BGer 6S.128/2004 | |||
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BGer 6S.128/2004 vom 15.06.2004 | |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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6S.128/2004 /kra
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Urteil vom 15. Juni 2004
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Kassationshof
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Besetzung
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Bundesrichter Schneider, Präsident,
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Wiprächtiger, Karlen,
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Gerichtsschreiber Monn.
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Parteien
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X.________,
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Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprecher Dr. Walter Heuberger,
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gegen
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Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8023 Zürich.
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Gegenstand
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grobe Verletzung von Verkehrsregeln,
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Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 16. Februar 2004.
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Sachverhalt:
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A.
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X.________ schwenkte am 30. Oktober 2002, um ca. 17.20 Uhr, auf der ansteigenden Winterthurerstrasse zwischen Bülach und Embrach zum Überholen eines Lernfahrers mit ihrem Fahrzeug auf die Gegenfahrbahn aus, auf der ein Motorrad entgegen kam, welches sie übersehen hatte, obwohl sie es nach ihren eigenen Angaben "eigentlich hätte sehen müssen". Es kam zu einer Kollision, bei der der Motorradlenker stürzte und verletzt wurde.
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B.
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Das Obergericht des Kantons Zürich sprach X.________ am 16. Februar 2004 in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils der groben Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 in Verbindung mit Art. 35 Abs. 2 SVG schuldig und bestrafte sie mit einer Busse von Fr. 2'000.--.
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C.
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X.________ führt mit fristgerechter Eingabe vom 7. April 2004 eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Die Vorinstanz hat auf eine Stellungnahme verzichtet. Weitere Vernehmlassungen wurden nicht eingeholt.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz habe Bundesrecht verletzt, indem sie sie in Anwendung von Art. 90 Ziff. 2 SVG schuldig sprach, obschon die subjektiven Voraussetzungen einer groben Verletzung von Verkehrsregeln nicht erfüllt seien (Beschwerde S. 2).
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Auf die Beschwerde ist insoweit nicht einzutreten, als darin mehrmals auf die kantonalen Akten verwiesen wird. Im vorliegenden Verfahren ist nicht von den Akten, sondern von der Sachdarstellung im angefochtenen Entscheid auszugehen (Art. 277bis Abs. 1 Satz 2 BStP). Ausführungen, die davon abweichen, sind gemäss Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP unzulässig. Die Beschwerdeführerin ist folglich nicht zu hören, soweit sie behauptet, die Verkehrsmenge an der Unfallstelle sei "schwach" und die Sichtverhältnisse seien "gut" gewesen (s. dazu unten E. 3).
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2.
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Nach Art. 90 Ziff. 2 SVG wird mit Gefängnis oder mit Busse bestraft, wer durch grobe Verletzung der Verkehrsregeln eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt. Subjektiv erfordert der Tatbestand ein rücksichtsloses oder sonst schwer-wiegend regelwidriges Verhalten, d.h. ein schweres Verschulden, mindestens grobe Fahrlässigkeit. Dies ist immer zu bejahen, wenn der Täter sich der allgemeinen Gefährlichkeit seiner verkehrswidrigen Fahrweise bewusst ist. Rücksichtslos ist unter anderem ein bedenkenloses Verhalten gegenüber fremden Rechtsgütern. Dieses kann auch in einem blossen (momentanen) Nichtbedenken der Gefährdung fremder Interessen bestehen. Grobe Fahrlässigkeit kann folglich auch vorliegen, wenn der Täter die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer pflichtwidrig gar nicht in Betracht zieht und somit unbewusst fahrlässig handelt. In solchen Fällen bedarf die Annahme grober Fahrlässigkeit jedoch einer sorgfältigen Prüfung (BGE 130 IV 32 E. 5.1 S. 40; Urteil 6S.486/2002 vom 20. Februar 2004 E. 3.1).
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Überholen gehört - insbesondere auf Strassen mit Gegenverkehr - zu den gefährlichsten Fahrmanövern überhaupt und ist deshalb nur gestattet, wenn keine anderen Verkehrsteilnehmer behindert oder gefährdet werden. Die Regeln über das Überholen bezwecken, die damit verbundenen Risiken zu minimieren. Der von der Beschwerdeführerin missachtete Art. 35 Abs. 2 SVG ist deshalb eine für die Gewährleistung der Sicherheit im Strassenverkehr wichtige Bestimmung (BGE 129 IV 155 E. 3.2.1 S. 158; 121 IV 235 E. 1c S. 238; Urteil 6S.301/2003 vom 4. November 2003 E. 3). Je schwerer die Verkehrsregelverletzung objektiv wiegt, desto eher wird die Rücksichtslosigkeit zu bejahen sein, sofern nicht besondere Umstände vorliegen, die den Grund des momentanen Versagens erkennen und in einem milderen Licht erscheinen lassen (BGE 123 IV 88 E. 4c S. 94; Urteil 6S.11/2002 vom 20. März 2002 E. 3a).
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3.
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Nach den Feststellungen der Vorinstanz hat sich die Beschwerde-führerin vor Einleitung des Überholmanövers wiederholt versichert, dass der notwendige Überholraum frei sei. Allerdings habe sie selber eingeräumt, dass sie den Motorradfahrer eigentlich hätte sehen müssen und dass sie ihre Aufmerksamkeit nicht nur dem Gegenverkehr, sondern auch dem zu überholenden Lernfahrer zugewandt habe, dessen Fahrweise sie als langsam und unsicher einstufte. Grundsätzlich sei nicht zu beanstanden, dass sie ihr Augenmerk auch auf den Lernfahrer gerichtet habe. Aber es gehöre zum autofahrerischen Allgemeingut, dass bei Überholmanövern auf kurvenreichen Überlandstrecken die weitaus grössere Gefahr vom Gegenverkehr drohe. Wer in einer solchen Situation die Aufmerksamkeit trotz der unterschiedlichen Gefahrenquellen eher einseitig auf die geringere Gefahrenquelle richte, handle tendenziell grob fahrlässig. Zum Unfallzeitpunkt habe eher reger Feierabend-verkehr geherrscht. Die Beschwerdeführerin kenne die Unfallstrecke, bei der es sich um eine recht kurvenreiche Strasse mit einer signalisierten Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h und nur wenigen grösseren Ausweichmöglichkeiten handle, recht gut. Sie habe denn auch ausgeführt, dass sie in den vier Jahren, in denen sie die Strecke als Arbeitsweg benutzte, nur zwei bis drei Mal überholt habe. Daraus könne geschlossen werden, dass sie sich wegen der konkreten Strassenführung der Gefahren bei Überholmanövern bewusst gewesen sei. Bei einer späteren Befahrung habe sie denn auch erkennen müssen, dass ein sich auf der Gegenfahrbahn befindliches Fahrzeug im Bereich der Unfallstelle aufgrund der Strassenführung kurzzeitig nur teilweise sichtbar ist (vgl. angefochtener Entscheid S. 7 - 9).
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Unter den gegebenen Umständen ist der angefochtene Entscheid bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Zunächst ist es aufgrund der Feststellungen der Vorinstanz schon fraglich, ob an der kurvenreichen und nicht völlig übersichtlichen Unfallstelle, die aus der Gegenrichtung mit 80 km/h befahren werden durfte, bei regem Feierabendverkehr überhaupt gefahrlos überholt werden konnte. Dies war der Beschwerdeführerin nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz denn auch klar. Wenn sie sich bei dieser Sachlage wegen des zu überholenden und unsicher fahrenden Lernfahrers zudem auch noch nicht vollständig auf den Gegenverkehr konzentrieren konnte, hätte sie nicht überholen dürfen. Indem sie dies verkannte, handelte sie grob fahrlässig. Im Übrigen kann auf die zutreffenden rechtlichen Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (vgl. angefochtener Entscheid S. 9).
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4.
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Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 278 Abs. 1 BStP).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 15. Juni 2004
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Im Namen des Kassationshofes
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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