VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 6P.124/2004  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 6P.124/2004 vom 25.02.2005
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
6P.124/2004
 
6S.355/2004 /pai
 
Urteil vom 25. Februar 2005
 
Kassationshof
 
Besetzung
 
Bundesrichter Schneider, Präsident,
 
Bundesrichter Wiprächtiger, Zünd,
 
Gerichtsschreiber Boog.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Catherine Weisser,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Spisergasse 15, 9001 St. Gallen,
 
Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer, Klosterhof 1, 9001 St. Gallen.
 
Gegenstand
 
6P.124/2004
 
Art. 9, 29 Abs. 1 und 32 BV sowie Art. 6 EMRK (Strafverfahren; Willkür, rechtliches Gehör, Rechtsverweigerung),
 
6S.355/2004
 
Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug; Strafzumessung,
 
staatsrechtliche Beschwerde (6P.124/2004) und Nichtigkeitsbeschwerde (6S.355/2004) gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom 2. Juni 2004.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Das Bezirksgericht Werdenberg erklärte X.________ mit Urteil vom 5. Juli 2001 des gewerbsmässigen Betruges schuldig und verurteilte ihn zu 3 Jahren Gefängnis. Ferner verurteilte es ihn zur Zahlung von DM 1'450'000.-- Schadenersatz an die Geschädigten. Auf Berufung des Beurteilten hin erklärte das Kantonsgericht St. Gallen X.________ mit Entscheid vom 2. Juni 2004 der Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug schuldig und verurteilte ihn zu 2 ½ Jahren Gefängnis. Von der Anklage des gewerbsmässigen Betruges in einem Fall sprach es ihn frei. Die Zivilforderungen verwies es auf den Weg des Zivilprozesses.
 
B.
 
X.________ führt sowohl staatsrechtliche Beschwerde als auch eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde je mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei in den Ziffern 1, 3 und 4 aufzuheben und er sei von Schuld und Strafe freizusprechen. Eventualiter beantragt er Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zum Freispruch von Schuld und Strafe, eventuell zu einer massiven Strafreduktion und Gewährung des bedingten Strafvollzuges. Ferner ersucht er um Erteilung der aufschiebenden Wirkung für seine Beschwerde.
 
C.
 
Das Kantonsgericht St. Gallen hat auf Gegenbemerkungen, die Staatsanwaltschaft auf Vernehmlassung zu beiden Beschwerden verzichtet.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
I. Eintreten
 
1.
 
1.1 Die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers hat sowohl von der staatsrechtlichen Beschwerde als auch von der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde je eine ergänzte und eine überarbeitete Fassung sowie je eine Beschwerdeergänzung eingereicht. Sämtliche Eingaben sind innert der 30-tägigen Beschwerdefrist erfolgt, so dass auf die Ergänzungen eingetreten werden kann.
 
1.2 Die staatsrechtliche Beschwerde und die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde stimmen in ihren Begründungen in weiten Teilen überein. Nach der Rechtsprechung wird auf zwei inhaltlich übereinstimmende Rechtsmittel nicht eingetreten, wenn infolge der Vermengung der Rügen die Begründung für die bundesrechtlichen Rechtsmittel nicht ausreichend klar ersichtlich ist und damit den gesetzlichen Anforderungen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG, Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP) nicht genügt. Bei gleich lautender Begründung zweier Rechtsmittel kann auf eine Beschwerde nur eingetreten werden, wenn die darin vorgebrachten Rügen im Rahmen des entsprechenden Rechtsmittels zulässig sind. Vorbringen, die zufolge der Verflechtung der Rügen nicht offenkundig aufscheinen, werden vom Bundesgericht übergangen (BGE 118 IV 293 E. 2a mit Verweisung auf BGE 116 II 745 E. 2).
 
Im zu beurteilenden Fall wird daher auf die Beschwerden nur eingetreten, soweit die Rügen, die sich gegen die Beweiswürdigung richten, und diejenigen, mit denen eine Verletzung von Bundesrecht geltend gemacht wird, hinreichend deutlich auseinander gehalten sowie dem einen oder anderen Rechtsmittel zugeordnet werden können und soweit sie den Anforderungen an die Beschwerdebegründung entsprechen.
 
II. Nichtigkeitsbeschwerde
 
2.
 
Nach Art. 275 Abs. 5 BStP setzt der Kassationshof die Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde in der Regel bis zur Erledigung einer staatsrechtlichen Beschwerde aus. Ein Abweichen von der Regel ist aus prozessökonomischen Gründen zulässig, wenn sich durch die vorgängige Behandlung der Nichtigkeitsbeschwerde das Verfahren vereinfacht oder sich die Beurteilung der staatsrechtlichen Beschwerde gegebenenfalls gar erübrigt. Letzteres trifft im vorliegenden Fall zu, weshalb zunächst die Nichtigkeitsbeschwerde zu beurteilen ist.
 
3.
 
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ist rein kassatorischer Natur; sie führt im Falle der Gutheissung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Rückweisung der Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz (Art. 277ter Abs. 1 BStP), nicht aber zu einer Entscheidung des Bundesgerichts in der Sache selbst. Auf die Rechtsbegehren kann deshalb nur in diesem Rahmen eingetreten werden (BGE 118 IV 277 E. 1).
 
Die Nichtigkeitsbeschwerde kann nur damit begründet werden, dass die angefochtene Entscheidung eidgenössisches Recht verletze (Art. 269 Abs. 1 BStP). Ausführungen, die sich gegen die tatsächlichen Feststellungen des Entscheides richten, sowie das Vorbringen neuer Tatsachen sind unzulässig (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP). Der Kassationshof ist im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde an den von der kantonalen Behörde festgestellten Sachverhalt gebunden (Art. 277bis Abs. 1 BStP). Auf die Beschwerde kann somit nicht eingetreten werden, soweit darin von einem abweichenden Sachverhalt ausgegangen und die Beweiswürdigung gerügt wird (BGE 122 IV 71 E. 2 a.E., 121 IV 131 E. 5b).
 
4.
 
Die kantonalen Instanzen gehen von folgendem, für den Kassationshof verbindlichen Sachverhalt aus (Art. 277bis Abs. 1 BStP):
 
Die deutschen Staatsangehörigen A.________, B.________ und C.________ boten in Zeitungsinseraten und persönlichen Werbeaktionen die Vermittlung von Bankgarantien (Zahlgarantien, letters of intent) in Millionenhöhe an, welche unter anderem zur Sicherstellung von Krediten, Finanzierungen von Immobilien, als Kapitaleinlagen usw. dienen sollten. Mit diesen Werbeaktionen sprachen sie in erster Linie Personen an, die Kreditbedarf hatten, jedoch in der Regel von deutschen Banken keine Kredite erhielten. Ca. im Sommer 1995 trat A.________ mit dem Beschwerdeführer, der damals Geschäftsführer der Treuhandgesellschaft D.________, Buchs, war, in Verbindung, um ihn für die treuhänderische Entgegennahme und Weiterleitung der Gebühren für die Vermittlung der Bankgarantien zu gewinnen.
 
Mit der angebotenen Bankgarantie (Zahlgarantie) erklärte sich die Bank unwiderruflich und unbedingt bereit, dem Vertragspartner nach Ablauf von 5 Jahren und einem Tag (gerechnet ab Datum der Garantieerklärung) ohne weitere Aufforderung einen Betrag von 49 Mio. USD zu zahlen. Die Garantien sollten durch die Firma E.________ Inc., Wyoming/USA, welche die vom Beschwerdeführer geführte Treuhandgesellschaft D.________ AG im Juni 1995 an A.________ verkauft hatte, bzw. durch den seitens der E.________ Inc. beauftragten deutschen Rechtsanwalt C.________ gegen eine Gebühr von DM 200'000.-- vermittelt werden. Die sich zur Zahlung verpflichtende Bank erhielt nach der vertraglichen Regelung keine Gegenleistung.
 
Zur Erlangung einer solchen Zahlgarantie mussten die Kunden einen "Auftrag für die Vermittlung einer Bankgarantie" sowie einen "Treuhandauftrag" abschliessen. Die Verträge wurden neben den Kunden als Auftraggeber von der E.________ Inc. als Beauftragter sowie vom Beschwerdeführer unterzeichnet. Die Vermittlungsgebühr hatten die Kunden auf dem Konto der vom Beschwerdeführer geführten Treuhandgesellschaft D.________ AG zu hinterlegen.
 
In der Folge unterzeichneten in der Zeit vom 21. September bis zum 23. November 1995 neun Kunden, welche von den deutschen Finanzvermittlern nach Buchs gebracht worden waren, in den Räumlichkeiten der D.________ AG insg. 18 Verträge für die Vermittlung einer Bankgarantie, in der Regel von der Bank F.________ oder der Banco G.________ SpA. Die Kunden überwiesen dabei Gebühren von insg. DM 3,6 Mio. auf das Konto der D.________ AG. Der Beschwerdeführer überwies jeweils DM 105'000.-- pro Vertrag an Rechtsanwalt C.________ sowie einen Betrag von DM 20'000.-- entsprechend dem vereinbarten Honorar an die E.________ Inc., über deren Konto er im Übrigen verfügungsberechtigt war. Den restlichen Betrag überwies er an die E.________ Inc., sobald er von Rechtsanwalt C.________ benachrichtigt worden war, dass die "unwiderrufliche Bereitschaftserklärung" der Bank bei ihm eingegangen sei. In einzelnen Fällen wartete der Beschwerdeführer indes mit der Überweisung nicht zu, bis er über die Erklärung des Rechtsanwalts verfügte. Pro abgeschlossenem Vertrag erhielt der Beschwerdeführer eine Treuhandkommission von DM 14'000.--.
 
Die in den einzelnen Fällen in Umlauf gebrachten Bankpapiere erwiesen sich in der Folge allesamt als plumpe Fälschungen. Die von den Kunden einbezahlten Beträge wurden von den Verantwortlichen für die Geschäftsabwicklung nicht zurückerstattet, wodurch die Anleger zu Schaden gekommen sind.
 
5.
 
5.1 Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, die Strafbarkeit des Gehilfen setze eine Haupttat voraus. Die Vorinstanz habe die Handlungen der Haupttäter C.________, A.________ und B.________ nicht nach schweizerischem Recht geprüft, sondern lediglich auf das Urteil des Landgerichts München II vom 31.10.1997 abgestellt. Dieses erkläre zwar die Haupttäter in verschiedenen Fällen des Betruges schuldig. Die im vorliegenden Verfahren zu beurteilenden Handlungen hätten aber nicht Gegenstand jenes Strafverfahrens gebildet. In Bezug auf die hier angeklagten Fälle fehle es somit an einer Haupttat.
 
5.2 Gemäss Art. 25 StGB ist Gehilfe, wer vorsätzlich in untergeordneter Stellung die vorsätzliche Haupttat eines andern fördert. Die Strafbarkeit der Teilnahme setzt eine tatbestandsmässige und rechtswidrige Haupttat voraus (limitierte Akzessorietät). Eine Verurteilung der Haupttäter ist darüber hinaus aber nicht erforderlich. Es genügt, wenn die Haupttat hinreichend gewiss ist. Das ist hier der Fall, zumal auch der Beschwerdeführer den äusseren Ablauf des Sachverhalts nicht in Frage stellt. Dass die Haupttäter A.________, C.________ und B.________ vom Landgericht München II nicht ausdrücklich wegen der hier zur Beurteilung stehenden Handlungen schuldig gesprochen worden sind, schadet somit nicht. Ob die Handlungen der Haupttäter in diesen Fällen allerdings den Tatbestand des Betruges im Sinne von Art. 146 StGB erfüllen, ist im Folgenden zu prüfen.
 
6.
 
6.1 Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, der Erwerb einer Zahlgarantie, d.h. der unwiderruflichen und unbedingten Verpflichtung einer Bank, dem entsprechenden Kunden nach 5 Jahren und einem Tag ohne Aufforderung gegen eine Vermittlungsgebühr von DM 200'000.-- einen Betrag von DM 68 Mio. auszubezahlen, ohne dass die garantierende Bank selbst eine Gegenleistung erhalte und Abklärungen hinsichtlich der Kreditwürdigkeit der Kunden treffe, sei ein absurdes Geschäft. Dazu komme, dass die Kunden im zu beurteilenden Fall nach der Einschätzung deutscher Banken nicht kreditwürdig gewesen seien. Jenen habe klar sein müssen, dass derartige Geschäfte in der Realität nicht existierten. Es fehle daher am Merkmal der Täuschung. In jedem Fall sei aber das Merkmal der Arglist nicht erfüllt, da es sich bei den geschädigten Kunden durchwegs um Fachleute in Finanz- und Bankfragen gehandelt habe bzw. diese durch Finanzfachleute beraten worden seien. Da somit hinsichtlich der Haupttäter der Tatbestand des Betruges nicht erfüllt sei, entfalle die Grundlage für die Verurteilung wegen Gehilfenschaft.
 
6.2 Die Vorinstanz nimmt an, die Haupttäter hätten einen Betrug im grossen Stil aufgezogen. Der Beschwerdeführer habe mit dazu beigetragen, dass die Investoren an die Seriosität des Geschäfts geglaubt und insbesondere angenommen hätten, die Sicherheit ihrer Geldeinlagen sei gewährleistet. Das Vorgehen der Täter, insbesondere das Verwenden von offensichtlich gefälschten Bankdokumenten falle unter das Merkmal der betrügerischen Machenschaften und sei arglistig. Dazu habe auch das ganze Umfeld der Geschäftsabwicklung gehört, namentlich das Auftreten eines Rechtsanwalts und das Einschalten eines schweizerischen Treuhänders, was bei den Anlegern den Anschein erhöhter Sicherheit erweckt und ihnen jeglichen Anlass zu Misstrauen genommen habe. Ergänzend führt die Vorinstanz aus, für die Opfer, die durchs Band weg branchenfremd und keine Spezialisten hinsichtlich Bank- und Finanzierungsinstrumenten gewesen seien, habe es über eine gewisse Skepsis hinaus, die gegenüber Anlagemöglichkeiten mit überhöhten Renditeversprechen grundsätzlich angezeigt sei, keinen Anlass für eine erhöhte Vorsicht gegeben.
 
6.3 Gemäss Art. 146 Abs. 1 StGB macht sich des Betruges u.a. schuldig, wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt.
 
Der Tatbestand des Betruges erfordert eine arglistige Täuschung. Wer sich mit einem Mindestmass an Aufmerksamkeit selbst hätte schützen bzw. den Irrtum durch ein Minimum zumutbarer Vorsicht hätte vermeiden können, wird strafrechtlich nicht geschützt. Mit dem Tatbestandsmerkmal der Arglist verleiht das Gesetz dem Gesichtspunkt der Opfermitverantwortung wesentliche Bedeutung. Danach ist bei der Prüfung der Arglist nicht aufgrund einer rein objektiven Betrachtungsweise darauf abzustellen, wie ein durchschnittlich vorsichtiger und erfahrener Dritter auf die Täuschung reagiert hätte. Vielmehr sind die jeweilige Lage und Schutzbedürftigkeit des Betroffenen im Einzelfall zu berücksichtigen, soweit der Täter diese kennt und ausnützt. Das gilt insbesondere bei geistesschwachen, unerfahrenen oder auf Grund des Alters oder einer (körperlichen oder geistigen) Krankheit beeinträchtigten Opfern, ferner bei solchen, die sich in einem Abhängigkeits- oder Unterordnungsverhältnis oder in einer Notlage befinden und deshalb kaum im Stande sind, dem Täter zu misstrauen. Auf der anderen Seite ist die besondere Fachkenntnis und Geschäftserfahrung des Opfers in Rechnung zu stellen, wie sie etwa im Rahmen von Kreditvergaben Banken beigemessen wird. Auch unter dem Gesichtspunkt der Opfermitverantwortung erfordert die Erfüllung des Tatbestands indes nicht, dass das Täuschungsopfer die grösstmögliche Sorgfalt walten lässt und alle erdenklichen Vorkehren trifft. Arglist scheidet lediglich aus, wenn es die grundlegendsten Vorsichtsmassnahmen nicht beachtet. Entsprechend entfällt der strafrechtliche Schutz nicht bei jeder Fahrlässigkeit des Opfers, sondern nur bei Leichtfertigkeit (BGE 128 IV 18 E. 3a; 126 IV 165 E. 2a; 122 IV 146 E. 3a mit Hinweisen).
 
In diesem Sinne gilt nach der Rechtsprechung die Täuschung als arglistig, wenn der Täter ein ganzes Lügengebäude errichtet oder sich besonderer Machenschaften oder Kniffe (manoeuvres frauduleuses; mise en scène) bedient. Ein Lügengebäude liegt vor, wenn mehrere Lügen derart raffiniert aufeinander abgestimmt sind und von besonderer Hinterhältigkeit zeugen, dass sich auch das kritische Opfer täuschen lässt. Ist dies nicht der Fall, scheidet Arglist jedenfalls dann aus, wenn sowohl das vom Täter gezeichnete Bild insgesamt wie auch die falschen Angaben für sich allein in zumutbarer Weise überprüfbar gewesen wären und schon die Aufdeckung einer einzigen Lüge zur Aufdeckung des ganzen Schwindels geführt hätte. Als besondere Machenschaften (machinations) gelten Erfindungen und Vorkehren sowie das Ausnützen von Begebenheiten, die allein oder gestützt durch Lügen oder Kniffe geeignet sind, das Opfer irrezuführen. Machenschaften sind eigentliche Inszenierungen; sie bestehen aus einem ganzen System von Lügen und setzen damit gegenüber einer blossen Summierung von Lügen höhere Anforderungen an die Vorbereitung, Durchführung und Wirkung der Täuschungshandlung voraus. Sie sind gekennzeichnet durch intensive, planmässige und systematische Vorkehren, nicht aber notwendigerweise durch eine besondere tatsächliche oder intellektuelle Komplexität.
 
Arglist ist aber auch bei einfachen falschen Angaben erfüllt, wenn deren Überprüfung nicht oder nur mit besonderer Mühe möglich oder nicht zumutbar ist, und wenn der Täter den Getäuschten von der möglichen Überprüfung abhält oder nach den Umständen voraussieht, dass dieser die Überprüfung der Angaben auf Grund eines besonderen Vertrauensverhältnisses unterlassen werde. Nach der neueren Praxis erlangt das Kriterium der Überprüfbarkeit auch bei einem Lügengebäude und bei besonderen betrügerischen Machenschaften Bedeutung (BGE 128 IV 18 E. 3a; 126 IV 165 E. 2a; 125 IV 124 E. 3; 122 IV 246 E. 3a).
 
6.4
 
6.4.1 Für die Beurteilung des vorliegenden Falles ist die Art des hier getätigten Geschäfts von ausschlaggebender Bedeutung. Gegenstand des betrügerischen Handels bildeten Bereitschaftserklärungen bzw. Bankgarantien, welche die Kunden gegen Bezahlung einer Gebühr von bankunabhängigen Vermittlern erwarben. In diesen Garantien verpflichtete sich die Bank angeblich unwiderruflich und ohne Bedingungen, dem Kunden nach Ablauf von 5 Jahren und einem Tag einen Betrag von USD 49 Mio. auszuzahlen. Diese Verpflichtung bestand ohne Gegenleistung, namentlich ohne die Leistung von Sicherheiten. Der von diesen zu bezahlende Betrag von DM 200'000.-- floss nicht an die Bank, sondern ging an die Vermittler. Keiner der Kunden unterhielt darüber hinaus bei der entsprechenden Bank ein Konto oder ein Depot, auf welches diese im Falle der Inanspruchnahme hätte zurückgreifen können. Die Bank klärte auch die Bonität der Kunden nicht ab, die im Übrigen nach den Feststellungen der Vorinstanz von deutschen Banken als kreditunwürdig eingestuft worden waren.
 
Dass ein derartiges Geschäft vollkommen realitätsfremd ist und mit den Gegebenheiten des üblichen Wirtschaftsverkehrs nichts gemein hat, kann auch einem Laien in Finanzangelegenheiten nicht verborgen bleiben. Den Geschädigten musste klar sein, dass ein solcher Handel nicht existieren kann. Dies gilt um so mehr, als der Grossteil der Geschädigten, wie der Beschwerdeführer zu Recht einwendet, jedenfalls nicht als völlig branchenunkundig bezeichnet werden kann (vgl. unten E. 6.4.3).
 
6.4.2 Trotz dieses weltfremden Charakters des betrügerischen Handels verletzt die Vorinstanz kein Bundesrecht, wenn sie annimmt, das Merkmal der Täuschung sei erfüllt. Denn als Täuschung gilt jedes Verhalten, das darauf gerichtet ist, bei einem anderen eine von der Wirklichkeit abweichende Vorstellung hervorzurufen (Stefan Trechsel, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl. Zürich 1997, Art. 146 N 2). Einen Irrtum haben die Haupttäter auch hier hervorgerufen, indem sie den Geschädigten vorgespiegelt haben, sie erhielten gegen die Vermittlungsgebühr eine Zahlgarantie einer italienischen Bank. Dies traf unbestrittenermassen nicht zu, so dass das Merkmal der Täuschung erfüllt ist.
 
6.4.3 Fraglich ist indessen, ob diese Täuschung auch als arglistig zu würdigen ist. Zwar trifft zu, dass die Haupttäter ein ausgeklügeltes Vorgehen gewählt haben, das insgesamt betrügerischen Machenschaften entspricht, auch wenn entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht ersichtlich ist, inwiefern sie gefälschte Urkunden verwendet haben sollen. Die gefälschten Bereitschaftserklärungen der Banken bildeten jedenfalls lediglich Gegenstand des Geschäfts und konnten für die Vermögensverfügungen nicht motivierend sein, da sie den Kunden bei Eingehung des Geschäfts gar noch nicht vorlagen. Betrügerische Machenschaften genügen indes nach der neueren Rechtsprechung ebenso wie ein Lügengebäude für sich allein für die Bejahung der Arglist nicht (BGE 126 IV 165 E. 2a). Wesentlich ist auch hier die Überprüfbarkeit, die unter dem Gesichtspunkt der Opfermitverantwortung, d.h. der jeweiligen Lage und Schutzbedürftigkeit des Betroffenen im Einzelfall, zu beurteilen ist.
 
In diesem Zusammenhang gelangt die Vorinstanz zum Schluss, die Kunden seien "durchs Band nicht Spezialisten" und in Finanzgeschäften Laien gewesen. Diese Auffassung scheint angesichts der Erfahrung und Fachkunde, über welche mehrere Kunden aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit zwangsläufig verfügten, als nicht nachvollziehbar. So ist, soweit ersichtlich, als Gesellschaftszweck der Geschädigten H.________ Finance AG im Handelsregister "Vermögensverwaltungen und Finanzierungen für eigene und fremde Rechnung" eingetragen (Untersuchungsakten act. II/5.7). Aus dem Briefkopf des Geschädigten I.________, der sich selbst als Immobilienmakler bezeichnete, ist ferner ersichtlich, dass sein Geschäftsbereich "Immobilien, Kapitalanlagen und Finanzierungen" umfasste (Untersuchungsakten act. II/6.2 und II/6.14 S. 2). J.________ war diplomierter Kaufmann (Untersuchungsakten act. II/7.7), K.________ war Inhaber der L.________ Invest Consult, die sich mit Sparplänen, Kapitalanlagen, Kapitalbeschaffung und Projektfinanzierung befasste (Untersuchungsakten act. II/10.8) und M.________, von Beruf Ingenieur, war zur Zeit der Vertragsunterzeichnung als Anlageberater tätig (Untersuchungsakten act. II/16.12 S. 1 und 4). Der Gesellschaftszweck der N.________ group AG, Vaduz, war im Handelsregister eingetragen mit "Handels-, Rechts- und Finanzgeschäfte aller Art" (Berufungsbeilage act. 49); die O.________ Verwaltungs- und Treuhand AG beschäftigte sich mit Liegenschaften-Handel und -verwaltung sowie Buchhaltungen usw. (Untersuchungsakten act. II/13.7). Von der beruflichen Tätigkeit her nicht über eine eigene Fachkunde verfügte in den Fällen, in denen es zu einer Verurteilung kam, soweit ersichtlich, offenbar lediglich der Geschädigte P.________ (Untersuchungsakten act. II/9).
 
Angesichts des beruflichen Hintergrunds der meisten Geschädigten bzw. ihrer Organe lässt sich im zu beurteilenden Fall nicht sagen, es hätten lediglich geschäftsunerfahrene, vertrauensselige und von Gewinnaussichten motivierte Privatpersonen Geldbeträge angelegt, denen das Strafrecht den Schutz nicht versagt (vgl. Urteile des Kassationshofs 6S.116/2004 vom 7.7.2004 und 6P.172 + 6S.776/2000 vom 14.5.2001 E. 8). Jedenfalls hinsichtlich der im Finanzbereich tätigen Kunden scheint die Annahme der Vorinstanz, die Bankschreiben bzw. Bankgarantien seien Finanzierungsinstrumente gewesen, über deren Art und Funktion sich die Besteller nicht vollständig im Klaren gewesen seien, als fragwürdig. Es mag zutreffen, dass in jener Zeit verschiedenste Anlageinstrumente und Finanzoperationen Anlegern ermöglichten, mit relativ kleinem Einsatz hohe Gewinne zu erzielen und dass dies eine Vielzahl von Betrügereien mit angeblichen Anlagen ausserhalb der traditionellen Formen begünstigt hat. Doch lässt sich das Versprechen einer Bank, unwiderruflich und ohne Sicherheiten und ohne jegliche Gegenleistung einer unbekannten Person, die nicht einmal Kunde der Bank gewesen ist, einen Betrag in Millionenhöhe auszuzahlen, jedenfalls einem in Finanzfragen nicht unbedarften Geschäftsmann nicht ernsthaft als reelles Anlageinstrument darstellen. Wer im Finanzbereich tätig ist und einem solchen Handel aufsitzt, hat das zumutbare Mindestmass an Vorsicht nicht aufgebracht (vgl. in diesem Zusammenhang die Erwägung des Landgerichts München II im Urteil gegen die Haupttäter vom 31.10.1997, nach welcher die Geschädigten den Versprechungen der Haupttäter mit einer derartigen Leichtfertigkeit Glauben geschenkt hätten, dass es ersichtlich keines grossen Täuschungsaufwandes bedurft habe).
 
Wie es sich damit im Einzelnen verhält, kann hier indes nicht abschliessend beurteilt werden, da die Vorinstanz in Bezug auf die Schutzbedürftigkeit der einzelnen Geschädigten keine umfassenden Feststellungen trifft. Unklar ist im Einzelnen auch, wie die Konstruktion des Geschäfts den Geschädigten erläutert worden ist und welche Gewinnaussichten oder Versprechungen ihnen im Detail gemacht worden sind. Die Anwendung von Bundesrecht ist daher nicht für alle Einzelfälle im erforderlichen Masse nachprüfbar. Aus diesem Grund ist die Entscheidung in diesem Punkt nach Art. 277 BStP aufzuheben und an die Vorinstanz zurückzuweisen (vgl. BGE 119 IV 284 E. 5a und b).
 
7.
 
Für den Fall, dass die Vorinstanz nach weiteren Abklärungen erneut zum Schluss gelangen sollte, in einzelnen oder gar sämtlichen Einzelfällen sei das Merkmal der Arglist erfüllt, ist nachfolgend in aller Kürze auf die weiteren Rügen des Beschwerdeführers einzugehen, soweit diese im heutigen Zeitpunkt beurteilt werden und im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde überhaupt erhoben werden können (Art. 269 Abs. 1 BStP), sie den Begründungsanforderungen von Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP genügen und soweit sie nicht offenkundig unbegründet sind.
 
7.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe keinen kausalen Beitrag geleistet. Die D.________ AG habe lediglich den Auftrag übernommen, die auf ihr Kundenkonto einbezahlten Gelder zu einem bestimmten Zeitpunkt in vorgesehener Weise zu verwenden. Diese Dienstleistung weise keinen kriminellen Sinnbezug auf.
 
7.2 Die Vorinstanz gelangt zum Schluss, der Beschwerdeführer habe, indem er mit den Kunden ein Treuhandverhältnis begründete, dazu beigetragen, dass diese an die Seriosität des Geschäfts glaubten und insbesondere annahmen, die Sicherheit ihrer Geldeinlagen sei gewährleistet. Indem er als Treuhänder gegenüber seinen Kunden - zumindest nach deren Auffassung - als "Garant" für Seriosität und Sicherheit der finanziellen Transaktionen aufgetreten sei, habe er die Tatbegehung objektiv unterstützt und als Gehilfe einen Beitrag zum Gelingen des Betruges geleistet.
 
7.3 Nach der Rechtsprechung gilt als Hilfeleistung im Sinne von Art. 25 StGB jeder kausale Beitrag, der die Tat fördert, so dass sich diese ohne Mitwirkung des Gehilfen anders abgespielt hätte. Nicht erforderlich ist, dass es ohne die Hilfeleistung nicht zur Tat gekommen wäre. Die Förderung der Tat genügt. Andererseits muss die Hilfeleistung tatsächlich zur Tat beigetragen, also einen kausalen Beitrag dargestellt haben. Der Gehilfe muss die Erfolgschancen der tatbestandserfüllenden Handlung erhöhen (BGE 121 IV 109 E. 3a S. 119; 120 IV 265 E. 2c/aa S. 272; 119 IV 289 E. 2c/aa S. 292; 117 IV 186 E. 3, mit Hinweisen). Subjektiv ist erforderlich, dass der Gehilfe weiss oder damit rechnet, eine bestimmt geartete Straftat zu unterstützen, und dass er dies will oder in Kauf nimmt, wobei zum Vorsatz auch die Voraussicht des Geschehensablaufs in seinen wesentlichen Zügen gehört (BGE 117 IV 186 E. 3 mit Hinweisen).
 
Nach den Feststellungen der Vorinstanz bewirkte der Umstand, dass die Haupttäter einen schweizerischen Treuhänder einschalteten, in dessen Büroräumlichkeiten die Verträge unterzeichnet worden sind, für die Anleger einen zusätzlichen Anschein von Sicherheit und Seriosität. Damit hat der Beschwerdeführer die Erfolgschancen des betrügerischen Geschäfts erhöht, womit die Voraussetzungen für die Annahme der Gehilfenschaft erfüllt sind. Dass der Beschwerdeführer hier lediglich neutrale Handlungen ohne deliktischen Sinnbezug bzw. ohne eine Solidarisierung mit den Haupttätern begangen hätte, die ohne weiteres auch anderweitig zugänglich gewesen wären (vgl. hiezu BGE 119 IV 289 E. 2c/bb mit Hinweisen), ist nicht ersichtlich. Dass nahezu jede Beihilfehandlung auch legalen Zwecken dienen kann, führt nicht dazu, dass sie, wenn sie in einem deliktischen Kontext erfolgen, straflos bleibt. Im vorliegenden Fall musste dem Beschwerdeführer zudem aufgrund der besonderen Art des Geschäfts das Risiko strafbaren Verhaltens der Haupttäter als derart hoch erscheinen, dass sich seine Hilfeleistung nicht anders denn als Förderung der Tat würdigen lässt.
 
8.
 
Aus diesen Gründen ist die Nichtigkeitsbeschwerde gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist, und das angefochtene Urteil im Sinne von Art. 277 BStP aufzuheben. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben und ist dem Beschwerdeführer eine angemessene Entschädigung auszurichten (Art. 278 Abs. 2 und 3 BStP). Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.
 
III. Staatsrechtliche Beschwerde
 
9.
 
Mit der Aufhebung des angefochtenen Urteils entfällt die Grundlage für die staatsrechtliche Beschwerde. Die vom Beschwerdeführer in diesem Verfahren aufgeworfenen Fragen sind, soweit sie den Begründungsanforderungen gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügen, mit der Gutheissung der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde nicht mehr von Bedeutung. Der Beschwerdeführer hat daher kein schutzwürdiges Interesse mehr an der Beurteilung der staatsrechtlichen Beschwerde. Diese ist somit gegenstandslos geworden und vom Geschäftsverzeichnis abzuschreiben. Praxisgemäss werden dabei weder Kosten erhoben noch wird eine Entschädigung ausgerichtet.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird, soweit darauf einzutreten ist, gemäss Art. 277 BStP gutgeheissen, das Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen vom 2. Juni 2004 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
 
2.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird als gegenstandslos am Geschäftsverzeichnis abgeschrieben.
 
3.
 
Es werden keine Kosten erhoben.
 
4.
 
Dem Beschwerdeführer wird für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- aus der Bundesgerichtskasse ausgerichtet.
 
5.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 25. Februar 2005
 
Im Namen des Kassationshofes
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).