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Informationen zum Dokument  BGer 2P.16/2004  Materielle Begründung
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BGer 2P.16/2004 vom 23.03.2004
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2P.16/2004
 
Urteil vom 23. März 2004
 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
 
Bundesrichter Hungerbühler,
 
Ersatzrichterin Stamm Hurter,
 
Gerichtsschreiberin Diarra.
 
Parteien
 
1. D.X.________
 
2. J.X.________,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch
 
Advokat Peter Jossen-Zinsstag,
 
gegen
 
Steuerverwaltung des Kantons Wallis,
 
Bâtiment Planta 577, Postfach 351, 1951 Sitten,
 
Kantonsgericht Wallis, Öffentlichrechtliche Abteilung, Justizgebäude, 1950 Sitten.
 
Gegenstand
 
Art. 9 und 26 BV (Grundstückgewinnsteuer,
 
gesetzliches Pfandrecht),
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil
 
des Kantonsgerichts Wallis, Öffentlichrechtliche Abteilung, vom 11. Dezember 2003.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
A.Y.________ verkaufte am 11. Dezember 1991 die acht Rebparzellen Nr. 11, 12, 13, 14, 21, 22, 23 und 25 auf dem Gebiet der Gemeinde G.________ zum Preis von Fr. 189'950.-- an R.X.________. Mit Verwaltungsverfügung vom 22. Oktober 1992 wurde der steuerbare Gewinn auf Fr. 75'112.-- und der Steuerbetrag auf Fr. 30'044.80 festgelegt. Mit Entscheid vom 18. November 1998 hiess die Steuerrekurskommission des Kantons Wallis (nachfolgend: Steuerrekurskommission) die von A.Y.________ dagegen eingereichte Beschwerde teilweise gut und setzte den steuerbaren Grundstücksgewinn auf Fr. 69'203.70 und den Steuerbetrag auf Fr. 24'913.30 herab.
 
In der Folge versuchte das Finanz- und Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Wallis erfolglos, die von A.Y.________ geschuldete Grundstückgewinnsteuer einzutreiben. Am 21. März 2000 wurde dem Finanz- und Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Wallis vom Betreibungsamt Siders ein Pfändungsverlustschein für den in Betreibung gesetzten Grundstückgewinnsteuerbetrag ausgestellt.
 
B.
 
Am 10. Mai 2000 erliess das Finanz- und Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Wallis, Kantonale Steuerverwaltung, gegenüber den Erben von R.X.________, D, J. und M.X.________, Pfandrechtsverfügungen, worin sie feststellte, dass auf den genannten Grundstücken ein gesetzliches, nicht eingetragenes Grundpfandrecht für die Grundstückgewinnsteuer im Gesamtbetrag von Fr. 24'913.30 laste. Gleichzeitig wurde der entsprechende Betrag in Rechnung gestellt. Die gegen diese Verfügungen gerichtete Einsprache wies die Kantonale Steuerverwaltung mit Entscheid vom 13. Juni 2000 ab. Dagegen erhoben D., J. und M.X.________ Beschwerde bei der Steuerrekurskommission des Kantons Wallis. Kurz nach Beschwerdeerhebung verstarb M.X.________. Am 24. September 2003 wies die Steuerrekurskommission des Kantons Wallis die Beschwerde ab. Mit Urteil vom 11. Dezember 2003 bestätigte das Kantonsgericht Wallis, Öffentlichrechtliche Abteilung, diesen Entscheid.
 
C.
 
Mit Eingabe vom 19. Januar 2004 führen D. und J.X.________ staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht wegen Verletzung des Willkürverbotes und der Eigentumsgarantie. Sie beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben. Gleichzeitig stellen sie das Gesuch um aufschiebende Wirkung.
 
Das Kantonsgericht Wallis, Öffentlichrechtliche Abteilung, schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Die Steuerverwaltung des Kantons Wallis hat in ihrer Vernehmlassung auf einen Antrag verzichtet.
 
D.
 
Mit Verfügung vom 4. Februar 2004 wies der Abteilungspräsident das Gesuch um aufschiebende Wirkung ab.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit der bei ihm eingereichten Beschwerden von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 129 I 185 E. S. 88, mit Hinweis).
 
1.1 Die Beschwerde richtet sich gegen einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid, der beim Bundesgericht nur mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden kann (Art. 84 Abs. 2, Art. 6 Abs. 1 und 87 OG). Die staatsrechtliche Beschwerde ist daher zulässig. Als Eigentümer der pfandbelasteten Grundstücke sind die Beschwerdeführer in ihren rechtlich geschützten eigenen Interessen betroffen und zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert (Art. 88 OG).
 
1.2 Die staatsrechtliche Beschwerde muss die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene, und soweit möglich, belegte Rügen (BGE 110 Ia 1 E. 2a S. 3; 129 I 185 E. 1.6 S. 189, je mit Hinweisen). Wird eine Verletzung des Willkürverbotes (Art. 9 BV) geltend gemacht, genügt es nicht, wenn die Beschwerdeführer bloss den angefochtenen Entscheid kritisieren, wie sie dies in einem appellatorischen Verfahren tun könnten, bei dem die Rechtsmittelinstanz die Rechtsanwendung frei überprüfen kann. Sie müssen deutlich dartun, welche Vorschriften oder allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze die kantonalen Behörden in einer gegen Art. 9 BV verstossenden Weise verletzt haben sollen (BGE 117 Ia 10 E. 4b S. 11 f.). Soweit die vorliegende Beschwerdeschrift diesen Anforderungen nicht genügt und sich - über weite Strecken - in appellatorischer Kritik erschöpft, ist darauf nicht einzutreten.
 
2.
 
2.1 Die Beschwerdeführer sehen eine Verletzung des Willkürverbotes und der Eigentumsgarantie darin begründet, dass die "Vermögenswerte des Steuerschuldners geschont würden und die Steuerbehörden den bequemen Weg des Inkassos gegenüber den Beschwerdeführern" gingen. Bevor eine kantonale Steuerverwaltung im Rahmen des gesetzlichen nicht eingetragen Grundpfandrechtes die Käuferschaft zur Bezahlung anhalten dürfe, müsse aus Gründen des verfassungsmässigen Willkürverbotes alles versucht werden, die Steuerschuld beim Steuerpflichtigen einzuverlangen. Sowohl der Nachlass der Eltern der Ehegattin des Veräusserers als auch der Nachlass der Eltern des Veräusserers seien im Inkassoverfahren nicht berücksichtigt worden.
 
2.2 Willkürlich ist ein Entscheid nicht schon dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, sondern erst dann, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einem unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Willkür liegt sodann nur vor, wenn nicht bloss die Begründung eines Entscheides, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist (BGE 127 I 54 E. 2b S. 56).
 
2.3 Das Kantonsgericht erkannte, dass gemäss Art. 47 des Steuergesetzes des Kantons Wallis vom 10. März 1976 in der Fassung vom 27. Juni 2000 (StG) der Veräusserer für die Grundstückgewinnsteuer steuerpflichtig sei und die Bestimmungen des Steuergesetzes betreffend die Grundstückgewinnsteuer weder ein anderes Steuersubjekt als den Veräusserer noch eine solidarische Mithaftung von Drittpersonen (wie des Ehegatten oder von Verwandten in gerader Linie) für die Steuerschuld vorsähen. Die Beschwerdeführer würden mit ihrem Einwand, auch der Anspruch der Ehegattin des Steuerpflichtigen aus unverteilter Erbschaft sei für die Tilgung der Steuerschuld beizuziehen, offensichtlich verkennen, dass nur Vermögenswerte, die rechtlich dem Schuldner gehören, gepfändet werden können, was bei einem Erbanspruch des Ehegatten nicht der Fall sei. Zudem würde der angebliche Anspruch des Steuerpflichtigen aus unverteilter Erbschaft im Widerspruch zu den vom Betreibungsamt Siders am 21. März 2000 ausgestellten Pfändungsverlustschein stehen, wonach der Steuerpflichtige über kein pfändbares Vermögen verfüge, womit die Uneinbringlichkeit der Steuerforderung rechtsgenüglich festgestellt worden sei.
 
2.4 Die Beschwerdeführer setzen sich mit diesen Ausführungen des Kantonsgerichtes nicht rechtsgenüglich auseinander; sie erschöpfen sich in appellatorischer Kritik und begnügen sich damit, der Auslegung des Gerichtes ihre eigene, abweichende Auffassung entgegenzuhalten, ohne in hinreichender Weise darzutun, dass und wieso die Argumentation des Kantonsgerichtes offensichtlich falsch sein sollte. Auf die kantonale Steuerrechtsnorm (Art. 47 StG) gehen sie überhaupt nicht ein. Insoweit ist auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht einzutreten (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Im Übrigen vermöchten die betreffenden Rügen, wenn auf sie einzutreten wäre, nicht durchzudringen. Das Kantonsgericht durfte ohne Willkür davon ausgehen, dass nach kantonalem Recht der Veräusserer allein Steuersubjekt für die Grundstückgewinnsteuer sei und demzufolge nur Vermögenswerte, die ihm rechtlich gehörten, gepfändet werden können (vgl. Kurt Amonn/Fridolin Walther, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 7. Auflage, Bern 2003, § 23 N. 2, S. 166). Auch kann kein Verstoss gegen das Willkürverbot gesehen werden im Umstand, dass das Kantonsgericht zum Schluss kam, der Pfändungsverlustschein habe rechtsgenüglich zum Ausdruck gebracht, dass beim Veräusserer die Steuerforderung uneinbringlich sei, zumal nicht erforderlich ist, dass zuvor das Gemeinwesen die Eintreibung der Steuerforderung beim originären Steuerschuldner auf dem Wege der ordentlichen Betreibung auf Pfändung, nach Art. 88 ff. SchKG, zu versuchen hat, oder dass die Insolvenz des Steuerschuldners in einem Verlustschein festgehalten ist (Armin Zucker, Das Steuerpfandrecht in den Kantonen, Diss. Zürich, 1988, S. 114 f., 133 f.; vgl. auch BGE 84 III 67). Deshalb ist es auch unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden, wenn sich die Steuerbehörden mit dem Verlustschein begnügt haben und nicht noch weitere rechtliche Schritte zur Feststellung allfälliger Vermögenswerte des Veräusserers unternommen haben.
 
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer reicht der Vorwurf, die kantonalen Behörden hätten jahrelang nichts und schliesslich nicht alles versucht, um den geschuldeten Steuerbetrag beim Veräusserer einzutreiben bzw. dessen Vermögen sicherzustellen, nicht aus, die Rüge der Willkür zu begründen. Es trifft zwar zu, dass der Grundstückgewinn bereits am 22. Oktober 1992 veranlagt wurde. Diese Veranlagung wurde jedoch vom Veräusserer angefochten, so dass der zu entrichtende Grundstückgewinnsteuerbetrag erst mit dem Einspracheentscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Wallis vom 30. November 1998 rechtskräftig festgelegt wurde. Wenn die kantonale Steuerbehörde in der Folge am 22. April 1999 den Veräusserer aufforderte, den ausstehenden Betrag zu begleichen und hernach die Betreibung gegen ihn einleitete, aus welcher der Pfändungsverlustschein vom 21. März 2000 resultierte, so kann nicht gesagt werden, sie hätte das Inkassoverfahren in geradezu stossender Weise verzögert und sei in Willkür verfallen. Entgegen der Meinung der Beschwerdeführer können sie auch aus dem Umstand, dass sie als Erben des Käufers in das vorliegende Verfahren geraten sind, nichts zu ihren Gunsten ableiten. Es ist dem Wesen des Steuerpfandrechtes inhärent, dass es gegebenenfalls nicht das Vermögen des Steuerschuldners, sondern dasjenige eines Dritten belastet; gerade in diesem Fall kommt seine Funktion als Sicherungsmittel zur Geltung (Urteil 2P.332/2001 vom 30. April 2002 E. 3.3).
 
2.5 Auf die gleichzeitig in diesem Zusammenhang erhobene Rüge der Verletzung der Eigentumsgarantie kann, da eine weitergehende Begründung, inwiefern das angefochtene Urteil diese verletzt, fehlt, nicht eingetreten werden (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG).
 
3.
 
3.1 Die Beschwerdeführer machen geltend, dass spätestens mit dem Antritt der Erbschaft der Ehegatten X.________ die Verjährung der Steuerforderung gegenüber den Beschwerdeführern eingetreten sei.
 
3.2 Das Kantonsgericht hat sich im angefochtenen Entscheid eingehend mit der Frage der Verjährung befasst. Die Beschwerdeführer setzen sich mit diesen Ausführungen nicht auseinander. Der von ihnen vorgebrachte Einwand, die kantonalen Bestimmungen über den Eintritt der Verjährung seien unklar, vermag den Vorwurf der Willkür nicht zu belegen. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass die Verjährungsfrist im vorliegenden Fall beinahe ausgeschöpft worden ist (Verjährungseintritt am 1. Januar 2004), könnte nicht von einem geradezu stossenden Ergebnis die Rede sein (Urteil 2P.374/1994 vom 31. März 1995 E. 3c). Die erhobene Willkürrüge erweist sich damit, soweit sie überhaupt rechtsgenüglich begründet ist (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG), als nicht stichhaltig.
 
4.
 
Dies führt zur Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend werden die Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und Art. 153a OG). Parteientschädigungen sind nicht zuzusprechen (Art. 159 Abs. 2 OG analog).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird den Beschwerdeführern unter Solidarhaft auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Steuerverwaltung des Kantons Wallis und dem Kantonsgericht Wallis, Öffentlichrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 23. März 2004
 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
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