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Informationen zum Dokument  BGer 1P.639/2000  Materielle Begründung
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BGer 1P.639/2000 vom 27.10.2000
 
[AZA 0]
 
1P.639/2000/odi
 
I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
 
**********************************
 
27. Oktober 2000
 
Es wirken mit: Bundesrichter Aemisegger, Präsident der
 
I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Catenazzi,
 
Ersatzrichterin Pont Veuthey und Gerichtsschreiber Pfäffli.
 
---------
 
In Sachen
 
T.________, Beschwerdeführer,
 
gegen
 
H.________, Beschwerdegegnerin, Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden, Kantonsgericht von Graubünden, Beschwerdekammer,
 
betreffend
 
Strafverfahren (Einstellungsverfügung), hat sich ergeben:
 
A.- Am 16. März 2000 kam es auf der mit Schneematsch bedeckten und sehr glatten Oberalpstrasse in Flims Waldhaus zu einer Kollision zwischen den Fahrzeugen von T.________ und H.________. Dabei entstand am Fahrzeug von T.________ ein Sachschaden von rund Fr. 5'000.--.
 
B.- Der Kreispräsident von Trins stellte mit Verfügung vom 1. Mai 2000 das wegen Verletzung von Verkehrsregeln angehobene Strafverfahren gegen H.________ ein. Der Unfall sei darauf zurückzuführen, dass T.________ seinen Personenwagen am rechten Fahrbahnrand mit den rechten Rädern auf dem Trottoir angehalten habe und dann rückwärts gefahren sei. Die ihm in zweiter Position nachfolgende H.________ habe nicht damit rechnen müssen, dass T.________ rückwärts fahre und sie dadurch in ihrer Fahrt behindern könnte. Es sei ihr nicht vorzuwerfen, das Fahrzeug nicht beherrscht zu haben und nicht in der Lage gewesen zu sein, innerhalb der überblickbaren Strecke anzuhalten.
 
Gegen diese Einstellungsverfügung reichte T.________ bei der Beschwerdekammer des Kantonsgerichts von Graubünden Beschwerde ein. Diese wies mit Entscheid vom 12. Juli 2000 die Beschwerde ab.
 
C.- T.________ führt gegen diesen Entscheid der Beschwerdekammer des Kantonsgerichts von Graubünden staatsrechtliche Beschwerde.
 
Das Bundesgericht verzichtet auf die Einholung von Vernehmlassungen.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.- Nach ständiger Praxis des Bundesgerichts ist der durch eine angeblich strafbare Handlung Geschädigte grundsätzlich nicht legitimiert, gegen die Einstellung des Strafverfahrens oder gegen ein freisprechendes Urteil staatsrechtliche Beschwerde zu erheben. Der Geschädigte hat an der Verfolgung und Bestrafung des Angeschuldigten nur ein tatsächliches oder mittelbares, nicht aber ein rechtlich geschütztes, eigenes und unmittelbares Interesse im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 88 OG. Der Strafanspruch, um den es im Strafverfahren geht, steht ausschliesslich dem Staat zu, und zwar unabhängig davon, ob der Geschädigte als Privatstrafkläger auftritt oder die eingeklagte Handlung auf seinen Antrag hin verfolgt wird (BGE 120 Ia 101 E. 1a, 157 E. 2a/aa, 220 E. 2a, je mit Hinweisen). Insbesondere verschaffte das in Art. 4 aBV enthaltene allgemeine Willkürverbot dem Geschädigten, soweit er Mängel in der Rechtsanwendung rügte, für sich allein noch keine geschützte Rechtsstellung im Sinne von Art. 88 OG (vgl. BGE 123 I 279 E. 3c/aa mit Hinweisen). An dieser Rechtsprechung ist, wie das Bundesgericht entschieden hat (BGE 126 I 81 E. 2-6), auch unter der Herrschaft der neuen Bundesverfassung vom 18. April 1999 (in Kraft seit 1. Januar 2000) festzuhalten, welche das bisher aus Art. 4 aBV abgeleitete Willkürverbot nunmehr ausdrücklich statuiert (Art. 9 BV).
 
Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst, ist der Geschädigte aber befugt, mit staatsrechtlicher Beschwerde die Verletzung von Verfahrensrechten geltend zu machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellen würde. Das nach Art. 88 OG erforderliche Interesse ergibt sich diesfalls nicht aus einer Berechtigung in der Sache, sondern aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen. Kommt dem Beschwerdeführer in diesem Sinne nach kantonalem Recht Parteistellung zu, kann er die Verletzung jener Parteirechte rügen, die ihm nach dem kantonalen Verfahrensrecht zustehen oder die vom Bundesgericht unmittelbar aus Art. 4 aBV abgeleitet wurden (BGE 120 Ia 157 E. 2a/aa mit Hinweisen).
 
Der in der Sache selbst nicht Legitimierte (dem im kantonalen Verfahren jedoch Parteistellung zukam) kann beispielsweise geltend machen, auf ein Rechtsmittel sei zu Unrecht nicht eingetreten worden, er sei nicht angehört worden, habe keine Gelegenheit erhalten, Beweisanträge zu stellen, oder er habe nicht Akteneinsicht nehmen können.
 
Hingegen kann er weder die Würdigung der beantragten Beweise noch die Tatsache rügen, dass seine Anträge wegen Unerheblichkeit oder aufgrund antizipierter Beweiswürdigung abgelehnt wurden. Die Beurteilung dieser Fragen kann von der Prüfung der materiellen Sache nicht getrennt werden. Auf eine solche hat der in der Sache selbst nicht Legitimierte jedoch keinen Anspruch (BGE 120 Ia 157 E. 2a/bb mit Hinweisen).
 
2.- An der fehlenden Legitimation in der Sache selbst vermag auch das Opferhilfegesetz nichts zu ändern. Als Opfer ist gemäss Art. 2 Abs. 1 OHG jede Person anzusehen, "die durch eine Straftat in ihrer körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden ist". Da der Beschwerdeführer nicht geltend macht - und solches auch nicht ersichtlich ist -, er hätte durch die Kollision körperliche oder psychische Schäden erlitten, kommt ihm auch keine Opferstellung im Sinne des Opferhilfegesetzes zu.
 
3.- Der Beschwerdeführer macht einzig, soweit seine Ausführungen überhaupt den Begründungsanforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG zu genügen vermögen (vgl. BGE 125 I 492 E. 1b), eine willkürliche Beweiswürdigung geltend. Zu einer solchen Rüge ist er jedoch - wie ausgeführt - nicht legitimiert. Auf die staatsrechtliche Beschwerde kann deshalb nicht eingetreten werden.
 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.- Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.- Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden und dem Kantonsgericht von Graubünden, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt.
 
______________
 
Lausanne, 27. Oktober 2000
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
 
Der Präsident:
 
Der Gerichtsschreiber:
 
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