BGer I 58/2002 | |||
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BGer I 58/2002 vom 13.11.2002 | |
Eidgenössisches Versicherungsgericht
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Tribunale federale delle assicurazioni
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Tribunal federal d'assicuranzas
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Sozialversicherungsabteilung
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des Bundesgerichts
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Prozess
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{T 7}
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I 58/02
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Urteil vom 13. November 2002
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III. Kammer
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Besetzung
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Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiberin Kopp Käch
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Parteien
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M.________, 1943, Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprecher Sven Marguth, Genfergasse 3, 3011 Bern,
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gegen
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IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin
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Vorinstanz
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Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern
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(Entscheid vom 28. November 2001)
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Sachverhalt:
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A.
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Die 1943 geborene türkische Staatsangehörige Y.________ ist verheiratet und Mutter von sechs zwischen 1970 und 1988 geborenen Kindern. Am 27. Juli 1989 war sie im Rahmen des Familiennachzuges in die Schweiz eingereist. In der Zeit vom 19. März bis 31. Dezember 1990 arbeitete sie zu 100 % als Zimmermädchen im Hotel W.________. Von März bis Mai 1995 war sie aushilfsweise als Putzfrau bei der M.-Stiftung beschäftigt. Wegen Rückenbeschwerden meldete sich Y.________ am 13./18. Oktober 1995 bei der Invalidenversicherung zum Bezug einer Rente an. Nach durchgeführtem Abklärungsverfahren betrachtete die IV-Stelle Bern die Versicherte als nichterwerbstätige Hausfrau, ermittelte gestützt darauf einen Invaliditätsgrad von 34 % und verneinte mit Verfügung vom 16. Juni 1997 einen Leistungsanspruch. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern hob die angefochtene Verfügung mit Entscheid vom 20. April 1998 auf und wies die Sache an die IV-Stelle zu ergänzenden Abklärungen hinsichtlich der invalidenversicherungsrechtlichen Statusfrage und anschliessender Neuverfügung über den Rentenanspruch zurück.
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Im Rahmen der daraufhin eingeleiteten Abklärungen zog die IV-Stelle u.a. die Unterlagen des Regionalen Sozialdienstes, welcher die Familie Y.________ vom 1. Juni bis 31. August 1998 unterstützt hatte, die Akten der Arbeitslosenversicherung, wo Y.________ im Anschluss an ihr Arbeitsverhältnis mit dem Hotel W.________, bis und mit Mai 1991 verzeichnet war, sowie Unterlagen der Fremdenpolizei im Zusammenhang mit der erforderlichen Stellenantrittsbewilligung bei. Ferner holte sie diverse medizinische Unterlagen mitsamt einem Gutachten der Klinik und Poliklinik für Orthopädische Chirurgie des Spitals X.________ vom 1. November 2000 (dies in Ergänzung zum ersten Gutachten des Spitals X.________ vom 8. Oktober 1996) und schliesslich drei Abklärungsberichte Haushalt vom 2. September 1998, vom 10. Mai 1999 und vom 11. Dezember 2000 ein. Gestützt auf diese Abklärungen betrachtete die IV-Stelle Y.________ nunmehr als im Gesundheitsfall hypothetisch zu 50 % berufstätige Versicherte. In Anbetracht eines unveränderten Beeinträchtigungsgrades im Haushalt von 34 % und einer Erwerbseinbusse von 25 % (ermittelt durch einen 25%igen behinderungsbedingten Abzug vom Valideneinkommen, ausgehend von der Annahme, die Versicherte könne mit ärztlich attestierter 50%iger Arbeitsfähigkeit im Rahmen eines hälftigen Pensums grundsätzlich mit einigen limitierenden Faktoren tätig sein) ergab sich ein Invaliditätsgrad von 30 % (0,5 mal 25 % und 0,5 mal 34 %). Dementsprechend verfügte die IV-Stelle am 6. Februar 2001 und - nachdem sie diesen Verwaltungsakt aus formellen Gründen zurückgenommen hatte - am 13. März 2001 erneut die Ablehnung des Anspruches auf eine Invalidenrente.
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B.
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Das wiederum beschwerdeweise mit der Sache befasste Verwaltungsgericht des Kantons Bern schloss sich in der Festlegung der Statusfrage (Teilerwerbstätigkeit von 50 %) und der Invaliditätsbemessung der Auffassung der IV-Stelle an und wies die Beschwerde unter Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung ab (Entscheid vom 28. November 2001).
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C.
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Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt Y.________ beantragen, es sei ihr unter Aufhebung von kantonalem Gerichtsentscheid und Ablehnungsverfügung eine ganze, eventualiter eine halbe Invalidenrente seit wann rechtens zuzusprechen.
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Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
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1.
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1.1 In rechtlicher Hinsicht kann auf den vorinstanzlichen Entscheid verwiesen werden, der die Grundsätze zur Invaliditätsbemessung nach Art. 28 IVG in Verbindung mit Art. 25 ff. IVV zutreffend wiedergibt.
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1.2 Sowohl im Rahmen einer erstmaligen Prüfung des Rentenanspruches als auch anlässlich einer Rentenrevision (Art. 41 IVG) stellt sich unter dem Gesichtspunkt der Art. 4 und 5 IVG die Frage nach der anwendbaren Invaliditätsbemessungsmethode (Art. 28 Abs. 2 und Abs. 3 IVG in Verbindung mit Art. 27 f. IVV). Ob eine versicherte Person als ganztägig oder zeitweilig erwerbstätig oder als nichterwerbstätig einzustufen ist - was je zur Anwendung einer andern Methode der Invaliditätsbemessung (Einkommensvergleich, gemischte Methode, Betätigungsvergleich) führt -, ergibt sich aus der Prüfung, was die Person bei im Übrigen unveränderten Umständen täte, wenn keine gesundheitliche Beeinträchtigung bestünde. Diese Frage beurteilt sich praxisgemäss nach den Verhältnissen, wie sie sich bis zum Erlass der Verwaltungsverfügung entwickelt haben, wobei für die hypothetische Annahme einer im Gesundheitsfall ausgeübten (Teil-)Erwerbstätigkeit der im Sozialversicherungsrecht übliche Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erforderlich ist (BGE 125 V 150 Erw. 2c, 117 V 194 Erw. 3b, je mit Hinweisen).
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2.
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Für die Bestimmung der anwendbaren Bemessungsmethode stellt sich demzufolge die Frage, was die Beschwerdeführerin in ihrer Situation ohne gesundheitliche Beeinträchtigung tun würde.
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2.1 Nach den im Rückweisungsverfahren neu getroffenen Abklärungen hat die IV-Stelle der Verfügung vom 13. März 2001 zu Grunde gelegt, dass die Beschwerdeführerin ohne gesundheitliche Beeinträchtigung zu 50 % als Hilfsarbeiterin und zu 50 % im Haushalt tätig wäre. In Anwendung der gemischten Methode hat sie einen Invaliditätsgrad von 30 % ermittelt und das Leistungsbegehren abgewiesen.
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2.2 Das kantonale Gericht hat die im Rückweisungsverfahren neu getroffene Annahme der Verwaltung, die Versicherte wäre im Gesundheitsfall zu 50 % erwerbstätig, mit folgender Erwägung geschützt:
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"Die Beschwerdeführerin war nach ihrer Einreise in die Schweiz vom 19. März bis und mit 31. Dezember 1990 als Zimmermädchen im Hotel W.________, zu 100 % angestellt, obschon die beiden jüngsten Kinder, geb. 1979 und 1988, damals noch einer intensiveren Betreuung bedurften. Diese Anstellung wurde durch sie selber infolge des Umzuges nach Z.________ sowie der gesundheitlichen Probleme gekündigt.
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Gemäss den Akten der Arbeitslosenkasse besuchte die Beschwerdeführerin von Januar bis Mai 1991 die Stempelkontrolle. Sie wurde zwar durch das Arbeitsamt zur Arbeitsvermittlung angemeldet, weitere Bemühungen durch das RAV ergeben sich indessen nicht aus den Akten.
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Von 1992 bis 1994 war die Beschwerdeführerin gemäss Gutachten in einer nicht belastenden, wechselweise sitzenden und stehenden Tätigkeit zu 100 % arbeitsfähig. Für diese Zeit konnte sie jedoch keine Bemühungen um eine Arbeitsstelle nachweisen. Solches wird in der Beschwerde auch nicht geltend gemacht.
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Als Reaktion auf die Arbeitslosigkeit des Ehemannes der Beschwerdeführerin vom 1. April 1996 bis Ende Juni 1998 nahm die Beschwerdeführerin von März bis Mai 1996 eine Aushilfsarbeit (im Rahmen von 13 %) als Putzfrau bei der M.-Stiftung an, wobei sie insgesamt rund Fr. 1'410.- verdiente. Der Ehemann der Beschwerdeführerin erzielte im Verfügungszeitpunkt bei der Glas T.________ einen monatlichen Bruttolohn (inkl. Kinderzulagen) von Fr. 4'455.-.
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Die Beschwerdeführerin genoss weder eine Schul- noch eine Berufsausbildung und ist Analphabetin. Zudem beherrscht die Beschwerdeführerin einzig ihre Muttersprache. Im Haushalt der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes lebten bei Verfügungserlass zwei ihrer erwachsenen Kinder, A.________ und B.________, sowie die noch minderjährige Tochter C.________ (geb. 1988). Aus dem Abklärungsbericht Haushalt geht hervor, dass B.________ eine Lehre im Hotelfach absolviert. Ihr finanzieller Beitrag an den Haushalt beschränkt sich gemäss Gesuch um unentgeltliche Prozessführung auf Fr. 350.- pro Monat (Wohnkosten). Der Sohn A.________ übt offenbar keinen Beruf aus und beteiligt sich auch nicht an den Kosten des Haushaltes. Die jüngste Tochter C.________ besucht noch die Schule und benötigt die ihrem Alter entsprechende Betreuung . Im Zeitpunkt der IV-Anmeldung (1995) resp. im Verfügungszeitpunkt (2001) war die Beschwerdeführerin zudem bereits 52 resp. 58 Jahre alt."
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Unter Berücksichtigung all dieser Umstände, so die Vorinstanz weiter - insbesondere der Führung des fünfköpfigen Haushaltes, des Alters und der finanziellen Situation, - sei die Annahme der Beschwerdegegnerin, die Versicherte wäre ohne gesundheitliche Probleme mit einem Pensum von 50 % ausserhäuslich erwerbstätig, nicht zu beanstanden. Die Behauptung einer vollzeitlichen Erwerbstätigkeit erscheine jedenfalls auch mit Blick auf den fehlenden Nachweis von gewissen Arbeitsbemühungen nicht als überwiegend wahrscheinlich.
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2.3 Die Beschwerdeführerin indessen hält daran fest, dass sie als Nur-Erwerbstätige zu qualifizieren sei. Die Betrachtungsweise der Vorinstanz kritisiert sie im Wesentlichen unter Berufung auf zwei Urteile des Eidgenössischen Versicherungsgerichts, bei denen es ebenfalls um die Festlegung des Umfangs der Erwerbstätigkeit ohne Gesundheitsschaden von türkischen Staatsangehörigen und Müttern minderjähriger Kinder ging (Urteile F. vom 17. Januar 2001, I 15/99, und T. vom 15. März 2001, I 135/00).
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3.
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Wenn es auch, wie die Vorinstanz an sich zu Recht erwogen hat, im Rahmen der Angemessenheitskontrolle nicht darum geht, dass das Gericht sein Ermessen voraussetzungslos an die Stelle desjenigen der Verwaltung setzt, sondern dass dies nur geschehen kann, wenn triftige Gründe vorliegen, welche eine abweichende Ermessensausübung als nahe liegend erscheinen lassen (BGE 114 V 316 Erw. 5a und seitherige ständige Rechtsprechung), so hat die Vorinstanz doch einige aktenmässige Gegebenheiten ausser Acht gelassen, die in rechtlicher Hinsicht als bedeutsam genug erscheinen, um die Beschwerdeführerin als Vollerwerbstätige zu qualifizieren.
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3.1 Zurückzuweisen ist zunächst einmal der Hinweis auf die fehlende Schul- und Berufsausbildung, die Sprachunkundigkeit und den Analphabetismus der Beschwerdeführerin. Davon abgesehen, dass es sich dabei um völlig allgemeine Gesichtspunkte handelt, die erfahrungsgemäss gerade nicht gegen Erwerbsarbeit sprechen, werden doch solche Personen in der schweizerischen Wirtschaft zu Tausenden eingesetzt, hat die Versicherte selber bewiesen, dass sie trotz dieser Defizite zur Ausübung einer Vollzeitanstellung im Rahmen eines stabilen Arbeitsverhältnisses in der Lage war. Auch eine sprachunkundige Analphabetin kann als Zimmermädchen in einem Hotel arbeiten, wie dies, relativ kurze Zeit nach ihrer Einreise in die Schweiz, die Beschwerdeführerin vom 19. März 1990 bis 31. Januar 1991 (rechtliches Ende des Arbeitsverhältnisses) getan hat. Dass es wegen ihrer Sprachschwierigkeiten in der M.-Stiftung anscheinend zu Missverständnissen gekommen ist, widerlegt die vorgängig bewiesene Einsetzbarkeit in der Wirtschaft nicht. Die Beschwerdeführerin war im massgeblichen Prüfungszeitraum bis zur Ablehnungsverfügung vom 13. März 2001 denn auch nicht aus familiären Gründen an der Ausübung einer vollen Erwerbstätigkeit gehindert, da die Kinder damals schon weit überwiegend im Erwachsenenalter standen und selbständig waren. Dass sie zum Teil noch zu Hause wohnten (und dafür ein Kostgeld ablieferten), entspricht gerade bei türkischen Staatsangehörigen dem bei ihnen weit verbreiteten familiären Verständnis und der kulturell (-religiösen) Haltung, die es durchaus zulässt, dass die Eltern der erwachsenen aber noch bei ihnen wohnenden Kinder je ihrem Erwerb nachgehen. Die Einkommensverhältnisse schliesslich sprechen ebenfalls nicht gegen eine Beschränkung der ausserhäuslichen Erwerbstätigkeit der Ehefrau, war doch ihr Ehemann zeitweilig arbeitslos, die Familie fürsorgeabhängig und bedeuten selbst die schlussendlich erzielten rund Fr. 4500.- ein bescheidenes Familieneinkommen, das eine volle Erwerbstätigkeit der Ehepartnerin nicht ausschliesst.
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3.2 Vor allem aber ist der Auffassung von Verwaltung und Vorinstanz der Umstand entgegenzuhalten, dass die Beschwerdeführerin effektiv vollzeitlich erwerbstätig war, als sie vom invalidisierenden Gesundheitsschaden (Art. 4 IVG) betroffen wurde. Es ist aktenmässig belegt, dass es die im August 1990 aufgetretenen Beschwerden waren, welche - nebst anderen Gründen (weiter Arbeitsweg) - zur Aufgabe der an sich bewährten Anstellung als Zimmermädchen im Hotel W.________ führten, und dass diese Rückenbeschwerden in der Folge exazerbierten, sodass im Oktober 1991 ein operativer Eingriff vorgenommen werden musste. In der vor Invaliditätseintritt tatsächlich ausgeübten Erwerbstätigkeit liegt der für die Entscheidung der Statusfrage massgebliche, weil der Systematik der Art. 4 und 5 IVG entsprechende Gesichtspunkt, stellt doch das Gesetz für die Unterscheidung erwerbstätige/nichterwerbstätige Person in erster Linie darauf ab, ob die Versicherten vor Eintritt der Invalidität erwerbstätig oder nicht erwerbstätig waren und - im letzten Fall - die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht mehr zumutbar ist (Art. 5 Abs. 1 IVG). Die in Erw. 1.2 hievor erwähnte Rechtsprechung zum hypothetischen Nachweis, der im Gesundheitsfall ausgeübten (Teil-) Erwerbstätigkeit ändert an Art. 5 Abs. 1 IVG nichts, sondern hat ihre Bedeutung dort, wo der gesetzliche Anknüpfungspunkt einer im Zeitpunkt des Eintritts des invalidisierenden Gesundheitsschadens ausgeübten Erwerbstätigkeit fehlt, die betreffende Person somit kraft Art. 5 Abs. 1 IVG als Nichterwerbstätige gilt, ihr jedoch der Wahrscheinlichkeitsbeweis offen stehen soll, dass sie trotzdem als Erwerbstätige zu betrachten ist.
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3.3 Wenn Vorinstanz und Verwaltung der Beschwerdeführerin vorhalten, sie habe sich in den folgenden Jahren (1992 bis 1995) - von wenigen Ausnahmen abgesehen - nie ernsthaft um eine ausserhäusliche Erwerbstätigkeit bemüht, geschweige denn um eine Ganztagesstelle, obwohl sie hiezu gesundheitlich in der Lage gewesen wäre, muss dem entgegen gehalten werden, dass nach sämtlichen verfügbaren medizinischen Berichten, insbesondere auch den Verlaufsberichten des Spitals X.________, zwar wohl die Kreuzschmerzen postoperativ zurückgingen, dass aber die Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule und die Beinschmerzen nach wie vor andauerten. Damit ist der Beschäftigungsverlauf in dieser Zeit durch den Gesundheitsschaden und seine subjektive Verarbeitung durch die Beschwerdeführerin gekennzeichnet, weshalb daraus nichts für den hypothetischen Verlauf im Gesundheitsfall abgeleitet werden kann, auf den es für die Statusfrage aber ankommt.
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3.4 Zusammengefasst ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin sich im Rahmen des fremdenpolizeilichen Familiennachzuges sehr rasch um eine Erwerbstätigkeit bemüht hatte, wie die Unterlagen der Fremdenpolizei beweisen, und dass sie danach während fast einem Jahr eine Vollzeittätigkeit ausübte, bevor sie vom Gesundheitsschaden betroffen wurde. Die nachfolgende Entwicklung ist invaliditätsbedingt geprägt und kann nicht als Argument verwendet werden, die Beschwerdeführerin auf dem Status der Nichterwerbstätigkeit zu behaften, den ihr Hausarzt offensichtlich in Unkenntnis der Verhältnisse - für sie als Analphabetin bei der Ausfüllung der IV-Anmeldung behilflich - dort angab. Nach den gesamten Umständen ist daher mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Versicherte ohne den Gesundheitsschaden zu 100 % erwerbstätig wäre.
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4.
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Wird die Beschwerdeführerin für die Invaliditätsbemessung als Erwerbstätige qualifiziert, ist der Invaliditätsgrad nach der Einkommensvergleichsmethode zu ermitteln. Gemäss Art. 28 Abs. 2 IVG wird demzufolge das Erwerbseinkommen, das die Versicherte nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre.
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4.1 Was zunächst die zumutbare Arbeitsfähigkeit im Zeitpunkt des Verfügungserlasses anbelangt, gehen alle Beteiligten zu Recht vom Gutachten der Klinik und Poliklinik für Orthopädische Chirurgie, Spital X.________, vom 1. November 2000 aus. Demzufolge ist die Beschwerdeführerin als Raumpflegerin nicht mehr einsetzbar, wohingegen ihr für der gesundheitlichen Situation angepasste leichtere körperliche Tätigkeiten (ohne Heben von schweren Lasten über Schulterhöhe; mit Möglichkeit des Positionswechsels und nicht zu langen Gehstrecken) eine 50%ige Arbeitsfähigkeit attestiert werden kann.
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4.2 Zu prüfen bleiben die erwerblichen Auswirkungen der Einschränkung der Arbeitsfähigkeit.
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4.2.1 Bei der Ermittlung des Erwerbseinkommens, welches die versicherte Person ohne invalidisierenden Gesundheitsschaden erzielen könnte (Valideneinkommen), ist entscheidend, was sie im massgebenden Zeitpunkt aufgrund ihrer beruflichen Fähigkeiten und persönlichen Umstände nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit verdient hätte (RKUV 1993 Nr. U 168 S. 100 f. Erw. 3b mit Hinweis). Da die Beschwerdeführerin seit ihrer Einreise in die Schweiz im Jahre 1989 nur während rund 10 Monaten bis Ende 1990 effektiv vollzeitlich erwerbstätig gewesen ist und dies relativ lange zurückliegt, hat die IV-Stelle für die Ermittlung des Validenlohnes die Schweizerische Lohnstrukturerhebung 1998 beigezogen. Davon ausgehend, dass die Versicherte leichte und intellektuell nicht anspruchsvolle Arbeiten verrichten kann, hat sie dabei zu Recht auf den durchschnittlichen monatlichen Bruttolohn ("Total") für Frauen bei einfachen und repetitiven Tätigkeiten (Anforderungsniveau des Arbeitsplatzes 4) im privaten Sektor (LSE 1998, TA 1, S. 25) abgestellt (RKUV 2001 Nr. U 439 S. 347). Das monatliche Bruttoeinkommen von Fr. 3505.- hat sie auf eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden umgerechnet und unter Berücksichtigung des 50 %-Pensums ein Jahreseinkommen von Fr. 22'082.- ermittelt. Dieses Vorgehen ist nicht bestritten und grundsätzlich nicht zu beanstanden. Zu Recht hat jedoch die Vorinstanz der Berechnung für 1998 eine betriebsübliche durchschnittliche Arbeitszeit von wöchentlich 41,9 statt 42 Stunden (Die Volkswirtschaft, 5/2002, S. 80 Tabelle B 9.2) zu Grunde gelegt und das jährliche Valideneinkommen auf Fr. 22'029.- korrigiert, was bei einer Vollzeitstelle ein Valideneinkommen von Fr. 44'058.- pro Jahr ergibt.
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4.2.2 Was die Bestimmung des trotz Gesundheitsschädigung zumutbarerweise noch realisierbaren Einkommens (Invalideneinkommen) anbelangt, sind Verwaltung und Vorinstanz mit dem Heranziehen von Tabellenlöhnen grundsätzlich ebenfalls richtig vorgegangen, hat doch die Beschwerdeführerin seit Eintritt des Gesundheitsschadens keine neue Erwerbstätigkeit aufgenommen (BGE 124 V 322 Erw. 3b/aa mit Hinweisen). Nicht zu beanstanden ist sodann in Anbetracht der leidensbedingten Einschränkungen und des Alters der Beschwerdeführerin auch der höchstzulässige Abzug vom Tabellenlohn von 25 % (vgl. BGE 126 V 79 Erw. 5b/aa und cc). Im Gegensatz zur Berechnung der Verwaltung ist jedoch - wie beim Valideneinkommen - für 1998 von einer betriebsüblichen durchschnittlichen Arbeitszeit von wöchentlich 41,9 Stunden auszugehen. Zieht man wiederum den durchschnittlichen monatlichen Bruttolohn ("Total") für Frauen bei einfachen und repetitiven Tätigkeiten im privaten Sektor in der Höhe von Fr. 3505.- (LSE 1998, TA 1, S. 25) bei und rechnet ihn auf eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 41,9 Stunden um, ergibt sich unter Berücksichtigung der nur 50%igen Arbeitsfähigkeit ein jährliches Einkommen von Fr. 22'029.- und nach Vornahme eines Abzuges von 25 % ein Invalideneinkommen von Fr. 16'522.-. Aus dem Vergleich mit dem Valideneinkommen von Fr. 44'058.- resultiert so ein Invaliditätsgrad von 62,5 %, was Anspruch auf eine halbe Invalidenrente gibt. Daran ändert nichts, wenn - wie dies die Beschwerdeführerin verlangt - nicht von einer 50%igen Arbeitsfähigkeit, sondern von 20 zumutbaren Arbeitsstunden pro Woche ausgegangen wird. Mit diesem Arbeitspensum würde sich das jährliche Invalideneinkommen auf Fr. 21'030.-, unter Berücksichtigung eines Abzuges von 25 % auf Fr. 15'772.- belaufen. Aus dem Vergleich mit dem Valideneinkommen ergäbe sich diesfalls ein Invaliditätsgrad von 64,2 %, was für den Anspruch auf eine ganze Rente ebenfalls nicht ausreichen würde.
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5.
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Im vorliegenden Verfahren geht es um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen, weshalb von der Auferlegung von Gerichtskosten abzusehen ist (Art. 134 OG). Dem Prozessausgang entsprechend ist der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 135 in Verbindung mit Art. 159 OG). Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung erweist sich damit als gegenstandslos.
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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1.
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In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 28. November 2001 und die Verfügung der IV-Stelle Bern vom 13. März 2001 mit der Feststellung aufgehoben, dass die Beschwerdeführerin Anspruch auf eine halbe Invalidenrente hat. Soweit weitergehend, wird die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abgewiesen.
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2.
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Die Sache wird an die IV-Stelle Bern zurückgewiesen, damit sie in betraglicher und zeitlicher Hinsicht über den Anspruch auf eine halbe Invalidenrente verfüge.
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3.
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Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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4.
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Die IV-Stelle Bern hat der Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500.- zu bezahlen.
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5.
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Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wird über eine Neuverlegung der Parteikosten für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben.
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6.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, der Ausgleichskasse des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
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Luzern, 13. November 2002
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Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
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Der Präsident der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
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