BGer C 188/2000 | |||
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BGer C 188/2000 vom 07.03.2001 | |
[AZA 7]
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C 188/00 Gr
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I. Kammer
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Präsident Lustenberger, Bundesrichter Schön, Spira, Bundesrichterin
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Widmer und Bundesrichter Meyer; Gerichtsschreiberin
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Fleischanderl
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Urteil vom 7. März 2001
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in Sachen
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Staatssekretariat für Wirtschaft, Abteilung Arbeitsmarkt und Arbeitslosenversicherung, Bundesgasse 8, Bern, Beschwerdeführer,
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gegen
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H.________, 1948, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Näf, Scheffelstrasse 1, St. Gallen,
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und
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Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, St. Gallen
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A.- Der 1948 geborene H.________, deutscher Staatsangehöriger, wohnt seit 8. April 1998 in der Schweiz (St. Gallen). Nachdem ihm am 20. August 1998 seine Anstellung bei der in K.________ (Deutschland) domizilierten S.________ Verlagsgesellschaft mbH per Ende September 1998 gekündigt worden war, beantragte er Arbeitslosenentschädigung ab 1. Oktober 1998. Mit Verfügung vom 9. Oktober 1998 lehnte die Kantonale Arbeitslosenkasse St. Gallen einen Anspruch des Versicherten auf Leistungen ab, da in der massgebenden Rahmenfrist vom 1. Oktober 1996 bis 30. September 1998 keine genügende Beitragszeit nachgewiesen sei.
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B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen in Aufhebung der angefochtenen Verfügung mit Entscheid vom 24. Februar 2000 gut. Zur Begründung führte es aus, für die Erfüllung der Beitragszeit sei nicht nur auf die Beschäftigungsdauer seit Wohnsitznahme in der Schweiz (5 Monate und 23 Tage), sondern auf das gesamte, seit 1. Juli 1996 bei der S.________ Verlagsgesellschaft mbH bestehende Arbeitsverhältnis abzustellen.
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C.- Das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, der kantonale Entscheid sei aufzuheben.
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Während der durch seinen Rechtsvertreter verbeiständete H.________ auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, unter Entschädigungsfolge, schliesst, beantragt die Arbeitslosenkasse deren Gutheissung.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
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1.- a) Wie das kantonale Gericht zutreffend festgestellt hat, fällt der vorliegende Sachverhalt in den Geltungsbereich des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über Arbeitslosenversicherung vom 20. Oktober 1982 (SR 0.837. 913.6; in Kraft seit 1. Januar 1984; nachfolgend:
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Abkommen), wobei namentlich die Sonderregelung über den Anspruch von ganzarbeitslosen Grenzgängern - ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit - auf Arbeitslosenentschädigung zur Anwendung gelangt (Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Satz 2, Art. 1 Ziff. 6 und Art. 3 lit. c des Abkommens [letztere Bestimmung in der Fassung des auf den
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1. August 1994 in Kraft getretenen Zusatzabkommens vom 22. Dezember 1992]). Korrekt wiedergegeben hat die Vorinstanz ferner die bundesrechtlichen Bestimmungen über den für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung vorausgesetzten Wohnsitz in der Schweiz (Art. 8 Abs. 1 lit. c AVIG), die sechsmonatige Mindestbeitragszeit (Art. 8 Abs. 1 lit. e in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 AVIG und Art. 11 AVIV) sowie die dafür vorgesehene Rahmenfrist (Art. 9 Abs. 3 AVIG). Darauf kann verwiesen werden. Zu ergänzen ist, dass der vorliegende Sachverhalt nicht unter Art. 8 Abs. 2 des Abkommens fällt, wonach Grenzgänger abweichend von Abs. 1 Arbeitslosengeld (Arbeitslosenentschädigung) nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates erhalten, in dessen Gebiet sie beschäftigt gewesen sind, als ob sie dort wohnten, solange sie ihren bisherigen Wohnort im anderen Vertragsstaat beibehalten und dort nicht zur Aufnahme einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind.
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Denn der Beschwerdegegner verfügt auf Grund seiner Ehe mit einer Schweizer Bürgerin über eine Aufenthaltsbewilligung, die ihn grundsätzlich zur Arbeitsaufnahme in der Schweiz berechtigt.
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b) Es ist unbestritten, dass der Beschwerdegegner seit seiner Wohnsitznahme in G.________ am 8. April 1998 bis Ende September 1998 als Grenzgänger im Sinne des Abkommens für seine damalige deutsche Arbeitgeberin tätig war und dadurch eine beitragspflichtige Beschäftigung nach Art. 8 Abs. 1 lit. e in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 AVIG sowie Art. 11 AVIV von lediglich 5 Monaten und 23 Tagen ausgeübt hat. Fraglich und im Folgenden zu prüfen ist indes, ob im Rahmen der Beitragszeitberechnung nicht die gesamte, ab
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1. Juli 1996 bestehende Anstellungsdauer bei der S.________ Verlagsgesellschaft mbH zu berücksichtigen ist.
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2. - a) Grenzgänger erhalten Arbeitslosengeld (Arbeitslosenentschädigung) nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates, in dessen Gebiet sie wohnen. Für die Anwartschaftszeit und die Anspruchsdauer werden Zeiten einer beitragspflichtigen unselbstständigen Beschäftigung, die nach den Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaates zurückgelegt worden sind, berücksichtigt und zwar so, als wären sie nach den Rechtsvorschriften des Wohnvertragsstaates zurückgelegt worden (Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Satz 2 des Abkommens).
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b) Die Auslegung eines Staatsvertrages hat in erster Linie vom Vertragstext auszugehen. Erscheint dieser klar und ist seine Bedeutung, wie sie sich aus dem gewöhnlichen Sprachgebrauch sowie aus Gegenstand und Zweck des Übereinkommens ergibt, nicht offensichtlich sinnwidrig, so kommt eine über den Wortlaut hinausgehende ausdehnende bzw. einschränkende Auslegung nur in Frage, wenn aus dem Zusammenhang oder der Entstehungsgeschichte mit Sicherheit auf eine vom Wortlaut abweichende Willenseinigung der Vertragsstaaten zu schliessen ist (BGE 124 V 148 Erw. 3a mit Hinweisen).
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c) Nach den hievor genannten Bestimmungen des Abkommens beurteilt sich die rechtliche Situation von in der Schweiz wohnhaften und in Deutschland erwerbstätigen Grenzgängern nach den Vorschriften des AVIG. Da die schweizerische ALV-Gesetzgebung den Bezug von Arbeitslosenentschädigung von der Erfüllung einer vorgängigen Beitragszeit abhängig macht (Art. 8 Abs. 1 lit. e in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 AVIG; BBl 1980 III 562), hätte sich eine alleinige Festschreibung der Massgeblichkeit der Rechtsvorschriften am Wohnort für eine Leistungsbegründung in der Schweiz als ungenügend erwiesen. Im Hinblick auf dieses vorgängige Mindestbeitragszeitprinzip bedurfte es, sofern keine Abweichung von demselben und damit eine Durchbrechung dieses Grundsatzes erfolgen sollte, nebst der Unterstellungsvorschrift unter das AVIG einer Lösung im Sinne der Anrechnung der im Ausland bestandenen Zeiten einer beitragspflichtigen unselbstständigen Beschäftigung in der dortigen Versicherungseinrichtung als relevante Beitragszeiten im Inland (vgl. Joachim Breining, Arbeitslosenversicherung und Ausländerrecht, Diss. Zürich 1990, S. 410; Patricia Usinger-Egger, Die soziale Sicherheit der Arbeitslosen in der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 und in den bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und ihren Nachbarstaaten, Diss. Zürich 2000, S. 132 f.; Gerhard Gerhards, Die Grenzgänger in der schweizerischen Arbeitslosenversicherung, in: Die Schweizerische Rechtsordnung in ihren internationalen Bezügen, Festgabe zum schweizerischen Juristentag 1988, S. 308 ff.). In der bundesrätlichen Botschaft vom 17. November 1982 zum Abkommen wird zu Art. 8 Abs. 1 denn auch erläutert, dass für den Nachweis der nach innerstaatlichem Recht erforderlichen vorgängigen Beitragszeiten die im anderen Staat zurückgelegten Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen sind (BBl 1983 I 1 ff., namentlich S. 6). Eine solche Anrechnung unter dem Aspekt des Erfordernisses der Erfüllung der Beitragspflicht im Rahmen einer beitragspflichtigen Beschäftigung muss indes notwendigerweise mit der Entrichtung von Ausgleichszahlungen durch den Erwerbsstaat, nach dessen Rechtsvorschriften sich die Beitragspflicht richtet (Art. 5 Abs. 1 des Abkommens), an das Wohnland des Grenzgängers verknüpft sein. In Art. 11 des Abkommens wird dieses Prinzip der Beitragserstattung normiert, wonach das Beschäftigungsland dem Wohnland des Grenzgängers bzw. dessen Versicherungsträger einen prozentual pauschalierten Anteil des Gesamtbeitragsaufkommens derselben zur Deckung des Risikos bei Ganzarbeitslosigkeit dieser Arbeitnehmer erstattet. Auf diese Weise kommen auch die als Grenzgänger im benachbarten Ausland erwerbstätigen Arbeitnehmer indirekt - über die ausländische Arbeitslosenversicherung - ihrer Beitragspflicht nach schweizerischem Recht nach.
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Aus dem Dargelegten erhellt, dass der Beschwerdegegner sich grundsätzlich nur diejenigen der in Deutschland bestandenen Zeiten einer beitragspflichtigen unselbstständigen Beschäftigung auf die vorgängige Mindestbeitragszeit nach Art. 13 Abs. 1 AVIG anrechnen lassen kann, für welche er auch seine Beitragspflicht nach schweizerischem Recht erfüllt hat. Unbestrittenermassen erbrachte er für die Zeit vor seiner Wohnsitznahme in der Schweiz indes weder persönlich Beiträge zu Handen der schweizerischen Arbeitslosenversicherung, noch bestand für Deutschland angesichts des mangelnden Grenzgängerstatus Anlass, Beitragserstattung in Form von Ausgleichszahlungen zu leisten. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz hat die durch den Beschwerdegegner vor dem 8. April 1998 als Nichtgrenzgänger in Deutschland ausgeübte Erwerbstätigkeit im Rahmen der Beitragszeitberechnung somit unberücksichtigt zu bleiben (in gleichem Sinne wohl auch Patricia Usinger-Egger, a.a.O., S. 132 f.) Der Umstand, dass hiedurch dem Zweck der staatsvertraglichen Vereinbarungen, die Freizügigkeit von Grenzgängern in sozialer Hinsicht möglichst umfassend abzusichern (Joachim Breining, a.a.O., S. 414 mit Hinweisen), nicht nachgelebt wird, vermag angesichts des Fehlens von zwingenden versicherungsmässigen Voraussetzungen für die Erbringung von Arbeitslosenentschädigung am Ergebnis nichts zu ändern. Da im Übrigen keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, wonach eine Befreiung von der Erfüllung der Beitragszeit nach Art. 14 AVIG vorliegt, hat die Verwaltung einen Anspruch des Beschwerdegegners auf Arbeitslosenentschädigung für die Zeit ab 1. Oktober 1998 zu Recht verneint.
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3.- Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem Begehren des Beschwerdegegners um Zusprechung einer Parteientschädigung kann zufolge Unterliegens nicht entsprochen werden (Art. 159 Abs. 1 in Verbindung mit Art 135 OG).
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird
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der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons
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St. Gallen vom 24. Februar 2000 aufgehoben.
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II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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III. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
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IV.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, der Kantonalen Arbeitslosenkasse St. Gallen und dem Amt für Arbeit, St. Gallen,
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zugestellt.
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Luzern, 7. März 2001
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Im Namen des
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Eidgenössischen Versicherungsgerichts
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Der Präsident der I. Kammer:
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Die Gerichtsschreiberin:
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