VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 5C.25/2001  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 5C.25/2001 vom 08.06.2001
 
[AZA 0/2]
 
5C.25/2001/bie
 
II. Z I V I L A B T E I L U N G ********************************
 
8. Juni 2001
 
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung,
 
Merkli, Meyer und Gerichtsschreiber von Roten.
 
---------
 
In Sachen
 
A.________, B.________, C.________, D.________, Beklagte und Berufungskläger, alle vertreten durch Rechtsanwalt Hans Ulrich Grauer, Haldenstrasse 2, 8280 Kreuzlingen,
 
gegen
 
E.________, Kläger und Berufungsbeklagten, vertreten durch Rechtsanwalt Richard Weber, Bahnhofstrasse 7, 8570 Weinfelden,
 
F.________, Beklagte und Berufungsbeklagte,
 
betreffend
 
Erbteilung,
 
wird festgestellt und in Erwägung gezogen:
 
1.- Am 24. September 1976 verstarb X.________. Er hinterliess als gesetzliche Erben Witfrau A.________ und die Kinder D.________, F.________, C.________, B.________ und E.________. Strittig in dem seit 31. Mai 1988 hängigen Erbteilungsprozess ist das Schicksal des Landwirtschaftsbetriebs, dessen Zugehörigkeit zum Nachlass mittlerweile rechtskräftig feststeht (vgl. den die Parteien betreffenden BGE 116 II 259 Nr. 47). Der von E.________ klageweise geforderten ungeteilten Zuweisung zum Ertragswert widersetzen sich die übrigen Miterben mit Ausnahme von F.________, die die klägerischen Rechtsbegehren anerkannte und sich ausserhalb des Prozesses zu halten erklärte. In zweiter Instanz wies zuletzt das Obergericht des Kantons Thurgau die Streitsache zur Feststellung und Teilung des Nachlasses im Sinne der Erwägungen an das Bezirksgericht Z.________ zurück. In den Erwägungen bejahte das Obergericht den Anspruch von E.________ auf ungeteilte Zuweisung des landwirtschaftlichen Gewerbes (Urteil vom 27. Juni 2000).
 
A.________ sowie D.________, C.________ und B.________ beantragen dem Bundesgericht mit Berufung, das obergerichtliche Urteil aufzuheben und festzustellen, dass E.________ kein Anspruch auf eine Integralzuweisung des strittigen landwirtschaftlichen Gewerbes zum Ertragswert zukomme; eventuell sei die Streitsache zur Abnahme weiterer Beweise und zur Neuentscheidung der Frage der Integralzuweisung an das Obergericht zurückzuweisen. Dieses hat unter Hinweis auf die Urteilsbegründung und die Akten die Abweisung der Berufung begehrt. E.________ schliesst ebenfalls auf Abweisung der Berufung, soweit auf sie überhaupt eingetreten werden könne. F.________ hat sich nicht vernehmen lassen.
 
Die gleichzeitig gegen das nämliche Urteil erhobene staatsrechtliche Beschwerde von A.________ sowie D.________, C.________ und B.________ hat die II. Zivilabteilung des Bundesgerichts mit Urteil vom heutigen Tag abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden konnte.
 
2.- Das Urteil über die ungeteilte Zuweisung eines landwirtschaftlichen Gewerbes zum Ertragswert schliesst die Erbteilung nicht ab, ist aber ein mit eidgenössischer Berufung selbstständig anfechtbarer Teilentscheid, wobei offen bleiben kann, ob dieser als Vor- oder Zwischenentscheid im Sinne von Art. 50 Abs. 1 OG zu erfassen ist (so offenbar: BGE 117 II 349 E. 2 S. 350) oder als Endentscheid gemäss Art. 48 Abs. 1 OG (in dieser Richtung: BGE 104 II 285 E. 1b S. 287; vgl. Poudret/Sandoz-Monod, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, II, Bern 1990, N. 1.1.3, letzter Absatz, S. 271, und N. 1.1.7.2, S. 291 f., zu Art. 48 und N. 2.1.4, S. 346, zu Art. 50 OG; seither allgemein: BGE 124 III 406 E. 1a S. 409). Nicht ausschlaggebend ist, wie der Entscheid benannt ist; er kann auch auf Rückweisung lauten, obwohl über die ungeteilte Zuweisung, die für die weitere Erbteilung präjudiziell sein wird, endgültig entschieden ist (vgl. Messmer/ Imboden, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, Zürich 1992, N. 71 S. 100 bei und in Anm. 26; Poudret/Sandoz-Monod, N. 1.1.2 zu Art. 48 OG, S. 267).
 
In das Verfahren um ungeteilte Zuweisung eines landwirtschaftlichen Gewerbes müssen von Bundesrechts wegen sämtliche Erben einbezogen werden, wobei sich die Form der Beteiligung nach kantonalem Recht bestimmt. Auf Grund der Prozesserklärung der Miterbin, die sich auch am vorliegenden Berufungsverfahren nicht beteiligt, steht fest, dass der Zuweisungsentscheid gegenüber allen Erben seine Wirkung entfalten wird (vgl. dazu BGE 113 II 140 E. 2c S. 142).
 
Massgebendes Bundesrecht im Sinne von Art. 43 OG bilden die aArt. 620 ff. ZGB in der Fassung von 1972/1973.
 
Die Anwendung des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB, SR 211. 412.11) scheidet aus, weil vor dessen Inkrafttreten der Erbgang eröffnet und die Erbteilung begehrt worden ist (Art. 94 Abs. 1 BGBB), und die massgebende Fassung der Bestimmungen des ZGB von 1972/73 folgt daraus, dass der Erblasser im Jahre 1976 gestorben ist (Art. 15 SchlTZGB; BGE 116 II 33 E. 3a S. 35). Nach aArt. 620 Abs. 1 ZGB ist das landwirtschaftliche Gewerbe, das eine wirtschaftliche Einheit bildet und eine ausreichende landwirtschaftliche Existenz bietet, demjenigen Erben zum Ertragswert auf Anrechnung ungeteilt zuzuweisen, der sich zu dessen Übernahme bereit erklärt und als hiefür geeignet erscheint.
 
3.- Zu den objektiven Voraussetzungen der Integralzuweisung gehört, dass das landwirtschaftliche Gewerbe "eine ausreichende landwirtschaftliche Existenz" bietet. Das Obergericht ist davon ausgegangen, nach der geplanten Umstellung der traditionellen Bewirtschaftung auf einen Beeren- und Gemüseanbau verbunden mit Schafhaltung sei der Landwirtschaftsbetrieb existenzfähig. Den erheblichen Investitionsbedarf könne der Kläger aus eigenem Vermögen decken, so dass keine Kapitalkosten das landwirtschaftliche Einkommen belasteten.
 
Bei der Berechnung des klägerischen Existenzminimums hat das Obergericht angenommen, Wohnkosten seien nicht einzubeziehen, da die Beklagte 1 ihren Nutzniessungsanspruch nicht mit Erfolg geltend machen könne. Die Berufung richtet sich gegen diese drei Punkte: massgebende Bewirtschaftungsart, Berücksichtigung nachlassfremder Mittel zur Erreichung der landwirtschaftlichen Existenz, Behandlung des Nutzniessungsanspruchs des überlebenden Ehegatten und damit zusammenhängende weitere Fragen.
 
a) Das bäuerliche Erbrecht bezweckt in erster Linie, einen gesunden und leistungsfähigen Bauernstand zu erhalten und existenzfähige landwirtschaftliche Betriebe vor der Zersplitterung zu bewahren (BGE 92 II 222 E. 4 S. 224; 110 II 329 E. 3c S. 331). Dieser agrarpolitischen Zielsetzung widerspräche es, die Existenzfähigkeit eines Landwirtschaftsbetriebs allein nach der im Zeitpunkt der Erbteilung bestehenden Bewirtschaftungsart zu beurteilen und eine möglicherweise rentablere landwirtschaftliche Umnutzung ausser Betracht zu lassen. Für die Eignung eines Übernehmers kann denn auch entscheidend sein, ob er in der Lage ist, den für die Landwirtschaft notwendigen Strukturwandel zu bewältigen (BGE 110 II 488 E. 6b S. 491), und die stets zu prüfende Frage, ob landwirtschaftlich bleiben wird, was heute landwirtschaftlich ist, kann nur auf Grund einer Prognose beantwortet werden (BGE 116 II 33 E. 5a S. 38; Tuor/Picenoni, Berner Kommentar, N. 14 zu aArt. 617 und N. 4 zu aArt. 620 ZGB; Escher/Escher, N. 28 zu aArt. 617 und N. 20 zu aArt. 620 ZGB).
 
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist deshalb zu berücksichtigen, welche Bewirtschaftungsart der Übernehmer plant und ob das landwirtschaftliche Gewerbe nach der beabsichtigten Umstellung eine ausreichende landwirtschaftliche Existenz bietet. Massgebend bei der Beurteilung der Integralzuweisung soll nicht die Vergangenheit, sondern die Zukunft sein (vgl. Piotet, Erbrecht, SPR IV/2, Basel 1981, § 130/I S. 1032). Die Rechtsprechung hat die Absichten des Übernehmers stets in Rechnung gestellt und einen Widerspruch zum für die Beurteilung der Existenzfähigkeit massgebenden objektiven Massstab verneint (z.B. Wiederaufbau des abgebrannten Hofes:
 
BGE 82 II 4 E. 2 S. 9/10; z.B. Umstellung der herkömmlichen Bewirtschaftung auf intensiven Feldgemüsebau: Urteil des Bundesgerichts vom 12. September 1973, E. 4b, in: Neukomm/ Czettler, Das bäuerliche Erbrecht, 5.A. Brugg 1982, S. 292).
 
Umgekehrt muss die Integralzuweisung verweigert werden, wenn die behaupteten Absichten nicht ausreichend ernsthaft sind (soeben zitiertes Urteil) oder den Zwecken des bäuerlichen Erbrechts zuwiderlaufen (BGE 95 II 394 Nr. 55). Das Bundesgericht hat dabei ernstlich erwogen, ob die Miterben nicht berechtigt wären, die Aufhebung der Zuweisung und eine entsprechende Abänderung der Erbteilung zu verlangen, wenn der Übernehmer entgegen seinen Absichten eine nichtlandwirtschaftliche Tätigkeit entfaltete (BGE 82 II 4 E. 2 S. 10).
 
Die Beklagten deuten schliesslich an, der Kläger habe gar nicht die Absicht, auf dem landwirtschaftlichen Gewerbe einen existenzsichernden Beeren- und Gemüseanbau zu betreiben. Mit welcher Absicht der Kläger handelt, stellt die kantonale Letztinstanz für das Bundesgericht verbindlich fest (Art. 63 Abs. 2 OG; BGE 115 II 484 E. 3c S. 487; 109 II 338 E. 2c S. 343). Das Obergericht hat nicht festgestellt, dass der Kläger die ihm unterstellte Absicht hege. Nachdem die Beklagten das Unterbleiben einer entsprechenden Feststellung nicht mit den im Berufungsverfahren ausnahmsweise zulässigen Sachverhaltsrügen anfechten (Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 OG), hat ihr Vorbringen als neu und unzulässig zu gelten (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG; BGE 126 III 59 E. 2a S. 65).
 
b) Das bäuerliche Erbrecht gemäss aArt. 620 ff. ZGB enthält besondere Teilungsvorschriften, ist aber keine besondere Erbfolgeordnung (BGE 117 II 530 E. 5a S. 532). Das Vorrecht des Erben auf ungeteilte Zuweisung des landwirtschaftlichen Gewerbes, zu dessen Bewirtschaftung er geeignet ist, durchbricht das fundamentale Prinzip der Gleichberechtigung aller Erben in der Teilung (Art. 607 Abs. 1 und Art. 610 ZGB; BGE 81 II 593 E. 2c S. 596). Das bäuerliche Erbrecht darf deshalb zum einen nicht ausdehnend ausgelegt werden, sondern es ist im Zweifel zu Gunsten der gemeinrechtlichen Ordnung zu entscheiden (BGE 92 II 313 E. 3 S. 320; 107 II 319 E. 3 S. 321). Abgesehen von der subjektiven Eignung des übernahmewilligen Erben, sind deshalb zum anderen die Voraussetzungen der ungeteilten Zuweisung nach einem objektiven Massstab zu beurteilen und können für die "ausreichende landwirtschaftliche Existenz" nur die Erträgnisse massgebend sein, die sich aus der landwirtschaftlichen Nutzung des Gewerbes erzielen lassen; Faktoren wie das Vorhandensein oder Fehlen von Eigenmitteln müssen im Grundsatz ausser Betracht bleiben (BGE 81 II 101 E. 1a S. 106 und E. 1d S. 109).
 
Gewiss hat die Revision von 1972/73 die Übernahmebedingung einer "ausreichenden landwirtschaftlichen Existenz" gelockert, indem Anteile an Liegenschaften und für längere Dauer mitbewirtschaftete Liegenschaften berücksichtigt werden können (aArt. 620 Abs. 2 ZGB) und indem andere Gewerbe als Nebenbetriebe in die ungeteilte Zuweisung einbezogen werden können (aArt. 625 ZGB). Letzternfalls ist aber von Gesetzes wegen vorausgesetzt, dass der Nebenbetrieb mit dem landwirtschaftlichen Gewerbe eng verbunden ist, und für die Berücksichtigung von Eigen- oder Pachtland des übernahmewilligen Erben ist nach der Rechtsprechung erforderlich, dass es schon zu Lebzeiten des Erblassers zusammen mit dessen Gewerbe als wirtschaftliche Einheit bewirtschaftet worden war (BGE 112 II 211 Nr. 35); desgleichen kann ein landwirtschaftliches Gewerbe ohne geeignete Wohnstätte dann ungeteilt zugewiesen werden, wenn der übernahmewillige Erbe die erforderliche Wohnung mitbringt und den Landwirtschaftsbetrieb bereits vor dem Tode des Erblassers von dort aus betrieben hat (BGE 104 II 255 Nr. 42). Entgegen der obergerichtlichen Ansicht sind der Berücksichtigung nachlassfremder Kriterien eindeutige Grenzen gesetzt. Der Landwirtschaftsbetrieb wird nicht dadurch existenzfähig, dass der Bewerber über hohe Eigenmittel verfügt (vgl. aber E. 3c S. 13 f.), daraus die hier erheblich ins Gewicht fallenden Investitionen bezahlen kann (E. 5c S. 20) und sich deshalb bei der Beurteilung der ausreichenden landwirtschaftlichen Existenz keine Kapitalkosten anrechnen lassen müsste (E. 6e/bb S. 26 des obergerichtlichen Urteils).
 
Das Bundesgericht hat bis zuletzt daran festgehalten, dass Einkommen, das nicht im gezeigten Zusammenhang mit dem Landwirtschaftsbetrieb steht, für dessen Existenzfähigkeit nicht berücksichtigt werden darf (z.B. Leistungen der AHV: BGE 113 II 140 E. 4a Abs. 2, nicht veröffentlicht).
 
Die Berufung der Beklagten ist in diesem Punkt begründet, führt aber nicht zum Erfolg. Wie die Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse im Rahmen der staatsrechtlichen Beschwerde gezeigt hat, bleibt die unterbliebene Berücksichtigung der Kapitalkosten für die Existenzfähigkeit des Landwirtschaftsbetriebs im Ergebnis ohne Folgen (E. 4c S. 17 ff.
 
des Beschwerdeurteils). Die Bejahung der Bundesrechtswidrigkeit bewirkt somit aus tatsächlichen Gründen keine Änderung der Rechtslage, die durch das obergerichtliche Urteil geschaffen worden ist (BGE 114 II 189 E. 2 S. 190, letzter Absatz; Poudret/Sandoz-Monod, N. 5.1 zu Art. 53 OG, S. 387 f.).
 
c) Dass die Beklagte 1 als überlebende Ehefrau gemäss aArt. 462 Abs. 1 ZGB statt des Eigentumsviertels die Hälfte der Erbschaft zu Nutzniessung wählen könnte, steht einer ungeteilten Zuweisung im Sinne von aArt. 620 Abs. 1 ZGB nicht entgegen (BGE 116 II 33 E. 3b S. 37). Die Witwe des Erblassers kann durch Wahl der Nutzniessung keinen Anspruch darauf erheben, auf dem Hof zu bleiben (BGE 76 II 120 Nr. 16; vgl. BGE 92 II 313 E. 3 S. 321). Ihre teilweise Nutzniessung am landwirtschaftlichen Gewerbe verwandelt sich in eine blosse Ertragsbeteiligung (BGE 108 II 177 E. 4 S. 179), in die Nutzniessung an einem Teil des Übernahmepreises (Neukomm/ Czettler, a.a.O., S. 71) oder in eine Abfindung in der Höhe des kapitalisierten Werts der Nutzniessung (Piotet, a.a.O., § 134/II S. 1070), worüber hier nicht abschliessend zu befinden ist, zumal der Anrechnungswert noch nicht feststeht.
 
Für die hier zu beurteilende Existenzfähigkeit des Landwirtschaftsbetriebs ist die Frage insoweit von Belang, als beim Existenzminimum des Klägers keine Mietkosten zu berücksichtigen sind, wie das Obergericht richtig ausgeführt hat (E. 6e/bb S. 26). Zutreffend ist auch die Annahme des Obergerichts (E. 5d S. 21), dass für das landwirtschaftliche Einkommen des Klägers die noch zu bestimmende Abgeltung an die Miterben unerheblich ist, zumal er gemäss aArt. 622 ZGB ohnehin verlangen kann, "dass die Teilung in betreff des übernommenen Gewerbes verschoben werde" (Abs. 1); dieser Anspruch besteht selbst gegenüber dem nutzniessungsberechtigten Elternteil (Tuor, Berner Kommentar, 1.A. 1929, N. 52 zu aArt. 462 ZGB, a.E.; Piotet, a.a.O., § 134/II S. 1070).
 
Was die Beklagten zur Behandlung des Nutzniessungsanspruchs der den Erblasser überlebenden Ehefrau ausführen, ist aus den dargelegten Gründen nicht stichhaltig. Freilich kann es als stossend empfunden werden, dass dem überlebenden Ehegatten nicht einmal ein gesetzliches Wohnrecht auf dem Bauerngute eingeräumt ist (BGE 76 II 120 S. 122). Gemäss Art. 11 Abs. 3 BGBB kann der überlebende Ehegatte heute denn auch verlangen, "dass ihm auf Anrechnung an seine Ansprüche die Nutzniessung an einer Wohnung oder ein Wohnrecht eingeräumt wird, wenn es die Umstände zulassen". Diese Bestimmung ist vorliegend indessen nicht anwendbar (E. 2 Abs. 3 hiervor) und durchbricht den altrechtlichen Grundsatz, dass der Nutzniessungsanspruch des überlebenden Ehegatten einer Integralzuweisung des landwirtschaftlichen Gewerbes nachgeht (Studer, in: Das bäuerliche Bodenrecht, Kommentar zum Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht vom 4. Oktober 1991, Brugg 1995, N. 32 zu Art. 11 BGBB). Die Vorbringen der Beklagten ändern insgesamt nichts daran, dass das landwirtschaftliche Einkommen, wie es das Obergericht für den Kläger errechnet hat, frei von Kosten für eine Mietwohnung bleibt.
 
Wie die Beklagten richtig hervorheben, sind die Ausführungen des Obergerichts zur Höhe des Ertragswerts (E. 5d S. 20 f.) nicht im Sinne einer endgültigen Festlegung zu verstehen, hat es doch die Sache unter anderem zu diesem Zwecke an das Bezirksgericht zurückgewiesen (E. 8a S. 28; vgl. dazu BGE 116 II 33 E. 5a S. 38). Die obergerichtliche Erörterung betrifft vielmehr die Frage der Abgeltung der beklagten Miterben für den Fall einer Integralzuweisung des Landwirtschaftsbetriebs an den Kläger. In diesem Zusammenhang wenden die Beklagten ein, entgegen der Annahme des Obergerichts könne der Kläger einen Teilungsaufschub nicht mehr verlangen, nachdem er selber die Teilung des Nachlasses beantragt habe.
 
Der Ansicht kann nicht beigepflichtet werden, die Ertragsgemeinderschaft gemäss aArt. 622 ZGB entsteht von Gesetzes wegen, sobald die Voraussetzungen dazu erfüllt sind; dass er die Ertragsgemeinderschaft wünscht, hat der Übernehmer seinen Miterben auf irgendeine Weise mitzuteilen, sei es mit dem Gesuch um ungeteilte Zuweisung oder erst später (Tuor/Picenoni, N. 10 und N. 23 zu aArt. 622 ZGB; Piotet, a.a.O., § 133/II S. 1055 f.); der zweite Fall dürfte in der Praxis eher vorkommen, weil der Übernehmer bis zur Ermittlung des Ertragswerts in der Regel nicht wissen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Teilungsaufschub erfüllt sind (Escher/Escher, N. 2 zu aArt. 622 ZGB; Neukomm/Czettler, a.a.O., S. 167). Aus demselben Grund erübrigt sich auch ein näheres Eingehen auf die von den Beklagten diskutierte Anwendbarkeit von aArt. 622 ZGB.
 
4.- Strittig unter den subjektiven Voraussetzungen der Integralzuweisung des landwirtschaftlichen Gewerbes ist die Eignung des Klägers für die Übernahme. Die Frage ist den Gerichtsgutachtern unterbreitet worden. Die Beklagten verneinen insbesondere die berufliche Qualifikation des Klägers als Gemüsebauer.
 
a) Gemäss den Gerichtsgutachtern kann dem Kläger die fachliche Eignung, zumindest theoretisch, nicht abgesprochen werden. Die vorhandenen Arbeitszeugnisse, seine bisherigen Kenntnisse durch Mitarbeit auf dem Betrieb, die Ausweise über die besuchten Kurse im Gemüse- und Beerenanbau an der LHS Arenenberg sowie die vorhandene und besichtigte Karottenkultur sprächen dafür, dass der Kläger zur Führung des fraglichen Betriebs geeignet sei, obgleich mangels Erfahrung am Anfang eine "Durststrecke" zu erwarten sein dürfte. Gestützt darauf hat das Obergericht erwogen, dass der Kläger, wenn überhaupt, über wenig Erfahrung im Beeren- und Gemüseanbau verfüge. Als ausgebildeter und berufserfahrener Blumengärtner könne der Kläger indessen nicht als branchenfremde Person bezeichnet werden. Beeren- und Gemüseanbau einerseits und Blumengärtnerei andererseits stellten zwar unterschiedliche Fachrichtungen dar, liessen sich jedoch letztlich beide unter den Begriff der Landwirtschaft im weitesten Sinne subsumieren.
 
Dass der Kläger wegen seiner Unerfahrenheit mit gewissen Rückschlägen und damit mit Ertragseinbussen zu rechnen haben werde, hat auch das Obergericht angenommen, diesbezüglich aber dafürgehalten, auf Grund seiner Eigenmittel werde er finanzielle Ausfälle in gewissem Umfang wettmachen können (E. 7c S. 27 f. des obergerichtlichen Urteils).
 
b) Ob der Kläger für die Übernahme als "geeignet erscheint" hatte das Obergericht nach freiem Ermessen zu entscheiden und ist dabei von einem zutreffenden Eignungsbegriff ausgegangen (E. 7b S. 27). Danach dürfen keine allzu grossen Anforderungen an die Eignung des Berechtigten gestellt werden und ein Durchschnittsmass derjenigen beruflichen, persönlich/ moralischen und physischen Fähigkeiten genügt, die nach den orts- und landesüblichen Vorstellungen notwendig sind, um ein landwirtschaftliches Gut von der konkreten Grösse und Beschaffenheit sachgemäss zu bewirtschaften (BGE 110 II 488 E. 5 S. 489 f.). Tatsächlicher Natur und für das Bundesgericht damit verbindlich sind die Feststellungen über die Kenntnisse und die Betriebsführung des Klägers (BGE 83 II 109 E. 6 S. 118) sowie über dessen berufliche Qualifikation (BGE 92 II 222 E. 4 S. 224, letzter Absatz; vgl. BGE 110 II 329 E. 3a S. 330). Was die Beklagten gegen den obergerichtlichen Ermessensentscheid einwenden, ist nicht geeignet, eine Bundesrechtsverletzung dazutun: Sie heben selber hervor, dass ein Spezialbetrieb auch darauf ausgerichtete Kenntnisse voraussetzt, die sich der Kläger aber in Kursen angeeignet hat und nötigenfalls noch aneignen kann (vgl. Neukomm/Czettler, a.a.O., S. 79 f.; Hofer, in: BGBB-Kommentar, N. 40 zu Art. 9 BGBB). Dass es ihm an der Qualifikation zur Betriebsführung fehle, können die Beklagten nicht damit begründen, dem Kläger sei die bisher erste und einzige Ernte misslungen und die Karotten seien verdorben (untergepflügt worden).
 
Das Obergericht hat zwar Karotten erwähnt, nicht aber deren Schicksal. Was für jener Verrotten ursächlich gewesen ist, mögen die Gerichtsgutachter allenfalls festgestellt haben, lässt sich hingegen dem obergerichtlichen Urteil nicht entnehmen.
 
Das Vorbringen der Beklagten hat deshalb als neu und unzulässig zu gelten (E. 3a Abs. 3 hiervor).
 
c) Wie die Beklagten im Grundsatz berechtigterweise einwenden, stellt die finanzielle Lage des Übernehmers an und für sich keinen Massstab für die Eignung oder Nichteignung zur Übernahme des landwirtschaftlichen Gewerbes dar. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichts durfte das Obergericht die finanzielle Leistungsfähigkeit des Klägers dennoch berücksichtigen (BGE 89 II 16 E. 1b S. 20; 111 II 326 E. 3c/cc, nicht veröffentlicht). Sie spielt insoweit eine Rolle, als an einen Bewerber umso höhere Anforderungen zu stellen sind, je grösser die finanziellen Schwierigkeiten sind, denen er bei der Übernahme des landwirtschaftlichen Gewerbes begegnet (BGE 83 II 109 E. 6 S. 118; Neukomm/Czettler, a.a.O., S. 83). Auch in diesem Punkt kann dem Obergericht somit keine bundesrechtswidrige Ermessensbetätigung vorgehalten werden. Schliesslich darf noch angefügt werden, dass die Bejahung der Eignung des Klägers die agrarpolitische Zielsetzung des bäuerlichen Erbrechts (E. 3a Abs. 1 hiervor) verwirklicht, die nicht nur bei der Prüfung der objektiven Voraussetzungen, sondern auch der persönlichen Eignung des Übernehmers zu beachten ist (BGE 114 II 225 E. 4c S. 229).
 
5.- Die eidgenössische Berufung muss aus den dargelegten Gründen abgewiesen werden, soweit darauf einzutreten ist.
 
Die Beklagten A-D werden damit kostenpflichtig und haben dem Kläger eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 156 Abs. 1 und 7 sowie Art. 159 Abs. 1 und 5).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.- Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 27. Juni 2000 wird bestätigt.
 
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.-- wird den Beklagten A-D unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.
 
3.- Die Beklagten A-D haben den Kläger für das bundesgerichtliche Verfahren unter solidarischer Haftbarkeit mit Fr. 7'000.-- zu entschädigen.
 
4.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.
 
_____________
 
Lausanne, 8. Juni 2001
 
Im Namen der II. Zivilabteilung
 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).