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Informationen zum Dokument  BGer 1P.411/2004  Materielle Begründung
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BGer 1P.411/2004 vom 13.08.2004
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
1P.411/2004 /sta
 
Urteil vom 13. August 2004
 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
 
Bundesgerichtsvizepräsident Nay,
 
Bundesrichter Aeschlimann,
 
Gerichtsschreiberin Scherrer.
 
Parteien
 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Manfred Dähler,
 
gegen
 
Kantonales Untersuchungsrichteramt des Kantons Thurgau, Zürcherstrasse 323, 8510 Frauenfeld,
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Staubeggstrasse 8, 8510 Frauenfeld,
 
Präsident der Anklagekammer des Kantons Thurgau, Marktgasse 9, Postfach 339, 9220 Bischofszell.
 
Gegenstand
 
Haftprüfungsverfahren,
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen die Verfügung des Präsidenten der Anklagekammer des Kantons Thurgau vom 14. Juli 2004.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Am 9. Februar 1997 wurde in ... die Leiche von Y.________ aufgefunden. Die Ermittlungen ergaben, dass er erschossen worden war.
 
X.________ wurde verdächtigt, mit dem Tötungsdelikt in Verbindung zu stehen und wurde deshalb am 9. Februar 1997 verhaftet. Da sich der Verdacht zunächst nicht erhärtete, wurde er tags darauf wieder aus der Haft entlassen.
 
In der Folge wurde X.________ von einer Drittperson belastet, der Auftraggeber der Tötung gewesen zu sein, weshalb er am 26. Februar 1997 erneut verhaftet wurde. Diese zweite Untersuchungshaft dauerte bis zum 14. März 1997.
 
Da sich eine Beteiligung von X.________ am Tötungsdelikt nicht rechtsgenüglich nachweisen liess, stellte der Untersuchungsrichter des Kantons Thurgau das Strafverfahren gegen ihn am 27. Januar 1998 ein.
 
B.
 
Am 25. März 2004 wurde X.________ erneut verhaftet. Der Untersuchungsrichter führte in der Haftverfügung aus, X.________ stehe im dringenden Verdacht, sich der Mitwirkung bei vorsätzlicher Tötung, der Begünstigung sowie der Hehlerei schuldig gemacht zu haben. Zur Klärung der Tatbestände sei ein polizeiliches Ermittlungsverfahren angeordnet worden. X.________ werde in Untersuchungshaft gesetzt, weil die Gefahr bestehe, dass er Spuren der Tat verwischen, Zeugen oder Mitbeteiligte beeinflussen oder sonst wie die Untersuchung gefährden könnte. Zudem bestehe die Gefahr der Fortsetzung der strafbaren Handlungen.
 
C.
 
Am 7. April 2004 beantragte X.________ die Haftentlassung. Mit Verfügung vom 15. April 2004 stellte der Präsident der Anklagekammer des Kantons Thurgau fest, dass die am 25. März 2004 angeordnete Untersuchungshaft zulässig und der Haftgrund der Kollusionsgefahr nach wie vor gegeben sei.
 
Die von X.________ dagegen eingereichte staatsrechtliche Beschwerde hiess das Bundesgericht mit Urteil 1P.321/2004 vom 23. Juni 2004 gut; das Haftentlassungsgesuch wies es jedoch ab. Die kantonalen Strafverfolgungsbehörden wurden aufgefordert, ihrer Informationspflicht unverzüglich nachzukommen und dem Beschwerdeführer mitzuteilen, was ihm konkret vorgeworfen werde.
 
D.
 
Hierauf führte der Untersuchungsrichter am 28. Juni 2004 mit dem Angeschuldigten eine Einvernahme durch und teilte ihm mit, dass er im dringenden Verdacht stehe, aktiv an der Tötung von Y.________ vom 8./9. Februar 1997 beteiligt gewesen zu sein. Er werde verdächtigt, entweder selber am Tatort anwesend gewesen zu sein und Y.________ getötet zu haben und/oder den Auftrag zur Tötung an den Mitangeschuldigten Z.________ erteilt und diesen für die Tötung bezahlt zu haben. Der Untersuchungsrichter stützte seinen Tatverdacht insbesondere auf acht Verdachtsmomente, welche dem Angeschuldigten dargelegt wurden.
 
E.
 
In seiner Vernehmlassung zur zweiten Haftüberprüfung führte der Untersuchungsrichter am 7. Juli 2004 u.a. aus, weitere Abklärungen und Ermittlungen sowie die zwischenzeitlich erfolgten Fortschritte der kriminaltechnischen Wissenschaft hätten zu neuen und äusserst brisanten Erkenntnissen bezüglich Tatablauf und Täterschaft geführt. Es sei davon auszugehen, dass Z.________ am Tötungsdelikt beteiligt gewesen sei.
 
Der Präsident der Anklagekammer hörte den Angeschuldigten am 12. Juli 2004 an und kam in seinem Entscheid vom 14. Juli 2004 zum Schluss, dass die am 25. März 2004 angeordnete Untersuchungshaft zulässig und der Haftgrund der Kollusionsgefahr nach wie vor gegeben sei.
 
F.
 
Mit Eingabe vom 23. Juli 2004 erhebt X.________ staatsrechtliche Beschwerde. Er beantragt, die Verfügung des Präsidenten der Anklagekammer vom 14. Juli 2004 sei aufzuheben; er sei umgehend aus der Haft zu entlassen. Gleichzeitig stellt er Antrag auf Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Verbeiständung.
 
Der Präsident der Anklagekammer, die Staatsanwaltschaft und der Untersuchungsrichter schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Der Präsident der Anklagekammer weist überdies darauf hin, dass ein im Vergleich mit dem Ermittlungsgegenstand von 1997/1998 völlig neuer Sachverhalt vorliege, nachdem gegen Z.________ aufgrund einer DNA-Analyse ein dringender Tatverdacht bestehe.
 
Der Beschwerdeführer hält in seiner Replik an seinen Rechtsbegehren fest.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 Der Beschwerdeführer wirft den kantonalen Behörden eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV), von Art. 31 Abs. 2 BV und Art. 5 Ziff. 2 EMRK, der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) und des Beschleunigungsgebotes (Art. 31 BV, Art. 5 Ziff. 3 EMRK) vor. Dazu ist er legitimiert (Art. 88 OG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt, sodass auf die Beschwerde unter Vorbehalt gehörig begründeter Rügen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 127 I 38 E. 3c S. 43; 125 I 492 E. 1b S. 495; 122 I 70 E. 1c S. 73, je mit Hinweisen) einzutreten ist.
 
1.2 Mit einer staatsrechtlichen Beschwerde gegen Anordnung der Untersuchungshaft kann ausser der Aufhebung des angefochtenen Entscheids auch die sofortige Entlassung aus der Haft verlangt werden, da im Falle einer nicht gerechtfertigten strafprozessualen Haft die von der Verfassung geforderte Lage nicht schon mit der Aufhebung des angefochtenen Entscheids, sondern erst durch eine positive Anordnung hergestellt werden kann (BGE 124 I 327 E. 4a S. 332; 115 Ia 293 E. 1a S. 296, je mit Hinweisen).
 
1.3 Bei staatsrechtlichen Beschwerden, die gestützt auf das verfassungsmässige Recht der persönlichen Freiheit gegen die Haftanordnung erhoben werden, prüft das Bundesgericht im Hinblick auf die Schwere des Eingriffs die Auslegung und Anwendung des entsprechenden kantonalen Rechts frei. Soweit jedoch reine Sachverhaltsfragen und damit Fragen der Beweiswürdigung zu beurteilen sind, greift das Bundesgericht nur ein, wenn die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Instanz willkürlich sind (BGE 123 I 31 E. 3a S. 35, 268 E. 2d S. 271, je mit Hinweisen).
 
2.
 
Der Beschwerdeführer macht vorab eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend. Aufgrund der formellen Natur des rechtlichen Gehörs führt eine Verletzung - unabhängig von den Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache selbst - zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids (BGE 126 I 19 E. 2d/bb S. 24; 125 I 113 E. 3 S. 118). Es ist daher zunächst zu prüfen, ob die Rüge des Beschwerdeführers begründet ist.
 
2.1 Art. 29 Abs. 2 BV gewährleistet den Anspruch auf rechtliches Gehör. Daraus ergibt sich der Anspruch der Parteien, mit rechtzeitig und formgültig angebotenen Beweisanträgen und Vorbringen gehört zu werden, soweit diese erhebliche Tatsachen betreffen und nicht offensichtlich beweisuntauglich sind (BGE 120 Ib 379 E. 3b S. 383; 106 Ia 161 E. 2b S. 162, je mit Hinweisen). Bereits im Urteil 1P.321/2004 vom 23. Juni 2004 hatte das Bundesgericht in E. 3.2 festgehalten, dass der Angeschuldigte gestützt auf Art. 29 Abs. 2 i.V.m. Art. 31 Abs. 4 BV und Art. 5 Ziff. 4 EMRK Anspruch darauf hat, in die wesentlichen Akten Einsicht zu nehmen, damit er sich wirksam gegen die Anordnung von Untersuchungshaft wehren kann (BGE 125 I 394 E. 5b S. 399; 115 Ia 293 E. 4-6 S. 299 ff.). Dabei müssen nicht die gesamten Prozessakten offen gelegt werden, sondern nur diejenigen Akten, die für die Frage der Untersuchungshaft entscheidend sind und deren Kenntnis erforderlich ist, um die Annahmen der Behörden wirkungsvoll bestreiten zu können (BGE 115 Ia 293 E. 5c S. 304). Diesbezüglich kann vollumfänglich auf E. 3.2 des Urteils 1P.321/2004 vom 23. Juni 2004 verwiesen werden.
 
2.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, der Präsident der Anklagekammer habe auf Akten abgestellt, von deren Inhalt er, der Beschwerdeführer, keine Kenntnis habe. Als Beispiel führt er die wissenschaftlichen Erkenntnisse an, die zu einer Mitbeteiligung Z.________s am Tötungsdelikt führen sollen. Es seien nur die bereits bekannten Akten der Untersuchung von 1997/1998 zur Einsicht zugestellt worden. Die "neuen" Akten würden - mit Ausnahme der protokollierten Eigenaussagen und eines einzigen Einvernahmeprotokolls des Vaters - entgegen der Aufforderung des Bundesgerichtes im Entscheid 1P.321/2004 vom 23. Juni 2004 weiterhin unter Verschluss gehalten.
 
2.3 Es ist unverständlich, dass sich die kantonalen Behörden bis zum zweiten bundesgerichtlichen Verfahren nicht näher dazu geäussert haben, welcher Art die "wissenschaftlichen Erkenntnisse" sind, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen sollen. Insoweit hat sich der Kanton nicht an die im Urteil 1P.321/2004 vom 23. Juni 2004 dargelegten Verfahrensgrundsätze gehalten, was zu beanstanden ist und in keiner Weise hingenommen werden kann. Der wesentliche Inhalt der wissenschaftlichen Erkenntnisse wäre dem Beschuldigten zumindest mitzuteilen gewesen. Indem die kantonalen Behörden dies nicht getan haben, sind sie ihrer Informationspflicht nicht nachgekommen und haben Art. 31 Abs. 2 BV und Art. 5 Ziff. 2 EMRK erneut verletzt. In seiner Vernehmlassung ans Bundesgericht nennt der Präsident der Anklagekammer jedoch eine DNA-Analyse, aufgrund welcher der dringende Tatverdacht gegen Z.________ bestehe. Dazu konnte sich der Beschwerdeführer in seiner Replik äussern, wodurch der Mangel geheilt wird.
 
Im Übrigen sind die Aussagen, welche im Rahmen der Untersuchung von 1997 gemacht wurden, im Lichte dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse neu zu gewichten und zu überprüfen. Es ist den kantonalen Behörden deshalb nicht vorzuwerfen, wenn sie dem Beschwerdeführer lediglich Einsicht in die damaligen Verfahrensakten gewährt haben. Diesen Untersuchungsergebnissen kommt jetzt ein ganz neuer Stellenwert zu. In Berücksichtigung der Erkenntnisse aus der DNA-Analyse erscheinen die damaligen Aussagen, allfällige Widersprüche und etwaige Ungereimtheiten, welchen vor sieben Jahren keine grosse Bedeutung beigemessen wurde, in einem anderen Licht. Selbst wenn das Untersuchungsrichteramt dem Beschwerdeführer noch nicht sämtliche neuen Zeugeneinvernahmen eröffnet hat, so ist dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Präsident der Anklagekammer hat bei seinem Entscheid vom 14. Juli 2004 nicht auf diese Einvernahmen abgestellt, genauso wenig wie auf die Briefe des Beschwerdeführers, welche der Untersuchungsrichter erstmals in der Vernehmlassung ans Bundesgericht zitiert. Soweit die kantonalen Behörden dem Beschwerdeführer die massgeblichen Akten aus dem früheren Verfahren zur Einsicht zugestellt haben, haben sie dessen rechtliches Gehör gewahrt.
 
2.4 Unbegründet ist in diesem Zusammenhang der Einwand des Beschwerdeführers, der Präsident der Anklagekammer sei bei seinem Entscheid vom 14. Juli 2004 nicht im Besitz der Akten aus den Jahren 1997/1998 gewesen, zumal auch nicht ersichtlich ist, weshalb dies relevant sein sollte. Einerseits führt der Präsident in seiner Vernehmlassung aus, dass das kantonale Untersuchungsamt über einen kompletten Satz Verfahrensakten in Fotokopie verfüge. Andererseits zeigt die Begründung des Entscheides, dass der Präsident fundierte Aktenkenntnis hatte.
 
3.
 
3.1 Der Beschwerdeführer macht wiederum eine Verletzung von Art. 31 Abs. 2 BV und Art. 5 Ziff. 2 EMRK geltend. Er rügt, dass ihm bis anhin lediglich mitgeteilt worden sei, er stehe unter Verdacht, sich der Mitwirkung bei der Tötung von Y.________ schuldig gemacht zu haben. Der Vorwurf, er sei selber am Tatort anwesend gewesen und habe Y.________ getötet und/oder den Auftrag zur Tötung erteilt, sei nicht genügend konkret. Es bestünden noch immer zu viele Tatvarianten. Es sei Mittäter-, Alleintäter- oder Gehilfenschaft möglich. Auch die Möglichkeit der Anstiftung sei genannt worden. Dies entspreche keinem konkreten Vorwurf.
 
3.2 Der Beschwerdeführer verkennt, dass die Klärung seiner Tatbeteiligung nachgerade Zweck und Inhalt der laufenden Untersuchung ist. Erst wenn alle notwendigen Abklärungen getroffen sind, lässt sich sein Tatbeitrag werten und gegebenenfalls konkrete Anklage erheben. Seit dem bundesgerichtlichen Urteil vom 23. Juni 2004 wurde dem Beschwerdeführer eröffnet, dass er aufgrund der erwähnten DNA-Analyse und den Erkenntnissen aus der ersten Untersuchung der Mitwirkung bei der Tötung von Y.________ verdächtigt wird. Auch die möglichen Arten der Beteiligung wurden dargelegt. Damit wurde der Beschwerdeführer in hinreichender Weise über die Gründe für seinen Freiheitsentzug aufgeklärt. Die Rüge ist unbegründet.
 
4.
 
Weiter stellt der Beschwerdeführer das Vorliegen eines dringenden Tatverdachtes in Abrede.
 
4.1 Soweit er geltend macht, weder sei die Einstellungsverfügung vom 27./28. Januar 1998 förmlich aufgehoben, noch seien die Gründe für die Wideraufnahme je genannt worden, vermag seine Rüge den Begründungsanforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht zu genügen. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, welche Verfassungsnorm durch die kantonalen Behörden inwiefern verletzt worden sein soll. Darauf ist nicht einzutreten.
 
4.2 Der Beschwerdeführer begründet seine widersprüchlichen Aussagen im Zusammenhang mit seinem Alibi von 1997 mit gesundheitlichen Problemen ("leichte bis mittelstarke Schwierigkeiten in den Bereichen komplexe Reaktion, Umstellfähigkeit, Antrieb für unstrukturierte Situationen").
 
Der Untersuchungsrichter hat dem Beschwerdeführer anlässlich der Einvernahme vom 21. Mai 2004 (resp. vom 19. Mai 2004: missverständliche Datenangaben auf dem Protokoll in den "allgemeinen Verfahrensakten") jeweils seine Aussagen aus dem Jahr 1997 vorgelesen. Dennoch hat sich der Beschwerdeführer in Widersprüche verstrickt. Die Argumentation des Präsidenten der Anklagekammer ist demgegenüber in sich schlüssig. Die Aussagen des Beschwerdeführers sowohl im jetzigen wie im damaligen Verfahren stehen in Widerspruch zu denjenigen seiner Frau. Insbesondere die zeitlichen Abläufe am 8. Februar 1997 geben zu Fragen Anlass. Hat sich der Beschwerdeführer mit dem inzwischen Getöteten bis ca. 14 Uhr im Restaurant "E.________" getroffen, war danach noch bei einem Kollegen, um 15.30 Uhr schon bei seiner Mutter in ... und ab 17 Uhr zu Hause, so ist unklar, wann er - wie er behauptet - Y.________ dazwischen noch in ... beim Restaurant "F.________" getroffen haben will, um ihm eine Uhr abzukaufen. Jedenfalls ist den kantonalen Behörden kein Vorwurf daraus zu machen, dass sie aus den unterschiedlichen Aussagen und Zeitangaben auf ein zweifelhaftes Alibi schliessen.
 
4.3 Hinsichtlich der behaupteten Absprachen zwischen ihm und Z.________ macht der Beschwerdeführer geltend, der Name "C.________" sei bereits im November 1996 aktenkundig geworden. Damit scheine klar, dass eine allfällige Absprache nicht zwischen der ersten und zweiten Inhaftierung im Februar und März 1997 stattgefunden habe, sondern, wenn überhaupt, bereits früher. Der Name "C.________" sei schon früher bekannt gewesen. Daraus ergebe sich kein Zusammenhang mit dem Tötungsdelikt, ein solcher könne allenfalls mit dem Schmuckverkäufer D.________ bestehen.
 
Selbst wenn der Name "C.________" bereits bei Ermittlungen im Jahre 1996 erstmals gefallen ist, kann der Beschwerdeführer daraus nichts zu seinen Gunsten ableiten. Anlässlich des ersten Untersuchungsverfahrens hatte der Beschwerdeführer am 10. Februar 1997 einen Schmuckhändler namens "C.________" erwähnt, der dem Getöteten mehrmals Schmuck verkauft haben sollte. Bei der polizeilichen Befragung am 3. März 1997 gab der Beschwerdeführer selber zu Protokoll, dass die von ihm genannte Person namens "C.________" nicht existiere. Auch bei der untersuchungsrichterlichen Einvernahme vom 3. Juni 2004 hat der Beschwerdeführer erneut ausgesagt, dass er keinen gekannt habe, der so geheissen habe. Z.________ indessen hielt gemäss unbestrittener Feststellung im angefochtenen Entscheid in seiner Einvernahme vom 19. März 1997 an der Version "C.________" fest - zu einem Zeitpunkt, in dem er nicht wissen konnte, dass der Beschwerdeführer die Nichtexistenz "C.________s" bereits zugegeben hatte. Dies legt durchaus den Schluss nahe, dass zwischen dem Beschwerdeführer und dem zweiten Tatverdächtigen bezüglich des Tötungsdeliktes eine Absprache bestand. Der Präsident der Anklagekammer hält es denn auch für möglich, dass damit suggeriert werden sollte, es gebe noch andere Personen, bei welchen der Getötete Schulden hatte. Sollten der Beschwerdeführer und Z.________ "C.________" bereits in einem früheren Verfahren 1996 ins Spiel gebracht haben, lässt sich der Tatverdacht im Tötungsdelikt dadurch nicht entkräften.
 
4.4 Weiter bestreitet der Beschwerdeführer, Z.________ damit beauftragt zu haben, den Zeugen einzuschüchtern, der ihn im Jahre 1997 belastet hatte.
 
Der Präsident der Anklagekammer führt in seinem Entscheid vom 14. Juli 2004 dazu aus, der Beschwerdeführer sei von einer Drittperson belastet worden, die Tötung von Y.________ in Auftrag gegeben zu haben, was der Beschwerdeführer anlässlich einer Konfrontationseinvernahme im ersten Verfahren abgestritten habe. Am 17. März 1997, drei Tage nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der damaligen Untersuchungshaft, sei der Zeuge telefonisch bedroht worden. Die Auswertung der vom Zeugen aufgezeichneten Gespräche habe ergeben, dass Z.________ die Anrufe getätigt habe. Dieser habe nur vom Beschwerdeführer vom Belastungszeugen wissen können. Der Beschwerdeführer wende ein, der Zeuge sei vom damaligen Untersuchungsrichter als unglaubwürdig bezeichnet worden. Dem hält der Präsident der Anklagekammer entgegen, die Anschuldigungen des Zeugen seien heute in einem neuen Licht zu sehen, weil nunmehr davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer Z.________ mit der Einschüchterung beauftragt habe.
 
Selbst wenn dem Beschwerdeführer nicht nachgewiesen werden kann, dass er den Auftrag für die Anrufe erteilt hat, ist dem Präsidenten der Anklagekammer darin zuzustimmen, dass die Drohung aufgrund der neuen Erkenntnisse unter einem anderen Blickwinkel zu betrachten ist. Lassen die neuen wissenschaftlichen Resultate der DNA-Analyse auf eine Tatbeteiligung von Z.________ schliessen, bestätigt der Umstand, dass er denjenigen Zeugen, welcher den Beschwerdeführer belastet hat, kurze Zeit später telefonisch bedroht haben soll, den Tatverdacht.
 
4.5 Für den Beschwerdeführer ist nicht ersichtlich, weshalb der Liegenschaftsverkauf an Z.________ ein Indiz für einen dringenden Tatverdacht darstellen soll.
 
Der Beschwerdeführer hat Z.________ mit öffentlich beurkundetem Kaufvertrag vom 25. April 1997 eine Liegenschaft, welche im Miteigentum von ihm und seiner Frau stand, zum Preis von Fr. 270'000.-- verkauft. Öffentlich beurkundet wurde, dass bei Vertragsunterzeichnung eine Barzahlung von Fr. 30'000.-- erfolgt sei und dass Z.________ eine Schuldanerkennung von Fr. 20'000.-- eingegangen sei. Gemäss dem angefochtenen Entscheid hat Z.________ höchstens Fr. 5'000.-- bar bezahlt, während Fr. 4'000.-- aus der Rückübernahme eines Motorfahrzeuges auf den Kaufpreis angerechnet wurden. Den Rest soll Z.________ gemäss Aussagen des Beschwerdeführers in Raten über Monate hinweg in Beiträgen von Fr. 1'000.-- bei der Familie des Beschwerdeführers vorbeigebracht haben. Für den Präsidenten der Anklagekammer steht fest, "dass der Kaufpreis von Fr. 30'000.--" auf jeden Fall im Zeitpunkt der öffentlichen Beurkundung nicht bar bezahlt wurde, was den dringenden Tatverdacht der Erschleichung einer Falschbeurkundung nahe lege. Weil der Käufer dringend verdächtigt werde, am Tötungsdelikt beteiligt gewesen zu sein und der Beschwerdeführer von dritter Seite beschuldigt werde, die Tötung in Auftrag gegeben zu haben, sei auch der Liegenschaftsverkauf resp. der Verzicht darauf, den Restkaufpreis von Fr. 30'000.-- einzufordern, ein Indiz für einen dringenden Tatverdacht.
 
Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, vom damals noch offen stehenden Betrag von Fr. 50'000.-- habe der Käufer Fr. 20'000.-- auf Betreibung hin bezahlt, ändert dies nichts daran, dass einige Unstimmigkeiten bestehen, die den Tatverdacht stützen.
 
4.6 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der dringende Tatverdacht im vorliegenden Fall nach wie vor zu bejahen ist (siehe E. 3.1 des Urteils 1P.321/2004). Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers wird nicht einfach analog zum Tatverdacht gegen Z.________ ein ebensolcher gegen ihn konstruiert. Ist gemäss den kantonalen Behörden aufgrund der neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse (DNA-Analyse) von einem dringenden Tatverdacht gegen Z.________ auszugehen - was der Beschwerdeführer nicht bestreitet -, erscheinen dessen geschäftlichen und privaten Beziehungen zum Beschwerdeführer sowie die Vorkommnisse im Zusammenhang mit dem Tötungsdelikt (Anrufe beim Belastungszeugen, Bezugnahme auf "C.________") in einem neuen Licht und stützen ebenfalls den dringenden Tatverdacht gegenüber dem Beschwerdeführer.
 
5.
 
Gemäss § 106 Abs. 1 Ziff. 2 des Thurgauer Gesetzes über die Strafrechtspflege vom 30. November 1970 (StPO/TG) kann gegen Angeschuldigte oder Verurteilte ein Haftbefehl erlassen werden, wenn Gefahr besteht, dass der Angeschuldigte Spuren der Tat verwischen, Mitbeteiligte oder Zeugen beeinflussen oder sonstwie die Untersuchung beeinträchtigen könnte.
 
5.1 Für den Beschwerdeführer ist nicht nachvollziehbar, inwiefern überhaupt noch eine Möglichkeit zur Kollusion bestehen soll. Wenn bereits diverse Drittpersonen befragt und einvernommen werden konnten und sich gestützt auf diese Aussagen weitere Beweise erheben liessen, liege gar kein Raum mehr vor, um zu kolludieren. Objektiv könne vorliegend gar keine Beeinflussung von Zeugen oder eine Vereitelung von Beweisvorkehren mehr drohen.
 
5.2 Kollusion oder Verdunkelung bedeutet insbesondere, dass sich der Angeschuldigte mit Zeugen, Auskunftspersonen, Sachverständigen oder Mitangeschuldigten ins Einvernehmen setzt oder sie zu wahrheitswidrigen Aussagen veranlasst. Die strafprozessuale Haft wegen Kollusionsgefahr soll verhindern, dass der Angeschuldigte die Freiheit oder einen Urlaub dazu missbrauchen würde, die wahrheitsgetreue Abklärung des Sachverhaltes zu vereiteln oder zu gefährden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes genügt indessen die theoretische Möglichkeit, dass der Angeschuldigte in Freiheit kolludieren könnte, nicht, um die Fortsetzung der Haft unter diesem Titel zu rechtfertigen. Es müssen vielmehr konkrete Indizien für die Annahme von Verdunkelungsgefahr sprechen.
 
Das Vorliegen des Haftgrundes ist nach Massgabe der Umstände des Einzelfalles zu prüfen. Ausschlaggebend für die Frage, ob die Beeinflussung von Zeugen oder die Vereitelung von Beweisvorkehren droht, ist dabei der aktuelle Verfahrensstand (BGE 123 I 31 E. 3c S. 35; 117 Ia 257 E. 4b S. 261, je mit Hinweisen). Nach Abschluss der Strafuntersuchung (und insbesondere nach Durchführung einer erstinstanzlichen Hauptverhandlung) bedarf der Haftgrund der Kollusionsgefahr einer besonders sorgfältigen Prüfung. Er dient primär der Sicherung einer ungestörten Strafuntersuchung. Zwar ist auch die richterliche Sachaufklärung vor unzulässigen Einflussnahmen zu bewahren. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme anlässlich der Hauptverhandlung (vgl. BGE 117 Ia 257 E. 4b S. 261). Je weiter das Strafverfahren vorangeschritten ist und je präziser der Sachverhalt bereits abgeklärt werden konnte, desto höhere Anforderungen sind jedoch grundsätzlich an den Nachweis von Kollusionsgefahr zu stellen (dazu Urteil 1P.534/2003 vom 6. Oktober 2003 mit zahlreichen Hinweisen).
 
5.3 Im vorliegenden Fall ist dem Präsidenten der Anklagekammer darin zu folgen, dass eine neue Situation vorliegt und aufgrund der neuen Stellung von Z.________ im Verfahren neue Gesichtspunkte untersucht und berücksichtigt werden müssen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass bei den beiden Tatverdächtigen grundsätzlich Kollusionsbereitschaft besteht (Anrufe beim Belastungszeugen, Absprache hinsichtlich "C.________"). Der Vater des Beschwerdeführers hat anlässlich einer Einvernahme zu Protokoll gegeben, von seinem Sohn mit dem Tod bedroht worden zu sein. Auch wenn diese Drohung im Zusammenhang mit familieninternen Streitigkeiten stand, kann sie als Indiz für eine Gewaltbereitschaft des Beschwerdeführers gewertet werden. Solange die Ermittlungen im Wesentlichen nicht abgeschlossen sind, besteht die Gefahr, dass der Beschwerdeführer Zeugen und Auskunftspersonen bedrohen oder beeinflussen könnte. Indessen ist das Verfahren zügig voran zu treiben, da der Haftgrund der Kollusionsgefahr - wie der Beschwerdeführer zu Recht anführt - nicht beliebig lange geltend gemacht werden kann. Ausserdem kann es zu einem unverhältnismässigen Eingriff führen, wenn der Beschwerdeführer zur Unterbindung der Kollusionsgefahr in Untersuchungshaft behalten und sein Akteneinsichtsrecht gleichzeitig weiterhin stark beschränkt wird. Eine derartige Beschränkung lässt sich grundsätzlich mit Kollusionsgefahr rechtfertigen, um diese Verdunkelungsgefahr zu bannen aber wird die Untersuchungshaft aufrecht erhalten.
 
6.
 
Sofern der Beschwerdeführer eine Verletzung des Beschleunigungsverbots rügen will, tut er dies nicht in rechtsgenüglicher Art und Weise (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Er wirft denn auch lediglich die Frage auf, ob nicht das Beschleunigungsgebot verletzt sei. Darauf ist nicht einzutreten.
 
7.
 
Für den Beschwerdeführer ist nicht nachvollziehbar, dass ihm im kantonalen Verfahren zwar die amtliche Verteidigung gewährt wurde, ihm jedoch die Verfahrenskosten von Fr. 400.-- auferlegt wurden, dies, obwohl er bedürftig sei. Er zeigt aber nicht auf, welche Verfassungsnorm der Präsident der Anklagekammer inwiefern verletzt haben soll. Auch auf diese Rüge ist mangels hinreichender Begründung i.S.v. Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht einzutreten.
 
8.
 
Der Beschwerdeführer macht schliesslich geltend, nicht hafterstehungsfähig zu sein. Diesbezüglich genügen seine Ausführungen den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ebenfalls nicht. Darauf ist nicht einzutreten. Im Übrigen kann dazu auf E. 3.1 a.E. im Urteil 1P.321/2004 vom 23. Juni 2004 verwiesen werden.
 
9.
 
Soweit der Beschwerdeführer in seiner Replik rügt, der Untersuchungsrichter bringe in seiner Vernehmlassung unzulässige Noven vor, ist festzuhalten, dass das Bundesgericht die neuen Argumente des Untersuchungsrichters nicht berücksichtigt hat. Dem Beschwerdeführer ist indes darin zuzustimmen, dass die zitierte Aussage betreffend die drei Kugeln im Kopf des Getöteten in unzulässiger Weise aus dem Zusammenhang gerissen wurde und in der Vernehmlassung des Untersuchungsrichters nicht korrekt wiedergegeben wurde. Da das Bundesgericht nicht auf diese Argumentation abgestellt hat, erübrigen sich weitere Erwägungen dazu.
 
10.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde ist demnach abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der Beschwerdeführer hat ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsbeistand gestellt. Die Voraussetzungen nach Art. 152 Abs. 1 und 2 OG sind vorliegend erfüllt. Da der Beschwerdeführer unterliegt, ist das Honorar des Rechtsanwaltes im Rahmen des in Art. 160 OG vorgesehenen Tarifes vom Bundesgericht festzusetzen und von der Bundesgerichtskasse auszurichten (Art. 152 Abs. 2 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird entsprochen.
 
2.1 Es werden keine Kosten erhoben.
 
2.2 Rechtsanwalt Manfred Dähler wird zum unentgeltlichen Rechtsbeistand ernannt und für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse mit einem Honorar von Fr. 2'000.-- entschädigt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Kantonalen Untersuchungsrichteramt, der Staatsanwaltschaft und dem Präsidenten der Anklagekammer des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 13. August 2004
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
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