BGer I 513/1999 | |||
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BGer I 513/1999 vom 28.06.2000 | |
[AZA 7]
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I 513/99 Ge
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I. Kammer
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Präsident Lustenberger, Bundesrichter Schön, Borella, Meyer und Ferrari; Gerichtsschreiberin Berger
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Urteil vom 28. Juni 2000
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in Sachen
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K.________, 1971, Beschwerdeführerin, vertreten durch den Schweizerischen Invaliden-Verband, Froburgstrasse 4, Olten,
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gegen
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IV-Stelle für Versicherte im Ausland, Avenue Edmond-Vaucher 18, Genf, Beschwerdegegnerin,
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und
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Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen, Lausanne
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A.- Gestützt auf ein Schreiben des Bundesamtes für Sozialversicherung (BSV) vom 10. März 1998 hob die IV- Stelle für Versicherte im Ausland die der spanischen Staatsangehörigen K.________ (geboren in der Schweiz am 7. März 1971 und seit 1. August 1991 wohnhaft in Spanien) seit 1. April 1990 ausgerichtete ganze Invaliden- rente mit Wirkung ab 1. Dezember 1998 auf (Verfügung vom 2. Oktober 1998). Zur Begründung wurde ausgeführt, der Eintritt der Invalidität sei seinerzeit bei der ursprünglichen Rentenfestsetzung fälschlicherweise auf 1. April 1990 statt 1. April 1989, den ersten Monatsbeginn nach Vollendung des 18. Altersjahres der nicht weiter eingliederungsfähigen Versicherten, festgelegt worden. Könne sich K.________ somit über kein Mindestbeitragsjahr vor Eintritt der Invalidität am 1. April 1989 ausweisen, was bisher übersehen worden sei, stehe ihr mangels Erfüllung der versicherungsmässigen Voraussetzungen keine ordentliche und, da in Spanien wohnhaft, auch keine ausserordentliche Invalidenrente zu.
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B.- Die seitens der Versicherten dagegen unter Berufung auf den öffentlichrechtlichen Vertrauensschutz erhobene Beschwerde wies die Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen ab (Entscheid vom 7. Juni 1999).
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C.- K.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, es sei ihr, unter Aufhebung von vorinstanzlichem Entscheid und Verwaltungsverfügung, über den 1. Dezember 1998 hinaus weiterhin eine ganze Invalidenrente zu gewähren.
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Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das BSV lässt sich nicht vernehmen.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
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1.- Im Rahmen der Rechtsanwendung von Amtes wegen hat das Sozialversicherungsgericht auf den festgestellten Sach- verhalt jenen Rechtssatz anzuwenden, den es als den zutref- fenden ansieht, und ihm auch die Auslegung zu geben, von der es überzeugt ist (BGE 110 V 20 Erw. 1, 52 f. Erw. 4a; vgl. BGE 116 V 26 f. Erw. 3c; ZAK 1988 S. 615 Erw. 2a). Das Gericht hat sich nicht darauf zu beschränken, den Streitge- genstand bloss im Hinblick auf die von den Parteien aufge- worfenen Rechtsfragen zu überprüfen (Gygi, Bundesverwal- tungsrechtspflege, 2. Aufl. , S. 212). Es kann eine Beschwerde gutheissen oder abweisen aus anderen Gründen als den von der Beschwerde führenden Person vorgetragenen oder von der Vorinstanz erwogenen (Art. 114 Abs. 1 in fine in Verbindung mit Art. 132 OG; BGE 124 V 340 Erw. 1b, 122 V 36 Erw. 2b, 119 V 28 Erw. 1b mit Hinweisen, 442 Erw. 1a).
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2.- a) Anspruch auf Leistungen nach dem IVG haben alle bei Eintritt der Invalidität versicherten Schweizer Bürger, Ausländer und Staatenlosen (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 IVG). Versichert nach Massgabe dieses Gesetzes sind - vorbehältlich abweichender staatsvertraglicher Regelungen - Personen, die gemäss Art. 1 und 2 AHVG obligatorisch oder freiwillig versichert sind (Art. 1 IVG). Obligatorisch versichert sind nach Art. 1 Abs. 1 AHVG die natürlichen Personen, die in der Schweiz ihren zivilrechtlichen Wohnsitz haben (lit. a) sowie die natürlichen Personen, die in der Schweiz eine Erwerbstätigkeit ausüben (lit. b).
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b) Die Vorinstanz hat unter Hinweis auf Art. 9 Abs. 1 des schweizerisch-spanischen Abkommens über Soziale Sicherheit vom 13. Oktober 1969 zutreffend dargelegt, dass die Beschwerdeführerin - unter Vorbehalt der in Art. 9 Abs. 2 und 3 des Abkommens geregelten Ausnahmen - als spanische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Spanien unter den gleichen Voraussetzungen Anspruch auf eine Rente der Schweizerischen Invalidenversicherung hat wie Schweizer Bürger. Ferner hat sie die massgeblichen gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze über den Begriff der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG) und die Rentenrevision (Art. 41 IVG) sowie die Voraussetzungen, unter denen die Verwaltung eine formell rechtskräftige Verfügung, welche nicht Gegenstand materieller richterlicher Beurteilung gebildet hat, in Wiedererwägung ziehen kann (BGE 122 V 21 Erw. 3a, 173 Erw. 4a, 271 Erw. 2, 368 Erw. 3, 121 V 4 Erw. 6, je mit Hinweisen), richtig wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden.
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3.- In dem von der IV-Stelle eingeholten Schreiben vom 10. März 1998 hat das BSV die Auffassung vertreten, die Beschwerdeführerin sei als Geburtsinvalide zu betrachten. Dies habe zur Folge, dass der Rentenfall am 1. April 1989 eingetreten sei, nachdem die Versicherte am 7. März 1989 das 18. Altersjahr vollendet habe. Die Tatsache, dass sie bei und nach Vollendung des 18. Altersjahres im Rahmen einer erweiterten Sonderschulung in Eingliederung stand und deswegen bis zum 31. März 1990 ein der AHV-Beitragspflicht unterliegendes kleines Taggeld bezog (Art. 22 in Verbindung mit Art. 25 IVG), betrachtete die Aufsichtsbehörde mit Blick auf den Eintritt des Versicherungsfalles (Art. 4 Abs. 2 IVG) und die Erfüllung des Mindestbeitragsjahres (Art. 36 Abs. 1 IVG) als unerheblich.
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4.- Unter der Geltung von Art. 4 Abs. 2 IVG in der ursprünglichen Fassung (in Kraft seit 1. Januar 1960) blieb unklar, ob derselbe Gesundheitsschaden mehrere (sukzessive) Versicherungsfälle bewirken kann (EVGE 1966 S. 175, insbesondere S. 178 f. Erw. 4). Diese Unsicherheit bewog den Gesetzgeber im Rahmen der am 1. Januar 1968 in Kraft getretenen 1. IV-Revision (Bundesgesetz vom 5. Oktober 1967), den Invaliditätseintritt leistungsbezogen zu normieren. Diesem Zweck dient Art. 4 Abs. 2 IVG, wonach die Invalidität als eingetreten gilt, sobald sie die für die Begründung des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere erreicht hat. Es entspricht ständiger Rechtsprechung zu dieser Bestimmung, dass das IVG nicht einen einheitlichen Versicherungsfall kennt, sondern dem System des leistungsspezifischen Versicherungsfalles folgt (Meyer- Blaser, Bundesgesetz über die Invalidenversicherung [IVG], in: Murer/Stauffer [Hrsg. ], Die Rechtsprechung des Bundes- gerichts zum Sozialversicherungsrecht, Zürich 1997, S. 22 f. mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung).
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5.- Der Eintritt des Rentenfalles wird durch Art. 29 IVG positivrechtlich geregelt. Abs. 1 lit. a und b dieser Bestimmung umschreiben die beiden Entstehungsgründe des Rentenanspruches. Ausgerichtet wird die Rente gemäss Art. 29 Abs. 2 IVG von Beginn des Monats an, in dem der Anspruch entsteht, jedoch frühestens von jenem Monat an, der auf die Vollendung des 18. Altersjahres folgt. Im Rahmen der seit 1. Januar 1988 in Kraft stehenden 2. IV- Revision (Bundesgesetz vom 9. Oktober 1986) erfuhr die letztgenannte Norm eine Ergänzung, nach welcher der Anspruch nicht entsteht, solange der Versicherte ein Taggeld nach Art. 22 IVG beanspruchen kann. Damit wurde nunmehr auf der Ebene des Gesetzes - und nicht wie früher nur auf Verordnungsstufe (vgl. Art. 28 Abs. 1 und 2 IVV in der bis 31. Dezember 1984 gültig gewesenen Fassung) - die Priorität der Eingliederungsmassnahmen, welche durch den akzessorischen Taggeldanspruch (BGE 114 V 140 Erw. 1a) begleitet sind, vor der Invalidenrente festgeschrieben (Botschaft über die zweite Revision der Invalidenversicherung vom 21. November 1984; BBl 1985 I 41 f.). Der Rentenanspruch kann daher nicht entstehen, solange Eingliederungsmassnahmen durchgeführt werden (BGE 121 V 190). Die Auffassung von Aufsichtsbehörde und Rekurskommission, wonach der Rentenfall - unabhängig davon, ob ein Taggeld gemäss Art. 22 IVG ausgerichtet werde - eintrete, falls die versicherte Person nach Abschluss von Sonderschulung oder erstmaliger beruflicher Ausbildung invalid sei, ist somit unbegründet.
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6.- Als die Beschwerdeführerin am 7. März 1989 ihr 18. Altersjahr vollendete, war sie freilich - wegen der Folgen des im Alter von fünf Jahren erlittenen schweren Verkehrsunfalles - invalid in dem Sinne, dass bis zu diesem Zeitpunkt die Versicherungsfälle z.B. für Sonderschulung (Art. 19 IVG) und Hilfsmittel (Art. 21 IVG) usw. eingetreten waren. Der Rentenanspruch hingegen konnte nach dem Gesagten gerade nicht entstehen, weil sie sich als damals 18- Jährige in der erweiterten Sonderschulung befand und ein kleines Taggeld bezog, auf dem Beiträge erhoben wurden. Daraus ergibt sich ohne weiteres, dass die Beschwerdeführerin das Mindestbeitragsjahr vor Eintritt des Invaliditätsfalles, der nach Abbruch der Eingliederungsbemühungen auf den 1. April 1990 festgelegt wurde, erfüllt. Es steht ihr somit eine ordentliche Invalidenrente zu.
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7.- Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Entsprechend dem Prozessausgang hat die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 135 in Verbindung mit Art. 159 OG).
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen vom 7. Juni 1999 und die Verfügung der IV-Stelle vom 2. Oktober 1998 mit der Feststellung aufgehoben, dass die Beschwerdeführerin ab 1. Dezember 1998 Anspruch auf eine ordentliche ganze Invalidenrente hat.
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II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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III. Die IV-Stelle für Versicherte im Ausland hat der Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500. - (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
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IV. Die Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen wird über eine Parteientschädigung für das vorinstanzliche Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben.
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V. Dieses Urteil wird den Parteien, der Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
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Luzern, 28. Juni 2000
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Im Namen des
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Eidgenössischen Versicherungsgerichts
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Der Präsident der I. Kammer:
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Die Gerichtsschreiberin:
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