VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 4C.231/2002  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 4C.231/2002 vom 11.09.2002
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
4C.231/2002 /rnd
 
Urteil vom 11. September 2002
 
I. Zivilabteilung
 
Bundesrichterin und Bundesrichter Walter, Präsident,
 
Klett, Ersatzrichter Geiser,
 
Gerichtsschreiber Widmer.
 
A.________,
 
Kläger und Berufungskläger, vertreten durch Advokat Guido Ehrler, Rebgasse 1, Postfach 321, 4005 Basel,
 
gegen
 
X.________ AG,
 
Beklagte und Berufungsbeklagte, vertreten durch Advokat Dr. Anton Lauber, Faissgärtli 17, Postfach 641, 4144 Arlesheim.
 
Arbeitsvertrag; fristlose Entlassung,
 
Berufung gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, vom 20. März 2002.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
A.________ (Kläger, Arbeitnehmer) war bei der X.________ AG (Beklagte, Arbeitgeberin) als Bauarbeiter angestellt. Er erlitt am 21. April 1997 ein Knietrauma. In der Folge wurde er von der SUVA bis zum 19. April 1998 zu 100% arbeitsunfähig geschrieben. Vom 20. April bis zum 2. Juni 1998 wurde seine Arbeitsunfähigkeit vom Kreisarzt der SUVA mit 50% beziffert, alsdann noch mit 25%. Vom 3. Juni 1998 an zahlte die SUVA kein Taggeld mehr. Der Hausarzt des Klägers attestierte diesem indessen eine Arbeitsunfähigkeit von 100% bis und mit 20. April 1998 und nachher eine solche von 50%. Gestützt auf dieses ärztliche Attest ging der Kläger erst wieder am 21. April 1998 zur Arbeit, was ihm eine Verwarnung von Seiten der Beklagten eintrug. Am 8. Juni 1998 verliess er sodann den Arbeitsplatz, nachdem er einen halben Tag lang gearbeitet hatte. Die Beklagte entliess ihn deswegen gleichentags fristlos.
 
B.
 
Am 9. November belangte der Kläger die Beklagte beim Gewerblichen Schiedsgericht des Kantons Basel-Stadt auf Zahlung von Fr. 9'996.- nebst Zins. Am 23. März 2000 stellte das Gewerbliche Schiedsgericht in einem förmlichen Entscheid fest, dass die fristlose Entlassung nicht gerechtfertigt war, ohne sich vorerst über die Höhe der daraus resultierenden Forderung auszusprechen. Am 7. Juni 2000 bestätigte das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt diesen Entscheid auf Beschwerde der Beklagten hin.
 
Mit Entscheid vom 3. September 2001 wies das Gewerbliche Schiedsgericht sodann die Klage des Arbeitnehmers ab. Es hielt fest, dass ihm aufgrund der Leistungen der Sozialversicherungen kein Lohn mehr zustehe und eine Entschädigung wegen ungerechtfertigter fristloser Entlassung nicht geschuldet sei, weil dem Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Entlassung kein Fehlverhalten anzulasten sei. Eine gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde des Klägers wies das Appellationsgericht mit Urteil vom 20. März 2002 ab.
 
C.
 
A.________ beantragt mit eidgenössischer Berufung, das Urteil des Appellationsgerichts sei aufzuheben und seine Klage gutzuheissen. Die Beklagte schliesst auf Abweisung des Rechtsmittels.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Die vorliegende Berufung bezieht sich nach Art. 48 Abs. 3 OG ausser gegen den Appellationsgerichtsentscheid vom 20. März 2002 grundsätzlich auch gegen den Zwischenentscheid vom 7. Juni 2000, mit dem das Appellationsgericht formell feststellte, dass die fristlose Entlassung des Klägers ungerechtfertigt erfolgte; dieser Zwischenentscheid war weder nach Art. 49 OG anfechtbar noch ist er im Anschluss an seine Eröffnung nach Art. 50 OG weitergezogen und beurteilt worden. Indessen hat weder der Kläger mit Berufung noch die Beklagte mit Anschlussberufung eine Abänderung des Zwischenentscheids verlangt, weshalb dieser nunmehr als rechtskräftig zu betrachten ist. Die Beklagte ist daher nicht zu hören, soweit sie in der Berufungsantwort den Standpunkt vertritt, die fristlose Entlassung des Klägers sei gerechtfertigt erfolgt, weshalb Art. 337b und nicht Art. 337c OR anwendbar sei. Sie hätte sich insoweit nicht darauf beschränken dürfen, die Begründung des Zwischenentscheids in Frage zu stellen, sondern hätte mit Anschlussberufung ein Begehren auf Feststellung der Rechtmässigkeit der fristlosen Entlassung stellen müssen (Art. 59 OG; vgl. Poudret, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, Bd. II, N. 2.1 und 2.3 zu Art. 59 OG; Messmer/Imboden, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, Zürich 1992, S. 157 f.).
 
2.
 
Streitig ist ausschliesslich, ob dem Kläger eine Pönalentschädigung nach Art. 337c Abs. 3 OR zusteht. Die bereits von der ersten Instanz angestellten Erwägungen, dass er seinen Lohn von den Sozialversicherungen vollständig erhalten hat und ihm daher aus Art. 337c Abs. 1 und 2 OR nichts mehr zusteht, blieben unangefochten.
 
Nach konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts ist bei ungerechtfertigter fristloser Entlassung in aller Regel eine Entschädigung nach Art. 337c Abs. 3 geschuldet und darf nur in Ausnahmefällen von der Zusprechung einer solchen abgesehen werden (BGE 121 III 64 E. 3c mit Hinweisen). Ein derartiger Ausnahmefall liegt etwa dann vor, wenn ein im Vergleich zum Fehlverhalten des Arbeitgebers erhebliches Fehlverhalten des Arbeitnehmers vorliegt, das zwar für eine fristlose Entlassung gerade noch nicht ausreicht, die Zusprechung einer Entschädigung indessen als stossend erscheinen lässt (Entscheid des Bundesgerichts 4C.326/1990 vom 1. Februar 1991 E. 3, in: JAR 1995, S. 220 ff., Ziff. 2).
 
Die Vorinstanz erwog unter anderem, die vom Bundesgericht aufgestellten Voraussetzungen für den Verzicht auf eine Pönalentschädigung seien vorliegend erfüllt. Damit hat sie jedenfalls im Ergebnis kein Bundesrecht verletzt. Nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid hatte die Beklagte den Kläger bereits verwarnt, weil er am 20. April 1998 unter Berufung auf ein Zeugnis des behandelnden Arztes, das von der kreisärztlichen Beurteilung der SUVA abwich, nicht am Arbeitsplatz erschienen war. Der Kläger musste somit wissen, dass die Beklagte auch künftig auf die Beurteilung der SUVA abstellen würde. Unter diesen Umständen wäre von ihm zu erwarten gewesen, dass er am 8. Juni 1998 das Gespräch mit der Beklagten suchte, bevor er seinen Arbeitsplatz erneut aufgrund eines von der SUVA-Beurteilung abweichenden Arztzeugnisses verliess. Dass er dies getan hätte, lässt sich dem angefochtenen Urteil indessen nicht entnehmen und wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Auch wenn die fristlose Entlassung des Klägers nicht gerechtfertigt war, weil er beim Verlassen des Arbeitsplatzes aufgrund des Zeugnisses des behandelnden Arztes in guten Treuen davon ausgehen durfte, er sei nur zu 50 % arbeitsfähig, muss er sich damit vorwerfen lassen, dass er sein Recht rücksichtslos durchgesetzt hat, ohne ein Einvernehmen mit der Beklagten zu suchen. Damit hat er seine fristlose Entlassung provoziert. Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich, ausnahmsweise auf eine Entschädigung nach Art. 337c Abs. 3 OR zu verzichten.
 
3.
 
Die Berufung ist damit als unbegründet abzuweisen. Mit Blick auf den Streitwert ist keine Gerichtsgebühr zu erheben (Art. 343 Abs. 3 OR) Der Kläger hat indessen die Beklagte für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 Abs. 2 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht
 
im Verfahren nach Art. 36a OG:
 
1.
 
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, vom 20. März 2002 wird bestätigt.
 
2.
 
Es wird keine Gerichtsgebühr erhoben.
 
3.
 
Der Kläger hat die Beklagte für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 11. September 2002
 
Im Namen der I. Zivilabteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).