VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 5C.18/2005  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 5C.18/2005 vom 22.02.2005
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
5C.18/2005 /bnm
 
Urteil vom 22. Februar 2005
 
II. Zivilabteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Nordmann, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer,
 
Gerichtsschreiber Schett.
 
Parteien
 
A.________,
 
Berufungsklägerin,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Patrick Stutz,
 
gegen
 
B.________,
 
Berufungsbeklagte,
 
vertreten durch Fürsprecher Martin Schwaller,
 
Gegenstand
 
Obhutsentzug; persönlicher Verkehr mit dem Kind,
 
Berufung gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Kammer für Vormundschaftswesen als zweitinstanzliche vormundschaftliche Aufsichtsbehörde, vom 11. November 2004.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Am 24. März 2003 liess B.________ durch ihren Anwalt bei der Vormundschaftsbehörde Y.________ die Begehren stellen, (1.) der Beschluss der Vormundschaftsbehörde vom 3. Dezember 2001 sei aufzuheben und die elterliche Obhut an sie zurückzuübertragen und (2.) die Beistandschaft über C.________ sei aufzuheben. Am 28. September 2003 stellte die Vormundschaftsbehörde Y.________ das Verfahren betreffend die Rückübertragung der elterlichen Obhut und betreffend die Aufhebung der Beistandschaft bis auf weiteres ein und verfügte zur Wiederherstellung der Mutter/Kind Beziehung über die Pro Juventute ein begleitetes Besuchsrecht.
 
B.
 
Gegen diesen Beschluss der Vormundschaftsbehörde Y.________ erhob A.________ Beschwerde an das Bezirksamt Baden als vormundschaftliche Aufsichtsbehörde. Diese wies die Beschwerde ab, präzisierte das begleitete Besuchsrecht aber mit Entscheid vom 30. August 2004 in verschiedener Hinsicht. Die Beschwerde an das Obergericht des Kantons Aargau als zweitinstanzliche vormundschaftliche Aufsichtsbehörde blieb ohne Erfolg.
 
C.
 
Gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 11. November 2004 hat A.________ sowohl Berufung als auch staatsrechtliche Beschwerde eingelegt. Mit der Berufung beantragt sie im Wesentlichen, das angefochtene Urteil sei aufzuheben, und es sei ihr die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren. Es ist keine Antwort eingeholt worden.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Gemäss Art. 57 Abs. 5 OG wird die Entscheidung über die Berufung in der Regel bis zur Erledigung der staatsrechtlichen Beschwerde ausgesetzt. Diese Regel erfährt dann eine Ausnahme, wenn die Berufung aus besonderen Gründen sinnvollerweise vor der staatsrechtlichen Beschwerde behandelt werden muss. Diese Voraussetzung ist insbesondere erfüllt, wenn - wie vorliegend - auf die Berufung nicht eingetreten werden kann (BGE 117 II 630 E. 1a S. 631).
 
2.
 
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob es auf ein Rechtsmittel eintreten kann (BGE 128 II 13 E. 1a S. 16 mit Hinweisen; 123 III 346 E. 1a).
 
Sowohl gegen die Aufhebung einer Beistandschaft, als auch gegen die Wiederherstellung der elterlichen Obhut und gegen Anordnungen über den persönlichen Verkehr (Art. 273 Abs. 3, 274 Abs. 2, 274a und 275 Abs. 1 und 2 ZGB) ist die Berufung an das Bundesgericht gegeben (Art. 44 lit. d OG). Allerdings trifft dies nur zu, wenn es sich um einen Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG handelt. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt. Soweit mit der Berufung die Aufhebung der Sistierung des Verfahrens um Rückübertragung der elterlichen Obhut und Aufhebung der Beistandschaft verlangt wird, handelt es sich beim angefochtenen Entscheid um einen auf kantonales Verfahrensrecht (vgl. Art. 43 Abs. 1 und 2 OG) gestützten Zwischenentscheid, der nicht berufungsfähig ist. Das auf Antrag der Kindsmutter eingeleitete Kindesschutzverfahren ist damit vor der Vormundschaftsbehörde Y.________ nach wie vor hängig. Etwas anderes behauptet auch die Berufungsklägerin nicht. Weil die Besuchsrechtsregelung im Rahmen dieses Kindesschutzverfahrens um Rückübertragung der elterlichen Obhut und Aufhebung der Beistandschaft getroffen worden ist, handelt es sich auch bei der Anordnung des begleiteten Besuchsrechts um einen - allerdings auf Bundesrecht gestützten - Zwischenentscheid (so auch Urteil 5P.349/2003 vom 21. Oktober 2003 i.S. Z. E. 1). Die Vormundschaftsbehörde wird zu gegebener Zeit in ihrem Endentscheid entweder gemäss dem Antrag der Kindsmutter die Obhut auf diese zurückübertragen, was zur Folge hat, dass die Frage des begleiteten Besuchsrechts gegenstandslos wird. Oder sie wird die Rückübertragung der Obhut auf die Kindsmutter ablehnen und dannzumal einen Endentscheid über die Frage des Besuchsrechts fällen. Da die Voraussetzungen von Art. 50 Abs. 1 OG zur ausnahmsweisen Anfechtung von selbständigen Vor- oder Zwischenentscheiden bezüglich der Besuchsrechtsfrage nicht gegeben sind, kann auf die Berufung nicht eingetreten werden. Zulässig ist damit allein die staatsrechtliche Beschwerde, welche die Berufungsklägerin ergriffen hat.
 
3.
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Berufungsklägerin die Verfahrenskosten. Eine Parteientschädigung ist nicht zu sprechen, weil keine Antwort eingeholt worden ist. Die Berufungsklägerin stellt allerdings ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Das Bundesgericht gewährt einer bedürftigen Partei, deren Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint, auf Antrag Befreiung von der Bezahlung der Gerichtskosten. Nötigenfalls kann ihr ein Rechtsanwalt beigegeben werden (Art. 152 Abs. 1 und 2 OG). Die Berufung muss im vorliegenden Fall als aussichtslos bezeichnet werden. Einerseits enthielt der angefochtene Entscheid keine Rechtsmittelbelehrung, was der Berufungsklägerin bereits einen Hinweis darauf geben konnte, dass das Obergericht seinen Entscheid nicht für berufungsfähig hielt und andererseits war ihr der erwähnte Bundesgerichtsentscheid 5P.349/2003 vom 21. Oktober 2003 i.S. Z. bekannt, hat sie ihn in der Berufung doch selber erwähnt. Das Gesuch ist daher abzuweisen.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Auf die Berufung wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird der Berufungsklägerin auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Kammer für Vormundschaftswesen als zweitinstanzliche vormundschaftliche Aufsichtsbehörde schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 22. Februar 2005
 
Im Namen der II. Zivilabteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).