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Informationen zum Dokument  BGer I 530/2000  Materielle Begründung
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BGer I 530/2000 vom 07.03.2001
 
[AZA 7]
 
I 530/00 Gr
 
IV. Kammer
 
Bundesrichter Borella, Rüedi und nebenamtlicher Richter
 
Maeschi; Gerichtsschreiberin Weber Peter
 
Urteil vom 7. März 2001
 
in Sachen
 
Z.________, 1961, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Hans Schmidt, Ulrichstrasse 14, Zürich,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, Zürich, Beschwerdegegner,
 
und
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
 
A.- Z.________, geboren 1961, meldete sich nach mehreren Unfällen am 13. April 1993 zum Leistungsbezug bei der IV an. Mit Verfügungen vom 25. August 1995 sprach ihm die IV-Stelle des Kantons Zürich für die Zeit vom 1. Juli 1993 bis 31. Januar 1995 sowie ab 1. März 1995 aufgrund eines Invaliditätsgrades von 60 % eine halbe Invalidenrente nebst Zusatzrente für die Ehefrau und Kinderrenten zu. Z.________ beschwerte sich gegen diese Verfügungen beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich. Am 5. Dezember 1995 hob die IV-Stelle die Verfügungen pendente lite auf und stellte die Ausrichtung der zugesprochenen Renten per Ende des auf die Zustellung der neuen Verfügung folgenden Monats mit der Feststellung ein, dass der Invaliditätsgrad höchstens 30 % betrage. Z.________ liess auch gegen diese Verfügung Beschwerde erheben. Mit Entscheid vom 19. Dezember 1997 hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerden in dem Sinne gut, dass die Verfügungen aufgehoben wurden und die Sache an die Verwaltung zurückgewiesen wurde, damit sie ein psychiatrisches Gutachten einhole und über den Leistungsanspruch neu verfüge. Die hiegegen erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde wies das Eidgenössische Versicherungsgericht mit Urteil vom 6. Oktober 1998 ab.
 
Nach Einholung eines Gutachtens der Psychiatrischen Poliklinik X. erliess die IV-Stelle am 10. September 1999 eine neue Verfügung, mit welcher sie dem Versicherten mit Wirkung ab 1. Februar 1996 eine halbe Rente aufgrund eines Invaliditätsgrades von 60 % zusprach, wobei sie vom Nachzahlungsbetrag und der laufenden Leistung einen Quellensteuerabzug vornahm.
 
B.- Z.________ beschwerte sich hiegegen und beantragte, die Verfügung sei insoweit aufzuheben, als sie von einem Invaliditätsgrad von lediglich 50 % (recte: 60 %) ausgehe, und es sei die Sache an die Verwaltung zurückzuweisen "zur Abklärung und Begründung des Invaliditätsgrades"; ferner sei die Rente ohne Quellensteuerabzug auszurichten.
 
Mit Verfügung vom 15. November 1999 hob die IV-Stelle die Verfügung vom 10. September 1999 wiedererwägungsweise insoweit auf, als damit eine ganze Rente verweigert wurde, und führte aus, es werde im Rahmen des Anhörungsverfahrens festzustellen sein, wann eine psychisch bedingte Invalidität eingetreten sei und gegebenenfalls ab welchem Zeitpunkt Anspruch auf eine ganze Rente bestehe.
 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich schrieb die Beschwerde als gegenstandslos geworden ab, soweit sie sich gegen die Verweigerung einer ganzen Rente richtete, und trat auf die Beschwerde nicht ein, soweit damit die Zulässigkeit des Quellensteuerabzuges bestritten wurde (Beschluss vom 8. August 2000).
 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt Z.________ das Rechtsbegehren stellen, in Aufhebung des kantonalen Nichteintretensbeschlusses sei ihm die Invalidenrente ungekürzt (d.h. ohne Quellensteuerabzug) zuzusprechen.
 
Während die IV-Stelle des Kantons Zürich auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, hat sich das Bundesamt für Sozialversicherung nicht vernehmen lassen.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.- Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob der vorinstanzliche Richter Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). Zudem ist das Verfahren kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario).
 
2.- Die Vorinstanz ist auf die Beschwerde, soweit damit die Ausrichtung der Renten ohne Quellensteuerabzug beantragt wurde, mit der Begründung nicht eingetreten, dass für die Beurteilung der Zulässigkeit des Quellensteuerabzuges nicht der Sozialversicherungsrichter, sondern die Veranlagungsbehörde zuständig sei. Der Beschwerdeführer hält dem grundsätzlich zu Recht entgegen, dass die Rechtmässigkeit des Quellensteuerabzuges zwar im Steuerrechtsverfahren zu beurteilen, jedoch vom Sozialversicherungsrichter zu entscheiden ist, ob der verfügte Abzug - wie geltend gemacht - gegen Art. 20 AHVG verstösst. Zu einer Rückweisung der Sache an die Vorinstanz besteht indessen kein Anlass, da im angefochtenen Entscheid hiezu materiell Stellung genommen und ausgeführt wird, dass Art. 20 Abs. 2 AHVG nicht zur Anwendung gelangt und Art. 88 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG) als Spezialbestimmung vorgeht, wenn der Quellensteuerabzug im Zeitpunkt der Fälligkeit der Geldleistung getätigt wird (Erw. 1b). Die streitige Frage ist im vorliegenden Verfahren daher materiell zu prüfen.
 
3.- a) Nach Art. 20 Abs. 1 AHVG (anwendbar auf die IV gemäss Art. 50 Abs. 1 IVG) ist jeder Rentenanspruch unabtretbar, unverpfändbar und der Zwangsvollstreckung entzogen; vorbehalten bleiben die Bestimmungen über die Gewährleistung zweckgemässer Rentenverwendung (Art. 45 AHVG in Verbindung mit Art. 76 AHVV).
 
Das Abtretungsverbot von Art. 20 Abs. 1 AHVG untersagt dem Versicherten die Zession (Art. 164 ff. OR) der ihm gegenüber der AHV/IV zustehenden Forderungen und dient, wie die Unpfändbarkeit der Ansprüche und deren Ausnahme von der Zwangsvollstreckung, der Sicherung des Leistungszwecks. Im vorliegenden Fall geht es nicht um eine Abtretung im Sinne dieser Bestimmung, noch steht eine Massnahme der Zwangsvollstreckung zur Diskussion. Der Beschwerdeführer beruft sich demnach zu Unrecht auf Art. 20 Abs. 1 AHVG.
 
b) aa) Gemäss Art. 20 Abs. 2 AHVG (ebenfalls anwendbar auf die IV nach Art. 50 Abs. 1 IVG) können fällige Leistungen mit Forderungen aufgrund des AHVG, IVG, EOG und FLG (lit. a) mit Rückforderungen von Ergänzungsleistungen zur AHV und IV (lit. b) und mit Rückforderungen von Renten und Taggeldern der obligatorischen Unfallversicherung, der Militärversicherung, der Arbeitslosenversicherung und der Krankenversicherung (lit. c) verrechnet werden. Wie das Eidgenössische Versicherungsgericht wiederholt festgestellt hat, wird durch Art. 20 Abs. 2 AHVG eine eigene Ordnung geschaffen, welche auf die Besonderheiten der Sozialgesetzgebung im AHV-Bereich zugeschnitten ist (BGE 125 V 321 Erw. 5a mit Hinweisen), und über die obligationenrechtlichen Regeln (Art. 120 Abs. 1 OR), wie sie auch im Verwaltungsrecht zur Anwendung gelangen, hinausgeht (BGE 115 V 342 Erw. 2b und 110 V 185 Erw. 2). Nach den sowohl im Zivilrecht als auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsätzen setzt die Verrechnung voraus, dass sich Forderungen und Gegenforderungen der gleichen Parteien gegenüberstehen (BGE 125 V 319 Erw. 4a mit Hinweisen). Mit der auf den 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Gesetzesänderung vom 7. Oktober 1994 (AS 1996 2466, 10. AHV-Revision) hat der Gesetzgeber die Verrechnungsmöglichkeit in der AHV/IV dahin erweitert, dass Leistungen auch mit Forderungen aus andern Sozialversicherungen verrechnet werden können.
 
bb) Der von der Ausgleichskasse vorgenommene Abzug von den Leistungen stützt sich auf Art. 84 Abs. 2 DBG und Art. 3 Abs. 1 der Quellensteuerverordnung (QStV) vom 19. Oktober 1993 (vgl. auch Art. 32 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG]). Nach diesen Bestimmungen sind der Quellensteuer alle an die Stelle des Erwerbseinkommens tretenden Ersatzeinkünfte quellensteuerpflichtiger Personen aus Arbeitsverhältnis sowie aus Kranken-, Unfall-, Invaliden- und Arbeitslosenversicherung unterworfen. Gemäss Art. 88 Abs. 1 lit. a DBG ist der Schuldner der steuerbaren Leistung verpflichtet, bei Fälligkeit von Geldleistungen die geschuldete Steuer zurückzubehalten. Ist der Steuerpflichtige oder der Schuldner der steuerbaren Leistung mit dem Steuerabzug nicht einverstanden, kann er bei der Veranlagungsbehörde eine einsprachefähige Verfügung über Bestand und Umfang der Steuerpflicht verlangen (Art. 137 und 139 DBG). Nach den Verwaltungsweisungen hat sich die Ausgleichskasse mit der zuständigen Steuerbehörde in Verbindung zu setzen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Quellensteuerpflicht gegeben sein könnte. Die Steuerbehörde teilt ihr mit, ob eine Steuerpflicht besteht und welcher Tarif zur Anwendung gelangt, worauf die Ausgleichskasse den entsprechenden Abzug vornimmt und die Quellensteuer der zuständigen Steuerverwaltung überweist (Rz 28 ff. des Kreisschreibens des Bundesamtes für Sozialversicherung über die Quellensteuer, gültig ab 1. Januar 1995, mit Nachtrag gültig ab 1. Januar 1997).
 
cc) Die Quellensteuer ist eine gesetzlich vorgesehene besondere Art der Steuererhebung, welche darin besteht, dass die geschuldete Steuer durch einen Abzug vom steuerpflichtigen Einkommen (Erwerbseinkommen oder Ersatzeinkünfte) erhoben wird (Zweifel/Athanas [Hrsg. ], Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/1 S. 423 ff. und Bd. I/2b S. 2 ff.; Höhn/Athanas [Hrsg. ], Das neue Bundesrecht über die direkten Steuern, S. 382 ff.). Die Steuer ist nicht vom Leistungsbezüger, sondern vom Schuldner der Leistung, bei sozialversicherungsrechtlichen Ersatzeinkünften somit vom Sozialversicherungsträger zu entrichten (vgl.
 
hiezu Rufener, Zur Erfassung von "Ersatzeinkünften" mit der Quellensteuer nach dem DBG und dem StHG, in ASA 63 S. 97 ff., insbesondere S. 127 f.). Rechtsgrund für die von der Ausgleichskasse vorgenommene Leistungskürzung bildete somit nicht eine Verrechnung, sondern ein auf besonderer gesetzlicher Vorschrift beruhender Steuerbezug an der Quelle. Mit der streitigen Verfügung hat die Ausgleichskasse denn auch nicht Verrechnung erklärt, sondern einen Leistungsabzug vorgenommen, zu dem sie von Gesetzes wegen verpflichtet war. Daraus folgt, dass die für die Verrechnung geltenden Einschränkungen nicht anwendbar sind. Ein Verrechnungstatbestand liegt selbst dann nicht vor, wenn die Rentenzusprechung rückwirkend erfolgt und der Leistungsberechtigte Anspruch auf eine Nachzahlung hat (Art. 48 IVG). Anders wäre allenfalls dann zu entscheiden, wenn es um eine Nachforderung von Quellensteuern für nicht oder zu wenig vorgenommene Steuerabzüge geht. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Die Ausgleichskasse war nach dem Gesagten nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, die Quellensteuer sowohl von den laufenden Leistungen als auch von der Nachzahlung in Abzug zu bringen, nachdem ihr die Steuerbehörde mitgeteilt hatte, dass die fraglichen Renten der Quellensteuerpflicht unterliegen. Der Vorinstanz ist im Ergebnis daher darin beizupflichten, dass der von der Ausgleichskasse verfügte Quellensteuerabzug rechtens ist und der Beschwerdeführer allfällige Einwendungen gegen Bestand und Umfang der Steuerpflicht im Steuerverfahren geltend zu machen hat (Art. 137 und 139 DBG).
 
4.- Weil kein Verrechnungstatbestand im Sinne von Art. 20 Abs. 2 AHVG vorliegt, war es nicht Sache der Sozialversicherungsbehörde, die Frage nach der Wahrung des Existenzminimums zu prüfen. Der Quellensteuerpflichtige hat seine Interessen im Steuerverfahren wahrzunehmen, woran entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers nichts ändert, dass die Erlasskriterien teilweise anders umschrieben werden. Nach Art. 167 Abs. 1 DBG kann die Steuer ganz oder teilweise erlassen werden, falls die Bezahlung der Steuer für den Pflichtigen zufolge einer Notlage eine grosse Härte bedeuten würde. Über den Erlass der Quellensteuer entscheidet die für den Erlass von Staats- und Gemeindesteuern zuständige Behörde (Art. 167 Abs. 2 DBG).
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
II. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
 
Luzern, 7. März 2001
 
Im Namen des
 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der IV. Kammer:
 
Die Gerichtsschreiberin:
 
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