BGer C 44/2001 | |||
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BGer C 44/2001 vom 26.04.2002 | |
[AZA 7]
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C 44/01 Gr
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III. Kammer
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Präsident Borella, Bundesrichter Lustenberger und Kernen;
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Gerichtsschreiber Nussbaumer
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Urteil vom 26. April 2002
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in Sachen
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M.________, 1940, Beschwerdeführer,
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gegen
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Arbeitslosenkasse der Gewerkschaft Bau & Industrie, Sektion Oberaargau-Emmental, Alter Markt 5, 3402 Burgdorf, Beschwerdegegnerin,
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und
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Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern
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A.- M.________, Architekt HTL, arbeitete vom 1. Januar 1988 bis zum 31. Januar 1996 als Architekt bei der B.________, M.________ & Partner AG bei der er Aktionär und einzelzeichnungsberechtigter Vizepräsident des Verwaltungsrates ist. Das Arbeitsverhältnis wurde ihm unter Hinweis auf die allgemeine Wirtschaftslage in der Baubranche gekündigt.
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Bis Ende 1997 bezog er Arbeitslosenentschädigung, teilweise unter Anrechnung von Zwischenverdiensten, die er als Selbstständigerwerbender mit sporadischen Aufträgen erzielte. Ab 1. Januar 1998 war er wieder gestützt auf einen Arbeitsvertrag vom 19. Dezember 1997 für die B.________, M.________ & Partner AG tätig. Das auf unbefristete Zeit abgeschlossene Arbeitsverhältnis wurde am 30. Oktober 1999 mit praktisch einem identischen Kündigungsschreiben wieder unter Hinweis auf die allgemeine Wirtschaftslage in der Baubranche per 31. Dezember 1999 durch Kündigung aufgelöst. Am 12. Januar 2000 meldete sich M.________ erneut zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung an. Mit Verfügung vom 3. April 2000 verneinte die Arbeitslosenkasse der Gewerkschaft Bau und Industrie einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ab 14. Januar 2000.
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B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 26. Januar 2001 ab.
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C.- M.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem sinngemässen Antrag auf Ausrichtung von Arbeitslosenentschädigung.
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Arbeitslosenkasse und Staatssekretariat für Wirtschaft verzichten auf eine Vernehmlassung.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
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1.- Streitig ist, ob der Beschwerdeführer ab
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14. Januar 2000 Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung hat.
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a) Gemäss Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG haben Personen, die in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter, als finanziell am Betrieb Beteiligte oder als Mitglieder eines obersten betrieblichen Entscheidungsgremiums die Entscheidungen des Arbeitgebers bestimmen oder massgeblich beeinflussen können, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten keinen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung. Nach der Rechtsprechung ist der Ausschluss der in Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG genannten Personen vom Entschädigungsanspruch absolut zu verstehen.
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Amtet ein Arbeitnehmer als Verwaltungsrat, so ist eine massgebliche Entscheidungsbefugnis im Sinne der betreffenden Regelung ex lege gegeben, und zwar selbst dann, wenn seine Kapitalbeteiligung klein ist und er nur über die kollektive Zeichnungsberechtigung verfügt (BGE 123 V 237 mit Hinweisen).
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b) Hinsichtlich des Anspruchs auf Arbeitslosenentschädigung findet sich in Art. 8 ff. AVIG keine der Regelung bei Kurzarbeit entsprechende Norm. Mit Bezug auf den Anspruch der in Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG genannten arbeitgeberähnlichen Personen auf Arbeitslosenentschädigung ist nach der Rechtsprechung indessen eine Überprüfung unter dem Gesichtspunkt der rechtsmissbräuchlichen Gesetzesumgehung möglich, wobei verschiedene Fallkonstellationen zu unterscheiden sind. Wird ein Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers mit arbeitgeberähnlicher Stellung gekündigt, kann nicht von einer Gesetzesumgehung gesprochen werden, wenn der Betrieb geschlossen wird, das Ausscheiden des betreffenden Arbeitnehmers mithin definitiv ist. Entsprechendes gilt für den Fall, dass das Unternehmen zwar weiter besteht, der Arbeitnehmer aber mit der Kündigung endgültig auch jene Eigenschaft verliert, deretwegen er bei Kurzarbeit aufgrund von Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG vom Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung ausgenommen wäre. Eine grundsätzlich andere Situation liegt jedoch dann vor, wenn der Arbeitnehmer nach der Entlassung seine arbeitgeberähnliche Stellung im Betrieb beibehält und dadurch die Entscheidungen des Arbeitgebers weiterhin bestimmen oder massgeblich beeinflussen kann (BGE 123 V 237 f. Erw. 7b/bb). Bejaht hat das Eidgenössische Versicherungsgericht das Vorliegen einer solchen, auf eine rechtsmissbräuchliche Umgehung der Regelung des Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG hinauslaufenden Konstellation im Fall eines Versicherten, der nach der Kündigung des Arbeitsvertrages - über die er selber entschieden hatte - weiterhin als Alleinaktionär und einziger Verwaltungsrat der Firma amtete. Damit behielt er die unternehmerische Dispositionsfreiheit, den Betrieb jederzeit zu reaktivieren und sich bei Bedarf erneut als Arbeitnehmer einzustellen (BGE 123 V 239).
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2.- Laut dem Protokoll der ordentlichen Generalversammlung der Aktionäre der Arbeitgeberfirma vom 20. November 2000 besitzt der Beschwerdeführer wie sein Geschäftspartner sieben Namenaktien zum Nominalwert von Fr. 1000.- am gesamten Aktienkapital von Fr. 160 000.-. 100 Namenaktien à Fr. 1000.- gehören der B.________ & M.________ AG, die ebenfalls den Betrieb eines Architekturbüros bezweckt und bei welcher der Beschwerdeführer ebenfalls Aktionär sowie einzelzeichnungsberechtigter Vizepräsident des Verwaltungsrates ist. Unter diesen Umständen haben Arbeitslosenkasse und kantonales Gericht zu Recht angenommen, dass der Beschwerdeführer eine den Bezug von Arbeitslosenentschädigung ausschliessende arbeitgeberähnliche Stellung im Sinne der Rechtsprechung (BGE 123 V 234) innehat. Entgegen seinen Ausführungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde war er über den Zeitpunkt der streitigen Verwaltungsverfügung vom 3. April 2000 hinaus Vizepräsident des Verwaltungsrates der Arbeitgeberfirma. Sein Ausscheiden aus dem Verwaltungsrat wurde erst im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) im Januar 2001 publiziert. Auch hatte er auf der Kopie eines Schreibens an den Geschäftspartner B.________ vom 27. August 1999 handschriftlich Folgendes beigefügt: "Dieser Brief soll zeigen, dass ich mich trotz fehlender Informationen über den Geschäftshergang bemühte, meine Pflichten als Verwaltungsratsmitglied zu wahren. " Es kann daher nicht angenommen werden, dass er seit 1992 faktisch nicht mehr Verwaltungsrat gewesen sein soll. In der zweiten, bereits erwähnten Firma, die B.________ & M.________ AG, die sich seit Februar 2002 in Liquidation befindet, ist er nach wie vor als Vizepräsident und Liquidator mit Einzelunterschrift eingetragen. Damit behielt er als Mitaktionär und Vizepräsident des Verwaltungsrates zweier Aktiengesellschaften mit dem Zweck des Betriebs eines Architekturbüros die Möglichkeit, sich bei Bedarf erneut als Arbeitnehmer einzustellen. Dass ein solches Vorgehen nicht von der Hand zu weisen ist, folgt daraus, dass er unmittelbar nach Ablauf der ersten Rahmenfrist für den Bezug von Arbeitslosenentschädigung, während welcher er keine neue Beitragszeit erwerben konnte, sich von der von ihm mitbeherrschten Firma wieder einstellen liess. Ferner weisen die beiden Kündigungsschreiben vom 26. Oktober 1995 und 30. Oktober 1999 einen praktisch identischen Wortlaut auf. Bei dieser Sachlage haben Arbeitslosenkasse und kantonales Gericht zu Recht einen Anspruch des Beschwerdeführers auf Arbeitslosenentschädigung ab 14. Januar 2000 verneint.
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Da in tatsächlicher Hinsicht der Zeitpunkt der Kassenverfügung vom 3. April 2000 massgebend ist (vgl. BGE 121 V 366 Erw. 1b mit Hinweisen), ist im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen, wie es sich für die Zeit nach dem Austritt aus dem Verwaltungsrat der früheren Arbeitgeberfirma gegen Ende 2000 verhält.
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, dem Kantonalen Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, Abteilung Arbeitsvermittlung, Bern, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
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Luzern, 26. April 2002
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Im Namen des
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Eidgenössischen Versicherungsgerichts
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Der Präsident der III. Kammer:
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Der Gerichtsschreiber:
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