BGer U 403/2000 | |||
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BGer U 403/2000 vom 15.01.2002 | |
[AZA 7]
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U 403/00 Vr
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II. Kammer
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Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiber Ackermann
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Urteil vom 15. Januar 2002
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in Sachen
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C.________, 1980, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jean-Pierre Menge, Quaderstrasse 5, 7000 Chur,
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gegen
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Öffentliche Kranken- und Unfallversicherungen AG, Schulstrasse 1, 7302 Landquart, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwältin Marianne I. Sieger-Giger, Kuttelgasse 8, 8001 Zürich,
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und
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Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, Chur
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A.- C.________, geboren 1980 und seit 1994 in der Schweiz wohnhaft, meldete sich im Sommer 1997 auf ein Inserat hin in einem Landwirtschaftsbetrieb, um dort drei Monate lang zu arbeiten, während seine Mutter in Spitalbehandlung war. Während des Arbeitseinsatzes erlitt C.________ am 16. Juni 1997 einen schweren Unfall. Die Öffentliche Krankenkasse (ÖKK) als Unfallversicherer des Einsatzbetriebes anerkannte mit Schreiben vom 16. April 1998 ihre Leistungspflicht und richtete Taggelder in Höhe von Fr. 66.25 aus, gestützt auf einen versicherten Verdienst bestehend aus einem monatlichen Grundlohn von Fr. 1710.- und einem Naturallohn (Kost und Logis) von Fr. 810.- pro Monat.
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Ab Mai 1999 ging die ÖKK jedoch davon aus, dass C.________ wie ein Schnupperlehrling zu behandeln sei und deshalb den Taggeldern ein versicherter Verdienst in Höhe von Fr. 9720.- zugrunde zu legen sei, was zu Taggeldern in Höhe von Fr. 21.30 führe. Am 29. Oktober 1999 verfügte die ÖKK, dass sie die Taggelder weiterhin auf einem versicherten Verdienst von Fr. 9720.- berechnen werde; die bis 30. April 1999 zu viel ausbezahlten Taggelder würden mit einem allfälligen Rückforderungsanspruch beim Zusammentreffen von Leistungen der Invalidenversicherung verrechnet. An dieser Auffassung hielt die ÖKK mit Einspracheentscheid vom 13. Dezember 1999 fest.
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B.- Die gegen den Einspracheentscheid erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden mit Entscheid vom 30. Mai/23. August 2000 ab.
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C.- C.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und des Einspracheentscheides seien ihm Taggelder aufgrund eines versicherten Monatsverdienstes von Fr. 2520.- zu gewähren. Ferner beantragt C.________ die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Verbeiständung.
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Die ÖKK lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
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1.- Die Vorinstanz hat die gesetzlichen Bestimmungen über den Taggeldanspruch (Art. 16 f. UVG) und dessen Bemessung (Art. 15 UVG; Art. 22 f. UVV), insbesondere auch im Sonderfall der in Ausbildung begriffenen Personen (Art. 23 Abs. 6 UVV in der bis am 31. Dezember 1997 gültig gewesenen Fassung; BGE 124 V 301) korrekt dargestellt, was ebenso für die zeitliche Anwendbarkeit der Art. 22 ff. UVV in der bis am 31. Dezember 1997 gültig gewesenen Fassung gilt (Art. 147a UVV). Beizupflichten ist den vorinstanzlichen Erwägungen auch hinsichtlich der für die Wiedererwägung einer einmal erfolgten Leistungszusprache erforderlichen Voraussetzungen der zweifellosen Unrichtigkeit der ursprünglichen Verfügung und der Erheblichkeit ihrer Berichtigung (BGE 126 V 23 Erw. 4b, 46 Erw. 2b, 125 V 389 Erw. 3, je mit Hinweisen). Darauf kann verwiesen werden.
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2.- a) Das für eine Wiedererwägung notwendige Erfordernis der erheblichen Bedeutung der formlos erbrachten und mit Schreiben vom 16. April 1998 bestätigten Leistungen (vgl. BGE 126 V 23 Erw. 4b, 46 Erw. 2b, 400 Erw. 2b/aa, je mit Hinweisen) ist bei einem in Frage stehenden Rückforderungsbetrag von Fr. 27'651.25 und weiterhin zu erbringenden Leistungen ohne weiteres zu bejahen. Fragen lässt sich deshalb einzig noch, ob die ursprüngliche - formlos erbrachte - Taggeldleistung als zweifellos unrichtig qualifiziert werden muss.
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b) Es ist nicht zu beanstanden, dass die Parteien von einem gültigen Arbeitsvertrag zwischen dem Versicherten und dem ihn anstellenden Landwirt ausgehen: die einen Arbeitsvertrag bedingenden vier Elemente (Leistung von Arbeit, Dauerschuldverhältnis, Entgeltlichkeit [wobei die Art der Entlöhnung nicht begriffswesentlich ist], Abhängigkeit und Unterordnung; Adrian Staehelin/Frank Vischer, in Peter Gauch/Jörg Schmid [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch, Der Arbeitsvertrag, 3. Auflage, Zürich 1996, N 5 ff. zu Art. 319 OR) sind gegeben.
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c) Die ÖKK hat ab dem dritten Unfalltag Taggelder entsprechend einem versicherten Monatsverdienst von Fr. 2520.- erbracht und dies mit Schreiben vom 16. April 1998 bestätigt; der versicherte Verdienst entsprach dem damals gültigen Minimallohn in der Bündner Landwirtschaft. Es ist im Folgenden abzuklären, ob die Qualifikation des Versicherten als landwirtschaftlicher Mitarbeiter als zweifellos unrichtig zu qualifizieren ist.
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aa) Das kantonale Gericht hat den Beschwerdeführer einem Schnupperlehrling resp. einem Volontär gleichgestellt und somit die zweifellose Unrichtigkeit des ursprünglich angenommenen versicherten Verdienstes und der gestützt darauf erbrachten Leistungen angenommen. Nach Aktenlage ist jedoch in keiner Art und Weise ersichtlich, dass der Versicherte den Beruf als Landwirt ergreifen möchte oder sich zumindest dafür interessiert. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nicht zu Ausbildungszwecken auf dem Bauernhof gearbeitet hat; damit ist er weder Schnupperlehrling noch Volontär resp. Praktikant (vgl. Staehelin/Vischer, a.a.O., N 8 zu Art. 344 OR), und auch nicht einer diesem Personenkreis ähnlichen Kategorie zuzuordnen. In dieser Hinsicht kann nicht von einer zweifellosen Unrichtigkeit der ursprünglichen Leistungserbringung gesprochen werden.
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bb) Die Unrichtigkeit könnte sich hingegen daraus ergeben, dass der Beschwerdeführer als Ferienkind oder Ähnliches zu gelten hätte, sodass ein zu hoher Lohn angenommen und gestützt darauf ein zu hohes Taggeld ausgerichtet worden ist.
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Der im Unfallzeitpunkt 17jährige Versicherte hat sich u.a. auch deshalb auf das Inserat des Landwirtes hin gemeldet, weil sich seine Mutter zu dieser Zeit im Spital befand, d.h. es ging nicht zuletzt um Obhut und Pflege. Da dies auch in einem Ferienheim möglich gewesen wäre, dieser Weg aber nicht gewählt worden ist, kommt der Entgeltlichkeit des eingegangenen Arbeitsverhältnisses grosse Bedeutung zu: der Beschwerdeführer hat sich seinen Aufenthalt verdient, indem er für Kost und Logis gearbeitet hat. Damit liegt ein gewöhnlicher, befristeter Arbeitsvertrag vor. Wenn die ÖKK deshalb für den versicherten Verdienst auf den damals gültigen Minimallohn für landwirtschaftliche Arbeitnehmer im Kanton Graubünden abstellte, kann nicht von einer zweifellosen Unrichtigkeit der ursprünglichen Leistungsausrichtung ausgegangen werden; dies insbesondere auch deshalb, weil noch nicht ausbezahlte Lohnbestandteile, auf die ein Rechtsanspruch besteht, Grundlage für die Bemessung der Taggelder sind (Art. 22 Abs. 3 UVV in der bis zum 31. Dezember 1997 gültig gewesenen Fassung).
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d) Auch in masslicher Hinsicht sind die ausgerichteten Taggelder nicht zweifellos unrichtig: Die ÖKK hat die Taggelder gestützt auf einen Monatslohn von Fr. 2520.- errechnet, dabei in Anwendung von Art. 22 Abs. 3 Satz 2 UVV in der bis zum 31. Dezember 1997 gültig gewesenen Fassung berücksichtigt, dass bloss ein befristeter dreimonatiger Arbeitsvertrag vorlag, und in der Folge den Betrag von Fr. 2520.- mit zwölf multipliziert (vgl. RKUV 1989 Nr. U 81 S. 383 ff. Erw. 2a-c) und so das Taggeld von Fr. 66.25 errechnet. Damit bleibt für eine Wiedererwägung der ursprünglich festgesetzten Taggelder kein Raum.
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3.- Da es im vorliegenden Verfahren um Versicherungsleistungen geht, sind gemäss Art. 134 OG keine Gerichtskosten zu erheben. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von den Gerichtskosten erweist sich daher als gegenstandslos.
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Infolge Obsiegens hat der Beschwerdeführer Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 159 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 135 OG); das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung ist somit ebenfalls gegenstandslos.
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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I.In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden
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der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons
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Graubünden vom 30. Mai/23. August 2000 sowie der Einspracheentscheid
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der ÖKK vom 13. Dezember 1999 aufgehoben
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und es wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer
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Unfalltaggelder aufgrund eines versicherten
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Verdienstes von monatlich Fr. 2520.- zustehen.
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II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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III.Die ÖKK hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor
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dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung
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von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer)
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zu bezahlen.
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IV.Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden wird
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über eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren
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entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen
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Prozesses zu befinden haben.
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V.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht
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des Kantons Graubünden und dem Bundesamt für
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Sozialversicherung zugestellt.
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Luzern, 15. Januar 2002
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Im Namen des
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Eidgenössischen Versicherungsgerichts
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Der Präsident der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber:
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