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Informationen zum Dokument  BGer 6S.51/2003  Materielle Begründung
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BGer 6S.51/2003 vom 01.04.2004
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
6S.51/2003
 
6P.167/2003 /kra
 
Urteil vom 1. April 2004
 
Kassationshof
 
Besetzung
 
Bundesrichter Schneider, Präsident,
 
Bundesrichter Wiprächtiger, Zünd,
 
Gerichtsschreiber Briw.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Vitus Gmür,
 
gegen
 
6P.167/2003
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8023 Zürich,
 
Kassationsgericht des Kantons Zürich, Postfach 4875, 8022 Zürich,
 
und
 
6S.51/2003
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8023 Zürich.
 
Gegenstand
 
6P.167/2003
 
Art. 9 und 29 Abs. 1 und 2 BV (Strafverfahren; Willkür, Verweigerung des rechtlichen Gehörs),
 
6S.51/2003
 
Verwahrung (Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB),
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 17. November 2003 (6P.167/2003) und Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 30. Oktober 2002; SB010578 (6S.51/2003).
 
Sachverhalt:
 
A.
 
X.________ wurde angeklagt, bei einem Hafturlaub mit drei Mitbeteiligten am 5. März 2000 in Zürich eine Frau im Auto zu einem abgelegenen Schützenhaus entführt und dort vergewaltigt zu haben.
 
B.
 
Das Bezirksgericht des Kantons Zürich sprach am 7. September 2001 X.________ schuldig der mehrfachen Vergewaltigung gemäss Art. 190 Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 200 StGB, teilweise i.V.m. Art. 21 Abs. 1 StGB, sowie der Freiheitsberaubung gemäss Art. 183 Ziff. 1 Abs. 2 StGB. Es bestrafte ihn mit 9 Jahren Zuchthaus, verwahrte ihn (Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB) und schob den Vollzug der Freiheitsstrafe auf (Art. 43 Ziff. 2 Abs. 1 StGB).
 
Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte am 30. Oktober 2002 dieses Urteil im Schuld-, Straf- und Massnahmepunkt.
 
Das Kassationsgericht des Kantons Zürich wies am 17. November 2003 eine Nichtigkeitsbeschwerde von X.________ ab, soweit es auf sie eintrat.
 
C.
 
X.________ erhebt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, den Beschluss des Kassationsgerichts aufzuheben und das Verfahren an dieses zurückzuweisen, sowie eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts in Ziff. 3 des Dispositivs (Anordnung einer Verwahrung) aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an dieses zurückzuweisen. Er beantragt in beiden Rechtsmitteln die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
 
Das Obergericht des Kantons Zürich verzichtet auf eine Stellungnahme.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
I. Staatsrechtliche Beschwerde
 
1.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde ist grundsätzlich kassatorisch. Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten, soweit der Beschwerdeführer mehr als die Aufhebung beantragt (vgl. BGE 124 I 327 E. 4a).
 
2.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde muss gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft nur klar und einlässlich erhobene Rügen und wendet das Recht nicht von Amtes wegen an (BGE 127 I 38 E. 3c). Es tritt auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid nicht ein (BGE 125 I 492 E. 1b).
 
Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung von Art. 9 und 29 Abs. 1 und 2 BV sowie von Art. 8 EMRK geltend (Beschwerde S. 3). Auf die Rügen einer Verletzung von Art. 29 Abs. 1 BV (Missachtung des Gebots rechtsgleicher Behandlung; Beschwerde S. 14) und von Art. 8 EMRK ist mangels genügender Begründung nicht einzutreten. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs im Sinne von Art. 29 Abs. 2 BV begründet der Beschwerdeführer lediglich mit pauschalen Hinweisen; das erscheint weitgehend als appellatorisch. Er bringt ferner mehrmals vor, das Kassationsgericht habe festgehalten, er habe seine Beschwerde nicht genügend substanziiert oder sich mit dem obergerichtlichen Urteil nicht auseinander gesetzt (Beschwerde S. 7, 11, 13, 14, 15). Er macht indessen keine Verletzung kantonalen Rechts geltend und zeigt nicht auf, inwiefern dieses verfassungswidrig angewendet worden wäre. Insoweit ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
 
Das Bundesgericht prüft frei, ob das Kassationsgericht auf eine in einer kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde gegen ein Urteil des Obergerichts vorgebrachte Rüge der willkürlichen Beweiswürdigung hin zu Unrecht Willkür verneint und diese Verfassungsverletzung nicht behoben hat. Diese Prüfung läuft auf die Beurteilung hinaus, ob das Obergericht die Beweise willkürlich gewürdigt hat. Trifft dies zu, hätte das Kassationsgericht Willkür bejahen müssen, und im gegenteiligen Fall hat es zu Recht Willkür verneint (ausführlich BGE 125 I 492 E. 1a/cc).
 
3.
 
Der Beschwerdeführer bringt unter verschiedenen Gesichtspunkten vor, er habe vor dem Kassationsgericht gerügt, das Obergericht habe die Therapiebedürftigkeit nicht umfassend abgeklärt, sondern auf das in diesem Punkt mangelhafte Gutachten abgestellt. Insbesondere seien eine womöglich vorhandene hirnorganische Störung und ihre Auswirkung auf sein Sexualverhalten sowie eine geeignete Therapie nicht abgeklärt worden. Er habe eine solche Abklärung verlangt und ersucht, die Frage einem Fachmann für Neurologie und nicht einem Psychiater vorzulegen (Beschwerde S. 4 - 11).
 
3.1 Der Beschwerdeführer bestreitet zu Unrecht die Fachkompetenz des psychiatrischen Gutachters zur Abklärung der neurologischen Fragen. Auch hirnorganische Störungen gehören in den Fachbereich der psychiatrischen Begutachtung (vgl. Norbert Nedopil, Forensische Psychiatrie, 2. Aufl., Stuttgart 2000, S. 85 ff.). Die Bedingungsfaktoren einer dissozialen Persönlichkeitsstörung sind sowohl in einer genetischen Prädisposition wie in neurologischen Defiziten, vor allem aber in Störungen der psychosozialen Entwicklung zu sehen (Nedopil, a.a.O., S. 153). Diese Faktoren werden im Gutachten ausführlich behandelt. Eine orientierende körperliche und neurologische Untersuchung ist Bestandteil der gutachterlichen psychiatrischen Untersuchung. Zusätzliche Untersuchungen, auch apparative Verfahren, werden nur durchgeführt, wenn von ihnen weitere Informationen zu erwarten sind (Klaus Foerster und Peter Winckler, Forensisch-psychiatrische Untersuchung, in: Venzlaff/Foerster, Psychiatrische Begutachtung, 3. Aufl., München 2000, S. 82 und 87; Wilfried Rasch, Forensische Psychiatrie, 2. Aufl., Berlin 1999, S. 332).
 
3.2 Hinsichtlich einer neurologischen Abklärung führt das Kassationsgericht aus, der Beschwerdeführer bemängle in diesem Kontext nicht, dass das Gutachten falsch oder unvollständig sei. Er verlange nicht, dass das vorliegende Gutachten ergänzt oder verbessert werde oder ein Obergutachten zu erstellen sei. Ob aber die vom Beschwerdeführer genannten Umstände ein Gutachten erheischten, sei eine Frage des Bundesrechts, die mit Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht zu rügen wäre. Insofern sei auf die Beschwerde nicht einzutreten (angefochtener Beschluss S. 6).
 
Der Beschwerdeführer behauptet, er habe klar und deutlich vorgebracht, das Gutachten sei unter diesem Aspekt mangelhaft, und es müsse ein Fachmann für Neurologie beigezogen werden. Diesen Antrag habe er mit den enormen Fortschritten in der Neurologie und den von daher sich ergebenden Möglichkeiten, solche Probleme anzugehen, begründet (Beschwerde S. 8).
 
Damit ficht der Beschwerdeführer den Nichteintretensentscheid selber nicht an. Die Frage, wie die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde zu verstehen ist, kann offen bleiben. Der Beschluss des Kassationsgerichts ist im Ergebnis jedenfalls nicht verfassungswidrig. Wie es ausführt, beurteilt sich die Frage, ob ein Gutachten anzuordnen ist, nach Bundesrecht. Vorliegend wurde ein Gutachten erstellt. Ob das Gutachten ausreichend oder mangelhaft ist, ist als Frage der Beweiswürdigung (BGE 106 IV 97 E. 2b) nachfolgend zu prüfen.
 
3.2.1 Das Gericht würdigt ein Gutachten grundsätzlich frei. Es darf in Fachfragen nicht ohne triftige Gründe vom Gutachten abweichen und muss Abweichungen begründen. Das Abstellen auf nicht schlüssige Gutachten kann gegen Art. 9 BV verstossen, wenn gewichtige, zuverlässig begründete Tatsachen oder Indizien die Überzeugungskraft des Gutachtens ernstlich erschüttern. Willkür liegt vor, wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen, auf einem offenkundigen Fehler beruhen oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderlaufen. Dabei genügt es nicht, wenn das Urteil sich nur in der Begründung als unhaltbar erweist; eine Aufhebung rechtfertigt sich erst, wenn es im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 129 I 49 E. 4; 128 I 81 E. 2 mit Hinweisen).
 
3.2.2 Das Obergericht beurteilte die Verwahrung aufgrund eines Gutachtens vom 5. Juni 2001 (kantonale Akten, act. 40/13/2) und einer Ergänzung zum Gutachten vom 16. August 2001 (act. 40/13/6). Nach dem Gutachten ergaben sich keinerlei Hinweise auf körperlich-neurologische Leiden oder Symptome, die in einem relevanten Zusammenhang mit den hier zu beantwortenden Fragen stehen könnten (Gutachten S. 101). Die Ergänzung des Gutachtens erfolgte aufgrund von Beweisanträgen des Beschwerdeführers. Er verlangte gestützt auf drei Textpassagen des Gutachtens eine nähere, insbesondere neurologische Abklärung der vom Gutachter angedeuteten Möglichkeit einer hirnorganischen Schädigung bzw. eines Intelligenzdefekts organischen Ursprungs und weiter die Beantwortung der Fragen, ob sich im Falle einer solchen Schädigung relevante Schlussfolgerungen für den psychiatrischen Befund ergäben und ob eine medikamentöse Behandlung des Schadens möglich und angezeigt sei (Urteil des Obergerichts S. 70; act. 40/13/4). Der Gutachter führte in der Beantwortung aus, dass zusätzliche Untersuchungen in Bezug auf die im Gutachten zu beantwortenden Fragen keinen weiteren, relevanten Erkenntnisgewinn erwarten liessen. Beim Beschwerdeführer lägen eindeutig nicht gravierende hirnorganische Beeinträchtigungen vor. Sowohl für die Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit, der Legalprognose als auch für die Frage nach allfälligen therapeutischen Massnahmen seien allein die beschriebene Symptomatik bzw. die Persönlichkeitsstruktur und die beobachtbaren Verhaltensweisen von entscheidender Bedeutung. Eine Änderung der therapeutischen Strategien sowie eine Veränderung der zu stellenden Prognose oder der Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit würden sich hieraus nicht ergeben. Die relevanten Persönlichkeitsmerkmale könnten ausreichend sicher beschrieben und diagnostiziert werden (act. 40/13/6). Das Obergericht sah keinen Anlass für ein Abweichen von den gutachterlichen Schlussfolgerungen (Urteil des Obergerichts S. 71).
 
3.2.3 Somit wurden die Fragen einer möglichen hirnorganischen Schädigung oder einer möglichen hirnorganischen Komponente der Störung sowie einer Therapiemöglichkeit unter diesem Gesichtspunkt vom Gutachter nochmals gesondert beantwortet. Danach ist von zusätzlichen Untersuchungen, die allerdings möglich sind, kein weiterer, relevanter Erkenntnisgewinn zu erwarten. Der Richter kann das Beweisverfahren schliessen, wenn er aufgrund bereits abgenommener Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen kann, dass seine Überzeugung durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert würde (BGE 115 Ia 97 E. 5b; 122 II 464 E. 4a).
 
Die Einwände des Beschwerdeführers sind nicht stichhaltig. So lässt sich mit der Tatsache, dass in der Neurologie Fortschritte stattfinden, keine Mangelhaftigkeit des Gutachtens begründen. Hinsichtlich seiner Hinweise, er habe vor den Taten einen "heissen Kopf" bekommen bzw. er habe seinen "Kopf nicht mehr kontrollieren" können (Beschwerde S. 6), verweist das Kassationsgericht auf die Tendenz, Verantwortung auf andere abzuwälzen, und tritt auf die Beschwerde nicht weiter ein (angefochtenes Urteil S. 7). Das Obergericht beurteilt diese Fragen (Abwälzung der Verantwortung, Tatverhalten, mögliche Störung der Impulskontrolle; angefochtenes Urteil S. 64 ff., 68 f., 71). Der Gutachter behandelt die deliktspezifischen Einflussfaktoren ausführlich. Dabei weist er auf eine Störung der Impulskontrolle hin und stellt fest, die Tatdynamik entspreche der grundsätzlichen Persönlichkeitsdisposition in ihrer spezifischen sexualitätsrelevanten Ausprägung (Gutachten S. 77 ff., 92, 93). Die geltend gemachte "Unkontrollierbarkeit" (Beschwerde S. 7) ist somit Bestandteil der diagnostizierten Störung. Bei den weiteren Fakten, die der Beschwerdeführer dem Gutachten entnimmt (Beschwerde S. 9 - 11), handelt es sich um die vom Gutachter eingehend behandelten Bedingungsfaktoren der dissozialen Persönlichkeitsstörung (vgl. oben E. 3.1).
 
3.3 Das Obergericht durfte das Gutachten als ausreichend betrachten und (entgegen der Beschwerde S. 7 f.) ohne Willkür feststellen, dass eindeutig nicht gravierende hirnorganische Beeinträchtigungen vorliegen.
 
4.
 
4.1 Wie das Kassationsgericht ausführt, trifft der Vorwurf des Beschwerdeführers nicht zu, das Obergericht habe eine Therapiebedürftigkeit ausser Acht gelassen (angefochtener Beschluss S. 4 f. mit Verweisung auf das Urteil des Obergerichts S. 84 - 89 und das Urteil des Bezirksgerichts, insb. S. 28). Der Gutachter empfiehlt keine Behandlungsmassnahme im Sinne von Art. 43 StGB (vgl. Urteil des Obergerichts S. 83, 85 und 86; Gutachten S. 96 f., 103 f., 105).
 
4.2 Das Kassationsgericht nimmt im Übrigen an, das Obergericht habe der Therapiebedürftigkeit kein grosses Gewicht beimessen müssen. Sei eine Therapie von vornherein aussichtslos oder könne nur vernachlässigbare Erfolge zeitigen, so erübrigten sich umfangreiche Überlegungen dazu. Eine medikamentöse Behandlung habe es daher ebenso wenig prüfen müssen (angefochtener Beschluss S. 5).
 
Der Beschwerdeführer macht geltend, damit verletze das Kassationsgericht das rechtliche Gehör und argumentiere willkürlich. Denn jeder Straftäter habe Anspruch darauf, dass seine Therapiebedürftigkeit und Therapiefähigkeit unter allen relevanten Gesichtspunkten abgeklärt würden. Solange das nicht geschehen sei, könne nicht gesagt werden, von einer Therapie sei kein Erfolg zu erwarten (Beschwerde S. 5 f.).
 
Eine Behörde kann sich in der Begründung auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken (BGE 126 I 97 E. 2b). Im Gutachten wird eine relevante Therapierbarkeit verneint. Die Erwägung des Kassationsgerichts ist weder willkürlich noch verletzt sie das rechtliche Gehör.
 
4.3 Der Beschwerdeführer macht Willkür und Verweigerung des rechtlichen Gehörs geltend, weil das Kassationsgericht zum einen feststelle, es sei nicht ersichtlich und es werde nicht dargetan, weshalb nur ein Behandlungsversuch über die Behandlungsfähigkeit verlässlich sollte Auskunft geben können (Beschwerde S. 12), und weil es zum anderen annehme, das Obergericht habe die Entwicklung der letzten zehn Jahre zur Kenntnis genommen, der Beschwerdeführer setze sich mit dieser Argumentation aber nicht auseinander (Beschwerde S. 14 f.).
 
Entscheidend ist die Feststellung des Kassationsgerichts, dass eine Störung vorliegt, die nach dem heutigen Stand der Wissenschaft nicht behandelt werden kann (angefochtener Beschluss S. 8). Der Beschwerdeführer zeigte sich zwar durchgehend kommunikationswillig (Beschwerde S. 13 und 14). Der Gutachter führt aber aus, dass er unangenehme Fragen kategorisch zurückgewiesen habe, bei speziell interessierenden Fragestellungen als potentiell bedrohlich erlebt wurde und dass die jeweilige Gesprächs-Interaktion Gefahr gelaufen habe zu entgleisen (Gutachten S. 45). Das Kassationsgericht weist mit dieser Belegstelle darauf hin, dass das Gutachten nicht bloss auf theoretischen Erwägungen beruht, sondern auf persönlichen Untersuchungen (sowie auf früheren Gutachten, Berichten und Stellungnahmen).
 
Wie das Kassationsgericht weiter unter Verweisung auf das Urteil des Obergerichts S. 82 feststellt, hat dieses die Entwicklung der letzten zehn Jahre nicht ausser Acht gelassen (angefochtener Beschluss S. 8). Die Argumentation des Beschwerdeführers, mit der nötigen therapeutischen Hilfe wäre die neue Tat vielleicht zu verhindern gewesen, ändert am zu beurteilenden Sachverhalt nichts, nämlich dass einerseits eine nicht therapierbare Störung vorliegt und dass es andererseits trotz seines "tadellosen Verhaltens" und seiner "Veränderung zum Positiven" - neben bestehenden Problemen - im Strafvollzug erneut zu den strafbaren Handlungen kam (Urteil des Obergerichts S. 82). Dabei verweist das Obergericht auch auf die S. 94 ff. des Gutachtens, woraus sich ergibt, dass alle bisherigen institutionellen Massnahmen zu keinerlei Veränderung der Persönlichkeits- und Verhaltensproblematik geführt haben (S. 96), und dass sich die Vollzugsverantwortlichen sowie die involvierten Fachleute auch vor dem hier zu beurteilenden Delikt einig gewesen seien, dass eine hohe Rückfallgefahr vorliege und keine Möglichkeiten zur therapeutischen Beeinflussung gegeben waren (S. 105). Aus dem Verhalten im Strafvollzug kann nicht auf das Verhalten in der Freiheit geschlossen werden (angefochtenes Urteil S. 8; Gutachten S. 104). Das Kassationsgericht hat weder willkürlich entschieden noch den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
 
5.
 
Schliesslich macht der Beschwerdeführer geltend, es bilde eine Gehörsverweigerung, dass das Kassationsgericht unter den gegebenen Umständen eine Therapiewilligkeit nicht prüfe (Beschwerde S. 15).
 
Das Kassationsgericht kommt zum Ergebnis, der Beschwerdeführer fechte die Annahme der Therapieunfähigkeit nicht mit Erfolg an. Bei fehlender Behandlungsfähigkeit spiele es keine Rolle mehr, ob der Beschwerdeführer als behandlungswillig anzusehen sei. Es erübrige sich damit, auf die Rügen einzugehen, mit welchen die obergerichtliche Verneinung eines entsprechenden Willens gerügt werde (angefochtener Beschluss S. 9). Das Kassationsgericht hat somit nicht das rechtliche Gehör verweigert, sondern begründet, weshalb es die Rügen nicht mehr prüft. Dass diese Begründung willkürlich wäre, legt der Beschwerdeführer nicht dar (Beschwerde S. 15). Darauf ist daher nicht weiter einzutreten.
 
6.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
 
II. Eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde
 
7.
 
Die Nichtigkeitsbeschwerde kann nur damit begründet werden, dass die angefochtene Entscheidung eidgenössisches Recht verletze (Art. 269 BStP). Das Bundesgericht ist an die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Behörde gebunden (Art. 277bis BStP). Ausführungen, die sich dagegen richten, sind unzulässig (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP).
 
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 43 StGB. Er begründet seine Beschwerde durchgehend in unzulässiger Weise mit Ausführungen, die sich gegen die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils richten. Darauf ist nicht einzutreten (vgl. BGE 126 IV 65 E. 1). Ebenfalls nicht einzutreten ist auf die behauptete Verletzung der Bundesverfassung und der Europäischen Menschenrechtskonvention (Beschwerde S. 4, 16). Dafür bleibt die staatsrechtliche Beschwerde vorbehalten (Art. 269 Abs. 2 BStP).
 
8.
 
Gefährdet der Täter infolge seines Geisteszustandes die öffentliche Sicherheit in schwerwiegender Weise, so wird vom Richter seine Verwahrung angeordnet, wenn diese Massnahme notwendig ist, um ihn von weiterer Gefährdung anderer abzuhalten (Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB). Der Richter trifft seinen Entscheid aufgrund von Gutachten über den körperlichen und geistigen Zustand des Täters und über die Verwahrungs-, Behandlungs- und Pflegebedürftigkeit (Art. 43 Ziff. 1 Abs. 3 StGB). Gemäss Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB sind gefährliche Täter, die keiner Behandlung zugänglich sind, zu verwahren. Die Verwahrung ist angesichts der Schwere des Eingriffs in die persönliche Freiheit ultima ratio und darf nicht angeordnet werden, wenn die bestehende Gefährlichkeit auf andere Weise behoben werden kann. Hält das Gericht aufgrund der Ausführungen des psychiatrischen Gutachtens ein Fortbestehen der Fremdgefährlichkeit trotz ärztlicher Behandlung in der Zukunft für möglich, darf es die Gefährlichkeit als Voraussetzung für die Anordnung einer bestimmten Massnahme bejahen (BGE 127 IV 1 E. 2a). Art. 43 StGB bezweckt nicht die Heilung als solche, sondern die Verhinderung von Straftaten und die Wiedereingliederung der Täter. Die ärztliche Behandlung ist indessen weit zu fassen. Im wohlverstandenen Interesse des Betroffenen sind auch bessernde Einwirkungen zulässig (BGE 127 IV 154 E. 3d; 124 IV 246 E. 3b; 123 IV 1 E. 4c).
 
9.
 
Der Beschwerdeführer leidet an einer dissozialen Persönlichkeitsstörung mit psychopathologischer Ausprägung, wobei die Persönlichkeitsstörung in ausgeprägtem Masse besteht. Es liegt ein hohes Rückfallrisiko im Bereich von Sexualstraftaten vor. Eine Behandlungsmassnahme nach Art. 43 StGB wird vom Gutachter nicht empfohlen: Die Persönlichkeitsproblematik und der mit ihr verbundene Deliktsmechanismus seien vor dem Hintergrund der stabilen und chronifizierten Persönlichkeitsproblematik therapeutisch nicht derart beeinflussbar, dass eine relevante Senkung des hohen Rückfallrisikos erfolgen könnte. Angesichts der fehlenden Erfolgsaussicht sei die Durchführung einer präventiv wirksamen psychotherapeutischen Behandlung nicht indiziert. Der Gutachter qualifiziert die Durchführung einer ambulanten Massnahme als erfolglos (angefochtenes Urteil S. 85 f.). Der Beschwerdeführer hatte in der Untersuchung Racheaktionen für den Zeitpunkt seiner Entlassung angekündigt und auch an der Hauptverhandlung des Bezirksgerichts seine Aggressivität durchblicken lassen. Die Vorinstanz kommt zum Ergebnis, er sei ganz offensichtlich für Dritte gefährlich. Es bestehe eine sehr hohe Rückfallgefahr (angefochtenes Urteil S. 88 f.). Damit sind die bundesrechtlichen Voraussetzungen einer Verwahrung gemäss Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB erfüllt.
 
9.1 Der Beschwerdeführer wendet ein, die Vorinstanz hätte angesichts der Fortschritte in Medizin und Neurologie eine Fachperson beiziehen müssen, welche sich ernsthaft mit dem Vorhandensein und dem Ausmass einer hirnorganischen Störung auseinander zu setzen gehabt hätte. Sei davon auszugehen, dass er an einer Hirnstörung leide und diese Störung ursächlich sei für seine Deliktsanfälligkeit, habe er Anspruch auf eine fachkundige Behandlung der Störung, bevor er verwahrt werde (Beschwerde S. 8).
 
Die Vorinstanz verletzt mit dem Verzicht auf eine zusätzliche Begutachtung der im Gutachten aufgeworfenen Frage einer möglichen hirnorganischen Komponente der Störung (vgl. act. 40/13/6 S. 1 f.) kein Bundesrecht (Art. 13 bzw. 43 Ziff. 1 Abs. 3 StGB). Es liegt nicht der Fall vor (wie etwa in BGE 118 IV 6), dass eine relevante Frage nicht abgeklärt worden wäre, so dass ernsthafte Zweifel verblieben. Vielmehr kommt der eigens mit der Beantwortung der diesbezüglichen Zusatzfragen des Beschwerdeführers beauftragte Gutachter zum Schluss, dass eindeutig nicht gravierende hirnorganische Beeinträchtigungen vorliegen und dass von zusätzlichen Untersuchungen kein weiterer, relevanter Erkenntnisgewinn zu erwarten ist (oben E. 3.2.2). Die Persönlichkeitsstörung konnte ausreichend sicher beschrieben und diagnostiziert werden. Entsprechend besteht bundesrechtlich keine Veranlassung für eine zusätzliche Begutachtung insbesondere durch einen Neurologen.
 
9.2 Der Beschwerdeführer behauptet, mit den nötigen Therapien könne ihm geholfen werden. Der Vorinstanz sei vorzuwerfen, die Therapiebedürftigkeit und Therapiefähigkeit nicht geklärt und dadurch seinem Anspruch nicht Genüge getan zu haben, dass andere Besserungsmöglichkeiten vorrangig einer Verwahrung zu prüfen seien (Beschwerde S. 4 f.). Ob er massnahmefähig sei, könne verlässlich nur beurteilt werden, wenn ein konkreter Therapieversuch gemacht werde (Beschwerde S. 10). Die Vorinstanz und der Gutachter hätten sich nicht mit seiner aktuellen Situation befasst und nicht zur Kenntnis genommen, dass er sich gebessert habe. Diese Fortschritte würden belegen, dass er veränderbar und damit therapierbar sei (Beschwerde S.12 ff.). Seine Ausführungen zeigten, dass er massnahmewillig sei und dass ihm auch mit einer Psychotherapie geholfen werden könne, keine Delikte mehr zu begehen. Die Legalprognose sei günstig (Beschwerde S. 15 f.).
 
Diese Vorbringen richten sich gegen die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz. Es liegt ein eingehendes psychiatrisches Gutachten vor. In diesem wurde eine Behandlungsmassnahme nach Art. 43 StGB nicht empfohlen. Der Beschwerdeführer steht unter langjähriger Beobachtung. Dabei ergaben sich keine Möglichkeiten der therapeutischen Beeinflussung. Heute sind keine Anzeichen für eine Erfolg versprechende Beeinflussungsmöglichkeit der Rückfallgefahr erkennbar (Gutachten S. 105). Diese Möglichkeiten wurden bereits in einem Gutachten von 1991 als gering eingeschätzt. Ein Versuch in den Jahren 1995 bis 1997 scheiterte (Gutachten S. 96). Die vom Beschwerdeführer behauptete Therapierbarkeit ist nicht gegeben (angefochtenes Urteil S. 82, 85 f.). Es besteht keine günstige Legalprognose. Die Vorinstanz bejaht eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit im Sinne von Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB zu Recht (angefochtenes Urteil S. 88 f. mit Verweisungen auf das Gutachten).
 
9.3 Die Argumentation des Beschwerdeführers, bei einem Misslingen der Therapie könne er immer noch verwahrt werden bzw. er könne während des Vollzugs der langen Freiheitsstrafe ausreichend behandelt werden (Beschwerde S. 15 f.), scheitert bereits an der fehlenden Behandelbarkeit der Störung. Soweit Marianne Heer (Basler Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band I, Basel 2003, Art. 43 N. 205) die Ansicht vertritt, die Variante des Strafvollzugs in Kombination mit einer ambulanten Behandlung verdiene gegenüber der Verwahrung den Vorrang, setzt auch sie voraus, dass sich die ambulante Behandlung unter allen möglichen Aspekten als indiziert und auch als durchführbar erweist. Das ist hier nicht der Fall. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
 
III. Kosten
 
10.
 
Entsprechend dem Ausgang der Verfahren wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG; Art. 278 Abs. 1 BStP). Die Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung sind abzuweisen, weil die Beschwerden aussichtslos erschienen. Den finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers ist mit herabgesetzten Gerichtsgebühren von jeweils Fr. 800.--, insgesamt Fr. 1'600.--, Rechnung zu tragen.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde und die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung werden abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtsgebühren von insgesamt Fr. 1'600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, dem Kassationsgericht des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 1. April 2004
 
Im Namen des Kassationshofes
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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