BGer I 105/2004 | |||
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BGer I 105/2004 vom 23.08.2004 | |
Eidgenössisches Versicherungsgericht
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Tribunale federale delle assicurazioni
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Tribunal federal d'assicuranzas
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Sozialversicherungsabteilung
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des Bundesgerichts
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Prozess
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{T 7}
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I 105/04
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Urteil vom 23. August 2004
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IV. Kammer
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Besetzung
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Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiber Hochuli
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Parteien
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IV-Stelle Basel-Stadt, Lange Gasse 7, 4052 Basel, Beschwerdeführerin,
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gegen
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E.________, 1955, Beschwerdegegner, vertreten durch Advokat Dr. Andreas Bernoulli, Dornacherstrasse 192, 4053 Basel
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Vorinstanz
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Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, Basel
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(Entscheid vom 27. November 2003)
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Sachverhalt:
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Mit Verfügung vom 10. September 2002 lehnte die IV-Stelle Basel-Stadt das Gesuch des 1955 geborenen E.________ vom 26. September 2000 um Ausrichtung einer Invalidenrente ab, weil er gestützt auf ein interdisziplinäres Gutachten des Spitals X.________ bei einem Invaliditätsgrad von 30 % trotz gesundheitlicher Einschränkungen zumutbarerweise in der Lage sei, ein rentenausschliessendes Erwerbseinkommen zu erzielen.
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Die dagegen gerichtete Beschwerde des E.________ hiess das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt mit Entscheid vom 27. November 2003 gut, hob die Verfügung der IV-Stelle auf und wies die Sache zur Durchführung einer erneuten "interdisziplinären, d.h. psychiatrischen und rheumatologischen Begutachtung mit anschliessender Gesamtbeurteilung" und zur Neuverfügung an die Verwaltung zurück.
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Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die IV-Stelle die Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheids.
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Während E.________ auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, eventuell auf Rückweisung der Sache "zum materiellen Entscheid über den im Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht gestellten Antrag des Versicherten auf Ausrichtung einer ganzen Invalidenrente mit Wirkung ab 1. September 1999" an die Vorinstanz schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) auf eine Vernehmlassung.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über den Begriff der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG), den Anspruch auf eine Invalidenrente und die Bemessung der Invalidität nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 28 Abs. 1, 1bis und 2 IVG in der hier anwendbaren, bis Ende 2003 gültig gewesenen Fassung) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt in Bezug auf die Ausführungen zur Aufgabe des Arztes bei der Invaliditätsbemessung (BGE 125 V 261 Erw. 4 mit Hinweisen; AHI 2002 S. 70) und zum Beweiswert sowie zur Beweiswürdigung ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 122 V 160 Erw. 1c mit Hinweisen; vgl. auch BGE 125 V 352 Erw. 3a und b). Korrekt ist sodann der Hinweis darauf, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 und die damit auf dem Gebiet des Invalidenversicherungsrechts verbundenen Änderungen nicht anwendbar sind, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: vom 10. September 2002) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 129 V 4 Erw. 1.2). Darauf wird verwiesen. Aus dem zuletzt genannten Grund finden auch die am 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Änderungen des IVG (4. IVG-Revision, AS 2003 3837) keine Anwendung.
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2.
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Streitig ist das Ausmass der durch die gesundheitlichen Beschwerden verursachten Einschränkungen in der Arbeitsfähigkeit. Dabei ist zu prüfen, ob diese Frage gestützt auf die vorhandenen medizinischen Unterlagen beantwortet werden kann.
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2.1 Die Verwaltung stellte auf das interdisziplinäre Gutachten vom 8. Juli 2002 ab und ging davon aus, dass dem Beschwerdegegner schwere Arbeiten wegen der Schmerzproblematik infolge der Anpassungsstörung (ICD-10 F43.23) und der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (ICD-10 F45.4) nicht mehr zumutbar seien, dass er jedoch leichte bis mittelschwere, wechselbelastende (stehend, sitzend und gehend zu verrichtende) Tätigkeiten - wie insbesondere seine angestammte Hauptbeschäftigung als Taxifahrer - ohne häufiges Arbeiten mit den Armen über der Horizontalen mit einer wegen der Anpassungsstörung eingeschränkten Leistungsfähigkeit von 70 % zumutbarerweise erwerblich verwerten könne. Demgegenüber hielt das kantonale Gericht das von der Verwaltung veranlasste interdisziplinäre Gutachten für unbefriedigend. Bei der disziplinübergreifenden Thematik hätten die beiden Fachärzte gemeinsam und erst nach vorgängiger gegenseitiger Absprache zur Arbeitsfähigkeit Stellung nehmen müssen. Dies ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts (Urteil V. vom 26. Mai 2003, I 196/03). Zudem habe dieses Gericht im Urteil E. vom 19. Juni 2001 (I 605/00) erkannt, dass Fibromyalgie sehr oft zu Invalidität führe. Das interdisziplinäre Gutachten sei auch nicht vollständig, weil der zuerst begutachtende Psychiater von den nachträglich erhobenen Diagnosen des begutachtenden Rheumatologen keine Kenntnis gehabt habe. Schliesslich erfordere die bisher ausgeübte Tätigkeit als Taxifahrer eine "tagtäglich teilweise [...] recht hohe Belastbarkeit", die angesichts der diagnostizierten Beschwerden nicht vorhanden sein dürfte.
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2.2 Unzutreffend ist die vorinstanzliche Annahme, der Psychiater habe bei seiner Untersuchung keine Kenntnis von den Untersuchungsergebnissen des Rheumatologen gehabt. Aus dem Schreiben vom 6. März 2002 ergibt sich das Gegenteil: Darin informierte Dr. med. W.________ den Psychiater Dr. med. F.________ über die von ihm anlässlich seiner eingehenden rheumatologischen Untersuchung des Versicherten bereits am 6. Februar 2002 erhobenen Befunde. Gleichzeitig stellte er ihm in Kopie sämtliche Akten zu. Der Psychiater bestätigte zudem am 16. Februar 2004, dass er im Rahmen der Erstellung des interdisziplinären Gutachtens den gegenseitigen Informationsfluss zwischen ihm und Dr. med. W.________ als "durchaus genügend" erachtet habe und für ihn die rheumatologische Einschätzung des Dr. med. W.________ klar gewesen sei. Auch wenn es optimal ist, wenn bei polydisziplinärer Begutachtung die abschliessende, gesamthafte Stellungnahme zur Arbeitsfähigkeit auf der Grundlage eines Konsiliums der Teilgutachter erfolgt, in welchem die Ergebnisse aus den einzelnen Fachrichtungen diskutiert werden können (Meyer-Blaser, Arbeitsunfähigkeit, in: Schaffhauser/Schlauri [Hrsg.], Schmerz und Arbeitsunfähigkeit, St. Gallen 2003, S. 89 mit Hinweisen), stellt diese abschliessende interdisziplinäre Diskussion keine unerlässliche Voraussetzung für den Beweiswert der einzelnen, in sich widerspruchsfreien, schlüssigen und nach den Regeln der Kunst erstellten Teilgutachten dar, sofern sich deren Einschätzungen gegenseitig miteinander vereinbaren lassen. Dies trifft auf die Beurteilungen des Psychiaters und des Rheumatologen offensichtlich zu.
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Der angefochtene Entscheid lässt sich auch nicht auf das Urteil V. vom 26. Mai 2003, I 196/03, abstützen. Die Beschwerdeführerin weist in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zutreffend darauf hin, dass der vorliegende Sachverhalt nicht mit demjenigen gemäss dem genannten Urteil vergleichbar ist. Das jenem Fall zugrunde liegende psychiatrische Gutachten hatte schon deshalb nicht zu überzeugen vermocht, weil es nicht nur in sich selber widersprüchlich gewesen war, sondern auch Diskrepanzen im Vergleich zur Auffassung des Rheumatologen feststellbar gewesen waren. Wenn sodann dem Urteil E. vom 19. Juni 2001, I 605/00, die Aussage zu entnehmen ist, Fibromyalgie führe sehr oft zu Invalidität, so vermag das kantonale Gericht durch entsprechenden Verweis die auf den rheumatologischen Untersuchungsergebnissen basierende Einschätzung gemäss interdisziplinärem Gutachten nicht zu entkräften, wonach infolge "der aktuell nur geringgradig ausgeprägten Schmerzen [...] die Diagnose des weichteilrheumatischen Schmerzsyndroms für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nicht relevant" sei. Schliesslich behauptet die Vorinstanz zu Recht nicht, bei der angestammten Tätigkeit als Taxifahrer handle es sich um - gemäss interdisziplinärem Gutachten unzumutbare - körperliche Schwerarbeit. Die im angefochtenen Entscheid angeführten Gründe dafür, weshalb nicht auf die Ergebnisse des eben genannten Gutachtens abzustellen sei, überzeugen nicht. Die mit interdisziplinärem Gutachten attestierte Arbeitsunfähigkeit von 30 % resultiert aus der Berücksichtigung einer gewissen verminderten Belastungsfähigkeit; dieser könnte der selbstständig erwerbstätige Taxifahrer durch entsprechende Reduktion der Belastungssituationen Rechnung tragen, weshalb die Schlussfolgerungen des interdisziplinären Gutachtens entgegen dem angefochtenen Entscheid durchaus einleuchten.
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2.3 Nach dem Gesagten ist gestützt auf das interdisziplinäre Gutachten vom 8. Juli 2002 mit dem im Sozialversicherungsrecht geltenden Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 126 V 360 Erw. 5b, 125 V 195 Erw. 2, je mit Hinweisen) davon auszugehen, dass der Beschwerdegegner in der Ausübung seiner angestammten Tätigkeit als selbständig erwerbender Taxifahrer zu 70 % arbeitsfähig ist.
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3.
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Demnach ist die Leistungsfähigkeit des Versicherten trotz der geklagten Beschwerden bei Aufbietung allen guten Willens (BGE 102 V 165; AHI 2001 S. 228 Erw. 2b mit Hinweisen) und in Nachachtung des im Sozialversicherungsrecht allgemein geltenden Grundsatzes der Schadenminderungspflicht (BGE 123 V 233 Erw. 3 117 V 278 Erw. 2b, 400, je mit Hinweisen) nicht in einem anspruchsbegründenden Ausmass (vgl. Art. 28 Abs. 1 IVG) eingeschränkt, weshalb die IV-Stelle das Leistungsgesuch zu Recht abgelehnt hat.
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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1.
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In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt vom 27. November 2003 aufgehoben.
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2.
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Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, der Ausgleichskasse Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
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Luzern, 23. August 2004
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Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
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Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber:
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