BGer 5C.80/2004 | |||
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BGer 5C.80/2004 vom 23.04.2004 | |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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5C.80/2004 /rov
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Urteil vom 23. April 2004
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II. Zivilabteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Raselli, Präsident,
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Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer,
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Gerichtsschreiber von Roten.
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Parteien
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X.________,
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Berufungskläger, vertreten durch Fürsprecherin Monika Büttikofer Burri,
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gegen
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Kantonale Rekurskommission für fürsorgerische
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Freiheitsentziehungen des Kantons Bern, Hochschulstrasse 17, Postfach 7475, 3001 Bern,
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Gegenstand
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Fürsorgerische Freiheitsentziehung,
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Berufung gegen die Verfügung der Kantonalen Rekurskommission für fürsorgerische Freiheitsentziehungen des Kantons Bern vom 17. März 2004.
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Sachverhalt:
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A.
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Gemäss psychiatrischen Gutachten vom 28. April 2003 und vom 23. Februar 2004 ist X.________, Jahrgang 1974, seit längerer Zeit psychisch krank. Die Diagnose lautet auf "anhaltend wahnhafte Störung" bzw. "chronische paranoide Schizophrenie". Am 10. März 2004 wurde X.________ durch den Stellvertreter des Regierungsstatthalters von Thun auf unbestimmte Zeit in das Psychiatriezentrum Münsingen eingewiesen.
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B.
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X.________ focht die Anordnung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung und die Klinikeinweisung persönlich und durch eine von ihm beauftragte Rechtsvertreterin an. Die Rekurskommission für fürsorgerische Freiheitsentziehungen des Kantons Bern wies sowohl das Gesuch um Beiordnung einer amtlichen Anwältin als auch den Rekurs ab (Verfügung vom 17. März 2004).
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C.
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Mit eidgenössischer Berufung beantragt X.________ dem Bundesgericht, die Verfügung der Rekurskommission aufzuheben und ihn aus der fürsorgerischen Freiheitsentziehung zu entlassen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht verlangt er, seiner Berufung die aufschiebende Wirkung zu erteilen und ihm für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Die Rekurskommission hat keine Gegenbemerkungen angebracht. Das Gesuch um aufschiebende Wirkung wurde abgewiesen (Präsidialverfügung vom 5. April 2004). Mit Urteil vom heutigen Tag hat die II. Zivilabteilung die gleichzeitig gegen die nämliche Verfügung erhobene staatsrechtliche Beschwerde des Berufungsklägers abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden konnte (5P.130/2004).
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Vor der Rekurskommission hat der Berufungskläger ausgeführt, "dass das Regierungsstatthalteramt Thun nicht in der Lage sei, 'den Fall X.________' unvoreingenommen und verfahrensmässig korrekt zu behandeln" (S. 2 der angefochtenen Verfügung). Er erblickt eine Verletzung seines Beweisanspruchs darin, dass die Rekurskommission die von ihm angebotenen Beweismittel zur Frage eines Ausstands- oder Ablehnungsgrundes nicht abgenommen habe. Weitergehend schildert der Berufungskläger, was bei einer Abnahme seiner Beweismittel als erstellt hätte angesehen werden können und müssen (S. 7-14 der Berufungsschrift).
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Der angerufene Art. 8 ZGB regelt zum einen für den ganzen Bereich des Bundeszivilrechts die Beweislastverteilung. Zum anderen gibt er der beweispflichtigen Partei in allen Zivilstreitigkeiten einen bundesrechtlichen Anspruch darauf, für rechtserhebliche Sachvorbringen zum Beweise zugelassen zu werden, wenn der gestellte Beweisantrag nach Form und Inhalt den Vorschriften des kantonalen Rechts entspricht (zuletzt: BGE 129 III 18 E. 2.6 S. 24). Art. 8 ZGB gilt somit nur für die vom Bundeszivilrecht geregelten Rechte und Rechtsverhältnisse (zuletzt: BGE 125 III 78 E. 3b S. 79; 124 III 134 E. 2b/bb S. 143). Wo es hingegen um Rechte und Rechtsverhältnisse des kantonalen Rechts geht, werden die erwähnten Beweisfragen auch durch das kantonale Recht - unter Vorbehalt verfassungsrechtlicher Minimalgarantien (Art. 29 Abs. 2 BV) - frei geregelt (Poudret/Sandoz-Monod, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, II, Bern 1990, N. 4.1.4 zu Art. 43 OG, S. 156, mit Hinweisen; Urteil 5C.188/2000 vom 24. Oktober 2000, E. 2 Abs. 4).
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Wie bereits im Urteil über die staatsrechtliche Beschwerde dargelegt, ist für "Ausstand und Ablehnung" im vorliegenden Fall Art. 9 des kantonalen Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG; BSG 155.21) massgebend, das auch bestimmt, wie der Sachverhalt festzustellen ist und welche Mitwirkungsrechte den Verfahrensbeteiligten dabei zustehen (Art. 18 ff. VRPG). Haben die als verletzt gerügten Beweisvorschriften ihre Grundlage im kantonalen Recht, kann auf die Berufung wegen Verletzung von Art. 8 ZGB nicht eingetreten werden.
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2.
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Auf knapp einer Seite macht der Berufungskläger eine Verletzung von Art. 397a ZGB geltend. Dabei wendet er sich nicht gegen das Vorliegen eines Schwächezustandes und der Fürsorgebedürftigkeit im Gesetzessinne. Eine Verletzung von Bundesrecht erblickt er vielmehr darin, dass die Rekurskommission keine mildere Massnahme als die Einweisung in die Anstalt für möglich erachtet habe. Ebenfalls unverhältnismässig sei es, die Einweisung auf die Eigen- oder Fremdgefährdung des Berufungsklägers abzustützen (S. 15 der Berufungsschrift).
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Unter dem Blickwinkel des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes hat die Rekurskommission erstens geprüft, ob dem Berufungskläger die nötige persönliche Fürsorge nicht anders erwiesen werden könnte als durch die Einweisung in die Klinik. Sie ist davon ausgegangen, im Gutachten vom 23. Februar 2004 werde zwar festgehalten, dass eine Behandlung im ambulanten Rahmen denkbar wäre, d.h. eine begleitende stützende psychiatrische Behandlung kombiniert mit einer adäquaten neuroleptischen Medikation. Der Berufungskläger sei aber nicht bereit zu einer solchen Medikation. Wie der Berufungskläger anlässlich der Rekursverhandlung selber ausgeführt habe, fühle er sich gesund und brauche deshalb keine Medikamente. Unter diesen Umständen sei eine Therapie in einem ambulanten Rahmen nicht erfolgversprechend (S. 6 f. der angefochtenen Verfügung). Was der Berufungskläger dagegenhält, ist teils unbegründet und teils unzulässig. In rechtlicher Hinsicht trifft die Auffassung der Rekurskommission zu, dass eine ambulante Behandlung ausser Betracht bleiben muss, solange die Krankheitseinsicht fehlt und deshalb die notwendige persönliche Betreuung ausserhalb des geschützten Rahmens einer Anstalt nicht gewährleistet werden kann (vgl. etwa Spirig, Zürcher Kommentar, 1995, N. 302 ff. zu Art. 397a ZGB; z.B. Urteil 5C.141/2002 vom 4. Juli 2002, E. 4 und 5). In verfahrensrechtlicher Hinsicht hat die Rekurskommission für das Bundesgericht verbindlich festgestellt, dass dem Berufungskläger jegliche Krankheitseinsicht fehle. Ausnahmsweise zulässige Sachverhaltsrügen erhebt der Berufungskläger gegen diese Feststellung nicht (Art. 63 f. OG). Bei dieser Rechts- und Sachlage aber kann die angefochtene Verfügung nicht beanstandet werden.
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Im Rahmen der Prüfung der Verhältnismässigkeit hat die Rekurskommission zweitens untersucht, ob eine Selbst- oder Fremdgefährdung vorliege. Sie hat angenommen, aus den zahlreich eingegangenen Gefährdungsmeldungen aus dem Familienkreis sei ersichtlich, dass der Berufungskläger seine Eltern in hohem Masse verbal und teilweise auch tätlich angreife (S. 7 der angefochtenen Verfügung). Diese Feststellungen über das Verhalten des Berufungsklägers gegenüber seinen Eltern ist - von hier nicht geltend gemachten Ausnahmen abgesehen - für das Bundesgericht verbindlich (Art. 63 f. OG). Soweit der Berufungskläger diesbezüglich aus Arztberichten Abweichendes herleiten will, kann darauf nicht eingetreten werden. Die sogenannte Fremd- oder Drittgefährung ist - als Belastung der Umgebung im Sinne von Art. 397a Abs. 2 ZGB - bei der Beurteilung zu berücksichtigen, ob der betroffenen Person die nötige Fürsorge nicht anders als durch eine Anstaltseinweisung erbracht werden kann (vgl. etwa Geiser, Basler Kommentar, 2002, N. 26 f. zu Art. 397a ZGB). Dass die Rekurskommission dabei das erträgliche Mass der Belastung für die Eltern des Berufungsklägers unzutreffend bestimmt hätte, wird in der Berufungsschrift nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. Insoweit bleibt die Berufung ohne Erfolg.
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3.
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Die eidgenössische Berufung erweist sich nach dem Gesagten als überwiegend unzulässig und im Übrigen als unbegründet. Sie muss abgewiesen werden, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Verfahrensausgang wird der Berufungskläger kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann nicht entsprochen werden. Die erhobenen Einwände richten sich zur Hauptsache gegen kantonales Recht (E. 1 hiervor), und wo er die angefochtene Verfügung in der Sache anficht, kritisiert er überwiegend und unzulässigerweise Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung der Rekurskommission (E. 2 hiervor). Unter diesen Umständen müssen seine Rechtsbegehren als von Beginn an aussichtslos bezeichnet werden (Art. 152 Abs. 1 OG). Auf die weiteren Ausführungen des Berufungsklägers zur unentgeltlichen Rechtspflege (S. 16-20 der Berufungsschrift) ist damit nicht mehr einzugehen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Das Gesuch des Berufungsklägers um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
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3.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Berufungskläger auferlegt.
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4.
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Dieses Urteil wird dem Berufungskläger und der Kantonalen Rekurskommission für fürsorgerische Freiheitsentziehungen des Kantons Bern schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 23. April 2004
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Im Namen der II. Zivilabteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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