BGer 2A.449/2002 | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
BGer 2A.449/2002 vom 13.11.2002 | |
Tribunale federale
| |
{T 0/2}
| |
2A.449/2002 /leb
| |
Urteil vom 13. November 2002
| |
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
| |
Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
| |
Bundesrichter Hungerbühler, Ersatzrichterin Geigy-Werthemann,
| |
Gerichtsschreiberin Diarra.
| |
A.________,
| |
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Franz Hollinger, Stapferstrasse 28, Postfach, 5201 Brugg AG,
| |
gegen
| |
Migrationsamt des Kantons Aargau, Bleichemattstrasse 7, 5001 Aarau,
| |
Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau, Bahnhofstrasse 70, Postfach, 5001 Aarau.
| |
Widerruf der Niederlassungsbewilligung und Wegweisung sowie Abweisung des Familiennachzugsgesuchs,
| |
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Rekursgerichts im Ausländerrecht des Kantons Aargau
| |
vom 19. Juli 2002.
| |
Sachverhalt:
| |
A.
| |
Der 1964 geborene türkische Staatsangehörige A.________ reiste Ende 1990 in die Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch, welches das Bundesamt für Flüchtlinge mit Verfügung vom 12. März 1991 ablehnte. Nachdem seine dagegen erhobene Beschwerde vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement am 24. Mai 1991 abgewiesen worden war, verliess A.________ am 24. Juni 1991 die Schweiz. Am 28. Juni 1991 heiratete er in der Türkei die am 8. Juli 1947 geborene Schweizerbügerin B.________. Am 14. Oktober 1991 kehrte er in die Schweiz zurück, worauf ihm die Fremdenpolizei des Kantons Aargau eine Aufenthaltsbewilligung zwecks Verbleibs bei seiner Ehefrau erteilte. Seit 11. Oktober 1996 besitzt er eine Niederlassungsbewilligung.
| |
Mit Urteil vom 17. Juni 1997 schied das Bezirksgericht Baden auf Antrag der Ehefrau die Ehe von A.________ mit B.________. Das Urteil erwuchs am 27. August 1997 in Rechtskraft. Am 6. Oktober 1999 bestätigte das Bezirksgericht Kulu in der Türkei die Scheidung, worauf A.________ am 12. Januar 2000 in der Türkei C.________ heiratete, mit der er bereits vier Kinder hatte. Am 19. Mai 2000 stellte A.________ bei der Fremdenpolizei des Kantons Aargau ein Gesuch um Familiennachzug für seine zweite Ehefrau und die vier gemeinsamen Kinder. Nachdem sie verschiedene Abklärungen vorgenommen hatte, widerrief die Fremdenpolizei des Kantons Aargau mit Verfügung vom 7. August 2001 die Niederlassungsbewilligung von A.________, forderte ihn auf, den Kanton Aargau bis zum 21. September 2001 zu verlassen, und beantragte dem Bundesamt für Ausländerfragen, die kantonale Wegweisungsverfügung auf das ganze Gebiet der Schweiz auszudehnen. Ferner wies sie das Gesuch um Familiennachzug für die Ehefrau C.________ und die vier Kinder ab. Die gegen diese Verfügung von A.________ erhobene Einsprache wies die Fremdenpolizei des Kantons Aargau mit Entscheid vom 27. November 2001 ab.
| |
B.
| |
A.________ erhob dagegen erfolglos Beschwerde beim Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau. Das Rekursgericht erblickte im Umstand, dass sich der Beschwerdeführer beim Erwerb der Niederlassungsbewilligung auf seine nur noch formell bestehende Ehe berufen und diese wesentliche Tatsache der Fremdenpolizei verschwiegen hatte, einen Grund zum Widerruf der Niederlassungsbewilligung.
| |
C.
| |
Dagegen hat A.________ am 16. September 2002 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht eingereicht mit den Anträgen, das angefochtene Urteil aufzuheben, seine Niederlassungsbewilligung nicht zu widerrufen und das Familiennachzugsgesuch für die Ehefrau und die Kinder gutzuheissen. Zur Begründung führt er aus, das Scheidungsverfahren sei auf Entschluss der damaligen Ehefrau vier Monate nach Erteilung der Niederlassungsbewilligung eingeleitet worden. Der Fremdenpolizei sei bei der Erteilung der Niederlassungsbewilligung bekannt gewesen, dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau getrennt lebten. Nach der Scheidung und entsprechender Mitteilung an die Fremdenpolizei sei die Niederlassungsbewilligung "verlängert" worden, weshalb der Widerruf derselben gegen Treu und Glauben verstosse.
| |
D.
| |
Das Migrationsamt des Kantons Aargau, das Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau sowie das Bundesamt für Ausländerfragen beantragen Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, ohne sich dazu vernehmen zu lassen.
| |
E.
| |
Mit Verfügung vom 4. Oktober 2002 hat der Präsident der II. öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt.
| |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
| |
1.
| |
1.1 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtet sich sowohl gegen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers wie auch gegen die Ablehnung des Familiennachzugsgesuchs für seine Ehefrau und seine vier minderjährigen Kinder. Gemäss Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht ausgeschlossen gegen Verfügungen auf dem Gebiete der Fremdenpolizei über die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen, auf die das Bundesrecht keinen Anspruch einräumt. Dieser Ausschlussgrund betrifft den Widerruf der Niederlassungsbewilligung nicht (vgl. Art. 101 lit. d OG; BGE 98 Ib 85 E. 1a S. 87; 112 Ib 161,473). Da auch die übrigen formellen Voraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung einzutreten.
| |
Die Ablehnung des Familiennachzugsgesuchs des Beschwerdeführers ist die Folge des Widerrufs seiner Niederlassungsbewilligung. Ist der Beschwerdeführer im Besitz der Niederlassungsbewilligung, so hat er gemäss Art. 17 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) grundsätzlich einen Anspruch auf den Nachzug seiner Ehefrau sowie seiner minderjährigen Kinder. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit auch gegen die Ablehnung des Familiennachzugsgesuchs zulässig.
| |
1.2 Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann vorliegend die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 104 lit. a und b OG), nicht jedoch die Unangemessenheit des angefochtenen Entscheids (vgl. Art. 104 lit. c OG) gerügt werden. Hat, wie hier, eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden, ist das Bundesgericht an deren Sachverhaltsfeststellung gebunden, sofern diese nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensgarantien erfolgt ist (Art. 105 Abs. 2 OG; BGE 123 II 49 E. 5a S. 51).
| |
1.3 Das Bundesgericht wendet im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren das Bundesrecht von Amtes wegen an; es ist gemäss Art. 114 Abs. 1 OG an die von den Parteien vorgebrachten Begründungen nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen (BGE 127 II 264 E. 1b S.268, mit Hinweisen).
| |
2.
| |
2.1 Gemäss Art. 7 Abs. 1 Satz 1 ANAG hat der ausländische Ehegatte eines Schweizer Bürgers Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung. Nach einem ordnungsgemässen und ununterbrochenen Aufenthalt von fünf Jahren hat er Anspruch auf die Niederlassungsbewilligung. Kein Anspruch besteht indessen gemäss Art. 7 Abs. 2 ANAG, wenn die Ehe eingegangen worden ist, um die Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung von Ausländern und namentlich jene über die Begrenzung der Zahl der Ausländer zu umgehen. Gemeint ist damit in erster Linie die Scheinehe, d.h. eine Ehe, bei der die Partner von vornherein keine echte eheliche Gemeinschaft beabsichtigen (vgl. BGE 127 II 49 E. 4a S. 55; 122 II 289 E. 2 S. 294 ff.). Selbst wenn die Ehe jedoch nicht bloss zum Schein eingegangen wurde, kann sich die Berufung auf eine Ehe als rechtsmissbräuchlich erweisen. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts dann der Fall, wenn sich der Ausländer im fremdenpolizeilichen Verfahren auf eine Ehe beruft, die nur noch formell besteht oder aufrecht erhalten wird mit dem alleinigen Ziel, dem Ausländer eine Anwesenheitsbewilligung zu ermöglichen. Dieses Ziel wird von Art. 7 Abs. 1 ANAG nicht geschützt (BGE 127 II 49 E. 5a S. 56, mit Hinweisen).
| |
2.2 Sind die Voraussetzungen gemäss Art. 7 Abs. 1 Satz 2 ANAG erfüllt, so erwirbt der ausländische Ehegatte ein eigenes und selbständiges Niederlassungsrecht. Hieraus folgt, dass die ihm einmal erteilte Niederlassungsbewilligung mit der Auflösung der Ehe nicht automatisch erlischt, sondern nur unter den Voraussetzungen von Art. 9 Abs. 4 ANAG widerrufen werden kann.
| |
3.
| |
3.1 Das Rekursgericht hat die Ehe des Beschwerdeführers mit der um 17 Jahre älteren Schweizerbürgerin B.______ aufgrund deren Zusammenlebens während zweieinhalb Jahren nicht als Scheinehe betrachtet. Es hat indessen aus seinem Verhalten nach der Trennung und aus dem Verlauf seiner Beziehung zu seiner heutigen Ehefrau geschlossen, dass der Beschwerdeführer seine erste Ehe in rechtsmissbräuchlicher Weise aufrechterhalten hatte, um die Erteilung der Niederlassungsbewilligung zu erwirken und danach seine türkische Ehefrau und die vier gemeinsamen Kinder nachzuziehen. Das Bundesgericht ist an die tatsächlichen Feststellungen des Rekursgerichts gebunden (Art. 105 Abs. 2 OG). Frei zu prüfen ist dagegen die Rechtsfrage, ob die festgestellten Tatsachen (Indizien) darauf schliessen lassen, das Festhalten an der Ehe habe die Umgehung fremdenpolizeilicher Vorschriften bezweckt.
| |
3.2 Anlässlich der Parteibefragung im Scheidungsverfahren haben der Beschwerdeführer und seine damalige Ehefrau übereinstimmend zu Protokoll erklärt, sie hätten aus Liebe geheiratet und hätten während rund einem halben Jahr nach der Eheschliessung intime Beziehungen gehabt. Obwohl die Eheschliessung mit einer Schweizer Bürgerin, kurz nachdem der Beschwerdeführer die Schweiz hatte verlassen müssen, der erhebliche Altersunterschied sowie der Umstand, dass der Beschwerdeführer in der Türkei mit der Frau, die er nach der Scheidung von B.________ heiratete, bereits vier Kinder hatte und diese nun in die Schweiz nachziehen will, beachtliche Indizien für das Vorliegen einer Scheinehe darstellen, lässt sich die Auffassung des Rekursgerichts, aufgrund der Dauer des Zusammenlebens in ehelicher Gemeinschaft bedürfte es gewichtigerer Indizien, um auf eine Scheinehe zu schliessen, vertreten. Zu prüfen ist jedoch, ob auch ohne die Annahme einer Scheinehe die Voraussetzungen für einen Widerruf der Niederlassungsbewilligung erfüllt sind.
| |
4.
| |
4.1 Nach Art. 9 Abs. 4 ANAG kann die Niederlassungsbewilligung widerrufen werden, wenn der Ausländer sie durch falsche Angaben oder wissentliches Verschweigen wesentlicher Tatsachen erschlichen hat. Ein solcher Widerruf setzt nach der Rechtsprechung voraus, dass der Ausländer wissentlich falsche Angaben machte oder wesentliche Tatsachen verschwieg in der Absicht, gestützt darauf die Niederlassungsbewilligung zu erhalten (BGE 112 Ib 473 E. 3b S. 475 f.).
| |
4.2 Art. 3 Abs. 2 ANAG verpflichtet den Ausländer, der Behörde über alles, was für den Bewilligungsentscheid massgebend sein kann, wahrheitsgetreu Auskunft zu geben. Wesentlich sind nicht nur solche Tatsachen, nach denen die Fremdenpolizei bei der Erteilung der Bewilligung ausdrücklich gefragt hat, sondern auch solche, von denen der Gesuchsteller wissen muss, dass sie für den Bewilligungsentscheid massgebend sind (Urteile des Bundesgerichts 2A.374/2001 vom 10. Juni 2002, E. 3.2 , 2A.374/2001 vom 10. Januar 2002, E. 3.2 sowie 2A.366/1999 vom 16. März 2000, E. 3a; Alain Wurzburger, La jurisprudence récente du Tribunal fédéral en matière de police des étrangers, in: RDAF 1997 1 S. 326).
| |
5.
| |
Die Fremdenpolizei des Kantons Aargau hat in ihrem Schreiben vom 1. November 1991 die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung an die Bedingung geknüpft, dass der Beschwerdeführer mit seiner Ehepartnerin in ehelicher Gemeinschaft zusammenlebe. Dem Beschwerdeführer wurde in Aussicht gestellt, dass die erteilte Aufenthaltsbewilligung widerrufen oder nicht mehr verlängert würde, wenn er diese Bedingung "nicht oder nicht mehr restlos" erfüllen würde. Dem Beschwerdeführer war somit bekannt, dass das Zusammenleben mit seiner Ehefrau für seine Aufenthaltsberechtigung von massgeblicher Bedeutung war. Mit Schreiben vom 15. August 1996 wies der Beschwerdeführer die Fremdenpolizei des Kantons Aargau darauf hin, dass er seit fünf Jahren im Besitz der Aufenthaltsbewilligung sei, und beantragte im Hinblick auf den Ablauf der Aufenthaltsbewilligung die Erteilung der Niederlassungsbewilligung. Dabei berief er sich ausdrücklich auf Art. 7 Abs. 1 Satz 2 ANAG. Er verschwieg, dass er damals von seiner schweizerischen Ehefrau bereits seit über zwei Jahren getrennt lebte. In der Begründung ihrer Scheidungsklage führte die damalige Ehefrau des Beschwerdeführers aus, sie habe im Mai 1994 beim Gerichtspräsidium 4 in Baden ein Eheschutzbegehren eingereicht. Zur selben Zeit sei der Beschwerdeführer aus der ehelichen Wohnung ausgezogen. Seit diesem Zeitpunkt habe sie keinerlei Kontakt mehr mit ihm gehabt. Der Beschwerdeführer hat diese Darstellung im Scheidungsverfahren nicht bestritten, sondern im Gegenteil erklärt, die Parteien hätten schon ab Anfang 1992 zwar noch in der selben Wohnung, aber eigentlich bereits getrennt gelebt. Dies erläuterte er anlässlich der mündlichen Parteiverhandlung dahin, dass er damals in der gleichen Wohnung ein separates Zimmer mit separatem Schlüssel gehabt habe. Die Ehe des Beschwerdeführers mit der Schweizer Bürgerin B.________ bestand somit unbestrittenermassen im Zeitpunkt, als er die Erteilung der Niederlassungsbewilligung beantragte, seit über zwei Jahren nur noch auf dem Papier.
| |
6.
| |
6.1 B.________ hat im Scheidungsverfahren geltend gemacht, ihr sei durch den Beschwerdeführer beziehungsweise dessen Angehörigen gedroht worden, die Einleitung des Scheidungsverfahrens gegen den Beschwerdeführer hätte für sie Konsequenzen. Der Beschwerdeführer hat solche Drohungen bestritten. Wie es sich damit verhielt, kann indessen offen bleiben, da der zeitliche Ablauf nach der Erteilung der Niederlassungsbewilligung und die Vorgehensweise des Beschwerdeführers darauf schliessen lassen, dass die Ehe nur zwecks Erhalts der Niederlassungsbewilligung, die ihm den Nachzug seiner zweiten Ehefrau und der vier gemeinsamen Kinder in die Schweiz ermöglichen sollte, aufrecht erhalten wurde.
| |
6.2 Das Rekursgericht hat für das Bundesgericht verbindlich festgestellt, dass der Beschwerdeführer nach seiner Scheidung durch das Bezirksgericht Baden auch in der Türkei ein Scheidungsverfahren einleitete, das mit Urteil des Bezirksgerichts Kulu vom 6. Oktober 1999 beendet wurde. Wann dieses türkische Scheidungsverfahren eingeleitet wurde, ist weder den Akten noch dem angefochtenen Urteil zu entnehmen. Von massgeblicher Bedeutung ist jedoch der Umstand, dass die Heirat des Beschwerdeführers mit der türkischen Staatsangehörigen, mit der er eine langjährige Beziehung und vier gemeinsame Kinder hatte, nur rund drei Monate nach dem Abschluss dieses Verfahrens erfolgt ist.
| |
6.3 Des weitern ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer vor Erteilung der Niederlassungsbewilligung der Fremdenpolizei die Existenz seiner vier Kinder verschwiegen hatte. Seine Berufung auf BGE 102 Ib 97 ( E. 3 S. 99) hilft ihm diesbezüglich nicht. Vorliegend hat der Beschwerdeführer seine vier Kinder weder in seinem Gesuch um Einreise in die Schweiz vom 1. Juli 1991 noch in seinem Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom 16. Oktober 1991 erwähnt, obwohl in entsprechenden Formularen ausdrücklich auch nach nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Kindern gefragt war bzw. auch Familienangehörige aufzuführen waren, die nicht mitreisten. Nachdem sich der Beschwerdeführer vor seiner Einreise in die Schweiz mit B.________ verheiratet hatte, er bei Stellung seines Niederlassungsgesuchs noch mit ihr verheiratet war und aus dieser Ehe keine Kinder hervorgingen, hatte die Fremdenpolizei bei der Prüfung seines Niederlassungsgesuchs keinen Anlass, nach der Existenz von Kindern zu fragen. Sache des Beschwerdeführers wäre es daher gewesen, spätestens in diesem Zeitpunkt auf die bisher verschwiegene Tatsache hinzuweisen, dass er in der Türkei bereits vier Kinder hatte. Die Erteilung der Niederlassungsbewilligung beruhte auf Art. 7 Abs. 1 ANAG und auf der stillschweigenden Annahme, dass der Beschwerdeführer bis zu seiner Verehelichung mit B.________ ein allein stehender Ausländer gewesen, zwecks Verbleibs bei seiner schweizerischen Ehefrau eingereist war und keine eigenen Kinder hatte (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2A.511/2001 vom 10. Juni 2002). Ob eine gezielte mündliche Befragung des Beschwerdeführers vor Erteilung der Niederlassungsbewilligung den erforderlichen Aufschluss gebracht hätte, erscheint angesichts des bisherigen Verschweigens der Existenz der vier Kinder seitens des Beschwerdeführers zweifelhaft.
| |
6.4 Auch die langjährige Beziehung zur Mutter seiner Kinder hatte der Beschwerdeführer gegenüber den fremdenpolizeilichen Behörden verschwiegen. Anlässlich seiner Einreise als Asylbewerber bezeichnete er sich bei seiner Befragung in der Empfangstelle am 11. Dezember 1990 als ledig, ohne sein eheähnliches Verhältnis, nach dem ausdrücklich gefragt worden war, anzugeben. Dass dies absichtlich erfolgte, ist um so eher anzunehmen, als die türkische Partnerin des Beschwerdeführers in jenem Zeitpunkt mit dem vierten Kind schwanger war. Schon ein Hinweis des Beschwerdeführers auf die in der Türkei geborenen Kinder hätte die Fremdenpolizei zu Fragen über die Beziehung des Beschwerdeführers zu deren Mutter veranlasst und alsdann entweder zur Offenlegung der Verhältnisse oder jedenfalls zu Erklärungen des Beschwerdeführers geführt, bei welchen dieser unter dem Gesichtspunkt von Art. 9 Abs. 4 ANAG hätte behaftet werden können.
| |
7.
| |
Wohl ist der Widerruf einer Niederlassungsbewilligung ausgeschlossen, wenn die Behörde diese trotz hinreichender Kenntnis des fragwürdigen Verhaltens des Ausländers erteilt hat (Urteil des Bundesgerichts 2A.57/2002 vom 20. Juni 2002, E. 2.2.). Der Beschwerdeführer macht geltend, der Fremdenpolizei sei bereits bei der erstmaligen Erteilung der Niederlassungsbewilligung bekannt gewesen, dass er und seine Ehefrau getrennt lebten. Wie die Fremdenpolizei darüber hätte informiert sein sollen, legt der Beschwerdeführer indessen nicht dar. Dadurch, dass sich der Beschwerdeführer in seinem Gesuch um Erteilung der Niederlassungsbewilligung ausdrücklich auf Art. 7 Abs. 1 ANAG berief, erweckte er im Gegenteil selbst den Anschein, seine Ehe mit der Schweizerbürgerin B.________ sei intakt. Als in der Folge am 29. Juli 1999 die Kontrollfrist der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers bis zum 16. September 2002 verlängert wurde, hatte die Fremdenpolizei zwar möglicherweise Kenntnis von der Scheidung, nicht aber vom Umstand, dass der Beschwerdeführer in der Türkei eine langjährige Beziehung hatte, aus der vier Kinder hervorgegangen waren. Abgesehen davon, handelt es sich bei der Verlängerung der Kontrollfrist der grundsätzlich unbefristeten Niederlassungsbewilligung um einen rein administrativen Vorgang, der nicht auf einer materiellen Prüfung beruht und lediglich bezweckt festzustellen, ob sich der Ausländer tatsächlich noch in der Schweiz befindet (Art. 11 Abs. 3 ANAV; Urteil des Bundesgerichts 2A.284/2001 vom 9. Oktober 2001, E. 3e; Peter Kottusch, Die Niederlassungsbewilligung gemäss Art. 6 ANAG, in: ZBl 87/1986 S. 516). Der Beschwerdeführer kann daher aus dem Umstand, dass die Kontrollfrist noch einmal neu angesetzt worden war, ohnehin nichts zu seinen Gunsten ableiten. Die Berufung des Beschwerdeführers auf den Grundsatz von Treu und Glauben geht somit fehl.
| |
8.
| |
Die türkische Partnerin des Beschwerdeführers hatte nur rund vier Wochen vor seiner Verehelichung mit der Schweizerbürgerin B.________ das vierte Kind von ihm geboren und der Beschwerdeführer hat diese Frau nur gerade drei Monate nach Abschluss des in der Türkei durchgeführten Scheidungsverfahren geheiratet. Daraus lässt sich schliessen, dass diese Beziehung während der Dauer der Ehe mit B.________ nicht abgebrochen war, sondern dass vielmehr die spätere Legalisierung dieser Beziehung geplant war. Verschwiegen hat der Beschwerdeführer nicht nur die Existenz dieser langjährigen Beziehung und der daraus hervorgegangenen vier Kinder, sondern anlässlich der Erteilung der Niederlassungsbewilligung, deren Gesuch er mit Art. 7 Abs. 1 ANAG begründete, auch seine Absicht, seinen vier Kindern und deren Mutter damit ein Anwesenheitsrecht in der Schweiz zu vermitteln. Stimmt aber der vom Ausländer angegebene Zweck nicht mit seinen wirklichen Absichten überein, so verschweigt er eine für den Bewilligungsentscheid wesentliche Tatsache (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2A.366/1999 vom 16. März 2000, E. 3c; Alain Wurzburger, a.a.0. S. 326).
| |
9.
| |
Die gesamten Umstände lassen darauf schliessen, dass der Beschwerdeführer seine Informationspflicht gegenüber den fremdenpolizeilichen Behörden in verschiedener Hinsicht verletzt und die Niederlassungsbewilligung durch wissentliches Verschweigen von wesentlichen Tatsachen erschlichen hat. Die Voraussetzungen für einen Widerruf der Niederlassungsbewilligung gemäss Art. 9 Abs. 4 lit. a ANAG sind somit erfüllt.
| |
10.
| |
10.1 Das Vorliegen eines Widerrufsgrundes führt nicht zwingend dazu, dass die Niederlassungsbewilligung auch wirklich zu widerrufen ist. Wie das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, ist in jedem Fall zu prüfen, ob sich der Widerruf als verhältnismässig erweist, wobei den Fremdenpolizeibehörden ein gewisser Ermessensspielraum zusteht (BGE 112 Ib 473 E. 4 und 5 S. 477 ff.).
| |
10.2 Der Beschwerdeführer lebt nun seit elf Jahren in der Schweiz und ist hier nicht negativ in Erscheinung getreten. Er ist allerdings erst im Alter von 27 Jahren in die Schweiz gekommen und hat somit seine Kindheit sowie das prägende Jugendalter in seinem Heimatland verbracht. Anlässlich der Parteibefragung vor dem Bezirksgericht Baden am 17. Juni 1997 hat er zu Protokoll erklärt, er habe nicht sehr viel Deutsch gelernt, und auf die Frage, wie er und seine schweizerische Ehefrau miteinander gesprochen hätten, geantwortet "mit Händen und Füssen, wie es ging", was klar gegen eine über das Übliche hinausgehende Integration spricht. Bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit des Widerrufs der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers ist der Umstand, dass seine türkische Ehefrau und die vier gemeinsamen Kinder in der Türkei leben, von wesentlicher Bedeutung. Das Rekursgericht hat für das Bundesgericht verbindlich festgestellt, dass der Beschwerdeführer zahlreiche Ferienaufenthalte in der Türkei verbrachte, und er somit den Kontakt zu seinem Heimatland nie abgebrochen hat. Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung erweist sich daher weder als unverhältnismässig, noch liegt seitens der kantonalen Behörden ein Missbrauch oder eine Überschreitung ihres Ermessens vor.
| |
11.
| |
Erweist sich somit der Widerruf der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers als zulässig, so entfällt die Grundlage für einen Nachzug seiner zweiten Ehefrau und der vier gemeinsamen Kinder. Die Abweisung des Familiennachzugsgesuchs ist daher nicht zu beanstanden.
| |
12.
| |
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist abzuweisen.
| |
Bei diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer als unterliegende Partei die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und Art. 153a OG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 159 Abs. 2 OG).
| |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
| |
1.
| |
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
| |
2.
| |
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
| |
3.
| |
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Migrationsamt und dem Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau sowie dem Bundesamt für Ausländerfragen schriftlich mitgeteilt.
| |
Lausanne, 13. November 2002
| |
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
| |
des Schweizerischen Bundesgerichts
| |
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
| |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |