BGer 2A.674/2004 | |||
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BGer 2A.674/2004 vom 26.11.2004 | |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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2A.674/2004 /dxc
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Urteil vom 26. November 2004
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II. Öffentlichrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
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Bundesrichter Hungerbühler, Bundesrichter Müller,
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Gerichtsschreiber Klopfenstein.
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Parteien
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X.________,
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Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr.
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Res Nyffenegger,
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gegen
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Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern, Kramgasse 20, 3011 Bern,
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Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Cour des affaires de langue française, Speichergasse 12,
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3011 Bern.
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Gegenstand
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Ausweisung,
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Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom
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15. Oktober 2004.
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Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung:
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1.
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Der türkische Staatsangehörige X.________ (geb. 1944) lebt seit 1981 in der Schweiz. 1983 folgten ihm seine ebenfalls türkische Ehefrau und die vier gemeinsamen, heute erwachsenen Kinder im Rahmen des Familiennachzugs. Alle Familienmitglieder sind im Besitz der Niederlassungsbewilligung.
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Am 1. Februar 1998 tötete X.________ seinen Schwiegersohn Y.________. Deswegen bestrafte ihn das Kreisgericht III Aarberg-Büren-Erlach am 7. Dezember 1999 mit acht Jahren Zuchthaus und zwölf Jahren Landesverweisung. Das Obergericht des Kantons Bern bestätigte dieses Urteil am 2. November 2000. Am 31. Mai 2003 wurde X.________ bedingt aus dem Strafvollzug entlassen; die strafrechtliche Landesverweisung wurde aufgeschoben.
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Mit Verfügung vom 30. Mai 2003 wies der Migrationsdienst des Kantons Bern X.________ für unbestimmte Zeit aus der Schweiz aus. Die Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern bestätigte die Ausweisung mit Entscheid vom 27. Januar 2004. Eine gegen diesen Entscheid gerichtete Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern am 15. Oktober 2004 ab, soweit es darauf eintrat. Gleichzeitig setzte es X.________ eine neue Ausreisefrist bis zum 30. November 2004. Seinen Entscheid verfasste das Verwaltungsgericht in französischer Sprache.
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2.
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X.________ führt mit Eingabe (in deutscher Sprache) vom 22. November 2004 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht mit den Anträgen, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 15. Oktober 2004 aufzuheben und dem Beschwerdeführer die Ausweisung bloss anzudrohen. Beantragt wird zudem, es sei der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
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Der Beschwerdeführer rügt, die verfügte Ausweisung sei unverhältnismässig. Bei ihm bestehe keine Rückfallgefahr. Er sei mittlerweile 60 Jahre alt und es könne nicht angenommen werden, dass er heute (oder in Zukunft) auf ausserordentliche Umstände gleich reagieren würde wie damals bei der Begehung des Tötungsdelikts. Ausserdem drohe ihm im Falle der Ausweisung die Blutrache. Weiter macht der Beschwerdeführer geltend, der Sachverhalt sei vom Verwaltungsgericht unvollständig festgestellt worden und dieses habe ausserdem den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Schliesslich rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 8 EMRK.
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3.
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Nach Art. 37 Abs. 3 OG ist das Urteil des Bundesgerichts in der Regel in der Sprache des angefochtenen Entscheides (hier Französisch) zu verfassen. Sprechen die Parteien eine andere Amtssprache, so kann die Ausfertigung nach Satz 2 derselben Bestimmung in dieser Sprache erfolgen. Da der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben gut Deutsch, aber nur schlecht Französisch spricht, die Behörden und das Verwaltungsgericht von Bern aber in beiden Sprachen tätig sind, rechtfertigt es sich, dem Gesuch des Beschwerdeführers zu entsprechen und das vorliegende Urteil in deutscher Sprache abzufassen.
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4.
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Die - zulässige (vgl. BGE 114 Ib 1 E. 1a S. 2) - Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist im vereinfachten Verfahren nach Art. 36a OG (Verzicht auf Einholung von Akten und Vernehmlassungen, summarische Begründung) zu erledigen:
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4.1 Das Verwaltungsgericht hat gestützt auf die von ihm herangezogenen Bestimmungen des Bundesrechts wie auch gestützt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung die Zulässigkeit der verfügten Ausweisung zu Recht bejaht. Das im hohen Strafmass von acht Jahren Zuchthaus zum Ausdruck kommende Verschulden sowie die - gemäss den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, an die das Bundesgericht nach Massgabe von Art. 105 Abs. 2 OG gebunden ist - nicht völlig auszuschliessende Rückfallgefahr begründen ein gewichtiges öffentliches Interesse an der Fernhaltung des Beschwerdeführers, welches durch die geltend gemachten gegenläufigen privaten Interessen klarerweise nicht aufgewogen wird. Zu vertieften Abklärungen des Sachverhalts, wie dies seitens des Beschwerdeführers im vorinstanzlichen Verfahren verlangt worden ist (Erstellung eines medizinischen Gutachtens), war das Verwaltungsgericht bei der gravierenden, schon aufgrund der Akten eindeutigen Sachlage nicht verpflichtet. Es liegt weder eine offensichtlich unvollständige Sachverhaltsermittlung noch eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor.
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Sodann hat das Verwaltungsgericht die für den Verbleib des Beschwerdeführers in der Schweiz sprechenden Umstände in die vorgenommene Abwägung einbezogen. Es hat nicht übersehen, dass er sich bereits seit 1981 in der Schweiz befindet, in der Arbeitswelt gut integriert ist und in stabilen Familienverhältnissen lebt (E. 4.2 des angefochtenen Entscheides). Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Abwägung der berührten Interessen trägt allen wesentlichen Aspekten hinreichend Rechnung und lässt sich weder in Bezug auf die Sachverhaltsfeststellung (Art. 105 OG) noch in Bezug auf die daraus gezogenen Schlussfolgerungen beanstanden. Namentlich erweist sich die verfügte Ausweisung auch nicht als unverhältnismässig: Der Beschwerdeführer hat mehr als dreissig Jahre in der Türkei gelebt, wo er heute noch regelmässig Kontakte pflegt und auch Ferien verbringt. Seit den Neunziger Jahren besitzt er überdies in Izmir ein eigenes Haus (angefochtener Entscheid E. 5.1). Dies wird ihn aber nicht daran hindern, sich sonstwo in der Türkei niederzulassen. Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, die vom Beschwerdeführer befürchtete Gefahr der Blutrache (ausgeübt durch Familienangehörige des getöteten Schwiegersohnes) sei auch in der Schweiz nicht wesentlich kleiner, lässt sich unter diesen Umständen ebenfalls nicht beanstanden (vgl. BGE 125 II 105 E. 3 S. 111 f.).
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Die Ausweisung des Beschwerdeführers verletzt auch nicht Art. 8 EMRK (Schutz des Familien- und Privatlebens): Die in der Schweiz lebenden Kinder des Beschwerdeführers sind erwachsen und seine Ehefrau stammt ebenfalls aus der Türkei, wohin ihr eine Rückkehr zuzumuten ist. Soweit sie in der Schweiz zu bleiben gedenkt, obwohl der Beschwerdeführer das Land verlassen muss, wird die Kontaktpflege unter den Eheleuten nicht verunmöglicht. Zwar lässt die Ausweisung des Beschwerdeführers keine Besuchsaufenthalte in der Schweiz mehr zu (Art. 11 Abs. 4 ANAG), doch ist dies von der Ehefrau, will sie ihrem Gatten nicht zurück in die Türkei folgen, in Kauf zu nehmen. Soweit ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens vorliegt, erscheint er nach Massgabe von Art. 8 Ziff. 2 EMRK gerechtfertigt.
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Für alles Weitere wird auf die zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid verwiesen (Art. 36a Abs. 3 OG).
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4.2 Bei diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG). Das Gesuch um aufschiebende Wirkung wird mit dem vorliegenden Entscheid in der Sache hinfällig.
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Demnach erkennt das Bundesgericht
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im Verfahren nach Art. 36a OG:
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1.
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Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Polizei- und Miltiärdirektion und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern sowie dem Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 26. November 2004
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Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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