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Informationen zum Dokument  BGer K 75/1999  Materielle Begründung
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BGer K 75/1999 vom 04.10.2001
 
[AZA 7]
 
K 75/99 Gr
 
IV. Kammer
 
Präsident Borella, Bundesrichter Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger; Gerichtsschreiberin Keel Baumann
 
Urteil vom 4. Oktober 2001
 
in Sachen
 
M.________, 1952, Beschwerdeführerin, vertreten durch Advokat Dr. Marco Biaggi, Picassoplatz 8, 4052 Basel,
 
gegen
 
Helsana Versicherungen AG, Recht Deutsche Schweiz, Birmensdorferstrasse 94, 8003 Zürich, Beschwerdegegnerin,
 
und
 
Versicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt, Basel
 
A.- M.________ (geb. 1952) bezog ab 1. November 1995 Taggelder der Arbeitslosenversicherung. Ab 5. Februar 1997 war sie krankheitshalber arbeits- und damit vermittlungsunfähig. Am31. Oktober1997endetediezweijährigeRahmenfristfürdenLeistungsbezug.
 
Die Helsana Versicherungen AG (nachfolgend: Helsana), bei welcher M.________ für ein aufgeschobenes Krankentaggeld von Fr. 100. - versichert war, richtete nach Ablauf der vertraglichen Wartezeit von 30 Tagen das Taggeld aus. Am 19. Februar 1998 verfügte sie, die Taggeldleistungen würden mangels Verdienstausfalls ab 1. November 1997 eingestellt; sofern M.________ die Versicherung über den 1. November 1997 hinaus in unveränderter Höhe weiterführe, habe sie allerdings Anspruch auf ein Taggeld von Fr. 10.- ("Toleranzbetrag"). Auf Einsprache der Versicherten erkannte die Helsana auf Weiterführung der Taggeldversicherung in Höhe von Fr. 10.- und auf Ausrichtung des Taggeldes von Fr. 10.- ab 1. November 1997 (Einspracheentscheid vom 3. Juli 1998).
 
B.- Die von M.________ hiegegen eingereichte Beschwerde mit dem Antrag auf Ausrichtung des Taggeldes von Fr. 100. - ab 1. November 1997 und für die Dauer der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit wies das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt mit Entscheid vom 14. Juni 1999 ab.
 
C.- M.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, es sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Helsana, eventuell an die Vorinstanz zurückzuweisen.
 
Die Helsana schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
 
Das Bundesamt für Sozialversicherung hat keine Vernehmlassung eingereicht.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.- a) Die Vorinstanz hat den Anspruch auf ein Taggeld von Fr. 100. - für die Zeit ab 1. November 1997 unter anderem mit der Begründung verneint, die Beschwerdeführerin habe ab diesem Zeitpunkt keinen Anspruch auf Taggelder der kantonalen Arbeitslosenhilfe gehabt und deshalb auch insoweit keinen Erwerbsausfall erlitten. Die Beschwerdeführerin mache zwar geltend, wegen der krankheitsbedingten Vermittlungsunfähigkeit keine kantonalen Taggelder erhalten zu haben. Indessen habe sie sich nicht zum Bezug von Taggeldern bei der kantonalen Arbeitslosenhilfe angemeldet, weshalb ihr grundsätzlicher Anspruch auf solche Taggelder nicht entstanden sei. Ihre Krankheit habe deshalb nicht den Verlust des Anspruchs auf kantonale Taggelder und damit keinen diesbezüglichen Erwerbsausfall bewirkt.
 
Nach Auffassung der Beschwerdeführerin ist ohne Belang, dass sie sich nicht bei der kantonalen Arbeitslosenhilfe für den Taggeldbezug angemeldet hat, weil eine solche Anmeldung weder bei der bundesrechtlichen Arbeitslosenversicherung noch bei der kantonalrechtlichen Arbeitslosenhilfe Voraussetzung für das Entstehen des Leistungsanspruchs bilde, wenn eine arbeitslose Person krank und demzufolge nicht vermittelbar sei.
 
b) Es steht fest und ist unbestritten, dass auch der Wegfall von kantonalen Arbeitslosentaggeldern den Anspruch auf Krankentaggelder bewirken kann, sofern der Versicherte einen Rechtsanspruch auf erstere besitzt, der Leistungsanspruch jedoch zufolge Erkrankung und daraus resultierender Vermittlungsunfähigkeit entfällt (SVR 1998 KV Nr. 4 S. 10 Erw. 5b). Streitig und zu prüfen bleibt einzig, ob sich kranke arbeitslose Personen bei der kantonalen Arbeitslosenhilfe anmelden müssen, damit ihr grundsätzlicher Anspruch auf entsprechende Taggelder entsteht.
 
2.- a) Bezüglich der Arbeitslosenversicherung setzt Art. 8 Abs. 1 lit. g AVIG für die Entstehung des Taggeldanspruchs unter anderem voraus, dass die versicherte Person die Kontrollvorschriften (Art. 17 AVIG) erfüllt. Gemäss Art. 17 Abs. 2 AVIG muss sich eine versicherte Person, die Taggelder beansprucht, möglichst frühzeitig, spätestens am ersten Tag, für den sie die Leistung beansprucht, persönlich beim Arbeitsamt ihres Wohnortes melden. In Übereinstimmung mit diesen Regelungen bestimmt Art. 10 Abs. 3 AVIG, dass eine arbeitsuchende Person erst ab dem Zeitpunkt der Anmeldung beim Arbeitsamt als arbeitslos gilt.
 
Das Gesetz des Kantons Basel-Stadt betreffend kantonale Arbeitslosenhilfe vom 14. März 1985 (SG 835. 500; kAHG) bestimmt in § 4, Anspruch auf kantonale Taggelder (§ 6 kAHG) habe, wer die sinngemäss anwendbaren Vorschriften des AVIG betreffend die Anspruchsvoraussetzungen erfülle; insbesondere seien unter anderem die dortigen Bestimmungen über die Kontrollvorschriften anwendbar. In Wiederholung jener Vorschriften wird zudem ausdrücklich bestimmt, dass die Person, die Anspruch auf kantonale Taggelder erhebt, diesen persönlich beim Arbeitsamt geltend machen muss (§ 9 Abs. 1 kAHG), und dass die Anspruchsberechtigung mit dem Tag beginnt, an dem die Anmeldung eingegangen ist und sämtliche Voraussetzungen erfüllt sind (§ 9 Abs. 2 kAHG).
 
b) In einem in RSKV 1982 Nr. 511 S. 253 publizierten Urteil nahm das Eidgenössische Versicherungsgericht im Falle eines Arbeitnehmers, der arbeitsunfähig wurde, nachdem er bereits stellenlos war, und erklärte, dass er nicht im Sinn gehabt habe, Arbeitslosenentschädigung zu beantragen, an, dass er auf die Erzielung eines Erwerbseinkommens bzw. den Bezug von Erwerbsausfallentschädigung verzichtet habe, und verneinte dementsprechend einen Anspruch auf Krankentaggelder. Ob in diesem Sinne aus dem Unterlassen der Anmeldung sachverhaltsmässig geschlossen werden kann, es liege kein krankheitsbedingter Ausfall vor, ist aufgrund der konkreten Umstände zu beurteilen, wobei es einen Unterschied macht, ob die versicherte Person bei Entstehung des Leistungsanspruchs auf Arbeitslosentaggelder - wie im damals beurteilten Sachverhalt - noch gesund war und sich nicht anmeldete oder ob sie bereits krank und vermittlungsunfähig war. Hat sich eine versicherte Person, wie dies bei der Beschwerdeführerin der Fall ist, zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung angemeldet, ist anzunehmen, dass sie im GesundheitsfallauchdieweiterenihrzugänglichenArbeitslosenunterstützungen(d. h.kantonaleArbeitslosenhilfe)beanspruchthätte.
 
c) Ob und in welcher Höhe die Beschwerdeführerin nach ihrer Aussteuerung bei der Arbeitslosenversicherung Ende Oktober 1997 Anspruch auf Arbeitslosenhilfe gehabt hätte, wenn sie nicht krank und vermittlungsunfähig gewesen wäre, sondern sich für diese Leistung angemeldet hätte, kann den Akten nicht entnommen werden. Die Vorinstanz, an welche die Sache zurückzuweisen ist, hat daher abzuklären, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Beschwerdeführerin aus entgangenem Ersatzeinkommen einen Verdienstausfall erlitten hat. Gestützt darauf wird sie über deren Taggeldanspruch für die Zeit ab 1. November 1997 zu befinden haben.
 
3.- Da es im vorliegenden Verfahren um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen geht, sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 134 OG).
 
Entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses steht der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zulasten der Beschwerdegegnerin zu (Art. 135 in Verbindung mit Art. 159 OG).
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 14. Juni 1999 aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den Taggeldanspruch der Beschwerdeführerin für die Zeit ab 1. November 1997 neu entscheide.
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
III. Die Helsana Versicherungen AG hat der Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500. - (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
 
IV. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
 
Luzern, 4. Oktober 2001
 
Im Namen des
 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der IV. Kammer:
 
Die Gerichtsschreiberin:
 
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