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Informationen zum Dokument  BGer I 451/2004  Materielle Begründung
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BGer I 451/2004 vom 29.12.2004
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
 
Tribunale federale delle assicurazioni
 
Tribunal federal d'assicuranzas
 
Sozialversicherungsabteilung
 
des Bundesgerichts
 
Prozess
 
{T 7}
 
I 451/04
 
Urteil vom 29. Dezember 2004
 
I. Kammer
 
Besetzung
 
Präsident Borella, Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi, Ursprung und Frésard; Gerichtsschreiberin Fleischanderl
 
Parteien
 
A.________, 1951, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ueli Kieser, Ulrichstrasse 14, 8032 Zürich,
 
gegen
 
IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern, Beschwerdegegnerin
 
Vorinstanz
 
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern
 
(Entscheid vom 5. Juli 2004)
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Der 1951 geborene A.________, zuletzt vom 1. Oktober 1998 bis 31. Januar 2000 als Schichtarbeiter bei der Firma X.________ AG angestellt, meldete sich am 17. Dezember 2001 unter Hinweis auf seit Mitte Dezember 1999 bestehende Beschwerden an der rechten Hand bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug (Umschulung, Rente) an. Die IV-Stelle Luzern holte u.a. Berichte des Dr. med. W.________, Leitender Arzt Handchirurgie, Spital Y.________, vom 26. März 2002 und 17. Juni 2003 sowie des Hausarztes Dr. med. B.________, Facharzt für Innere Medizin FMH, vom 11. Juni 2002 und 25. September 2003 ein und liess die Verhältnisse in beruflich-erwerblicher Hinsicht abklären (Bericht der Beruflichen Abklärungsstelle [BEFAS] vom 1. Juli 2003). Ferner wurde eine polydisziplinäre Untersuchung durch die Medizinische Abklärungsstelle (MEDAS) in die Wege geleitet (Mitteilung der IV-Stelle an den Rechtsvertreter des Versicherten vom 28. Oktober 2003). Nachdem A.________ mehrmals um Ausrichtung von Vorschusszahlungen ersucht hatte, lehnte die Verwaltung einen diesbezüglichen Anspruch am 9. März 2004 verfügungsweise ab.
 
B.
 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern ab (Entscheid vom 5. Juli 2004).
 
C.
 
A.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und die Auszahlung von Vorschussleistungen beantragen.
 
Das kantonale Gericht, die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer die Ausrichtung von Vorschusszahlungen beanspruchen kann. Da diese Frage mit Verwaltungsverfügung vom 9. März 2004 - und damit nach In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 auf den 1. Januar 2003 - verneint wurde, gelangen nach den Regeln des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts (BGE 129 V 4 Er. 1.2, 169 Erw. 1, 356 Erw. 1, je mit Hinweisen) die neuen Bestimmungen vorliegend zur Anwendung.
 
2.
 
2.1 Nach Art. 19 Abs. 4 ATSG können Vorschusszahlungen ausgerichtet werden, wenn der Anspruch auf Leistungen nachgewiesen erscheint und sich deren Ausrichtung verzögert.
 
2.2 Uneinig sind sich die Verfahrensbeteiligten in erster Linie darüber, ob im hier zu beurteilenden Fall der Anspruch des Beschwerdeführers auf IV-Rentenleistungen rechtsgenüglich im Sinne der genannten Norm ausgewiesen ist ("nachgewiesen erscheint").
 
2.2.1 Im vorinstanzlichen Entscheid wurde in Anlehnung an Ueli Kieser (ATSG-Kommentar, Kommentar zum Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000, Rz 27 zu Art. 19) erwogen, dass den in Art. 19 Abs. 4 ATSG verankerten Vorschusszahlungen eine doppelte Voraussetzung zu Grund liege. Zum einen müsse der Anspruch auf Leistungen als "nachgewiesen erscheinen", womit der Gesetzgeber eine Formulierung gewählt habe, welche von den für eine Leistungszusprechung erforderlichen Voraussetzungen in zweifacher Hinsicht abweiche. Im Sozialversicherungsrecht gelte allgemein der Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit, was nicht der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit entspreche. Soweit der Nachweis nach Art. 19 Abs. 4 ATSG an diesen (höheren) Wahrscheinlichkeitsgrad anknüpfe, wäre deshalb die Erbringung der Leistung mit einer höheren Anforderung verbunden. Diese werde jedoch zugleich dadurch gemildert, dass der Anspruch nachgewiesen "erscheinen" müsse. Werde die genannte Verschärfung und die in Frage stehende Minderung zusammengenommen, sei im Ergebnis davon auszugehen, dass der Gesetzgeber, damit Vorschusszahlungen erbracht werden könnten, eine überwiegende Wahrscheinlichkeit des Leistungsanspruchs - und demzufolge den üblicherweise geltenden Beweisgrad - voraussetze. Da auf Grund der medizinischen sowie beruflich-erwerblichen Unterlagen in casu anzunehmen sei, dass der Versicherte hinsichtlich der Einschränkungen seines Gesundheitsschadens aktuell noch abklärungsbedürftig und -fähig sei, könne der Invaliditätsgrad nicht abschliessend ermittelt werden. Unter diesen Umständen erscheine, auch angesichts des sehr geringen Valideneinkommens (1999: Fr. 31'475.30), nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, dass sich für den Beschwerdeführer ein Erwerbsunfähigkeitsgrad von 40 % oder mehr ergeben und ihm deshalb eine Invalidenrente zugesprochen werde. Zur im Weiteren notwendigen verzögerten Leistungsausrichtung nahm die Vorinstanz mangels Vorliegens der ersten Vorschusszahlungsvoraussetzung nicht Stellung.
 
2.2.2 Der Beschwerdeführer pflichtet den rechtlichen Erwägungen des kantonalen Gerichts insoweit bei, als im Falle von Vorschusszahlungen der Anspruch auf Leistungen mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ausgewiesen sein müsse. Der Leistungsanspruch habe jedoch noch nicht gänzlich festzustehen, insbesondere sei nicht erforderlich, dass der Invaliditätsgrad schon genau bestimmt worden sei. Obgleich im vorliegend zu prüfenden Verfahren anhand der aktenkundigen ärztlichen und beruflichen Berichte (noch) nicht abschliessend beurteilt werden könne, in welchem Ausmass die Arbeitsfähigkeit sowohl im angestammten Beruf wie auch in möglichen Verweistätigkeiten eingeschränkt und auf wie hoch die Invalidität zu schätzen sei, stehe doch mit rechtsgenüglicher Wahrscheinlichkeit fest, dass dem Versicherten jedenfalls ein Rentenanspruch zustehe. Namentlich der Umstand, dass zusätzliche Abklärungen bei der MEDAS vorgesehen seien, ändere an diesem Ergebnis nichts, sei die u.a. auf den medizinischen Abklärungsergebnissen beruhende genaue Ermittlung des Invaliditätsgrades doch erst in einem späteren Stadium des Verfahrens vorzunehmen. Was das Element der zeitlichen Verzögerung anbelange, sei diese sicherlich dann erreicht, wenn ohne Leistungsausrichtung die Sozialhilfe in Anspruch genommen werden müsste.
 
2.2.3 Die Beschwerdegegnerin schliesst sich in allen Teilen der vorinstanzlichen Betrachtungsweise an, wobei sie bereits in ihrer kantonalen Beschwerdeantwort insbesondere festhielt, dass aus der Formulierung "nachgewiesen erscheint" abgeleitet werden könne, dass kein strikter Nachweis verlangt werde. Auch dieser "gemilderte" Nachweis fehle vorliegend indes, da noch nicht fachärztlich abgeklärt worden sei, für welche Tätigkeiten in welchem Umfang eine effektive Einschränkung bestehe. Diese Feststellungen aber, welche mit Hilfe der MEDAS-Abklärung und allenfalls einer daran anschliessenden erneuten BEFAS-Erhebung getroffen werden sollten, seien für die Ermittlung des Grades der Erwerbsunfähigkeit und somit der Festlegung des wirtschaftlichen Invaliditätsgrades unerlässlich. Die Bestätigung des Hausarztes, wonach in der angestammten Tätigkeit eine vollständige Arbeitsunfähigkeit gegeben sei, genüge keineswegs als Nachweis für einen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegebenen Rentenanspruch.
 
2.2.4 In seiner letztinstanzlichen Vernehmlassung vom 5. Oktober 2004 hält das BSV demgegenüber dafür, dass gemäss seiner Weisung zu Art. 19 Abs. 4 ATSG (vgl. Rz 9501 der vom BSV herausgebenen Wegleitung über die Renten [RWL]) Vorschusszahlungen erst ausgerichtet werden könnten, wenn der Leistungsanspruch an sich ausser Zweifel stehe. Für Leistungen der Invalidenversicherung bedeute dies, dass die Invalidität mindestens in rentenbegründendem Ausmass erreicht sein und die versicherte Person die Mindestbeitragsdauer oder die restriktiven Voraussetzungen für eine ausserordentliche Rente erfüllen müsse. Der Anspruch auf eine Rente habe demnach dem Grundsatze nach festzustehen; unklar dürfe einzig die Höhe des Invaliditätsgrades und damit auch der Rente sein. Dass das Bestehen des Anspruchs eindeutig sein müsse und folglich ein stärkerer Beweisgrad als jener der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu gelten habe, rechtfertige sich im Übrigen auch aus der Überlegung, dass die Rückforderung einer Vorschussleistung wegen einer nachträglich festgestellten fehlenden Anspruchsvoraussetzung verhindert werden solle. Vorliegend könne die Frage nach dem anwendbaren Beweisgrad indessen offen bleiben, da der konkrete Anspruch selbst unter Zugrundelegung des Beweisgrades der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nicht ausgewiesen sei. Namentlich erwiesen sich im Lichte der ärztlichen Aktenlage weitere medizinische Abklärungen als unerlässlich, bevor überhaupt festgelegt werden könne, ob im zu beurteilenden Fall eine rentenbegründende Invalidität vorliege. Sei somit bereits die Entstehung eines Rentenanspruchs an sich zweifelhaft, könne die Ausrichtung von Vorschusszahlungen schon aus diesem Grunde nicht bejaht werden.
 
3.
 
Das Gesetz ist in erster Linie nach seinem Wortlaut auszulegen. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Auslegungen möglich, so muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente, namentlich des Zwecks, des Sinnes und der dem Text zu Grunde liegenden Wertung. Wichtig ist ebenfalls der Sinn, der einer Norm im Kontext zukommt. Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf nur ausnahmsweise abgewichen werden, u.a. dann nämlich, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Grund und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit andern Vorschriften ergeben (BGE 130 II 71 Erw. 4.2, 130 V 50 Erw. 3.2.1, 232 Erw. 2.2, 129 V 284 Erw. 4.2, je mit Hinweisen).
 
4.
 
4.1 Der Wortlaut der Bestimmung des Art. 19 Abs. 4 ATSG - "Erscheint der Anspruch auf Leistungen nachgewiesen [...]", "Si le droit à des prestations semble avéré [...]", "Se il diritto a ricevere prestazioni è dimostrato [...]" - stimmt in der deutschen sowie französischen Amtssprache grundsätzlich überein, wohingegen die italienischsprachige Fassung insofern eine Verschärfung der Formulierung enthält, als nicht von "Erscheint [...] nachgewiesen" bzw. "semble avéré", sondern von "è dimostrato" die Rede ist. Während somit bei der deutschen und französischen Version der Leistungsanspruch lediglich nachgewiesen erscheinen muss, hat er in der italienischen Fassung erwiesenermassen zu bestehen. Mit Blick darauf, dass bei der grammatikalischen Auslegung von der grundsätzlichen Gleichwertigkeit der drei Amtssprachen auszugehen ist (Art. 9 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 21. März 1986 über die Gesetzessammlungen und das Bundesblatt; SR 170.512) und diesem Auslegungselement nur untergeordnete Bedeutung zukommt, wenn die drei verschiedenen sprachlichen Versionen nicht vollständig übereinstimmen oder sich gar widersprechen (BGE 126 V 106 Erw. 3a mit Hinweis), ist der Auslegungsvorgang fortzusetzen.
 
4.2 Zu prüfen ist folglich im Weiteren, ob die Materialien zuverlässigen Aufschluss über die vorliegend strittige Auslegung des Art. 19 Abs. 4 ATSG geben. Nach ständiger Rechtsprechung stellen sie, gerade bei jüngeren Gesetzen, ein wichtiges Erkenntnismittel dar, von dem im Rahmen der Auslegung stets Gebrauch zu machen ist (BGE 126 V 107 Erw. 3b, 439 Erw. 3b, je mit Hinweis; zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehenes Urteil Z. vom 23. September 2004, I 164/04, Erw. 2.2 mit Hinweis).
 
4.2.1 Die Kommission des Nationalrates für soziale Sicherheit und Gesundheit hielt in ihrem Bericht vom 26. März 1999 zur Parlamentarischen Initiative Sozialversicherungsrecht zum Antrag auf Aufnahme eines neuen, die Möglichkeit von Vorschusszahlungen verankernden Absatzes 4 (der im Entwurf in Art. 25 enthaltenen Auszahlungsregelung von Geldleistungen) fest, dass diese heute nicht gesetzlich vorgesehen seien. Die Kommission wolle die derzeitige Praxis der Unfallversicherung sinngemäss auch auf die anderen Sozialversicherungen ausdehnen. Wenn der Leistungsanspruch nachgewiesen sei, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehe, würden kaum mehr lange Abklärungen notwendig sein; der Entscheid würde diesfalls in aller Regel rasch erfolgen. Sofern hingegen die Abklärungen hinsichtlich Bestand oder Umfang der Leistungen mehr Zeit in Anspruch nehmen würden, dürfte ein Leistungsanspruch noch nicht als ausgewiesen gelten. In diesen Fällen seien Vorschusszahlungen problematisch, da bei Ablehnung des Leistungsanspruchs die ausgerichteten Vorschüsse oft nicht mehr erfolgreich zurückgefordert werden könnten. Die Kommission gehe aber davon aus, dass, sofern wegen formeller Voraussetzungen eine materiell unbestrittene Leistung noch nicht ausgerichtet werden könne, Vorschusszahlungen sinnvoll seien. Gleiches gelte, wenn auf Grund von Überlastung der Verwaltung unstreitige Ansprüche der Höhe nach noch nicht ganz genau beziffert werden könnten. Oft sei auch die Leistung nicht im Grundsatz, sondern nur bezüglich ihrer genauen Höhe umstritten, wobei die Kommission die Ausrichtung von Vorschüssen in der Höhe der unbestrittenen Leistung als unbedenklich erachte (BBl 1999 V 4560 f.).
 
4.2.2 Anlässlich der nationalrätlichen Debatte vom 17. Juni 1999 hatte R.________ dahingehend votiert, dass mit der neuen Bestimmung der Anspruch auf Vorschussleistungen generalisiert werde. Dies sei eine positive Neuerung, die in der Kommission einstimmig verabschiedet worden sei. Heute kenne man Vorschüsse in der Sozialversicherung in der Praxis bei der Unfallversicherung. Bei der Invalidenversicherung hingegen, wo sie praktisch noch wichtiger wären, seien sie nicht gebräuchlich. Neu werde generell die Möglichkeit verankert, Vorschusszahlungen auszurichten, allerdings, und das müsse ebenfalls angefügt werden, in materiell engen Limiten: Vorschusszahlungen sollten nur dort zur Ausrichtung gelangen, wo die Ansprüche grundsätzlich klar seien und wo beispielsweise nur der Umfang des Rentenanspruchs umstritten sei. Es komme also nur eine Rentenbevorschussung in Frage, soweit der Rentenanspruch unbestritten sei, oder auch in Fällen, in welchen noch Berechnungen vorzunehmen seien, wo aber mindestens ein bestimmter Betrag bereits festgelegt werden könne. Dies spiele in der Invalidenversicherung eine gewisse Rolle, damit Leute, die einen unbestrittenen Anspruch auf eine Rente hätten, wegen der Verzögerung der Auszahlung nicht an die Fürsorge verwiesen werden müssten (Amtl. Bull. N 1999 1239). S.________, ebenfalls Berichterstatter im Nationalrat, hatte ferner folgende Stellungnahme abgegeben: "Des avances peuvent être versées si le droit à des prestations est attesté et si le versement des prestations est retardé. Nous pensons ici au cas où il est évident qu'une rente, par exemple de l'AI, devra être versée, mais dont le versement est retardé en raison de calcul du montant de la rente. Ces cas surviennent fréquemment, notamment dans l'assurance-invalidité, lorsqu'il y a lieu d'évaluer les extraits de compte individuels de l'assuré. Il est logique ici que les assurances puissent procéder au versement d'avances pour éviter des cas de rigueur. Si les prestations n'étaient versées qu'après des mois d'attente, voire des années, elles n'atteindraient plus leur but qui est de compenser une perte de revenu. Cette disposition est en fin de compte également dans l'intérêt des assurances, car le paiement retardé des prestations peut entraîner l'obligation - c'est aussi un point nouveau - de verser des intérêts moratoires. En pratique, de telles avances sont déjà versées actuellement, de sorte que cette nouveauté est loin de constituer une inconnue. Par conséquent, notamment dans l'application pratique, c'est vraiment une nouveauté valable" (Amtl. Bull. N 1999 1239).
 
4.2.3 In der ständerätlichen Beratung vom 22. März 2000 hielt S.________ für die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates dafür, dass mit dem neu aufgenommenen Absatz 4 der Anspruch auf Vorschussleistungen generalisiert werde. Die Praxis kenne Vorschusszahlungen im Bereich der obligatorischen Unfallversicherung, nicht jedoch in der Invalidenversicherung, wo sie jedoch eher angebracht seien. Für die nun festgeschriebene Möglichkeit, Vorschusszahlungen auszurichten, würden jedoch im Gesetz enge Grenzen gezogen. Vorschusszahlungen könnten nur dort ausgerichtet werden, wo die Ansprüche grundsätzlich klar seien und wo beispielsweise lediglich der Umfang eines Rentenanspruchs umstritten sei. Somit komme ein Rentenvorschuss nur in Frage, falls der Rentenanspruch unbestritten sei, oder falls bereits ein bestimmter Betrag festgelegt werden könne, jedoch noch detaillierte Berechnungen durchgeführt werden müssten. Die vom Nationalrat beschlossene Bestimmung sei allerdings nicht geeignet, die Rechtssicherheit zu fördern. Dies nur schon deshalb, weil aus der Bestimmung nicht hervorgehe, in welchen Fällen von einer Verzögerung der Ausrichtung der Leistung auszugehen sei. Die Kommission schliesse sich indessen dem Beschluss des Nationalrates an. Es solle nicht in diesem relativ unbedeutenden Punkt eine weitere Differenz geschaffen werden. Es werde bewusst darauf verzichtet, eine bundesrätliche Kompetenz zur Regelung allfälliger Einzelheiten hier zu verankern. Damit sei auch klar, dass der Bundesrat nicht auf dem Verordnungsweg die Pflicht zur Vorschusszahlung einführen werden könne (Amtl. Bull. S 2000 178 f.).
 
In den parlamentarischen Beratungen erfuhr die Fassung des Art. 25 Abs. 4 der nationalrätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit mithin keine Änderung mehr und wurde in Art. 19 Abs. 4 ATSG vom 6. Oktober 2000 zum Gesetz.
 
4.2.4 Entstehungsgeschichtlich ist auf Grund der genannten Materialien erwiesen, dass Vorschusszahlungen nur in sehr engen - materiellen - Grenzen zur Ausrichtung gelangen sollen. Insbesondere eine Rentenbevorschussung soll lediglich in Fällen statthaft sein, in welchen der Rentenanspruch als solcher - jedenfalls teilweise - unbestritten bzw. grundsätzlich erwiesen ist, Leistungen aber zufolge formeller Gründe noch nicht ausgerichtet werden konnten. So beispielsweise wenn eine Ermittlung des genauen Umfangs des Rentenanspruchs oder die exakte Bezifferung der Rentenhöhe wegen administrativer Überlastung der Behörden noch nicht möglich war und weitere Berechnungen vorzunehmen sind. Benötigen indessen bereits die Abklärungen hinsichtlich des Bestandes der Leistungen an sich einen längeren Zeitraum, dürfte der Anspruch an sich als noch nicht ausgewiesen gelten und es sollten daher keine Vorschusszahlungen erbracht werden. Namentlich die Kommission des Nationalrates für soziale Sicherheit und Gesundheit betonte in ihrem Bericht vom 26. März 1999 denn auch mit Nachdruck, was unwidersprochen blieb, dass der Leistungsanspruch nachgewiesen, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen müsse, damit eine Bevorschussung in Frage käme.
 
4.3 Die bisherigen Auslegungsergebnisse legen den Schluss nahe, dass Vorschusszahlungen, namentlich in Bezug auf Rentenleistungen, nur dann ausgerichtet werden können, wenn der (materielle) Leistungsanspruch an sich - mindestens zum Teil - feststeht. Es hat demnach - und darin ist der Auffassung des BSV zu folgen - ein höherer Beweisgrad als jener der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu gelten, welcher üblicherweise im Sozialversicherungsrecht Anwendung findet (BGE 126 V 360 Erw. 5b, 125 V 195 Erw. 2, je mit Hinweisen; vgl. auch BGE 130 III 324 f. Erw. 3.2 und 3.3). Für diese Lesart, die im Übrigen ihren Niederschlag am ehesten im italienischsprachigen Wortlaut der Bestimmung findet (vgl. Erw. 4.1 hievor), sprechen ferner teleologische Auslegungselementen wie auch Gründe systematischer Natur.
 
4.3.1 Sinn und Zweck der Vorschussbestimmung besteht - nebst der Vermeidung der neu vorgesehenen Verzugszinspflicht seitens der Verwaltung (Art. 26 Abs. 2 ATSG) - primär darin, zu verhindern, dass versicherte Personen, welchen ein Leistungsanspruch zusteht, zufolge Verzögerung der Leistungsausrichtung in eine finanzielle Notlage geraten und dadurch beispielsweise gezwungen sind, sich an die Fürsorge zu wenden oder Kredite aufzunehmen. Obgleich gesetzlich nicht ausdrücklich in diesem Sinne stipuliert (vgl. demgegenüber Art. 11 Abs. 1 MVG [gültig gewesen bis 31. Dezember 2002, aufgehoben durch Anhang Ziff. 13 des ATSG]; Jürg Maeschi, Kommentar zum Bundesgesetz über die Militärversicherung [MVG], Bern 2000, Rz 6 zu Art. 11), sind Vorauszahlungen wohl grundsätzlich dann zu gewähren, wenn die wirtschaftliche Lage des Betroffenen dies erforderlich macht (vgl. im Arbeitslosenversicherungsbereich: Gerhard Gerhards, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz [AVIG], Bern 1988, Rz 32 zu Art. 20; Thomas Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, S. 122 RN 324, S. 164 RN 429; siehe auch Art. 95 Abs. 4 Satz 2 AVIV). Da sich gerade in derartigen Fällen bei nachträglich festgestellten fehlenden Anspruchsvoraussetzungen eine allfällige Rückforderung von Leistungen jedoch als äussert schwierig gestalten dürfte und daher möglichst vermieden werden sollte, drängt sich eine zurückhaltende Praxis in der Bejahung von Vorschusszahlungen auf, was ebenfalls für die Annahme eines qualifizierteren Beweisgrades bezüglich des Leistungsanspruchs an sich spricht.
 
4.3.2 Hinsichtlich des Verhältnisses von Art. 19 Abs. 4 ATSG zu Vorschriften in anderen Erlassen ist vorab auf den bereits genannten, mittlerweile aufgehobenen Art. 11 Abs. 1 MVG zu verweisen. Darin sah der Gesetzgeber vor, dass die Militärversicherung in besonderen Fällen Vorauszahlungen machen konnte, soweit dies die wirtschaftliche Lage des Versicherten erforderte. Die besonderen Umstände konnten dabei namentlich darin bestehen, dass der Anspruch als solcher feststand, die Festsetzung der Leistung aber noch längerer Abklärung bedurfte und der Versicherte zur Sicherung des Lebensunterhaltes auf die Leistung angewiesen war (Maeschi, MVG-Kommentar, a.a.O., Rz 5 zu Art. 11). Die Vorauszahlung setzte somit voraus, dass eine Anspruchsberechtigung ausgewiesen war. Nach der bisherigen Praxis der Militärversicherung wurde eine Vorauszahlung gewährt, wenn eine Bundeshaftung zumindest teilweise angenommen werden konnte, der Umfang aber noch offen stand und längerer Abklärung bedurfte, oder wenn eine medizinisch genügend belegte Gesundheitsschädigung vorlag, welche eine Verdiensteinbusse zur Folge hatte, deren Höhe aber noch nicht genau feststand (Maeschi, MVG-Kommentar, a.a.O., Rz 7 zu Art. 11). Auch im Bereich der Arbeitslosenversicherung war alsdann bis Ende 2002 mit Art. 20 Abs. 4 AVIG (aufgehoben durch Anhang Ziff. 16 des ATSG) die Grundlage für die Gewährung von (Leistungs-)Vorschüssen insofern vorhanden gewesen, als der Bundesrat die entsprechenden Voraussetzungen zu bestimmen hatte. Art. 31 AVIV, welcher mit Verordnungsänderung vom 28. Mai 2003 per 1. Juli 2003 lediglich hinsichtlich des Klammerverweises ("Art. 19 ATSG, Art. 20 AVIG") eine Modifikation erfuhr (AS 2003 1828), normiert, dass der Versicherte Anspruch auf einen angemessenen Vorschuss für kontrollierte Tage hat, wenn er seine Anspruchsberechtigung glaubhaft macht. Die Arbeitslosenkasse darf dabei einen Vorschuss auf Arbeitslosenentschädigung für kontrollierte Tage gewähren, wenn die Anspruchsberechtigung der versicherten Person vollständig abgeklärt ist oder, in Ausnahmefällen, wenn sie mit grosser Wahrscheinlichkeit feststeht (Gerhards, AVIG-Kommentar, a.a.O., Rz 31 zu Art. 20; vgl. auch Nussbaumer, a.a.O., S. 122 RN 324).
 
Sowohl im Militärversicherungsgesetz - in seiner bis Ende 2002 gültig gewesenen Fassung - wie auch im Bereich der Arbeitslosenversicherung scheint die Ausrichtung von Vorschusszahlungen folglich ebenfalls an das Erfordernis eines mit Blick auf den Leistungsanspruch eher erhöhten Beweisgrades gekoppelt zu sein.
 
4.4 Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die erwähnten Auslegungselemente im Lichte einer Gesamtbetrachtung die vom BSV vertretene Interpretation des Art. 19 Abs. 4 ATSG stützen, wonach der Rentenanspruch an sich feststehen muss und damit ein stärkerer Beweisgrad als jener der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu gelten hat. Dieses Auslegungsergebnis lässt sich insbesondere auch aus der Sicht der versicherten Person rechtfertigen, da sie dadurch wirksam(er) vor allfälligen Leistungsrückforderungen geschützt wird, welche bei einem anders lautenden Entscheid zweifellos öfters notwendig geworden wären, und das demnach auch der Rechtssicherheit dient.
 
5.
 
Bezüglich des zu beurteilenden Sachverhalts hat das kantonale Gericht erwogen, dass der Beschwerdeführer infolge seines Handleidens (Dupuytren-Kontrakturen) in der zuletzt als Schichtarbeiter ausgeübten Tätigkeit zwar unbestrittenermassen eingeschränkt sei, auf Grund der vorhandenen medizinischen Aktenlage hingegen nicht abschliessend beurteilt werden könne, ob und vor allem in welchem Ausmass er seinen Beschwerden angepasste Beschäftigungen noch auszuführen vermöge. Es verneinte gestützt darauf einen rechtsgenüglich ausgewiesenen Rentenanspruch und lehnte die Ausrichtung von Vorschusszahlungen ab.
 
5.1 Dr. med. W.________ stufte in seinem Bericht vom 26. März 2002 eine verminderte Arbeitsfähigkeit oder eine Arbeit mit Botengängen bzw. in überwachender Funktion als mit grosser Wahrscheinlichkeit möglich ein und auch aus hausärztlicher Sicht wurde im damaligen Zeitpunkt eine Leistungsfähigkeit von 30 - 50 % im Rahmen von geeigneten Tätigkeiten (körperlich leichtere Arbeiten wie beispielsweise Botengänge, Arbeiten am Fliessband etc., bei welchen die Greiffunktionen der rechten Hand weniger im Vordergrund stehen) bestätigt (Bericht des Dr. med. B.________ vom 11. Juni 2002). Nach Fasziektomien der rechten Hand im Januar 2000 sowie im August 2001 wurde am 19. Mai 2003 ein entsprechender operativer Eingriff auch an der linken Hand vorgenommen, was gemäss Schilderung des Beschwerdeführers zu einer weiteren Verschlechterung des Gesundheitszustandes und der Arbeitsfähigkeit geführt habe. Dr. med. W.________ diagnostizierte am 17. Juni 2003 denn auch neu den Verdacht auf ein beginnendes komplexes regionales Schmerzsyndrom. Die Berufsberater der BEFAS erachteten den Versicherten sodann gemäss Bericht vom 1. Juli 2003 als wegen "beginnendem Sudeck" aktuell nicht in der Lage, an beruflichen Abklärungen teilzunehmen, zumal eine psychische Komponente zunehmend an Einfluss gewinne. Mit Verlaufsbericht vom 25. September 2003 bezeichnete Dr. med. B.________ die Prognose als ungünstig und bescheinigte eine bis auf weiteres geltende vollständige Arbeitsunfähigkeit.
 
5.2
 
5.2.1 Vor diesem Hintergrund erweisen sich ergänzende medizinische - sowie allenfalls anschliessende erneute berufliche - Abklärungen unbestrittenermassen als unerlässlich, welche die IV-Stelle mit der Begutachtensbeauftragung der MEDAS im Oktober 2003 denn auch an die Hand genommen hat. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers lässt sich aus den vorhandenen Unterlagen jedoch nicht der Schluss ziehen, dass der Rentenanspruch an sich, abgesehen von gewissen Modalitäten, grundsätzlich bereits feststehe. Vielmehr ist neben dem genauen Beschwerdebild namentlich noch unklar, in welchem Umfang der Beschwerdeführer in einer leidensangepassten Tätigkeit ebenfalls eingeschränkt ist und ob diese Beeinträchtigung, sofern psychisch bedingt, nicht möglicherweise (auch) auf invaliditätsfremde Gründe (insbesondere psychosoziale und soziokulturelle Belastungsfaktoren; vgl. BGE 127 V 299 f. Erw. 5a mit Hinweisen) zurückzuführen ist. Jedenfalls kann auf Grund der derzeitigen Aktenlage nicht als erwiesen angesehen werden, dass der Versicherte zu mindestens 40 % invalide ist. Dies gälte im Übrigen, wie das BSV letztinstanzlich zutreffend erkannt hat, auch für den Fall, dass der entsprechende Nachweis lediglich mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu erbringen wäre.
 
5.2.2 Ist demzufolge bereits die erste Voraussetzung der Vorschussgewährung nicht gegeben, kann offen bleiben, wie das weitere Anspruchserfordernis der verzögerten Ausrichtung zu charakterisieren ist.
 
Der vorinstanzliche Entscheid erweist sich damit im Ergebnis als rechtens.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse EXFOUR und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
 
Luzern, 29. Dezember 2004
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der I. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
 
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