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Informationen zum Dokument  BGer 4C.25/2000  Materielle Begründung
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BGer 4C.25/2000 vom 29.06.2000
 
[AZA 3]
 
4C.25/2000/rnd
 
I. ZIVILABTEILUNG
 
*******************************
 
Sitzung vom 29. Juni 2000
 
Es wirken mit: Bundesrichterinnen und Bundesrichter Walter,
 
Präsident, Leu, Klett, Rottenberg Liatowitsch, Nyffeler und
 
Gerichtsschreiber Leuenberger.
 
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In Sachen
 
Giga Holding AG, Halten, 9035 Grub, Beklagte und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Adrian Rüesch, Oberer Graben 43, 9000 St. Gallen,
 
gegen
 
Robert Glaser, Wilackerstrasse 56, 8134 Adliswil, Kläger und Berufungsbeklagten, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Robert Meier, Usterstrasse 57, Postfach 379, 8600 Dübendorf,
 
betreffend
 
Aktienkaufvertrag; Täuschung,
 
hat sich ergeben:
 
A.-Der Kläger war Alleinaktionär der Glaser Instruments AG, einer mit der Entwicklung und Herstellung sowie dem Vertrieb von medizinischen Akustikgeräten befassten Gesellschaft. Auf ein von ihm im Herbst 1994 geschaltetes Zeitungsinserat ("Firma zu verschenken") meldeten sich unabhängig voneinander Martin Sturzenegger, späterer Teilhaber und Claus P. Binswanger, Verwaltungsratspräsident der Gigatherm AG, welche heute unter Giga Holding AG firmiert (Beklagte). Nach längeren Verhandlungen verpflichtete sich der Kläger mit Vertrag vom 11. März 1995, der Beklagten sämtliche Aktien der Glaser Instruments AG für Fr. 250'000.-- zu Eigentum zu übertragen. Fr. 100'000.-- sollten bei der Übergabe der Aktien und je Fr. 75'000.-- am 31. März 1996 und am 30. September 1996 bezahlt werden. Grundlage dieser Transaktion bildete gemäss Ziff. 2 des Vertrages die Bilanz der Glaser Instruments AG per 31. März 1995. Der Kläger sicherte in Ziff. 4 der Vereinbarung zu, dass die in dieser Bilanz aktivierten Entwicklungskosten Fr. 250'000.-- nicht überschritten und das Eigenkapital mindestens Fr. 50'000.-- betrage. Die Beklagte verpflichtete sich ihrerseits, bis spätestens 31. Dezember 1995 eine vom Kläger zu Gunsten der Glaser Instruments AG eingegangene Bankbürgschaft abzulösen.
 
Am 30. Juni 1995 übergab der Kläger der Beklagten seine das gesamte Aktienkapital verkörpernden Aktienzertifikate sowie die Jahresrechnung 1994/95, welche Projekt- und Entwicklungskosten von Fr. 20'000.- und ein Eigenkapital von Fr. 54'231. 32 auswiesen. Zwecks Präsentation eines ausgeglichenen Jahresabschlusses hatte der Kläger auf Forderungen gegenüber der Glaser Instruments AG im Betrag von Fr. 231'000.-- verzichtet und für weitere Guthaben von Fr. 50'487. 68 den Rangrücktritt erklärt.
 
Mit Schreiben vom 11. Juli 1995 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die erste Teilzahlung von Fr. 100'000.-- erst auszurichten, wenn Bilanz und Revisionsbericht in Ordnung seien. Zur Begründung berief sie sich auf diverse in der Zeit zwischen April und Juni manifest gewordene Mängel.
 
Mit Schreiben vom 12. und 29. Dezember 1995 mahnte der Kläger die unbezahlt gebliebenen Teilzahlungen ab. Am 30. Mai 1996 erklärte das Handelsregisteramt des Kantons Zürich die Glaser Instruments AG mangels gesetzmässiger Bestellung des Verwaltungsrates in Anwendung von Art. 708 Abs. 4 OR und Art. 86 Abs. 2 HRegV von Amtes wegen als aufgelöst. Am 15. Juli 1996 musste der Kläger die Bankbürgschaft zwecks Ausgleichs des Negativsaldos auf dem Konto der Glaser Instruments AG einlösen und Fr. 106'368. 14 bezahlen.
 
In der Folge blieben die Kaufpreisforderung von Fr. 250'000.-- und die Ersatzforderung über Fr. 106'368. 14 unbezahlt.
 
B.-Am 9. April 1997 belangte der Kläger die Beklagte im Wesentlichen auf Bezahlung von Fr. 356'368. 14 nebst Zins.
 
Die Beklagte verlangte widerklageweise Fr. 50'000.-- zuzüglich Zins. Das Kantonsgericht von Appenzell Ausserrhoden hiess mit Urteil vom 8. Juni 1998 die Klage teilweise gut und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von Fr. 350'000.-- nebst Zins. Die Widerklage wies es ab. Das Kantonsgericht bejahte das Vorliegen einer absichtlichen Täuschung zu Lasten der Beklagten, führte jedoch aus, der Vertrag vom 11. März 1995 sei zufolge Genehmigung gemäss Art. 31 Abs. 1 OR verbindlich. Ein Schadenersatzanspruch der Beklagten aus culpa in contrahendo sei ausgeschlossen, zumal sie in Kenntnis der Risiken am Vertrag festgehalten habe.
 
Die gegen das Urteil des Kantonsgericht erhobene Appellation wies die 2. Abteilung des Obergerichts des Kantons Appenzell A.Rh. mit Urteil vom 26. Oktober 1999 ab. Es liess offen, ob der Kläger den Vertragsschluss vom 11. März 1995 durch Täuschung erwirkt habe, hielt aber wie das Kantonsgericht dafür, die Beklagte habe den Vertrag genehmigt.
 
C.- Die Beklagte beantragt dem Bundesgericht mit eidgenössischer Berufung, das obergerichtliche Urteil aufzuheben, die Klage vollumfänglich abzuweisen und die Widerklage unter Vorbehalt des Nachklagerechts gutzuheissen, eventualiter die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
 
Der Kläger schliesst auf Abweisung der Berufung.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.-Die Beklagte rügt vor Bundesgericht nur noch, die Vorinstanzen hätten Art. 31 OR und damit Bundesrecht verletzt, indem sie annahmen, die Beklagte habe den angeblich auf einer absichtlichen Täuschung beruhenden Vertrag genehmigt.
 
Die Prüfung des Bundesgerichts beschränkt sich somit auf diese Frage.
 
2.- a) Das Bundesgericht ist im Berufungsverfahren an die tatsächlichen Feststellungen der letzten kantonalen Instanz gebunden, sofern sie nicht offensichtlich auf Versehen beruhen, unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen (Art. 63 Abs. 2 OG) oder zu ergänzen sind (Art. 64 OG). Eine Ergänzung des festgestellten Sachverhaltes hat jedoch nur zu erfolgen, wenn im angefochtenen Urteil Feststellungen zu den Fragen fehlen, die im Hinblick auf die Anwendung des Bundesrechts notwendigerweise abgeklärt sein müssen (Peter Münch, in: Geiser/Münch, Prozessieren vor Bundesgericht, 2. Aufl. , Rz. 4.67). Eine Ergänzung ist somit nur erforderlich, wenn die Streitsache auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht spruchreif ist (Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht,
 
3. Aufl. , Zürich 1979, S. 552; Poudret, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, Vol. II, Bern 1990, N. 1.3 und 2.1 zu Art. 64 OG). Ausgeschlossen ist eine Ergänzung allerdings, wenn der kantonalen Instanz eine falsche oder unvollständige Sachverhaltsfeststellung vorgeworfen wird, da es sich dabei um Fragen der Beweiswürdigung handelt, deren Überprüfung im Berufungsverfahren ausgeschlossen ist (BGE 120 II 97 E. 2b; 119 II 380 E. 3b mit Hinweisen).
 
Werden Ausnahmen von der Bindung des Bundesgerichts an die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Instanz geltend gemacht, hat die Partei, die den Sachverhalt ergänzt oder berichtigt wissen will, darüber genaue Angaben mit Aktenhinweisen zu machen (Art. 55 Abs. 1 lit. d OG; Poudret, a.a.O., N. 1.6.5. zu Art. 55 OG). Eine Ergänzung setzt zudem voraus, dass entsprechende Sachbehauptungen bereits im kantonalen Verfahren prozesskonform aufgestellt, von der Vorinstanz aber zu Unrecht für unerheblich gehalten oder übersehen worden sind, was wiederum näher anzugeben ist. Ohne diese Angaben gelten Vorbringen, welche über die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil hinausgehen, als neu und damit als unzulässig (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG).
 
b) Die Beklagte legt in ihrer Berufung dar, im Spätsommer/Herbst 1995 aufgrund zunehmender Reklamationen von ausländischen Kunden erkannt zu haben, dass die Produkte der Glaser Instruments AG in sämtlichen relevanten Märkten unverkäuflich gewesen seien. Nach Erkennen der desolaten Situation der übernommenen Gesellschaft habe sie sich am 21. September 1995 auf Unverbindlichkeit des Kaufvertrages berufen. Diese und weitere Behauptungen (vgl. E. 3 hiernach) zum Sachverhaltsablauf decken sich nicht mit den Feststellungen des angefochtenen Urteils. Die Beklagte macht geltend, das Obergericht habe sich mit ihren in der kantonalen Appellationserklärung vorgebrachten Argumenten nicht auseinandergesetzt.
 
Damit rügt sie eine Verletzung ihres verfassungsrechtlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör oder kritisiert die Beweiswürdigung der Vorinstanz. Diese Rügen können im Berufungsverfahren allerdings nicht gehört werden (Art.
 
43 Abs. 1 OG).
 
Wie nachfolgend auszuführen ist, reichen die vom Obergericht des Kantons Appenzell A.Rh. getroffenen Feststellungen für die Prüfung, ob in der vorliegenden Streitsache Bundesrecht verletzt wurde. Auf die Berufung ist insoweit nicht einzutreten, als die Beklagte ihrer Begründung einen vom Obergericht abweichenden oder ergänzten Sachverhalt zugrunde legt.
 
3.- a) Ein mit Willensmängeln behafteter Vertrag kann während eines Jahres von demjenigen, der dem Willensmangel unterlegen ist, angefochten werden (Art. 31 OR), was zur Aufhebung des Vertrages mit Wirkung ex tunc führt. Der Berechtigte kann auf die Anfechtung des mit Mängeln behafteten Vertrages auch verzichten und diesen genehmigen. Die Genehmigung hat zur Folge, dass der Mangel, welcher bei Vertragsschluss bestanden hat, aufgehoben wird. Von Gesetzes wegen liegt eine Genehmigung des Vertrages vor, wenn der Berechtigte die Jahresfrist zur Anfechtung unbenutzt verstreichen lässt (Art. 31 Abs. 1 OR). Sie kann allerdings auch durch ausdrückliche oder konkludente Erklärung erfolgen (Schwenzer, Basler Kommentar, 2. Aufl. , Basel 1996, N. 17 zu Art. 31 OR; Schmidlin, Berner Kommentar, Bern 1995, N. 115 zu Art. 31 OR).
 
b) Von einer konkludenten Genehmigung ist etwa dann auszugehen, wenn der Anfechtungsberechtigte die empfangene Sache verbraucht oder veräussert, die gegnerische Leistung fordert oder vorbehaltlos annimmt, die eigene Leistung vorbehaltlos und freiwillig erbringt (Schmidlin, a.a.O., N. 120 zu Art. 31 OR; Schwenzer, a.a.O., N. 17 zu Art. 31 OR; von Tuhr/Peter, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts,
 
3. Aufl. , S. 330 und 331). Dabei ist zu beachten, dass die Annahme einer konkludenten Genehmigung nur gerechtfertigt ist, wenn der Genehmigende in Kenntnis des Willensmangels bzw. der Anfechtbarkeit gehandelt hat (Schmidlin, a.a.O., N. 121 zu Art. 31 OR; Schwenzer, a.a.O., N. 17 zu Art. 31 OR; von Tuhr/Peter, a.a.O., S. 331).
 
Bei Täuschung ist nach der Rechtsprechung neben der Entdeckung des Irrtums die Erkenntnis erforderlich, dass der Mangel durch absichtliche falsche Vorspiegelungen verursacht worden ist (BGE 108 II 102 E. 2a). Dazu stellt sich im vorliegenden Fall die Frage, ob die Vorinstanz insoweit für die Anwendung des Bundesrechts hinreichende tatsächliche Feststellungen getroffen hat. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Anforderungen an die Kenntnisse des Getäuschten nicht überdehnt werden dürfen, namentlich nicht in Bezug auf die subjektiven Tatbestandselemente der Täuschung. Dies folgt bereits daraus, dass diese Kenntnisse nicht allein der Genehmigung des Vertrages vorausgesetzt sind, sondern auch dessen Anfechtung, indem die gesetzliche Anfechtungsfrist erst mit Kenntnis des Willensmangels zu laufen beginnt (Art. 31 Abs. 2 OR). Würde diese Frist aber erst mit sicherer Kenntnis von der Täuschungsabsicht des Vertragspartners in Gang gesetzt, führte dies oftmals zu einer unhaltbaren Rechtsunsicherheit, weil diese Absicht in aller Regel nur über mehr oder weniger schlüssige Indizien zu erkennen ist.
 
Auszugehen ist davon, dass die Genehmigung nicht negativ als Verzicht auf das Anfechtungsrecht, sondern positiv als Entscheidung des Anfechtungsberechtigten zu werten ist, dass das Geschäft ungeachtet des Anfechtungsgrundes gelten soll (Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen bürgerlichen Rechts,
 
7. Aufl. , S.480; Flume, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, Band II, S. 569). Die Genehmigung setzt daher Kenntnis der Anfechtbarkeit voraus. Dazu aber genügt, dass der Anfechtungsberechtigte mit der Möglichkeit rechnen muss, der Gegner habe ihn bewusst getäuscht (Staudinger/Roth, N. 7 zu § 144 BGB; Soergel/Hefermehl, N. 2 zu § 144 BGB). Zwar genügt nicht jeder Argwohn (Münchkomm/Mayer-Maly, N. 4 zu § 144 BGB), ist der Kenntnis das Kennenmüssen nicht unbesehen gleichgestellt (Oser/Schönenberger, Zürcher Kommentar, N. 21 zu Art. 31 OR) und reicht nicht bereits Kenntnis vom Irrtum aus, sondern bedarf es auch der Feststellung der Täuschungshandlung (Schmidlin, a.a.O., N. 128 zu Art. 31 OR), doch ist andrerseits bei Kenntnis der Tatsachen auch Kenntnis der Anfechtbarkeit anzunehmen (Becker, Berner Kommentar, N. 10 zu Art. 31 OR).
 
Zu beachten ist ebenso, dass angesichts der Tragweite des Rechtsverzichts, der in einer Genehmigung liegt, namentlich bei einer absichtlichen Täuschung nicht leichthin auf vorbehaltloses Einverständnis geschlossen werden darf, wenn eine ausdrückliche Erklärung fehlt (BGE 109 II 319 E. 4c; 108 II 102 E. 2a).
 
Die Beweislast für die behauptete Genehmigung trägt die Gegenpartei. Dabei ist auch der Beweis zu erbringen, dass der Irrende den Willensmangel zeitlich vor der als Genehmigung geltend gemachten Handlung entdeckt hat (BGE 108 II 102 E. 2a mit Hinweisen).
 
Nach der Vertrauenstheorie beurteilt sich, ob eine bestimmte Handlung des Anfechtungsberechtigten vom Vertragsgegner als Ausdruck einer Genehmigungshandlung zu verstehen ist. Das Ergebnis dieser Auslegung von Willenserklärungen nach dem Vertrauensprinzip ist eine Rechtsfrage und kann daher vom Bundesgericht im Rahmen der Berufung frei überprüft werden (BGE 123 III 165 E. 3a). Gebunden ist das Bundesgericht hingegen an die Feststellungen der Vorinstanz betreffend die Umstände des Vertragsschlusses, das Wissen und den inneren Willen der Vertragsparteien (BGE 125 III 435 E. 2a/aa; 123 III 165 E. 3a; 121 III 118 E. 4b/aa, je mit Hinweisen).
 
Es ist somit zu prüfen, ob der Kläger in guten Treuen und bei sorgfältiger Beachtung aller Umstände aus dem Verhalten der Beklagten auf deren Genehmigungswillen schliessen durfte.
 
c) Nach den verbindlichen Feststellungen des Obergerichts war sich die Beklagte bewusst, mit dem Vertrag vom 11. März 1995 ein risikoreiches Geschäft abgeschlossen zu haben. Sie nahm am 30. Juni 1995 die Aktienzertifikate entgegen und sicherte vorbehaltlos die erste Teilzahlung über Fr. 100'000.-- zu. Mit Schreiben vom 11. Juli 1995 relativierte sie ihre Zusicherung dahingehend, die erste Teilzahlung erst zu leisten, wenn die Bilanz und der Revisionsbericht in Ordnung seien. Sie führte im Weiteren aus, den Kaufpreis von Fr. 250'000.-- zugesichert zu haben, als "vieles noch nicht klar" gewesen sei. Wörtlich schrieb sie:
 
"Mittlerweile haben sich doch etliche Tatsachen
 
ergeben, die in der Zeit April - Juni zum Vorschein
 
kamen:
 
- PTB fehlt immer noch
 
- USA ist eine Gutschrift von ca. Fr. 100'000.-- zu
 
erfüllen
 
- Brasilien - unzufriedener Kunde
 
- Hong Kong China verfahrene Situation
 
- Frankreich - ausstehende Forderungen
 
- Situation Verpackungsmaterial, Rechnung Egg etc.. "
 
In einem weiteren, an die Revisionsgesellschaft der Glaser Instruments AG gerichteten Schreiben vom 22. August 1995 führte die Beklagte aus, es gehe ihr um eine korrekte Übergabebilanz. Die beanstandeten Mängel hätten mit dem effektiven Wert nichts zu tun. Sobald die Buchhaltung in Ordnung sei, werde der erste Teilbetrag von Fr. 100'000.-- überwiesen. In den von der Vorinstanz erwähnten "TripReports", den von einem Vertreter der Beklagten im Anschluss an Geschäftsreisen nach Südkorea, Singapur und Malaysia am 22. August 1995 und 1. September 1995 erstellten Berichten, werden die Ergebnisse von Gesprächen mit lokalen Geschäftspartnern der Glaser Instruments AG festgehalten, die Marktchancen für Audiologiegeräte summarisch geprüft und das weitere Vorgehen skizziert. Von schwerwiegenden Produktemängeln ist darin nicht die Rede. Der vom Obergericht gezogene Schluss, die Beklagte habe mit Entgegennahme der klägerischen Vertragsleistung am 30. Juni 1995 und dem vorbehaltlosen Versprechen, die erste Teilzahlung - in Kenntnis der seit April entdeckten Mängel und Schwierigkeiten - zu leisten, den Vertrag genehmigt, ist deshalb von Bundesrechts wegen nicht zu beanstanden.
 
Die Beklagte führte in ihrem Schreiben vom 22. August 1995 aus, die beanstandeten Mängel hätten mit dem effektiven Wert nichts zu tun. Diese Aussage der Beklagten legt unter dem Gesichtspunkt der Vertrauenstheorie sogar den Schluss nahe, die behauptete Täuschung sei für die Abgabe ihrer Willenserklärung nicht kausal gewesen (Schwenzer, a.a.O., N. 14 zu Art. 28 OR). Jedenfalls ist der Schluss, die Beklagte habe durch ihr Verhalten zum Ausdruck gebracht, sich mit dem mangelhaften Vertrag abgefunden zu haben (Schmidlin, a.a.O., N. 122 zu Art. 31 OR), nicht zu beanstanden.
 
Die Beklagte beruft sich im Zusammenhang mit der Kenntnis des Willensmangels auf verschiedene aktenkundige Schreiben und Behauptungen im kantonalen Rechtsmittelverfahren.
 
Abgesehen davon, dass eine behauptete Bundesrechtsverletzung in der Berufung selbst zu substanziieren ist (PeterMünch, a.a.O., Rz. 4.92), finden die Vorbringen der Beklagten in den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz keine Stütze und sind daher nicht zu hören (vgl. E. 2).
 
d) Soweit die Beklagte mit der Beweislast des Klägers für die Genehmigung des mit Willensmängeln behafteten Vertrages argumentiert und sinngemäss eine Verletzung von Art. 8 ZGB geltend macht, verkennt sie, dass das Obergericht über den massgeblichen Sachverhalt positive Feststellungen getroffen hat und die Frage der Beweislastverteilung daher gegenstandslos geworden ist (BGE 114 II 289 E. 2). Für eine Kritik an der Beweiswürdigung des kantonalen Gerichts bietet Art. 8 ZGB keine Grundlage. Diese Bestimmung schreibt dem urteilenden Gericht nicht vor, mit welchen Mitteln der rechtserhebliche Sachverhalt abzuklären und wie das Ergebnis davon zu würdigen ist; sie schliesst selbst vorweggenommene Beweiswürdigung und Indizienbeweise nicht aus (BGE 122 III 219 E. 3c; 114 II 289 E. 2).
 
e) Nicht verkannt hat die Vorinstanz sodann, dass sich die Beklagte geweigert hat, den Kaufpreis zu bezahlen.
 
Sie mass diesem Umstand jedoch bloss untergeordnete Bedeutung zu. Dies ist nicht zu beanstanden, zumal die Beklagte nach den Feststellungen des Obergerichts die Zahlungen nicht mit Blick auf die ihr bekannten Mängel verweigerte, sondern bloss die Erfüllung ihrer Vertragspflicht von einer korrekten Übergabebilanz abhängig machen wollte.
 
f) Damit ist der Vorinstanz keine Bundesrechtsverletzung vorzuwerfen, wenn sie von einer Genehmigung der Vereinbarung vom 11. März 1995 durch die Beklagte ausgegangen ist.
 
g) Ist demnach davon auszugehen, dass die Beklagte den Vertrag im Sommer 1995 genehmigt hat, kann offen bleiben, ob die am 8. Juli 1998 erfolgte Veräusserung des Warenlagers für audiologische Messgeräte samt Software und allen technischen Unterlagen für Fr. 100'000.-- an einen Dritten als weitere Genehmigungshandlung zu werten ist, wie das Obergericht annimmt. Zwar ist die Genehmigung eines Vertrages auch nach dessen Anfechtung noch möglich, wenn der Anfechtungsgegner zustimmt oder sich der Anfechtung widersetzt hat (BGE 108 II 102 E. 2a; Schwenzer, a.a.O., N. 8 zu Art. 31 OR), und die vom Obergericht angeführten Gründe für die Annahme einer Genehmigung haben vieles für sich, doch ist andrerseits nicht zu übersehen, dass die Parteien im Zeitpunkt der Veräusserung bereits im Prozess standen und der Verkauf des Warenlagers erfolgte, als die Beklagte das erstinstanzliche Urteil bereits angefochten hat. Unter diesen Gegebenheiten aber kann aus der Veräusserung schwerlich auf eine weitere Genehmigungshandlung geschlossen werden.
 
4.- Die von der Beklagten widerklageweise geltend gemachten Schadenersatzansprüche wurden vom Obergericht unter Verweis auf die erstinstanzlichen Erwägungen abgewiesen. Die Beklagte legt in ihrer Berufung nicht dar, inwiefern darin eine Verletzung von Bundesrecht liegen soll. Soweit die Beklagte mit ihrer Berufung somit die Gutheissung ihrer Widerklage beantragt, ist darauf mangels rechtsgenüglicher Begründung nicht einzutreten (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG).
 
5.- Die Berufung ist damit abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Ausgangsgemäss ist die Beklagte kosten- und entschädigungspflichtig.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.- Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Obergerichts von Appenzell A.Rh., 2. Abteilung, vom 26. Oktober 1999 wird bestätigt.
 
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 8'000.- wird der Beklagten auferlegt.
 
3.- Die Beklagte hat den Kläger für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 9'000.- zu entschädigen.
 
4.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht von Appenzell A.Rh., 2. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
 
______________
 
Lausanne, 29. Juni 2000
 
Im Namen der I. Zivilabteilung
 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
 
Der Präsident:
 
Der Gerichtsschreiber:
 
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