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Informationen zum Dokument  BGer 1P.51/2001  Materielle Begründung
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BGer 1P.51/2001 vom 05.03.2001
 
[AZA 0/2]
 
1P.51/2001/err
 
I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
 
**********************************
 
5. März 2001
 
Es wirken mit: Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger,
 
Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter
 
Aeschlimann, Bundesrichter Favre und Gerichtsschreiber Störi.
 
---------
 
In Sachen
 
L.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Elmar M. Jud, Oberer Graben 14, Postfach, St. Gallen,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Appenzell A.Rh.,Obergericht des Kantons Appenzell A.Rh.,
 
2. Abteilung,
 
betreffend
 
Art. 9 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK
 
(Strafverfahren)hat sich ergeben:
 
A.- Das Kantonsgericht von Appenzell Ausserrhoden verurteilte L.________ am 6. April 2000 wegen fahrlässiger Tötung (Art. 117 StGB), grober Verletzung einer Verkehrsregel (Art. 90 Ziff. 2 i.V.m. Art. 32 Abs. 1 SVG) und Missachtens der signalisierten Höchstgeschwindigkeit (Art. 90 Ziff. 1 i.V.m. Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 22 Abs. 1 SSV) zu 8 Monaten Gefängnis bedingt und einer Busse von Fr. 2'000.--. Es hielt für erwiesen, dass L.________ am 1. April 1999 gegen 12 Uhr auf einer Probefahrt mit einem Ferrari "F40" in Hundwil derart stark beschleunigt hatte, dass er die Kontrolle über das Fahrzeug verlor und mit einer Betonmauer kollidierte, wobei sein Beifahrer ums Leben kam.
 
Das Obergericht des Kantons Appenzell Ausserrhoden sprach L.________ am 26. September 2000 vom Vorwurf der groben Verkehrsregelverletzung frei und bestätigte im Übrigen das erstinstanzliche Urteil, wobei es die Gefängnisstrafe auf 6 Monate reduzierte.
 
B.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 24. Januar 2001 wegen Willkür und Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo" (Art. 9 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK) beantragt L.________, das Urteil des Obergerichts aufzuheben.
 
Das Obergericht erklärt in der Vernehmlassung, die in der staatsrechtlichen Beschwerde vorgebrachte Argumentation hätte in wesentlichen Teilen mit Nichtigkeitsbeschwerde geltend gemacht werden müssen. Die Staatsanwaltschaft beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.- Beim angefochtenen Urteil des Obergerichts handelt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid (Art. 86 Abs. 1 OG). Der Beschwerdeführer ist durch die strafrechtliche Verurteilung in seinen rechtlich geschützten Interessen berührt (Art. 88 OG). Er ist daher befugt, die Verletzung verfassungsmässiger Rechte geltend zu machen (Art. 84 Abs. 1 OG). Auf staatsrechtliche Beschwerde hin kann hingegen nicht geprüft werden, ob der angefochtene Entscheid das materielle eidgenössische Strafrecht verletzt (Art. 84 Abs. 2 OG i.V.m. Art. 269 Abs. 1 BStP).
 
2.- a) Der Unfallhergang ist insoweit unbestritten, als der Beschwerdeführer im fraglichen Zeitpunkt auf der Kantonsstrasse Appenzell-Hundwil in Richtung Hundwil fuhr und bei der Verzweigung Sonderau nach rechts in Richtung Stein abbog; die auf dieser Strecke zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt 60 km/h. Nach dem Abbiegen wurde das Fahrzeug derart stark beschleunigt, dass eine 48 m lange Pneuabriebspur entstand und das Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit zwischen 81 und 88 km/h ungebremst in die linksseitige Stützmauer prallte. Zu Gunsten des Beschwerdeführers stellte das Obergericht - anders noch als das Kantonsgericht - auf die Version des Beschwerdeführers ab, wonach er das Fahrzeug nicht so stark beschleunigen wollte, aber den Beschleunigungsvorgang nicht mehr abbrechen konnte, weil er nach dem Niederdrücken des Gaspedals den rechten Fuss unter dem Bremspedal verklemmte (angefochtenes Urteil E. 2 S. 9 f.).
 
b) Der Beschwerdeführer macht geltend, mit der Anerkennung dieser Tatvariante habe das Obergericht klarerweise zum Ausdruck gebracht, dass ihm die übermässige Beschleunigung und die dadurch eingetretene überhöhte Geschwindigkeit nicht zum Verschulden angerechnet werden könne. Wegen der Verklemmung des rechten Fusses unter dem Bremspedal treffe ihn an der Kollision keinerlei Verschulden.
 
Er hätte daher in Anwendung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes "in dubio pro reo" von der Anschuldigung der fahrlässigen Tötung freigesprochen werden müssen, "da ein schuldhaftes Handeln und damit Fahrlässigkeit" nicht vorliege.
 
Als willkürliche Beweiswürdigung rügt der Beschwerdeführer, dass ihn das Obergericht einerseits vom Vorwurf der groben Verkehrsregelverletzung freigesprochen, ihn aber dennoch wegen Überschreitens der Höchstgeschwindigkeit verurteilt habe. Wenn es davon ausgehe, sein Fuss habe sich bei durchgedrücktem Gaspedal verklemmt und es sei deswegen zur zum Unfall führenden starken Beschleunigung gekommen, so hätte er von beiden Vorwürfen freigesprochen werden müssen.
 
Zudem habe das Obergericht den Sachverhalt willkürlich festgestellt, indem es davon ausgegangen sei, dass er die Eigenheiten des von ihm gefahrenen Ferraris bestens gekannt habe.
 
Dies sei nicht der Fall, weshalb in Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" hätte davon ausgegangen werden müssen, dass das "Verklemmen des Fusses aus objektiven Gründen" erfolgt sei. Ebenfalls willkürlich sei die Strafzumessung, weil das Verschulden des Beschwerdeführers ohne nähere, nachvollziehbare Begründung als "gravierend" eingestuft werde. Dies verletze die Begründungspflicht und sei daher willkürlich.
 
c) Diese Vorwürfe des Beschwerdeführers betreffen, wie das Obergericht in seiner Vernehmlassung zu Recht anführt, grösstenteils die Anwendung des materiellen Strafrechts.
 
Strittig ist nicht der Sachverhalt - das Obergericht geht ausdrücklich von der Version des Beschwerdeführers aus -, sondern dessen rechtliche Würdigung, bestreitet der Beschwerdeführer doch die Tatbestandsmässigkeit seines Verhaltens, z.B. indem er vorbringt, ihm könne keine Fahrlässigkeit angelastet werden. Das Gleiche gilt für seine gegen die Strafzumessung erhobene Rüge, ist es doch eine Frage des materiellen Strafrechts (Art. 63 ff. StGB), ob die im angefochtenen Urteil angeführten Gründe die ausgefällte Strafe zu rechtfertigen vermögen (BGE 123 IV 107; 121 IV 49). Nicht nachvollziehbar (und ebenfalls unzulässigerweise den Tatbestand betreffend) ist die Rüge, es sei ein "krasser Widerspruch", dass er vom Vorwurf der groben Verkehrsregelverletzung freigesprochen, hingegen wegen einer einfachen Verletzung von Verkehrsregeln verurteilt worden sei, sind doch die Strafbarkeitsvoraussetzungen nach Art. 90 Ziff. 1 und Ziff. 2 SVG unterschiedlich.
 
Einzig die Rüge, das Obergericht habe willkürlich angenommen, der Beschwerdeführer habe die Eigenheiten des Fahrzeuges - insbesondere die Eigenheiten der Pedalerie - bestens gekannt, betrifft den Sachverhalt. Beim Beschwerdeführer handelt es sich indessen um einen eidgenössisch diplomierten Automechaniker, der nach dem Führungsbericht von 1988 bis 1993 als Technischer Leiter bei Ferrari Suisse tätig war und seit 1994 als Werkstattchef in der elterlichen Sportgarage arbeitet. Der Beschwerdeführer ist somit ausgewiesener Fachmann für Ferrari-Sportwagen. Das Obergericht konnte unter diesen Umständen willkürfrei davon ausgehen, dass er mit den Eigenheiten des von ihm gefahrenen Ferraris vertraut war, auch wenn es sich dabei um ein nicht alltägliches, auch für Renneinsätze geeignetes Sammlerobjekt handelt.
 
Die Willkürrüge ist offensichtlich unbegründet.
 
3.- Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art. 156 Abs. 1 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht
 
im Verfahren nach Art. 36a OG:
 
1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.- Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie der Staatsanwaltschaft und dem Obergericht des Kantons Appenzell A.Rh., 2. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
 
______________
 
Lausanne, 5. März 2001
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
 
Der Präsident:
 
Der Gerichtsschreiber:
 
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