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Informationen zum Dokument  BGer 5A.24/1999  Materielle Begründung
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BGer 5A.24/1999 vom 17.02.2000
 
[AZA 0]
 
5A.24/1999/min
 
II. Z I V I L A B T E I L U N G
 
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Beschluss vom 17. Februar 2000
 
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung, Bundesrichter Weyermann, Bundesrichter Raselli und
 
Gerichtsschreiber Mazan.
 
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In Sachen
 
G.R.________, Gesuchsteller, vertreten durch S.T.________,
 
Generalbevollmächtigte, vertreten durch Fürsprecher D.S.________,
 
gegen
 
Stiftung C.________,
 
Eidgenössisches Departement des Innern,
 
Rechtsanwalt A.B.________,
 
betreffend
 
Wiederherstellung einer Frist, hat sich ergeben:
 
A.-Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde, die G.R.________ gegen eine Zwischenverfügung des Eidgenössischen Departementes des Innern (EDI) vom 17. Juli 1998 erhoben hatte, trat das Bundesgericht mit Urteil vom 18. Oktober 1999 nicht ein. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass G.R.________ nach dem anwendbaren deutschen Recht und gestützt auf eine gerichtlich erhobene psychiatrische Expertise als geschäftsunfähig im Sinn von § 104 Ziff. 2 BGB zu gelten habe. Die Bevollmächtigung von Rechtsanwalt U.G.________ für die Erhebung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei daher nichtig, welcher Mangel unheilbar sei.
 
B.-Am 22. November 1999 erteilte S.T.________, die seit 1981 Generalbevollmächtigte von G.R.________ ist, Fürsprecher D.S.________ eine Vollmacht, namens von G.R.________ um Fristwiederherstellung zu ersuchen und gleichzeitig eine neue Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Zwischenverfügung des EDI vom 17. Juli 1998 zu erheben. Gleichentags stellte Fürsprecher D.S.________ das erwähnte Wiederherstellungsgesuch und erhob gleichzeitig gegen die Zwischenverfügung des EDI Verwaltungsgerichtsbeschwerde, wobei er darum ersuchte, das Beschwerdeverfahren einstweilen zu sistieren.
 
C.-Die Stiftung C.________ beantragte, auf das Wiederherstellungsgesuch nicht einzutreten, eventuell es abzuweisen; subeventuell sei auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht einzutreten. Rechtsanwalt A.B.________ und das EDI - dieses unter Bezugnahme auf die Antwort der Stiftung C.________ - stellten gleich lautende Anträge.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.-Wiederherstellung gegen die Folgen der Versäumung einer Frist kann nur dann erteilt werden, wenn der Gesuchsteller oder sein Vertreter durch ein unverschuldetes Hindernis abgehalten worden ist, innert der Frist zu handeln, und binnen zehn Tagen nach Wegfall des Hindernisses unter Angabe desselben die Wiederherstellung verlangt und die versäumte Rechtshandlung nachholt (Art. 35 Abs. 1 OG). In formeller Hinsicht kann zunächst festgehalten werden, dass das Wiederherstellungsgesuch vom 22. November 1999 rechtzeitig im Sinn von Art. 35 Abs. 1 OG gestellt wurde. Massgebend für den Beginn der 10-tägigen Wiederherstellungsfrist ist nicht die Zustellung des Urteilsdispositivs des Bundesgerichtsurteils vom 18. Oktober 1999, sondern die am 12. November 1999 erfolgte Zustellung des schriftlich begründeten Entscheides, denn erst in diesem Zeitpunkt war der Grund für den Nichteintretensentscheid ersichtlich. Ferner sind die formellen Voraussetzungen für die Wiederherstellung auch insoweit erfüllt, als die versäumte Rechtshandlung - die Verwaltungsgerichtsbeschwerde - gleichzeitig mit dem Wiederherstellungsgesuch eingereicht wurde. Im Folgenden ist daher zu prüfen, ob die Generalbevollmächtigung von S.T.________ aus dem Jahr 1981 noch gültig ist und auch die von ihr vorgenommene Bevollmächtigung von Fürsprecher D.S.________ für das Wiederherstellungsgesuch und die Erhebung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde umfasst.
 
2.-Die Beschwerdegegnerin, das EDI, aber auch Rechtsanwalt A.B.________ bestreiten mit verschiedenen Argumenten die Gültigkeit der am 20. November 1981 von G.R.________ ausgestellten Vollmacht.
 
a) Zunächst wird unter Hinweis auf Art. 35 Abs. 1 OR geltend gemacht, dass der Verlust der Urteilsfähigkeit des Vollmachtgebers nach Schweizer Recht zwingend das Erlöschen der Vollmacht nach sich ziehe. Abgesehen davon, dass in der Generalvollmacht ausdrücklich vereinbart wurde, dass die Vollmacht weder bei Tod noch bei Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers erlischt, ist fraglich, ob überhaupt Schweizer Recht anwendbar ist.
 
aa) G.R.________ ist deutscher Staatsangehöriger und hat keinen Wohnsitz in der Schweiz. Angesichts des Vorliegens eines grenzüberschreitenden Sachverhaltes richtet sich das anwendbare Recht - unter Vorbehalt völkerrechtlicher Verträge - nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (Art. 1 IPRG). Bei rechtsgeschäftlicher Vertretung untersteht das Aussenverhältnis dem Recht des Staates, in dem der Vertreter seine Niederlassung hat (Art. 126 Abs. 2, erste Satzhälfte IPRG). Bei natürlichen Personen ist es der Wohnsitz im Sinn von Art. 20 IPRG. Es wird nicht bestritten, dass S.T.________ ihren Wohnsitz in Deutschland hat, so dass sich die Bevollmächtigung von S.T.________ nach deutschem Recht beurteilt. Nur wenn eine Niederlassung fehlt oder für den Dritten nicht erkennbar ist, unterstehen die Voraussetzungen, unter denen eine Handlung des Vertreters den Vertretenen gegenüber dem Dritten verpflichtet, dem Recht des Staates, in dem der Vertreter im Einzelfall handelt (Art. 126 Abs. 2, zweite Satzhälfte IPRG). Unbehelflich ist daher der Einwand, die Bevollmächtigung solle gegenüber dem Bundesgericht wirksam werden, aber auch, der von S.T.________ unterbevollmächtigte Rechtsvertreter residiere in der Schweiz.
 
bb) Gemäss § 168 Satz 1 BGB bestimmt sich das Erlöschen der Vollmacht nach dem ihrer Erteilung zugrundeliegenden Rechtsverhältnis. Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers bewirkt im Zweifel nicht das Erlöschen der kausalen Vollmacht (Staudinger/ Schilken, 13. Auflage, Berlin 1995, N 23 zu § 168 BGB m.w.H.; Soergel/Leptien, 12. Auflage, Stuttgart 1988, N 12 zu § 168 BGB; siehe auch Müller-Freienfels, Die Vertretung beim Rechtsgeschäft, Tübingen 1955, S. 297 ff. mit Vorbehalten im Fall der Bestellung eines Vormundes [S. 307]). Gemäss § 86 DZPO wird die Vollmacht durch eine Veränderung des Vollmachtgebers in seiner Prozessfähigkeit nicht aufgehoben; eine Prozessvollmacht erlischt demnach nicht schon deshalb, weil die Partei inzwischen prozessunfähig geworden ist (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 56. Auflage, München 1998, N 9 zu § 86). Aus diesen
 
Gründen ist von der Gültigkeit der Vollmacht über den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit hinaus auszugehen.
 
b) Unbehelflich ist der sich auf schweizerisches Recht (Art. 396 Abs. 3 OR) stützende Einwand, für die Prozessführung werde eine Spezialvollmacht verlangt. Dem deutschen Recht ist eine Differenzierung zwischen Generalvollmacht und Spezialvollmacht, wie sie Art. 396 Abs. 3 OR zugrundeliegt, fremd (Staudinger/ Schilken, a.a.O., N. 83 zu § 167 BGB m.w.H.; Soergel/Leptien, a.a.O., N. 37 zu § 167 BGB).
 
c) Unbegründet ist auch der Einwand, dass sich die Generalvollmacht nur auf zivilrechtliche Verfahren beziehe. S.T.________ wurde eine Generalvollmacht erteilt, den Vollmachtgeber und seine Erben u.a. "in allen seinen ... Rechtsangelegenheiten bei Gerichten, Behörden und gegenüber von Privatpersonen ohne jede Ausnahme zu vertreten", welcher Umfang durch die speziell erwähnte Berechtigung, "Prozesse für den Vollmachtgeber als Kläger oder Beklagten zu führen und hierbei die Rechte eines Prozessbevollmächtigten in vollem Umfange des § 81 Zivilprozessordnung auszuüben" keine Einschränkung erfährt. Zudem umfasst die Vollmacht ausdrücklich auch die Berechtigung, den Auftraggeber in Beschwerdeverfahren zu vertreten.
 
d) Im Weiteren wird eine rechtsmissbräuchliche Verwendung der Vollmacht geltend gemacht und behauptet, sie diene dazu, die Absichten des Vollmachtgebers selber zu durchkreuzen und dessen Lebenswerk, der Stiftung C.________ als Zweitbegünstigten sein Vermögen zuzuführen, zu zerstören. Es ist bekannt, dass Hintergrund der auf eine Intervention von Rechtsanwalt A.B.________, Mitglied des Stiftungsrates der Stiftung D.________, ergangenen Sicherungsmassnahme des EDI vom 17. Juli 1998 der Streit um die von G.R.________ am 23. Juli 1997 der D.________ Stiftung gemachte, noch nicht vollzogene und am 30. Juni 1998 widerrufene Schenkung seines privaten Kunstbesitzes bildet. Die gestützt auf die hier umstrittene Vollmacht verlangte Wiedereinsetzung bzw. die damit eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtet sich namentlich gegen die in Nachachtung der Zwischenverfügung des EDI von der Sozialbehörde Embrach am 20. Juli 1998 vollzogene Versiegelung des durch die 'Stiftung A.________' gemieteten Tresors, in welchem sich der private Kunstbesitz von G.R.________ befindet. Dabei geht es um die Frage, ob der Bundesrat, vertreten durch das EDI, in seiner Eigenschaft als Stiftungsaufsichtsbehörde zur in Frage stehenden Sicherungsmassnahme befugt war oder nicht, und nicht darum, welche Seite hinsichtlich der umstrittenen Schenkung obsiegen wird. Abgesehen davon, dass die Einrede der rechtsmissbräuchlichen Verwendung der Vollmacht das Ergebnis dieser in Liechtenstein hängigen Streitigkeit vorwegnimmt, wäre, selbst wenn diesbezüglich der beschwerdegegnerische Standpunkt eingenommen würde, keineswegs evident, dass mit der auf die in Frage stehende Vollmacht gestützten Wiedereinsetzung bzw. Verwaltungsgerichtsbeschwerde rechtsmissbräuchliche Ziele verfolgt werden.
 
e) Unbehelflich ist schliesslich der Einwand, mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde solle der Inhalt der die Stiftung C.________ begünstigenden letztwilligen Verfügung vereitelt werden und ein solches Geschäft könne der Testator nur höchstpersönlich vornehmen, allenfalls mittels einer Spezialvollmacht. Auch diesbezüglich gilt, dass mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, deren versäumte Frist wiederhergestellt werden soll, nicht über die Gültigkeit sich widersprechender letztwilliger Verfügungen von G.R.________ entschieden werden soll, sondern nur über die Rechtmässigkeit des Vorgehens der Stifungsaufsichtsbehörde. 3.- Zu prüfen ist schliesslich, ob der Beschwerdeführer durch ein unverschuldetes Hindernis davon abgehalten worden ist, fristgemäss zu handeln. Wer bei Fristablauf urteilsunfähig und damit verschuldensunfähig ist (Art. 18 ZGB), dem kann die Unterlassung verschuldensmässig nicht zugerechnet werden (Eugen Bucher, Berner Kommentar, N 111 zu Art. 12 ZGB). Nach der Aktenlage war der Beschwerdeführer nicht nur im Zeitpunkt der Eröffnung des Entscheides des EDI, sondern auch bei Fristablauf geschäftsunfähig. Der Vollständigkeit halber ist beizufügen, dass keine Anhaltspunkte bestehen, dass sich die im früheren Prozess (5A. 22/1998) vom Experten diagnostizierte Geistesschwäche inzwischen vermindert hätte oder dass sie gar verschwunden wäre.
 
Rechtsanwalt D.H.________ wendet diesbezüglich ein, es wäre angezeigt gewesen, vorsichtshalber bereits mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Generalvollmacht einzureichen, sei doch die Gefahr der Geschäftsunfähigkeit von G.R.________ von Anfang an erkennbar gewesen. Wie sich aus dem früheren Verfahren (5A. 22/1998) ergibt, lagen damals der Generalbevollmächtigten ein Gutachten von Prof. Täschner und eine Erklärung der Psychiaterin Dr. Renate Weidle-Smith vor. Nach Täschner sei bei G.R.________ trotz Vorliegens einer neurologischen Erkrankung weder eine psychiatrische Erkrankung noch ein organisches Psychosyndrom feststellbar gewesen; nach Weidle-Smith habe G.R.________ anlässlich der umstrittenen Vollmachtserteilung am 23. Juli 1998 bei der Unterschriftsleistung seine Vermögensverhältnisse durchaus überschaut und die Bedeutung der Vollmacht und die Folgerung, die sich aus der Vollmacht ergäben, eingeschätzt. Wenn bei dieser Sachlage nicht schon mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 30. Juli 1998 die Generalvollmacht aufgelegt worden war, kann nicht von einem relevanten Verschulden gesprochen werden, das ohnehin nicht dem Gesuchsteller selber anzulasten wäre.
 
4.- Zusammenfassend ergibt sich, dass der Beschwerdeführer einerseits durch ein unverschuldetes Hindernis davon abgehalten worden ist, rechtzeitig Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu führen und andererseits seine Bevollmächtigte das Wiederherstellungsgesuch fristgemäss gestellt und ebenso die versäumte Rechtshandlung nachgeholt hat. Demzufolge ist das Gesuch gutzuheissen und dem Beschwerdeführer die Wiederherstellung zu gewähren. Seinem prozessualen Begehren zufolge ist das Beschwerdeverfahren allerdings einstweilen auszusetzen. Über die Kosten- und Entschädigungsfolgen wird im Rahmen des Hauptverfahrens entschieden werden.
 
Demnach beschliesst das Bundesgericht
 
im Verfahren nach Art. 35 Abs. 2 OG:
 
1.-Das Gesuch um Wiederherstellung der Frist wird gutgeheissen.
 
2.-Das Beschwerdeverfahren wird einstweilen ausgesetzt.
 
3.-Über die Kosten- und Entschädigungsfolgen wird im Rahmen des Hauptverfahrens entschieden.
 
4.-Dieser Beschluss wird Fürsprecher D.S.________, Rechtsanwalt S.E.________, Rechtsanwalt D.H.________, Rechtsanwalt A.B.________ sowie dem Eidgenössischen Departement des Innern schriftlich mitgeteilt.
 
_____________
 
Lausanne, 17. Februar 2000
 
Im Namen der II. Zivilabteilung
 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
 
Der Präsident:
 
Der Gerichtsschreiber:
 
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