VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer U 190/2000  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer U 190/2000 vom 31.05.2001
 
[AZA 7]
 
U 190/00 Ge
 
III. Kammer
 
Bundesrichter Schön, Spira und Bundesrichterin Widmer; Gerichtsschreiberin Riedi Hunold
 
Urteil vom 31. Mai 2001
 
in Sachen
 
Zürich Versicherungs-Gesellschaft, Generaldirektion Schweiz, Rechtsdienst, Alfred-Escher-Strasse 50, 8022 Zürich, Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
W.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Oskar Müller, Wengistrasse 7, 8026 Zürich,
 
und
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
 
A.- W.________ (geboren 1943) wurde von der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich infolge unverschuldeter Nichtwiederwahl per 31. Juli 1995 gekündigt und ab 1. Januar 1995 freigestellt. Am 2. April 1995 erlitt er bei einem Unfall ein Schleudertrauma der Halswirbelsäule (HWS). Die Zürich Versicherungs-Gesellschaft (nachfolgend: Zürich), bei welcher er durch seine Arbeitgeberin gegen die Folgen von Unfällen versichert war, erbrachte die gesetzlichen Leistungen. In der Folge musste er sich verschiedenen medizinischen Behandlungen unterziehen und nahm keine Erwerbstätigkeit mehr auf. Die Ärzte attestierten ihm eine Arbeitsunfähigkeit von 100 % von 2. April bis 31. Dezember 1995, von 75 % von 1. bis 14. Januar 1996, von 50 % von 15. Januar bis 18. Februar 1996 und von 100 % ab 19. Februar 1996. Gestützt auf das MEDAS-Gutachten vom 15. August 1997, in welchem ein cervico-cephales Schmerzsyndrom bei reduzierter Belastbarkeit, Status nach einer HWS-Distorsion, leichte, schmerzbedingte Konzentrationsschwankungen sowie beidseitige symmetrische Hochtonschwerhörigkeit diagnostiziert und eine Arbeitsunfähigkeit von 25 % bescheinigt wurden, lehnte die Zürich weitere Leistungen infolge fehlendem adäquatem Kausalzusammenhang ab (Verfügung vom 29. September 1997, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 30. Januar 1998).
 
B.- Indem es den Anspruch auf weitere Taggelder sowie eine Integritätsentschädigung verneinte und den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen den geklagten Beschwerden und dem Unfallereignis vom 2. April 1995 bejahte, hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die hiegegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 17. April 2000 teilweise gut und wies die Sache an die Zürich zurück, damit diese über den Rentenanspruch neu verfüge.
 
C.- Die Zürich erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, es sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben.
 
W.________ lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen und eventualiter Ergänzung der medizinischen Akten durch ein gerichtliches Gutachten beantragen. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat sich nicht vernehmen lassen.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.- Es ist unbestritten, dass der Versicherte am 2. April 1995 ein Schleudertrauma der HWS erlitten hat, die meisten der geklagten Beschwerden in natürlichem Kausalzusammenhang mit diesem Unfall stehen, Ende August 1997 der Endzustand erreicht wurde und er keinen Anspruch auf eine Integritätsentschädigung oder Taggelder über den 31. August 1997 hinaus hat. Streitig ist hingegen, ob die Zürich auch nach dem 1. September 1997 Leistungen in Form einer Invalidenrente zu erbringen hat bzw. ob der Unfall vom 2. April 1995 adäquat kausal für die geklagten Beschwerden ist, wobei diese Prüfung von der Vorinstanz zu Recht nach der Rechtsprechung gemäss BGE 117 V 359 vorgenommen wurde.
 
2.- a) Die Auffahrkollision vom 2. April 1995, bei welcher sich der Beschwerdegegner ein Schleudertrauma der HWS zuzog, ist dem mittleren Bereich, allerdings im Grenzbereich zu den leichten Fällen, zuzuordnen. Denn weder die verhältnismässig geringfügigen Beschädigungen an den beteiligten Personenwagen noch der Umstand, dass der Aufprall des in das Auto des Beschwerdegegners gestossenen Fahrzeugs nicht mit einer hohen Geschwindigkeit erfolgte, erlauben die Annahme, es handle sich um einen leichten Unfall im Sinne der Rechtsprechung, vergleichbar mit einem gewöhnlichen Sturz (Urteil W. vom 30. April 2001 [U 396/99]). Die diesbezüglichen Einwände in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vermögen an dieser Beurteilung nichts zu ändern.
 
b) Nachdem der Unfall vom 2. April 1995 dem mittleren, im Grenzbereich zu den leichten Fällen zuzuordnen ist, ist der adäquate Kausalzusammenhang nur zu bejahen, wenn eines der unfallbezogenen Kriterien in besonders ausgeprägter Weise gegeben oder mehrere Kriterien erfüllt sind (BGE 117 V 366 Erw. 6).
 
Die Auffahrkollision ereignete sich weder unter dramatischen Begleitumständen noch war sie besonders eindrücklich. Auch kann das erlittene Schleudertrauma der HWS nicht als schwer bezeichnet werden, und seine Auswirkungen waren nicht derart gravierend, als dass das Kriterium der besonderen Art der Verletzung als erfüllt zu betrachten wäre. Ebenso wenig kann von einer ärztlichen Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen verschlimmert hätte, die Rede sein, und es liegen weder ein schwieriger Heilungsverlauf noch erhebliche Komplikationen vor. Hingegen muss die ärztliche Behandlung, zu welcher auch die physiotherapeutische gehört (vgl. Urteil W. vom 30. April 2001 [U 396/99]), angesichts der andauernden Physiotherapie und dem noch 1997 als notwendig erachteten vierwöchigen stationären Aufenthalt in der Rehabilitationsklinik X.________, als ungewöhnlich lange bezeichnet werden. Das Kriterium der Dauerschmerzen ist unbestrittenermassen gegeben. Auch jenes bezüglich Grad und Dauer der Arbeitsunfähigkeit ist zu bejahen, nachdem dem Beschwerdegegner mit Ausnahme von nicht einmal zwei Monaten während über zwei Jahren nach dem Unfallereignis vollständige Arbeitsunfähigkeit attestiert wurde und er gemäss MEDAS Gutachten auch weiterhin zu 25 % in der Arbeitsfähigkeit eingeschränkt ist. Da somit die massgebenden Kriterien in gehäufter Weise zu bejahen sind, kommt dem Unfallereignis vom 2. April 1995 adäquat kausale Bedeutung für die seither andauernden Beschwerden mit Einschränkung der Arbeitsfähigkeit zu. Die Vorinstanz hat demnach zu Recht die Sache an die Zürich zurückgewiesen, damit diese über den Anspruch auf eine Invalidenrente neu verfüge.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
III. Die Zürich Versicherungs-Gesellschaft hat dem Beschwerdegegner
 
für das Verfahren vor dem Eidgenössischen
 
Versicherungsgericht eine Parteientschädigung
 
von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu
 
bezahlen.
 
IV. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht
 
des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
 
Sozialversicherung zugestellt.
 
Luzern, 31. Mai 2001
 
Im Namen des
 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der III. Kammer:
 
Die Gerichtsschreiberin:
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).