als Maurer ab und arbeitete bis zu seiner Verhaftung hart, längere Zeit auch in Saudi-Arabien. Aufgrund von Enttäuschungen entschloss er sich, sich nicht mehr emotional zu binden; seine Beziehungen zu Frauen wurden flüchtig, die sexuellen Kontakte nahmen vertraglichen Charakter an (act. 447, 449). Es bestehen weder Hinweise auf depressive Verstimmungen, Wahnvorstellungen, Halluzinationen (act. 445), schizophrene Störungen, "noch ergibt die psychologische Testung oder die psychiatrische Untersuchung Hinweise auf eine geistig mangelhafte Entwicklung" (act. 448). Nach der Fragebeantwortung litt er im Tatzeitpunkt an keiner Geisteskrankheit, nicht an Schwachsinn oder an einer schweren Störung des Bewusstseins (act. 452). Es bestehe eine geistig mangelhafte Entwicklung im Sinne einer Persönlichkeitsstörung von dissozialem Typus, die zu keiner zusätzlichen Herabsetzung der Steuerungsfähigkeit (zur Tat in Ziff. 5) beigetragen habe. Für die anderen Taten lasse sich weder eine durch Alkohol bedingte Beeinträchtigung des Bewusstseins noch eine Herabsetzung der Steuerungsfähigkeit durch die bestehende Persönlichkeitsstörung feststellen (act. 453). Der Gesundheitszustand erfordere keine Einweisung in eine Heil- oder Pflegeanstalt (act. 454).
 
Aufgrund des Sachverhalts und dieser gutachterlichen Anamnese lassen sich nun offensichtlich weder eine geistige Abnormität noch eine Gemeingefährlichkeit nach den Anforderungen von Art. 43 StGB begründen. Der Beschwerdegegner war zwar seit dem Jahre 1963 mehrfach einschlägig bestraft und letztmals im Jahre 1996 wegen einer der vorliegenden qualifizierten sexuellen Nötigung ähnlichen Tat verurteilt worden. Daraus ergibt sich aber noch nicht die vorausgesetzte Gemeingefährlichkeit der Anlasstaten im Sinne von Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB.
 
Die Gutachterin schätzt zwar die Therapierbarkeit als äusserst gering ein; das einzige, was für einen
 
Therapieversuch spreche, sei, dass bis jetzt kein solcher stattgefunden habe. Sie bezeichnet indes eine ambulante Behandlung als vordringlich. Nach dem Therapieverlaufsbericht konnte nach neun Sitzungen noch keine tragfähige therapeutische Beziehung aufgebaut werden und wird dies schwierig sein, doch wird eine Fortführung vorgeschlagen. In einem gewissen Widerspruch dazu erscheint der Beschwerdegegner nach dem Führungsbericht offen, kooperativ und bereit, über sein Delikt zu sprechen; es ist ihm bewusst geworden, dass er an sich arbeiten muss, er nimmt engagiert an den therapeutischen Sitzungen teil, und es wird ihm ein progressiver Vollzugsverlauf attestiert: Er setze sich mit seiner Situation auseinander und sei sich bewusst, was er zukünftig an seiner Lebensweise verändern müsse. Wie die Vorinstanz annimmt, erscheint demnach eine Behandelbarkeit nicht ausgeschlossen. Der erwähnte Widerspruch könnte auch darin gründen, dass der Beschwerdegegner gewissen Behandlungsformen (wie etwa der analytisch orientierten Psychotherapie) weniger zugänglich ist (vgl. BGE 124 IV 246 E. 3). Doch stellt auch die Gutachterin fest, dass er während der drei Gespräche zunehmend offener wurde (act. 445).
 
Zusammenfassend beurteilt die Vorinstanz eine Verwahrung zu Recht als nicht notwendig im Sinne von Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB. Es können nur relativ schwerwiegende Arten und Formen geistiger Anomalie im medizinischen Sinne als "geistige Abnormität" im strafrechtlichen Sinne betrachtet werden. Für diese Annahme ergeben die referierten Angaben des Gutachtens keine Grundlage. Es ergibt sich das Bild eines harten Maurerlebens mit vielen Enttäuschungen und willentlicher Herabstimmung des Gefühlslebens mit der Folge eines Gefühlsdefizits, indessen ohne sexuelle Devianz oder persönlichkeitsspezifische Gewaltbereitschaft. Der Beschwerdegegner hat zwar mit Zuchthaus oder Gefängnis bedrohte Taten begangen, aber diese können nicht einem "Geisteszustand" im Sinne von Art. 43 StGB zugeschrieben werden. Schliesslich lässt sich auch die Frage, ob der Beschwerdegegner infolge seines Geisteszustands die öffentliche Sicherheit in schwerwiegender Weise gefährde, kaum bejahen. Die Taten offenbaren nicht jenen Geisteszustand, der den Täter als besonders gefährlich erscheinen lässt. Sie fanden in einem spezifischen Umfeld unter besonderen Umständen statt. Mit dieser Beurteilung werden die Sexualdelikte keineswegs verharmlost. Der Beschwerdegegner wurde deswegen hart bestraft. Die Vorinstanz betont denn auch, er werde zu 5 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, und er werde die von der 2. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern am 28. Mai 1996 ausgefällte Strafe von 2 1/2 Jahren Zuchthaus mit grosser Wahrscheinlichkeit ebenfalls verbüssen müssen, womit dem Sicherheitsbedürfnis der Gesellschaft Rechnung getragen werden könne. Allerdings besteht eine Wiederholungsgefahr. Der Führungsbericht der Strafanstalt enthält jedoch sehr positive Anzeichen für eine ernsthafte Auseinandersetzung des Beschwerdegegners mit seiner Lebens- und Verhaltensweise.
 
Damit fehlen die Voraussetzungen einer ultima ratio.
 
4.- Die Nichtigkeitsbeschwerde ist abzuweisen. Es werden keine Kosten erhoben (Art. 278 Abs. 2 BStP).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.-Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.-Es werden keine Kosten erhoben.
 
3.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht (4. Strafkammer) des Kantons Bern schriftlich mitgeteilt.
 
______________
 
Lausanne, 29. Januar 2000
 
Im Namen des Kassationshofes
 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
 
Der Präsident:
 
Der Gerichtsschreiber:
 
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