VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer C 56/2004  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer C 56/2004 vom 10.01.2005
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
 
Tribunale federale delle assicurazioni
 
Tribunal federal d'assicuranzas
 
Sozialversicherungsabteilung
 
des Bundesgerichts
 
Prozess
 
{T 7}
 
C 56/04
 
Urteil vom 10. Januar 2005
 
III. Kammer
 
Besetzung
 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Lustenberger; Gerichtsschreiberin Schüpfer
 
Parteien
 
F.________, 1953, Beschwerdeführer,
 
gegen
 
RAV Rapperswil, Marktgasse 3, 8640 Rapperswil SG, Beschwerdegegner, vertreten durch das Amt für Arbeit, Unterstrasse 22, 9000 St. Gallen
 
Vorinstanz
 
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, St. Gallen
 
(Entscheid vom 24. Februar 2004)
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Mit Verfügung vom 27. Juni 2003 lehnte das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) das Gesuch des 1953 geborenen F.________, Maschinenbau-Ingenieur FH, um Zustimmung zum Besuch eines Nachdiplomkurses FH in der Vertiefungsrichtung Marketingmanagement an der Schule X.________ ab. Auch die dagegen erhobene Einsprache wurde durch das RAV abgewiesen (Einspracheentscheid vom 5. August 2003).
 
B.
 
Die hiegegen eingereichte Beschwerde, mit welcher F.________ sinngemäss die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Übernahme der Kosten von Fr. 6'400.- für das 3. Semester des Nachdiplomstudiums zum Wirtschaftsingenieur FH, Vertiefung Marketingmanagement, beantragte, wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 24. Februar 2004 ab.
 
C.
 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuert F.________ das vorinstanzlich gestellte Rechtsbegehren.
 
Das kantonale Amt für Arbeit und das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) verzichten auf Vernehmlassung.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Das Arbeitslosenversicherungsgesetz wurde u.a. im Bereich arbeitsmarktliche Massnahmen (Art. 59 ff.) am 22. März 2003 teilrevidiert (BBl 2001, 2245). Die Änderung trat am 1. Juli 2003 in Kraft (AS 2003 1728, 1755). In zeitlicher Hinsicht sind grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (Art. 118 Abs. 2 AVIG; BGE 127 V 467 Erw. 1). Gegenstand des ablehnenden Einspracheentscheides ist die Kostenübernahme für einen vom 9. April bis 17. November 2003 dauernden Kursbesuch. Das Leistungsgesuch, der Kursbeginn und die ablehnende Verfügung liegen demnach im zeitlichen Anwendungsbereich des alten Rechts, der grössere Teil des streitigen Kurses und der Einspracheentscheid vom 5. August 2003 nach Inkrafttreten der Gesetzesrevision. Wie im Folgenden zu zeigen sein wird, kann vorliegend indessen offen bleiben, welches Recht konkret zur Anwendung gelangt.
 
2.
 
Gemäss Art. 1a Abs. 2 AVIG gehört zu den Zielen des Gesetzes, drohende Arbeitslosigkeit zu verhüten und bestehende zu bekämpfen. Diesem Zwecke dienen die so genannten arbeitsmarktlichen Massnahmen (Art. 59-75 AVIG). Die Arbeitslosenversicherung fördert durch finanzielle Leistungen die Umschulung, Weiterbildung oder Eingliederung von Versicherten, deren Vermittlung aus Gründen des Arbeitsmarktes unmöglich oder stark erschwert ist (Art. 59 Abs. 1 AVIG). Die Umschulung, Weiterbildung oder Eingliederung muss die Vermittlungsfähigkeit verbessern (Art. 59 Abs. 3 AVIG). Im per 1. Juli 2003 revidierten Art. 59 AVIG wird als Grundsatz formuliert: Die Versicherung erbringt finanzielle Leistungen für arbeitsmarktliche Massnahmen zu Gunsten von versicherten Personen und von Personen, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind (Abs. 1). Mit arbeitsmarktlichen Massnahmen soll die Eingliederung von Versicherten, die aus Gründen des Arbeitsmarktes erschwert vermittelbar sind, gefördert werden (Abs. 2). Nach Gesetz und Rechtsprechung sind Grundausbildung und die allgemeine Förderung der beruflichen Weiterbildung nicht Sache der Arbeitslosenversicherung. Deren Aufgabe ist es lediglich, in gewissen Fällen durch konkrete Eingliederungs- und Weiterbildungsmassnahmen eine bestehende Arbeitslosigkeit zu bekämpfen oder eine drohende Arbeitslosigkeit zu verhindern. Dabei muss es sich um Vorkehren handeln, welche der versicherten Person erlauben, sich dem industriellen und technischen Fortschritt anzupassen oder welche sie in die Lage versetzen, ihre bereits vorhandenen beruflichen Fähigkeiten ausserhalb der angestammten engen bisherigen Erwerbstätigkeit auf dem Arbeitsmarkt zu verwerten (BGE 111 V 274 und 400 f. mit Hinweisen; ARV 1998 Nr. 39 S. 221 Erw. 1b). Voraussetzung für Leistungen der Versicherung an die Umschulung, Weiterbildung oder Eingliederung ist in jedem Fall das Vorliegen einer arbeitsmarktlichen Indikation. Das hat sich auch mit der seit 1. Juli 2003 in Kraft befindlichen Gesetzesrevision nicht geändert (vgl. Urteil B. vom 24. Dezember 2004, C 77/04). Dies bedeutet, dass Massnahmen nach Art. 59 ff. AVIG nur einzusetzen sind, wenn die Arbeitsmarktlage dies unmittelbar gebietet. Dadurch soll verhindert werden, dass Leistungen zu Zwecken in Anspruch genommen werden, die nicht mit der Arbeitslosenversicherung in Zusammenhang stehen (Botschaft des Bundesrates zu einem neuen Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung vom 2. Juli 1980, BBl 1980 III 610 f.). Diesen Gedanken bringt das Gesetz in Art. 59 Abs. 1 und 3 aAVIG zum Ausdruck (BGE 112 V 398 Erw. 1a, 111 V 271 ff. und 400 Erw. 2b; ARV 1993/1994 Nr. 6 S. 44 Erw. 1 mit Hinweisen).
 
3.
 
3.1 Die Verwaltung argumentiert in ihrer Verfügung vom 27. Juni 2003, der beabsichtigte Besuch des Nachdiplomkurses in Marketingmanagement dränge sich aus arbeitsmarktlicher Sicht nicht auf, weil es angesichts der beruflichen Qualifikationen des Versicherten an der Voraussetzung der verunmöglichten oder stark erschwerten Vermittelbarkeit fehle. Das kantonale Gericht stellt sich darüber hinaus auf den Standpunkt, der Kursbesuch sei hauptsächlich aus persönlichem Interesse und zudem erfolgt, ohne dass eine Stelle in Aussicht stand, die die Massnahme erfordert hätte.
 
3.2
 
3.2.1 Nach einer Lehre als Feinmechaniker hatte der Beschwerdeführer an der Fachhochschule Konstanz ein Studium in Maschinenbau abgeschlossen. In der Folge hat er sich berufsbegleitend im Hinblick auf seine Fremdsprachenkenntnisse (Französisch und Englisch), in seinem Fachbereich (Computerunterstützte Automation und Digitaltechnik für Maschinenbauer) und in wirtschaftswissenschaftlicher Hinsicht (Nachdiplomstudium Wirtschaftsingenieur STV, Vertiefung Beschaffungs- und Produktionslogistik) weitergebildet. Zuletzt war er während acht Jahren als Leiter eines Konstruktions- und Entwicklungsteams bei der Firma N.________ AG tätig.
 
3.2.2 Wie die Vorinstanz erkannt hat, stehen dem Beschwerdeführer aufgrund seiner Ausbildung, seines Nachdiplomstudiums und der bisherigen Berufserfahrung auf dem Arbeitsmarkt verschiedene Möglichkeiten offen. Seine Arbeitslosigkeit ist nicht ungenügenden beruflichen Vorraussetzungen zuzuschreiben. Es verhält sich nicht so, dass es praktisch keine Arbeitsplätze geben würde, deren Anforderungsprofil der Beschwerdeführer - mit seinen zahlreichen zusätzlich zum Grundstudium erworbenen Qualifikationen und beruflichen Erfahrungen - ohne Absolvierung des gewünschten Nachdiplomkurses nicht erfüllen würde. Trotz allenfalls geringen Angebots von in Betracht fallenden freien Stellen kann deshalb nicht angenommen werden, der beantragte Nachdiplomkurs dränge sich aus Gründen des Arbeitsmarktes auf. Zwar dürfte sich dessen Besuch - wie jede berufliche Weiterbildung (vgl. ARV 1999 Nr. 12 S. 66 Erw. 2) - durchaus positiv auf die Vermittelbarkeit auswirken; von einer Notwendigkeit für das Finden einer neuen Stelle kann indessen nicht gesprochen werden.
 
3.2.3 In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird unter anderem dargelegt, in einem grossen Teil der an Maschineningenieure gerichteten Stelleninseraten werde eine betriebswirtschaftliche Weiterbildung gefordert. Durch diese eröffneten sich weitere Tätigkeitsfelder. Von der Arbeitslosenkasse gebe es für Maschinen-/Elektroingenieure und Informatiker mit langjähriger beruflicher Praxis kein Kursangebot, sodass Betroffene selber für die ihren Bedürfnissen entsprechende Weiterbildung sorgen müssten, um ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Wie die Verwaltung in ihrer Vernehmlassung vom 14. Oktober 2003 gegenüber dem kantonalen Gericht indessen zu Recht geltend gemacht hat, kann davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner Ausbildung und der mehrjährigen breitgefächerten Berufserfahrung auch bei angespannter Arbeitsmarktlage noch in der Lage sein sollte, ohne den gewünschten Nachdiplomkurs eine Stelle in seinem angestammten oder einem verwandten Tätigkeitsgebiet zu finden. Da der Beschwerdeführer keine berufliche Erfahrung im Bereich Marketing/Verkauf habe und bisher im Bereich Entwicklung/Konstruktion gearbeitet habe, könne nicht angenommen werden, dass die Arbeitslosigkeit mit dem anbegehrten Kurs beendet werde. Für die Bekämpfung oder Verhinderung der Arbeitslosigkeit bedarf es daher der ins Auge gefassten Weiterbildung nicht und auch der Einsatz von Präventivmassnahmen der Arbeitslosenversicherung ist nicht unmittelbar geboten. Dass die Vorinstanz unter diesen Umständen die Anspruchsvoraussetzung der arbeitsmarktlichen Indikation verneint hat, ist auch unter Berücksichtigung der dagegen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhobenen Einwände nicht zu beanstanden.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
 
Luzern, 10. Januar 2005
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Die Präsidentin der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).