BGer 4C.122/2000 | |||
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BGer 4C.122/2000 vom 17.07.2000 | |
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4C.122/2000/rnd
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I. ZIVILABTEILUNG
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17. Juli 2000
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Es wirken mit: Bundesrichterin und Bundesrichter Walter,
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Präsident, Klett, Ersatzrichter Geiser und Gerichtsschreiberin
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Zähner.
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In Sachen
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A.________, Klägerin und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Luzius Schmid, Villa Fontana, Obere Strasse 22 B, Postfach, 7270 Davos Platz,
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gegen
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Klinik X.________, Beklagte und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Kollegger, Promenade 132 A, 7260 Davos Dorf,
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betreffend
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Arbeitsvertrag; Kündigungsschutz; Änderungsvertrag, hat sich ergeben:
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A.-A.________ (nachfolgend Klägerin) arbeitet seit 1987 in der Klinik X.________ (im Folgenden Beklagte) als Hausangestellte in den Bereichen Office und Etagenarbeit.
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Aufgrund eines Schulterleidens war die Klägerin seit Mitte 1997 in ärztlicher Behandlung und mehrfach ganz bzw. teilweise arbeitsunfähig. Vom 15. April bis zum 7. Mai 1998 war sie wegen dieses Leidens hospitalisiert und zu 100% arbeitsunfähig. Gemäss dem spitalärztlichen Bericht war sie nach dem Spitalaustritt wieder vollständig arbeitsfähig. Am 8. Mai 1998 unterzeichneten die Parteien einen neuen Arbeitsvertrag, gemäss welchem die Klägerin vom 1. Juni 1998 an nur noch zu 50% (statt wie bisher zu 100%) angestellt wurde und einen gegenüber vorher ungefähr halbierten Bruttolohn von monatlich Fr. 1'500.- erhielt. Anschliessend verreiste die Klägerin für drei Wochen nach Jugoslawien in die Ferien.
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Am 1. Juni 1998 nahm die Klägerin ihre Arbeit bei der Beklagten wieder auf. Am darauf folgenden Tag wurde sie von ihrem Arzt rückwirkend seit dem 8. Mai 1998 zu 50% arbeitsunfähig geschrieben. In der zweiten Juniwoche bat die Klägerin den Personalchef der Beklagten, weiterhin gemäss dem ursprünglichen Arbeitsvertrag aus dem Jahre 1987 zu 100% angestellt bleiben zu können, was die Beklagte ablehnte.
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B.-Nachdem keine Einigung zustande gekommen war, klagte A.________ gegen die Klinik X.________ im Wesentlichen auf Feststellung, dass der Arbeitsvertrag vom 8. Mai 1998 nichtig sei und der ursprüngliche Arbeitsvertrag nach wie vor Gültigkeit habe, sowie auf Bezahlung des Lohnes aufgrund einer 100% Anstellung. Mit Urteil vom 7. Oktober 1999 wies das Bezirksgericht Oberlandquart die Klage ab, soweit darauf einzutreten war. Zur Begründung führte es an, dass eine zulässige Vertragsänderung vorliege und daher keine Lohnnachzahlungen geschuldet seien. Eine dagegen von der Klägerin eingereichte kantonale Berufung wies das Kantonsgericht von Graubünden am 21. Februar 2000 mit der gleichen Begründung ab.
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C.-Gegen dieses Urteil gelangt die Klägerin mit Berufung an das Bundesgericht und wiederholt die bereits vor den kantonalen Gerichten gestellten Rechtsbegehren. Die Beklagte beantragt die Abweisung der Berufung.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.-Die Klägerin macht geltend, mit der Vertragsänderung, welche den Beschäftigungsgrad von 100% auf 50% reduziert hatte, seien die Kündigungsschutzbestimmungen umgangen worden.
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a) Gemäss Art. 115 OR können die Parteien grundsätzlich jedes Schuldverhältnis durch gemeinsame Willensübereinkunft aufheben. Ein solcher Aufhebungsvertrag ist auch bezüglich des Arbeitsverhältnisses zulässig (Frank Vischer, Der Arbeitsvertrag, SPR Bd. VII/1, III, Basel 1994, S. 186). Er bedarf keiner besonderen Form und kann sogar durch konkludentes Verhalten geschlossen werden (Gustav Wachter, Die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses im schweizerischen Arbeitsrecht, ArbR 1985, S. 55 f.). Der Aufhebungsvertrag hat aber nur Bestand, soweit er nicht vereinbart wird, um zwingende Gesetzesvorschriften zu umgehen. Die Bestimmungen über den Kündigungsschutz sind zwar zwingend, doch werden sie durch den Abschluss eines auf übereinstimmenden, irrtumsfreien Willenserklärungen gründenden Aufhebungsvertrages nicht umgangen. Die Schutzbestimmungen sollen nur greifen, wenn das Arbeitsverhältnis einseitig - eben durch eine Kündigung - aufgelöst werden soll (Vischer, a.a.O., S. 186). Bei Vorliegen einer Gesetzesumgehung bleiben die entsprechenden gesetzlichen Ansprüche trotz einverständlicher Auflösung des Vertrages erhalten (Vischer, a.a.O., S. 186).
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b) Da die Bestimmungen über die Kündigung umgangen werden können, ist bei der Annahme eines konkludent geschlossenen Aufhebungsvertrages Zurückhaltung zu üben (Rehbinder, Berner Kommentar, N. 2 zu Art. 335; Brunner/Bühler/Waeber, Kommentar zum Arbeitsvertragsrecht, 1997, N. 14 zu Art. 335 OR; Peter Münch, in: Geiser/Münch, Stellenwechsel und Entlassung, Basel 1997, S. 46 f.; Wolfgang Portmann, Erklärung ohne Worte im schweizerischen Arbeitsrecht, ArbR 1998, S. 72 f.). Der Arbeitgeber darf nicht leichthin annehmen, dass der Arbeitnehmer zu einer einvernehmlichen Vertragsauflösung auf einen früheren Termin als den Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist Hand bieten wolle. Ein derartiger Vertragswille muss sich vielmehr aus dem Verhalten des Arbeitnehmers eindeutig und zweifelsfrei ergeben (Münch, a.a.O., S. 47). Ein konkludent zum Ausdruck gebrachtes Einverständnis mit einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung oder Vertragsänderung reicht nicht aus, um einen Aufhebungsvertrag entstehen zu lassen (BGE vom 23. April 1999, mitgeteilt von Peter Münch in ZBJV 1999, S. 482 f.; Brühwiler, Kommentar zum Einzelarbeitsvertrag, 1996, N. 7 zu Art. 335 OR).
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Vorliegend wollte die Klägerin offenbar im Hinblick auf ihre gesundheitlichen Probleme ihren Arbeitsvertrag in Bezug auf den Beschäftigungsgrad ändern. Sie unterzeichnete ihren neuen Arbeitsvertrag mit einem reduzierten Beschäftigungsgrad zu einem Zeitpunkt, zu dem sie - gemäss den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz - wiederum vollständig arbeitsfähig war. Zudem reiste sie anschliessend in die Ferien. Der reduzierte Beschäftigungsgrad sollte erst vom Zeitpunkt der Rückkehr aus den Ferien an Wirksamkeit haben. Von daher besteht keinerlei Grund, am Willen der Arbeitnehmerin zu zweifeln, nach Rückkehr aus den Ferien unabhängig von ihrem Gesundheitszustand nur noch 50% zu arbeiten.
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Dass die Klägerin nur vorübergehend, nämlich während der Dauer ihrer krankheitsbedingten teilweisen Arbeitsunfähigkeit, ihren Beschäftigungsgrad vermindern wollte, lässt sich entgegen den Ausführungen in der Berufungsschrift nicht auf die Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Entscheides stützen. Das Kantonsgericht ist deshalb zu Recht vom Zustandekommen eines Aufhebungs- bzw. Änderungsvertrages ausgegangen.
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c) Die Klägerin macht mit Hinweis auf BGE 118 II 58 geltend, auch ein Aufhebungsvertrag falle unter Art. 336c OR. Sie verkennt damit die Tragweite dieser Entscheidung.
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Das Bundesgericht hielt im zitierten Urteil vielmehr ausdrücklich fest, dass der zeitliche Kündigungsschutz nur bei Kündigung, nicht aber bei einem Aufhebungsvertrag zum Tragen komme (BGE 118 II 58 E. 2a S. 60).
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Dass die Anwendung sowohl des zeitlichen wie auch des sachlichen Kündigungsschutzes eine Kündigung voraussetzt und deshalb nicht bei einer einvernehmlichen Vertragsbeendigung gelten kann, ergibt sich aus dem klaren Gesetzestext.
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Der Ansicht der Klägerin kann deshalb nicht gefolgt werden.
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Es liegt somit keine Verletzung der bundesrechtlichen Kündigungsschutzbestimmungen durch die kantonale Instanz vor.
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2.- Die Klägerin hält dafür, mit der Vertragsänderung sei gegen das in Art. 341 OR verankerte Verzichtsverbot verstossen worden.
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a) Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass bei einem Aufhebungs- bzw. Änderungsvertrag Art. 341 Abs. 1 OR zu beachten ist. Nach dieser Bestimmung kann ein Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses und während eines Monates nach dessen Beendigung nicht auf Ansprüche verzichten, die sich aus unabdingbaren Gesetzesbestimmungen oder unabdingbaren Bestimmungen eines Gesamtarbeitsvertrages ergeben.
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Nicht um einen verbotenen Verzicht sondern um einen zulässigen Vergleich handelt es sich indessen, wenn mit einer Vereinbarung beide Parteien auf Rechte verzichten (BGE 118 II 58 E. 2b S. 61 mit Hinweisen). Vom Wesen des Vergleichs her brauchen die Ansprüche, auf die verzichtet wird, allerdings nicht liquid zu sein. Ein Verzicht auf illiquide im Austausch für liquide Ansprüche ist zulässig. Das Ergebnis darf aber nicht nur dem Arbeitgeber Vorteile bringen. Deshalb ist ein Aufhebungsvertrag ohne Einhaltung der Kündigungsfristen zulässig, sofern damit nicht nur auf die Lohnfortzahlungspflicht während der Kündigungsfrist sondern auch auf in dieser Zeit geschuldete Arbeitsleistung verzichtet wird (BGE 118 II 58 E. 2b S. 61).
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b) Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz, stand die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin im Zeitpunkt des Abschlusses des Änderungsvertrages für die Parteien nicht fest. Der Klinikarzt beurteilte die Klägerin bei ihrem Spitalaustritt als vollständig arbeitsfähig.
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Sie ging im Anschluss an die Vertragsunterzeichnung überdies in die Ferien und die Reduktion des Beschäftigungsgrades sollte erst nach ihrer Rückkehr wirksam werden.
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Erst nach Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit bei der Beklagten wurde der Klägerin von ihrem Hausarzt rückwirkend auf den Zeitpunkt des Spitalaustrittes eine verminderte Arbeitsfähigkeit von 50% attestiert. Die Parteien mussten somit im Zeitpunkt des Vertragschlusses davon ausgehen, dass mit der Vertragsänderung nicht nur die Lohnzahlungspflicht reduziert wurde. Vielmehr verzichtete die Arbeitgeberin in jenem Zeitpunkt auf einen Teil der künftigen Arbeitsleistung, mit welcher sie ohne die Vertragsänderung ernstlich rechnen konnte.
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Zu beachten ist auch, dass die Arbeitgeberin bei einer Reduktion des Beschäftigungsgrades auf 50% nicht davon ausgehen konnte, dass die Arbeitnehmerin im Falle einer 50%igen Arbeitsunfähigkeit die ganzen 50% ihrer Arbeitsleistung erbringen werde. Der Änderungsvertrag verletzt somit Art. 341 OR nicht, und die Berufung ist abzuweisen.
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3.-Dem Verfahrensausgang entsprechend hat die Klägerin die Beklagte für das Berufungsverfahren zu entschädigen.
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Eine Gerichtsgebühr ist nicht zu erheben (Art. 343 Abs. 3 OR).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.-Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden, Zivilkammer, vom 21. Februar 2000 bestätigt.
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2.-Es werden keine Kosten erhoben.
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3.-Die Klägerin hat die Beklagte für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.- zu entschädigen.
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4.-Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden schriftlich mitgeteilt.
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______________
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Lausanne, 17. Juli 2000
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Im Namen der I. Zivilabteilung
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des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
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Der Präsident:
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Die Gerichtsschreiberin:
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