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Informationen zum Dokument  BGer 2A.561/2000  Materielle Begründung
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BGer 2A.561/2000 vom 27.03.2001
 
[AZA 0/2]
 
2A.561/2000/leb
 
II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG ***********************************
 
27. März 2001
 
Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
 
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Hungerbühler, Müller
 
und Gerichtsschreiber Klopfenstein.
 
---------
 
In Sachen
 
1. A.D.________,
 
2. B.D.________,
 
3. C.D.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Dr. Stefan Suter, Clarastrasse 56, Basel,
 
gegen
 
Regierungsrat des Kantons B a s e l - L a n d s c h a f t ,Verwaltungsgericht des Kantons B a s e l - L a n d-s c h a f t ,
 
betreffend
 
Aufenthaltsbewilligung,
 
hat sich ergeben:
 
A.- A.D.________, geboren am 14. Dezember 1971, aus dem ehemaligen Jugoslawien stammend, reiste am 1. Oktober 1989 im Rahmen des Familiennachzuges in die Schweiz ein. Zunächst arbeitete er auf dem Bau und anschliessend in verschiedenen anderen Anstellungen, später - ab Mitte 1996 - als Fahrer eines Taxiunternehmens. Die Aufenthaltsbewilligung wurde ihm regelmässig verlängert.
 
Am 8. März 1996 heiratete A.D.________ die am 28. Juni 1974 geborene B.________. Ihr wurde zum Zweck des Zusammenlebens mit dem Ehemann am 17. Januar 1997 die Einreise und in der Folge der Aufenthalt in der Schweiz bewilligt. Am 10. Oktober 1997 kam die gemeinsame Tochter C.________ zur Welt.
 
B.- Am 14. September 1998 wurde A.D.________ verhaftet und in Untersuchungshaft gesetzt. Am 16. September 1999 verurteilte ihn das Strafgericht des Kantons Basel-Landschaft u.a. wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Zuchthausstrafe von acht Jahren sowie zu 15 Jahren unbedingter Landesverweisung. Gegen dieses Urteil erklärte A.D.________ am 22. September 1999 die Appellation zu Handen des Obergerichts. Am 14. Oktober 1999 trat er in die Strafanstalt Lenzburg ein.
 
C.- Mit Verfügung vom 3. Januar 2000 verweigerte die Fremdenpolizei des Kantons Basel-Landschaft die Verlänge-rung der Aufenthaltsbewilligungen für A.________, B.________ und C.D.________, nachdem sie den Betroffenen vorher hierzu
 
das rechtliche Gehör gewährt hatte. Das Verfügungsdispositiv vom 3. Januar 2000 lautet wie folgt:
 
"Verweigerung der nachgesuchten Verlängerung.
 
Wegzug von A.D.________ auf das Datum der Haft- entlassung.
 
Wegzug von B.D.________ und C.________ bis spä- testens 31.05.2000.. "
 
Die Fremdenpolizei begründete ihre Verfügung im Wesentlichen damit, A.D.________ sei vom Strafgericht Basel-Landschaft u.a. wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt worden und erfülle damit den Ausweisungsgrund von Art. 10 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142. 20). Sodann sei die Familie D.________ seit Oktober 1998 durch die öffentliche Fürsorge unterstützt worden, weshalb auch der Ausweisungsgrund von Art. 10 Abs. 1 lit. d ANAG erfüllt sei.
 
A.________, B.________ und C.D.________ gelangten gegen diese Verfügung erfolglos an den Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft, und am 11. Oktober 2000 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft eine gegen den Regierungsratsentscheid gerichtete Beschwerde ab.
 
D.- A.________, B.________ und C.D.________ führen mit Eingabe vom 5. Dezember 2000 - gemäss der erhaltenen Rechtsmittelbelehrung - Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht mit den Anträgen, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und festzustellen, dass die Familie D.________ nach wie vor über eine Aufenthaltsbewilligung verfüge. Sodann ersuchen sie für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
 
Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beantragt, auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft hat sich vernehmen lassen, ohne einen ausdrücklichen Antrag zu stellen. Das Bundesamt für Ausländerfragen beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten.
 
E.- Mit Verfügung vom 10. Januar 2001 hat der Abteilungspräsident der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.- a) Nach Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf dem Gebiet der Fremdenpolizei unzulässig gegen die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen, auf die das Bundesrecht keinen Anspruch einräumt. Gemäss Art. 4 ANAG entscheidet die zuständige Behörde, im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Verträge mit dem Ausland, nach freiem Ermessen über die Bewilligung von Aufenthalt oder Niederlassung. Damit besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Erteilung einer Bewilligung, es sei denn, der Ausländer könne sich auf eine Sondernorm des Bundesrechts oder eines Staatsvertrags berufen (BGE 126 II 377 E. 2 S. 381; 124 II 361 E. 1a S. 363 f., je mit Hinweisen).
 
b) Aus dem innerstaatlichen Gesetzesrecht lassen sich vorliegend keine Ansprüche ableiten. Der Beschwerdeführer 1 verfügte bisher lediglich über eine Aufenthaltsbewilligung, auf deren Erteilung oder Verlängerung er keinen Anspruch hat. Da er sich heute im vorzeitigen Strafvollzug bzw. in Sicherheitshaft befindet, gilt die bisherige Bewilligung zwar ohne weiteres als wenigstens bis zu seiner Entlassung fortbestehend (Art. 14 Abs. 8 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer, ANAV; SR 142. 201); es ergibt sich daraus für den inhaftierten Beschwerdeführer 1 aber kein Anspruch auf eine neue fremdenpolizeiliche Bewilligung:
 
Art. 14 Abs. 8 ANAV stellt bloss sicher, dass derjenige, der sich im Rahmen des Straf- oder Massnahmenvollzuges in einer Anstalt aufhalten muss, für diese Zeit eine fremdenpolizeiliche Bewilligung hat (BGE 122 I 267 E. 1a S. 269 f., sowie unveröffentlichte Urteile vom 14. Januar 1993 i.S. Keskin, E. 1c, und vom 17. Januar 1989 i.S. Placi, E. 1c).
 
Auch für die übrigen Familienmitglieder (Ehefrau und Tochter) besteht gestützt auf das innerstaatliche Gesetzesrecht kein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung.
 
Ein solcher lässt sich insbesondere nicht aus der Vorschrift von Art. 17 Abs. 2 ANAG ableiten, da keiner der beiden Elternteile eine Niederlassungsbewilligung besitzt.
 
c) aa) Nach der bundesgerichtlichen Rechtspre-chung ergibt sich aus dem in Art. 8 Ziff. 1 EMRK garantierten Schutz des Familienlebens - vgl. auch Art. 13 Abs. 1 BV - ein Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltsbewilligung für einen Ausländer, dessen nahe Angehörige, insbesondere dessen Ehegatte, ein festes Anwesenheitsrecht in der Schweiz haben
 
(Schweizer Bürgerrecht; Niederlassungsbewilligung; Aufenthaltsbewilligung, die auf einem Rechtsanspruch beruht), sofern die familiäre Beziehung tatsächlich gelebt wird und intakt ist (BGE 124 II 361 E. 1b S. 364, mit Hinweisen).
 
bb) Als Grundlage für einen Rechtsanspruch käme nach dem Gesagten vorliegend höchstens Art. 8 Ziff. 1 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV in Betracht, indem die Familie der Beschwerdeführer insofern, als Ehefrau und Kind schon vor der Haftentlassung des Ehemannes und Vaters die Schweiz zu verlassen haben, vorübergehend zusätzlich getrennt wird. Ein familiäres Zusammenleben der Beschwerdeführer ist bis zur Haftentlassung aber ohnehin ausgeschlossen. Die möglichen direkten Kontakte zwischen dem Inhaftierten und seiner Familie beschränken sich bis dahin auf kurze Besuche in der Strafanstalt. Ein Anspruch der (Rest-)Familie auf Verbleib in der Schweiz zwecks blosser Ausübung eines solchen limitierten Besuchsrechtes gegenüber dem inhaftierten Beschwerdeführer 1 lässt sich aus Art. 8 EMRK indessen zum Vornherein nicht herleiten, zumal dieser, wie erwähnt, in der Schweiz nicht über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht, sondern über eine blosse (gemäss Art. 14 Abs. 8 ANAV formell verlängerte) Aufenthaltsbewilligung verfügt, womit er seiner Ehefrau und seinem Kind keine Aufenthaltsansprüche verschaffen kann. Der auf einer strafprozessualen oder strafrechtlichen Anordnung beruhende (erzwungene) Aufenthalt in einem Untersuchungsgefängnis oder in einer Strafvollzugsanstalt begründet für sich allein kein "gefestigtes Anwesenheitsrecht" im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 8EMRK.
 
d) Mangels eines Rechtsanspruches auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligungen ist daher auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht einzutreten.
 
2.- Fehlt es an einem Rechtsanspruch auf Bewilligung, kann in der Bewilligungsfrage selber auch nicht staatsrechtliche Beschwerde geführt werden, weil der Ausländer dadurch nicht in rechtlich geschützten eigenen Interessen betroffen ist und ihm damit die Legitimation im Sinne von Art. 88 OG fehlt (BGE 126 I 81 E. 4-6 S. 87 ff.; 126 II 377 E. 4 S. 388; 123 I 25 E. 1 S. 26). Die Verletzung von Parteirechten, deren Missachtung einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommt und auch bei fehlender Legitimation in der Sache mit staatsrechtlicher Beschwerde gerügt werden kann (BGE 125 II 86 E. 3b S. 94; 122 I 267 E. 1b S. 270; 118 Ia 232 E. 1a und c, mit Hinweisen), wird vorliegend nicht geltend gemacht, so dass die vorliegende Eingabe auch nicht als staatsrechtliche Beschwerde an die Hand zu nehmen ist.
 
3.- Bei diesem Verfahrensausgang haben die Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG). Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung kann wegen der Aussichtslosigkeit der gestellten Rechtsbegehren nicht entsprochen werden (Art. 152 Abs. 1 OG). Zwar hat das Verwaltungsgericht - im Widerspruch zu seinen Erwägungen - eine auf den Weg der Verwaltungsgerichtsbeschwerde lautende unrichtige Rechtsmittelbelehrung abgegeben. Das eingereichte Rechtsmittel hätte aber, da auf die anbegehrte Verlängerung der Bewilligungen klarerweise kein Rechtsanspruch besteht - was der rechtskundige Vertreter der Beschwerdeführer der publizierten Rechtsprechung des Bundesgerichts entnehmen konnte -, auch bei materieller Beurteilung offensichtlich nicht durchdringen können.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.- Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.- Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
 
3.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird den Beschwerdeführern auferlegt, unter solidarischer Haftung.
 
4.- Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft sowie dem Bundesamt für Ausländerfragen schriftlich mitgeteilt.
 
______________
 
Lausanne, 27. März 2001
 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
 
Der Präsident:
 
Der Gerichtsschreiber:
 
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