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Informationen zum Dokument  BGer 1P.158/2000  Materielle Begründung
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BGer 1P.158/2000 vom 07.04.2000
 
[AZA 0]
 
1P.158/2000/boh
 
I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
 
**********************************
 
7. April 2000
 
Es wirken mit: Bundesrichter Aemisegger, Präsident der
 
I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Nay, Bundesrichter
 
Féraud und Gerichtsschreiber Störi.
 
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In Sachen
 
S.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Thomas Perler, Christoffelgasse 7, Postfach 6826, Bern,
 
gegen
 
Kantonales Untersuchungsrichteramt Bern, Abteilung Drogenkriminalität, Untersuchungsrichter 10,Staatsanwaltschaft des Kantons Bern, Kant. Prokurator César Lopez, Obergericht des Kantons Bern, Anklagekammer,
 
betreffend
 
Hafterstreckung, hat sich ergeben:
 
A.- Die Berner Strafverfolgungsbehörden führen gegen S.________ eine Strafuntersuchung wegen banden- und gewerbsmässigen Handels mit einer unbestimmten, 2'600 g übersteigenden Menge Heroin und einer unbestimmten, 100 g übersteigenden Menge Kokain. S.________ wurde am 10. Dezember 1998 verhaftet und am 14. Dezember 1998 in Untersuchungshaft versetzt. Am 15. September 1999 hat S.________ den vorzeitigen Strafvollzug angetreten.
 
Am 17. Januar 2000 stellte S.________ das Gesuch, ihn aus dem vorzeitigen Strafvollzug zu entlassen, da die gesetzlich vorgesehene Dreimonatsfrist von Art. 197 Abs. 2 des Gesetzes über das Strafverfahren vom 15. März 1995 (StrV) abgelaufen sei. Art. 197 StrV steht unter dem Randtitel "Vorzeitiger Antritt von Strafen und Massnahmen"; Abs. 2 hat folgenden Wortlaut:
 
"Wird das Verfahren nicht spätestens drei Monate
 
nach dem vorzeitigen Antritt durch erstinstanzliches
 
Urteil abgeschlossen, ist die angeschuldigte
 
Person auf ihr Gesuch hin zu entlassen, es sei
 
denn, die Verzögerung des Verfahrens sei durch sie
 
schuldhaft veranlasst worden oder die Anklagekammer
 
habe diese Frist, insbesondere wegen Fluchtgefahr,
 
verlängert.. "
 
Der Untersuchungsrichter 10 des Kantonalen Untersuchungsrichteramtes beantragte dem Haftgericht III Bern-Mittelland am 21. Januar 2000, das Haftentlassungsgesuch abzuweisen.
 
Die Haftrichterin 6 des Haftgerichtes III Bern-Mittelland wies das Haftentlassungsgesuch mit Entscheid vom 31. Januar 2000 ab. Sie erwog, gemäss Kreisschreiben Nr. 8 der Anklagekammer des Obergerichts in der Fassung vom 3. März 1999 brauche "ein Fristverlängerungsgesuch nach Art. 197 Abs. 2 StrV bei der Anklagekammer erst dann eingeleitet zu werden, wenn ein von einem Angeschuldigten im vorzeitigen Strafantritt infolge des Ablaufes der Beurteilungsfrist gestelltes Gesuch um Entlassung vom Haftgericht abschlägig beschieden worden ist. " Vorliegend sei kein Fristverlängerungsgesuch gestellt worden, obwohl sich der Angeschuldigte seit über drei Monaten im vorzeitigen Strafvollzug befinde. Es könne im vorliegenden Fall jedoch dahingestellt bleiben, ob die Auslegung von Art. 197 Abs. 2 StrV gemäss Kreisschreiben Nr. 8 gesetzeskonform sei. Es seien "weder aus dem Wortlaut des Gesetzes noch aus Rechtsprechung und Literatur Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sich die Kognition des Haftgerichtes bei der Stellung eines Gesuches um Freilassung aufgrund von Art. 197 Abs. 2 StrV auf die formellen Voraussetzungen beschränken" müsse. Vielmehr seien bei Gesuchen um Entlassung aus der Untersuchungshaft bzw.
 
aus dem vorzeitigen Strafvollzug immer die materiellen Haftgründe zu prüfen. Vorliegend sei der dringende Tatverdacht aufgrund des Geständnisses erstellt. Ebenso bestehe Fluchtgefahr, da S.________ eine erhebliche Freiheitsstrafe drohe und er keine Beziehungen zur Schweiz habe, die ihn von einer Flucht abhalten könnten.
 
S.________ rekurrierte gegen diesen Entscheid der Haftrichterin an die Anklagekammer des Obergerichts. Dieses Verfahren, in welchem sie die vom Haftgericht bejahten materiellen Haftgründe prüfen will, ist bei der Anklagekammer hängig.
 
B.- Ein Gesuch des Untersuchungsrichters, die Frist von Art. 197 Abs. 2 StrV "um mindestens drei Monate" zu verlängern, hiess die Anklagekammer mit Entscheid vom 18. Februar 2000 "grundsätzlich gut" (Ziff. 1 des Dispositivs), wies den Untersuchungsrichter indessen an, bis zum 14. April 2000 den Überweisungsantrag der Staatsanwaltschaft vorzulegen und das Vorverfahren bis Ende April 2000 abzuschliessen (Ziff. 2).
 
Sie erwog, bereits unter dem alten Verfahrensrecht hätten die "Unebenheiten der gesetzlichen Regelung, welche mit Art. 197 Abs. 2 StrV beibehalten wurden", zur Frage Anlass gegeben, "ob der Wortlaut so zu verstehen sei, dass ein Verlängerungsgesuch bei der Anklagekammer vor deren Ablauf oder jedenfalls vor Einreichung des Gesuchs stattgefunden haben müsse, ansonsten der Angeschuldigte auf sein Gesuch hin zu entlassen sei. Die Praxis zum alten Recht sah eine solche Auslegung als unbefriedigend an und vertrat unangefochten den Standpunkt, dass ein Fristverlängerungsgesuch auch nach Ablauf der gesetzlichen Frist gestellt werden könne und nur dann notwendig sei, wenn der Angeschuldigte ein Entlassungsgesuch gestellt hat". Es gebe keinen Grund, von dieser Praxis abzuweichen. Die gegenteilige Interpretation der Verteidigung käme "einer dem bernischen Strafverfahren fremden zeitlichen Befristung der Untersuchungshaft gleich". Mit Art. 197 Abs. 2 StrV habe der Gesetzgeber lediglich sicherstellen wollen, dass man den Angeschuldigten im vorzeitigen Strafvollzug nicht "vergesse". Diese Auslegung dränge sich auch deshalb auf, weil die Anklagekammer ohnehin durch monatliche Haftkontrollen die zeitgerechte Behandlung der Haftfälle überwache, weshalb kein Bedürfnis bestehe, in allen Fällen von mehr als dreimonatigem vorzeitigem Strafantritt von Amtes wegen die Einreichung eines Fristverlängerungsgesuches zu verlangen, zumal dies bei "normalen" Untersuchungshäftlingen, welche einem strengeren Haftregime unterlägen, gerade nicht vorgesehen sei.
 
Der Wortlaut von Art. 197 Abs. 2 StrV beruhe auf einem gesetzgeberischen Versehen. Im Entwurf für das heute geltende Verfahrensrecht sei das Haftgericht nicht vorgesehen gewesen. Nach altem Regime, dessen Weiterführung beabsichtigt gewesen sei, hätten der Untersuchungsrichter bzw.
 
das erkennende Gericht über Haftentlassungsgesuche zu befinden gehabt, mit automatischer Überprüfung durch die Anklagekammer bei Abweisung der Voruntersuchung. Der Untersuchungsrichter hätte mit dem negativen Entscheid über ein Haftentlassungsgesuch der Anklagekammer im Falle eines über drei Monate dauernden vorzeitigen Strafvollzuges begründen müssen, wieso eine Überweisung und Beurteilung noch nicht stattgefunden habe und ein entsprechendes Gesuch um Fristverlängerung stellen müssen. "Bei dieser Konstellation waren Fristverlängerungsgesuche stets mit von der Anklagekammer zu überprüfenden Haftentlassungsgesuchen und der damit einhergehenden materiellen Überprüfung der Haftgründe verbunden, woraus sich die Formulierung 'insbesondere wegen Fluchtgefahr' erklärt".
 
Nachdem die Anklagekammer nach geltendem Recht in Haftsachen nurmehr Rekursinstanz sei, würde der in Art. 197 Abs. 2 StrV versehentlich beibehaltene Wortlaut dazu führen, dass die Anklagekammer nebst der Verhältnismässigkeit auch die Haftgründe zu prüfen hätte, selbst wenn gar kein Haftrekurs erhoben worden sei. Das könne nicht Sinn und Zweck des Gesetzes sein, stehe für die Überprüfung der Haftgründe in der Voruntersuchung dem Angeschuldigten doch der Haftrekurs zur Verfügung. Es gäbe auch keinen Grund, Angeschuldigte im vorzeitigen Strafvollzug besser zu stellen als diejenigen in Untersuchungshaft. Das Verfahren nach Art. 197 Abs. 2 StrV sei zudem nicht kontradiktorisch ausgestaltet, was ein weiterer klarer Hinweis dafür sei, "dass der Gesetzgeber nicht eine Überprüfung der Rechtmässigkeit der Haft an sich (Art. 5 Ziff. 4 EMRK) durch die Anklagekammer, sondern nur eine Kontrolle hinsichtlich der Einhaltung des Beschleunigungsgebotes vorsehen" wollte.
 
Zusammenfassend ergebe sich daraus, dass die Anklagekammer bei der Behandlung eines Fristverlängerungsgesuches nach Art. 197 Abs. 2 StrV einzig die Verhältnismässigkeit prüfe. Es könne keine Rede davon sein, und der Verteidiger behaupte dies auch gar nicht, dass das Verfahren gegen S.________ nicht mit genügender Beharrlichkeit vorangetrieben worden sei. Das Gesuch des Untersuchungsrichters um Verlängerung der Frist sei daher gutzuheissen, wobei indessen der Untersuchungsrichter und der zuständige Staatsanwalt angewiesen würden, alles zu tun, damit das Verfahren bis Ende April 2000 an das urteilende Gericht überwiesen werden könne. "Der Vollständigkeit halber" wies die Anklagekammer schliesslich daraufhin, dass ihr Entscheid das Recht von S.________, jederzeit ein Haftentlassungsgesuch zu stellen, nicht einschränke.
 
C.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 13. März 2000 wegen Verletzung der persönlichen Freiheit von Art. 10 Abs. 2 BV sowie von Art. 5 Ziff. 1 EMRK beantragt S.________, den Entscheid der Anklagekammer vom 18. Februar 2000 aufzuheben und diese anzuweisen, ihn umgehend freizulassen.
 
Die Anklagekammer verweist in ihrer Vernehmlassung auf den angefochtenen Entscheid und beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Der Untersuchungsrichter verzichtet auf Vernehmlassung.
 
Der Staatsanwalt beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
 
Art. 197 Abs. 2 StrV sei keineswegs so zu verstehen, wie dies der Beschwerdeführer geltend mache. Die Formulierung in der Vergangenheitsform (".. die Anklagekammer habe diese Frist .. verlängert") beziehe sich nämlich auf den allfälligen Zeitpunkt der Entlassung, nicht auf denjenigen des Gesuchs; das Erfordernis einer vorgängigen Verlängerung ergebe sich daher nicht aus dem Gesetzestext. Dass eine Fristverlängerung auch nach Ablauf der Dreimonatsfrist noch möglich sei, vertrete auch der "Vater" des neuen Berner Strafverfahrens, Jürg Aeschlimann (Einführung in das Strafprozessrecht, Bern 1997, Rz. 1213). Anders zu entscheiden würde zu einer nicht gerechtfertigten und nie beabsichtigten unterschiedlichen Behandlung von Angeschuldigten im vorzeitigen Strafantritt bzw. in Untersuchungshaft führen. Eine solche im Vergleich zur früheren Praxis geradezu unbernisch revolutionäre Änderung hätte die politischen Hürden der Gesetzgebung wohl nie genommen. Das Kreisschreiben Nr. 8 der Anklagekammer gebe daher die wahre ratio legis von Art. 197 Abs. 2 StrV wieder. Selbst wenn man aber diese Frist als verletzt ansehen müsste, so würde dies keinesfalls zwingend zur Haftentlassung des Beschwerdeführers führen, da die Bestimmung bloss die Funktion einer Ordnungsvorschrift habe.
 
In der Replik hält S.________ an seinen Anträgen vollumfänglich fest.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.- a) Der Beschwerdeführer wirft der Anklagekammer eine Verletzung des bisher ungeschriebenen, neu in Art. 10 Abs. 2 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV) verankerten Grundrechtes der persönlichen Freiheit sowie von Art. 5 Ziff. 1 EMRK vor. Dazu ist er legitimiert (Art. 88 OG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt, sodass auf die Beschwerde, unter dem Vorbehalt gehörig begründeter Rügen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 125 I 71 E. 1c; 122 I 70 E. 1c; 121 I 334 E. 1c), grundsätzlich einzutreten ist.
 
b) Mit einer staatsrechtlichen Beschwerde gegen die Fortsetzung der Untersuchungshaft kann, ausser der Aufhebung des angefochtenen Entscheids, auch die sofortige Entlassung aus der Haft verlangt werden (BGE 115 Ia 293 E. 1a). Der entsprechende Antrag des Beschwerdeführers ist daher zulässig.
 
c) Bei staatsrechtlichen Beschwerden, die gestützt auf das verfassungsmässige Recht der persönlichen Freiheit gegen die Haftanordnung erhoben werden, prüft das Bundesgericht die Auslegung und Anwendung des kantonalen Rechts grundsätzlich frei (BGE 117 Ia 72 E. 1; 114 Ia 281 E. 3).
 
2.- a) Vorliegend ist vorab die Auslegung von Art. 197 Abs. 2 StrV umstritten. Nach der Auffassung des Beschwerdeführers ergibt sich aus dieser Bestimmung zwingend, dass ein Untersuchungshäftling, der sich im vorzeitigen Strafvollzug befinde, aus der Haft entlassen werden müsse, wenn binnen dreier Monate nach dem Antritt des vorzeitigen Strafvollzuges kein erstinstanzliches Urteil ergangen sei und er weder die Verzögerung des Verfahrens schuldhaft verursacht noch die Anklagekammer diese Frist verlängert habe.
 
b) Nach ständiger Rechtsprechung ist das Gesetz in erster Linie aus seinem Wortlaut heraus auszulegen. Ist dieser nicht ohne Weiteres klar, sind daneben weitere Gesichtspunkte zu berücksichtigen, insbesondere der Gesamtzusammenhang, in den sich die auszulegende Bestimmung einfügt, die Beratungen, die ihrem Erlass vorausgingen, und die Regelungsabsicht, die ihr zugrunde liegt (BGE 124 III 321 E. 2; 123 III 89 E. 3, je mit Hinweisen). Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf nur ausnahmsweise abgewichen werden, u.a. dann nämlich, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Grund und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften ergeben (BGE 125 V 480 E. 4a; 124 II 193 E. 5a, je mit Hinweisen).
 
3.- a) Der Inhalt von Art. 197 Abs. 2 StrV ergibt sich ohne Beizug weiterer Auslegungselemente klar aus seinem Wortlaut: Eine angeschuldigte Person, die sich im vorzeitigen Strafvollzug befindet, ist auf ihr Gesuch hin aus der Haft zu entlassen, wenn binnen dreier Monate kein erstinstanzliches Urteil ergangen ist und sie das Verfahren weder schuldhaft verzögert hat noch die Anklagekammer diese Frist, insbesondere wegen Fluchtgefahr, verlängert hat. Aus der Zeitenfolge ergibt sich, dass die Fristverlängerung vor Ablauf der Frist von drei Monaten erfolgt sein muss; nach deren Ablauf kann der Angeschuldigte seine Freilassung verlangen und sie ist ihm gemäss dieser gesetzlichen Bestimmung zu gewähren, ausser er hätte das Verfahren schuldhaft verzögert.
 
Der Einwand der Staatsanwaltschaft, die Formulierung in der Vergangenheitsform beziehe sich auf den Zeitpunkt der Entlassung, nicht auf denjenigen des Gesuchs, ist unhaltbar:
 
Die Dreimonatsfrist von Art. 197 Abs. 2 StrV - und damit die Bestimmung als Ganzes - verlöre dadurch den Sinn, den ihr die Anklagekammer zu Recht beilegt; soll sie nämlich verhindern, dass Untersuchungshäftlinge im vorzeitigen Strafvollzug "vergessen" werden, so kann es gerade nicht sein, dass ein Fristverlängerungsgesuch vom Untersuchungsrichter unbekümmert um die Dreimonatsfrist immer erst als Antwort auf ein Haftentlassungsgesuch gestellt werden müsste.
 
Die von der Anklagekammer im angefochtenen Entscheid vertretene Auffassung des Kreisschreibens Nr. 8, wonach ein "Fristverlängerungsverfahren gemäss Art. 197 Abs. 2 StrV" (..) "bei der Anklagekammer erst dann eingeleitet zu werden" braucht, "wenn ein von einem Angeschuldigten im vorzeitigen Strafantritt infolge Ablaufes der Beurteilungsfrist gestelltes Gesuch um Entlassung vom Haftgericht abschlägig beschieden worden ist", ist mit dem Wortlaut von Art. 197 Abs. 2 StrV nicht vereinbar. Da eine derartige Lösung im Gesetz keinen Niederschlag gefunden hat, ist unerheblich, ob sie vom historischen Gesetzgeber überhaupt, wie die Anklagekammer behauptet, in dieser Form realisiert werden wollte.
 
b) Das bedeutet im Ergebnis, dass bei Angeschuldigten, die sich im vorzeitigen Strafvollzug befinden, die Anklagekammer - sei es auf Gesuch der zuständigen Verfahrensleitung hin, sei es von sich aus - binnen dreier Monate nach Antritt des vorzeitigen Strafvollzuges über die Weiterführung der Untersuchungshaft befinden muss, wenn innert dieser Frist noch kein Urteil ergangen ist. Entgegen ihrer Auffassung ist die Anklagekammer daher auch nach neuem Recht in Haftsachen nicht bloss Rekursinstanz, Art. 197 Abs. 2 StrV weist ihr vielmehr den erstinstanzlichen Entscheid über die Verlängerung der Dreimonatsfrist zu (vgl. auch Art. 27 Abs. 2 StrV). Ein derartiges Haftprüfungsverfahren ist eine durchaus mögliche gesetzgeberische Lösung, wie sie in ähnlicher Form z.B. auch die Zürcher Strafprozessordnung vom 4. Mai 1919, revidiert am 1. September 1991, in § 65 Ziff. 1 vorsieht. Sie hat auch durchaus einen vernünftigen Sinn, nämlich den erwähnten, dass der Angeschuldigte, der seine Strafe vorzeitig antritt, nicht "vergessen" wird, d.h. ihn besonders vor einer Verfahrensverzögerung zu schützen. Im Vergleich mit dem Angeschuldigten, der sich in Untersuchungshaft befindet, ist bei jenem, der seine Strafe vorzeitig angetreten hat, durchaus eine erhöhte Gefahr einer weniger beförderlichen Behandlung des Verfahrens gegeben, weshalb auch nicht gesagt werden kann, die gesetzgeberische Lösung treffe eine Unterscheidung, für die sich keine Gründe anführen liessen.
 
c) Nach Art. 31 Abs. 1 BV darf die Freiheit einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgesehene Weise entzogen werden. Das danach im Haftrecht streng zu handhabende Legalitätsprinzip verbietet, Art. 197 Abs. 2 StrV zu Ungunsten des Angeschuldigten einen von seinem Wortlaut abweichenden Sinn zu geben, wie dies die Anklagekammer mit ihrer dem angefochtenen Entscheid zugrunde liegenden Praxis tut. Vielmehr hat sie grundsätzlich vor dem Ablauf der Dreimonatsfrist über deren Verlängerung zu befinden.
 
d) Mit dem angefochtenen Entscheid hat die Anklagekammer das Haftentlassungsgesuch des Beschwerdeführers nicht beurteilt, sondern lediglich die am 14. Dezember 1999 ausgelaufene Dreimonatsfrist von Art. 197 Abs. 2 StrV nachträglich verlängert.
 
Ob und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen, auch eine nachträgliche Verlängerung dieser Frist zulässig ist, braucht hier indessen nicht geprüft zu werden. Im angefochtenen Entscheid jedenfalls hat die Anklagekammer die Frist verlängert, ohne zu prüfen, ob die materiellen Haftgründe nach wie vor gegeben sind. Ein solches Vorgehen verletzt die persönliche Freiheit des Beschwerdeführers und ist auch mit den Garantien von Art. 5 EMRK nicht vereinbar, weil die Haft des Betroffenen auf diese Weise unter Umständen bestätigt wird, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Untersuchungshaft erfüllt sind. Die staatsrechtliche Beschwerde ist daher gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben.
 
e) Auf das Gesuch um Haftentlassung ist unter diesen Umständen nicht einzutreten, da die Anklagekammer die Haftgründe nicht prüfte und dementsprechend darüber kein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid vorliegt.
 
Darüber wird daher zunächst die Anklagekammer im beim ihr hängigen Rekursverfahren zu befinden haben, wobei keiner weiteren Erläuterung bedarf, dass die Behandlung dieses Rekurses in Anbetracht der Vorgeschichte keine weiteren zeitlichen Verzögerungen erträgt. Ebenso ist der Untersuchungsrichter nach wie vor gehalten, in Beachtung des Beschleunigungsgebotes die Anweisung der Anklagekammer in Ziff. 2 des Dispositivs des angefochtenen Urteils zu befolgen.
 
4.- Die Beschwerde ist somit gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist, und der angefochtene Entscheid aufzuheben.
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 156 Abs. 1 und 2 OG). Hingegen hat der Kanton Bern dem Beschwerdeführer eine angemessene Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 159 Abs. 1 OG), womit das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gegenstandslos wird.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, und der angefochtene Entscheid der Anklagekammer des Obergerichtes des Kantons Bern vom 18. Februar 2000 aufgehoben.
 
2.- Es werden keine Kosten erhoben.
 
3.- Der Kanton Bern hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen.
 
4.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Kantonalen Untersuchungsrichteramt Bern, Abteilung Drogenkriminalität, Untersuchungsrichter 10, sowie der Staatsanwaltschaft, Kant. Prokurator César Lopez, und dem Obergericht des Kantons Bern, Anklagekammer, schriftlich mitgeteilt.
 
______________
 
Lausanne, 7. April 2000
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
 
Der Präsident:
 
Der Gerichtsschreiber:
 
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