BGer I 136/2001 | |||
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BGer I 136/2001 vom 23.01.2002 | |
[AZA 7]
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I 136/01 Gi
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IV. Kammer
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Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari;
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Gerichtsschreiber Hochuli
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Urteil vom 23. Januar 2002
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in Sachen
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IV-Stelle Basel-Stadt, Lange Gasse 7, 4052 Basel, Beschwerdeführerin,
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gegen
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P.________, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Advokatin Sarah Brutschin, Henric Petri-Strasse 19, 4051 Basel,
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und
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Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen und die IV-Stellen, Basel
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A.- P.________, geboren 1945, verheiratet und Mutter zweier Kinder (geboren 1972 und 1979) leidet unter Narkolepsie.
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Sie war zuletzt teilweise als Hauswartin erwerbstätig und besorgte im Übrigen den Haushalt, als sie sich erstmals am 18. April 1995 bei der IV-Stelle Basel-Stadt (nachfolgend IV-Stelle oder Beschwerdeführerin) zum Leistungsbezug anmeldete. Nach Durchführung einer Haushaltsabklärung und Einholung medizinischer Berichte lehnte die IV-Stelle mit unangefochten in Rechtskraft erwachsener Verfügung vom 27. November 1996 das Leistungsbegehren ab.
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Am 2. Dezember 1997 meldete sich die Versicherte erneut zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an.
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Die IV-Stelle führte eine weitere Haushaltsabklärung durch und zog zusätzliche Arztberichte bei. Gestützt auf einen ermittelten Invaliditätsgrad von 57 % sprach die IV-Stelle P.________ mit Wirkung ab 1. Juni 1997 eine halbe Invalidenrente, eine Zusatzrente für Ehegatten und eine Kinderrente für ihren 1979 geborenen Sohn zu (Verfügung vom 10. Dezember 1999).
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B.- Dagegen liess P.________ Beschwerde führen mit den Anträgen, die Verfügung vom 10. Dezember 1999 sei aufzuheben und es sei ihr ab 1. Juni 1996 eine Invalidenrente auf Grund eines Invaliditätsgrades von mindestens 66,66 % zuzusprechen.
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Die Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen und IV-Stellen Basel-Stadt hiess die Beschwerde insoweit teilweise gut, als sie der Versicherten ab 1. Dezember 1996 eine ganze Invalidenrente zusprach (Entscheid vom 23. November 2000).
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C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die IV-Stelle sinngemäss einzig, der angefochtene Entscheid sei insoweit aufzuheben, als der Beginn des Rentenanspruchs auf einen Zeitpunkt vor dem 1. Juni 1997 festgesetzt worden sei.
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Während die Versicherte auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) auf eine Vernehmlassung.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
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1.- Strittig und zu prüfen ist einzig, ab welchem Zeitpunkt P.________ der Anspruch auf eine ganze Invalidenrente zusteht.
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2.- Die Invalidität umfasst nach Art. 4 Abs. 1 IVG einerseits Gesundheitsschäden, die eine "voraussichtlich bleibende" Erwerbsunfähigkeit verursachen, und anderseits Schäden, die eine "längere Zeit dauernde" Erwerbsunfähigkeit zur Folge haben. Dementsprechend ist die Entstehung des Rentenanspruchs nach Art. 29 Abs. 1 IVG verschieden geregelt.
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Gemäss Art. 29 Abs. 1 IVG entsteht der Rentenanspruch nach Art. 28 IVG frühestens in dem Zeitpunkt, in dem der Versicherte mindestens zu 40 % bleibend erwerbsunfähig geworden ist (lit. a) oder während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens zu 40 % arbeitsunfähig gewesen war (lit. b).
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Bleibende Erwerbsunfähigkeit (Art. 29 Abs. 1 lit. a IVG) ist dann anzunehmen, wenn ein weitgehend stabilisierter, im Wesentlichen irreversibler Gesundheitsschaden vorliegt, welcher die Erwerbsfähigkeit der versicherten Person voraussichtlich dauernd in rentenbegründendem Masse beeinträchtigen wird (Art. 29 IVV). Als relativ stabilisiert kann ein ausgesprochen labil gewesenes Leiden nur dann betrachtet werden, wenn sich sein Charakter deutlich in der Weise geändert hat, dass vorausgesehen werden kann, in absehbarer Zeit werde keine praktisch erhebliche Wandlung mehr erfolgen (BGE 119 V 102 Erw. 4a mit Hinweisen; AHI 1999 S. 80).
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3.- a) Das kantonale Gericht vertrat im angefochtenen Entscheid die Auffassung, nach einem Bericht des Kantonsspitals Basel vom 8. Januar 1998 sei der Gesundheitszustand der Versicherten bei einer Arbeitsunfähigkeit von 100 % seit Frühjahr 1990 stationär, weshalb Art. 29 Abs. 1 lit. a IVG anzuwenden und der Zeitpunkt des Beginns des Rentenanspruchs gestützt auf die zweite Anmeldung zum Leistungsbezug vom 2. Dezember 1997 nach Art. 48 Abs. 2 IVG auf den
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1. Dezember 1996 festzusetzen sei. Damit übereinstimmend lässt die Versicherte vernehmlassungsweise anführen, ohne über die notwendigen medizinischen Spezialkenntnisse zu verfügen sei festzustellen, dass ihr Gesundheitszustand trotz jahrelanger medikamentöser Behandlung stationär geblieben sei. Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft könnten auch von neueren Medikamenten keine positiven Effekte auf die Behandlung ihres Leidens erwartet werden, weshalb die Irreversibilität ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung bejaht werden müsse. Die prognostische Beurteilung der bleibenden Erwerbsunfähigkeit im Sinne von Art. 29 Abs. 1 lit. a IVG bedürfe begriffsnotwendig auch einer retrospektiven Betrachtung der Entwicklung des Gesundheitszustandes in der Vergangenheit. Ohne Berücksichtigung der Tatsache, dass das seltene Krankheitsbild während Jahren nicht als Narkolepsie diagnostiziert worden sei, könne auch die zukünftige Entwicklung nicht beurteilt werden. Demgegenüber macht die Beschwerdeführerin geltend, ein stabiler Defektzustand liege nicht vor. Gestützt auf den Bericht des Kantonsspitals Basel vom 22. März 1999 könne nicht von Dauerinvalidität gesprochen werden; vielmehr liege eine lang andauernde Krankheit vor. Gemäss Haushaltsabklärungsbericht vom 2. September 1998 (S. 6 in der Mitte) habe die Versicherte selber zusammen mit ihrem Ehegatten darauf hingewiesen, dass im Sommer 1996 (Juni oder Juli) eine allgemeine Verschlechterung des Gesundheitszustandes (Zunahme der Müdigkeit) eingetreten sei. Gehe man von diesen Angaben aus, so sei die einjährige Wartezeit nach Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG frühestens Ende Mai 1997 abgelaufen, weshalb der Beginn des Rentenanspruchs auf den 1. Juni 1997 festzusetzen sei.
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b) Unbestritten ist, dass P.________ unter Narkolepsie leidet. Die im Volksmund als "Schlafkrankheit" bezeichnete Narkolepsie wird charakterisiert durch Schlafattacken, affektive Tonusverluste, hypnagoge Halluzinationen, Schlaflähmungen und gestörten Nachtschlaf (Pschyrembel Klinisches Wörterbuch, 259. Auflage, Berlin 2002, S. 1136). Prof. Dr.
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med. K.________ von der Neurologisch-Neurochirurgischen Klinik des Spitals Basel erhob mit Bericht vom 6. Oktober 1995 klinisch den dringenden Verdacht auf eine Narkolepsie.
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Weiter hielt er fest, derzeit bestehe eine Arbeitsunfähigkeit von 100 %; "entsprechend der Behandelbarkeit der Narkolepsie" sei aber theoretisch eine Arbeitsfähigkeit von 50 % denkbar. Auch Dr. med. H.________ der die Versicherte seit 1997 behandelt, beantwortete die Frage nach den Verbesserungsmöglichkeiten der Arbeitsfähigkeit zwar nicht mit "Ja" oder "Nein"; statt dessen fügte er an der besagten Stelle auf dem Formular "Arztbericht" handschriftlich ein:
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"Man muss die weitere Behandlung abwarten" (Bericht vom 16. Februar 1998). Diesem Bericht ist weiter zu entnehmen, unter Inkaufnahme von Nebenwirkungen durch eine massiv höhere Dosierung von Medikamenten könne eine Linderung der Narkolepsie-Beschwerden erreicht werden. Eine Veränderung (Verbesserung oder Verschlechterung) der Arbeitsfähigkeit sei möglich. Die Frage nach dem Gesundheitszustand wird mit Bericht des Spitals vom 22. März 1999 dahingehend beantwortet:
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"stationär bis leicht verschlechtert".
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Zusammenfassend ist nach umfassender Würdigung der vorhandenen Akten zum medizinisch ausreichend abgeklärten Gesundheitszustand der Versicherten festzuhalten, dass es sich bei der Narkolepsie nicht um einen stabilen Defektzustand handelt. Erfolgversprechende Therapieformen und -möglichkeiten sind nicht nur allgemein bekannt, sondern auf Grund der medizinischen Unterlagen auch konkret in Betracht gezogen und in Aussicht gestellt worden. Es kann demnach nicht von einem stabilen Defektzustand oder einem inzwischen stabilisierten Gesundheitszustand (vgl. Rz 2029 f.
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des Kreisschreibens über Invalidität und Hilflosigkeit in der Invalidenversicherung (KSIH) vom 1. Januar 2001) die Rede sein, weshalb sich der Beginn des Anspruchs auf eine Invalidenrente - wie von der IV-Stelle zu Recht geltend gemacht - nach Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG beurteilt (Urteil B. vom 11. Januar 2001, I 21/00). Die entsprechende einjährige Wartezeit mit einer durchschnittlichen Arbeitsunfähigkeit von mindestens 40 % lief somit seit der letzten aktenkundigen Verschlimmerung des Gesundheitszustandes gemäss Haushaltsabklärungsbericht vom 2. September 1998 (S. 6 in der Mitte) frühestens per Ende Mai 1997 ab, so dass der Beginn des Rentenanspruchs nach zutreffender Auffassung der Beschwerdeführerin auf den 1. Juni 1997 festzusetzen ist.
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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I.In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird
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der Entscheid der Kantonalen Rekurskommission für die
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Ausgleichskassen und IV-Stellen Basel-Stadt vom 23. November 2000 insoweit abgeändert, als festgestellt
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wird, dass P.________ eine ganze Invalidenrente
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mit Wirkung ab 1. Juni 1997 zusteht.
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II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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III. Dieses Urteil wird den Parteien, der Kantonalen Rekurskommission für die Ausgleichskassen und IV-Stellen Basel-Stadt, der Ausgleichskasse des Kantons Basel-
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Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
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Luzern, 23. Januar 2002
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Im Namen des
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Eidgenössischen Versicherungsgerichts
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Die Präsidentin der IV. Kammer:
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Der Gerichtsschreiber:
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