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Informationen zum Dokument  BGer 6P.183/2004  Materielle Begründung
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BGer 6P.183/2004 vom 22.03.2005
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
6P.183/2004
 
6S.479/2004 /bri
 
Urteil vom 22. März 2005
 
Kassationshof
 
Besetzung
 
Bundesrichter Schneider, Präsident,
 
Bundesrichter Wiprächtiger, Karlen,
 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.
 
Parteien
 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Konrad Jeker,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, Bielstrasse 9, 4502 Solothurn,
 
Kriminalgericht des Kantons Solothurn, Amthaus 1, 4502 Solothurn.
 
Gegenstand
 
6P.183/2004
 
Art. 9 und 32 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 2 EMRK (Strafverfahren, willkürliche Beweiswürdigung)
 
6S.479/2004
 
Art. 33 StGB (Notwehr), Art. 63 StGB (Strafzumessung),
 
Staatsrechtliche Beschwerde (6P.183/2004) und Nichtigkeitsbeschwerde (6S.479/2004) gegen das Urteil des Kriminalgerichts des Kantons Solothurn vom 15. -17. September 2004.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Am 7. April 2001 kam es um ca. 04.00 Uhr in Oensingen zu einer Schiesserei. Daran beteiligt waren einerseits X.________ und A.________, die mit dem BMW des Erstgenannten von Oberbuchsiten kommend in Richtung Kestenholz abgezweigt und hierauf nach der Bahnunterführung in die Jurastrasse eingebogen waren. Ihnen folgte der Honda von B.________, der von C.________ gelenkt wurde. Auf der Jurastrasse feuerte B.________ vom fahrenden Wagen aus zwei Schüsse ab. X.________, der auf dem Beifahrersitz sass, gab darauf seinerseits Schüsse ab. Da sich in der Folge B.________ weiterhin aggressiv verhielt, lenkte A.________ den Wagen auf den Parkplatz beim Kreisschulhaus und wendete ihn. Als sich das sie verfolgende Fahrzeug bei der Einmündung zum Parkplatz befand, feuerte X.________ mit seiner Kalaschnikow, die er zuvor auf Seriefeuer gestellt hatte, mehrere Schüsse ab. Von den fünf bis sieben erwiesenen Schüssen trafen mindestens drei den heranfahrenden Honda. B.________ erlitt am rechten Ober- und Vorderarm Schusswunden. Der Fahrer C.________ blieb unverletzt.
 
Gestützt auf diesen Sachverhalt sprach das Kriminalgericht des Kantons Solothurn X.________ der mehrfachen versuchten vorsätzlichen Tötung und der mehrfachen Widerhandlung gegen das Waffengesetz schuldig. Es bestrafte ihn zu 2½ Jahren Zuchthaus und verwies ihn - unter Gewährung des bedingten Vollzugs - für 5 Jahre des Landes. Ausserdem ordnete es die Einziehung und Vernichtung der Waffe sowie des sichergestellten Magazins und der Patronen an.
 
B.
 
X.________ erhebt staatsrechtliche Beschwerde und eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde beim Bundesgericht. Er beantragt mit beiden Rechtsmitteln die Aufhebung des Urteils des Kriminalgerichts und die Rückweisung der Sache an diese Instanz zur neuen Beurteilung.
 
Das Kriminalgericht und die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn ersuchen um Abweisung beider Beschwerden.
 
C.
 
Der Präsident des Kassationshofs hat den beiden Beschwerden am 26. Januar 2005 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Der Beschwerdeführer bringt mit beiden Rechtsmitteln Rügen vor, welche die Ausübung der Notwehr gemäss Art. 33 StGB zum Gegenstand haben.
 
Das Kriminalgericht billigt dem Beschwerdeführer zu, in einer Notwehrsituation gehandelt zu haben. Es stellt fest, dass B.________ in Oensingen das Feuer mit zwei Schüssen eröffnet habe. Hierauf habe der Beschwerdeführer aus seiner Kalaschnikow Warnschüsse abgegeben. Dies habe jedoch B.________ nicht von weiteren Schussabgaben abgehalten. Auf Grund dieses andauernden Beschusses von hinten sei für den Beschwerdeführer und seinen Fahrer A.________ eine Notwehrlage entstanden. Dementsprechend sei das Feuer, das der Beschwerdeführer nach der Einfahrt auf den Parkplatz beim Kreisschulhaus und dem Wenden des Wagens durch das Seitenfenster gegen den angreifenden Personenwagen eröffnet habe, als Notwehrhandlung zu qualifizieren.
 
Im angefochtenen Entscheid wird die Notwehr jedoch als unangemessen beurteilt. So habe der Beschwerdeführer nicht bloss einzelne Schüsse auf den verfolgenden Personenwagen abgegeben und das Feuer nicht gegen den Boden oder die Pneus des Fahrzeugs gerichtet, sondern er habe die Kalaschnikow auf Seriefeuer gestellt und damit fast ein ganzes Magazin verschiessen wollen. Nach unbestrittenen Feststellungen verschoss der Beschwerdeführer wegen einer Ladehemmung oder unsachgemässer Handhabung der Waffe zwar lediglich fünf bis maximal sieben Patronen, doch war er sich dessen nicht bewusst und glaubte, er habe das Magazin geleert. Nach Ansicht des Kriminalgerichts überschreitet derjenige, der wie der Beschwerdeführer, ein fast volles Magazin auf ein von vorn sich näherndes Auto abfeuert, obwohl er in diesem Moment selber nicht mehr unter Beschuss steht, die Grenzen der zulässigen Notwehr. Es beurteilt das Verhalten des Beschwerdeführers deshalb als Notwehrexzess im Sinne von Art. 33 Abs. 2 StGB.
 
Schliesslich wird im angefochtenen Entscheid die Frage geprüft, ob der Beschwerdeführer die Grenzen der Notwehr in entschuldbarer Aufregung oder Bestürzung überschritten habe und deshalb nach Art. 33 Abs. 2 Satz 2 StGB straflos bleibe. Es verneint dies, weil er die Situation habe kommen sehen, sich umsichtig vorbereitet habe und gefasst und abklärt gehandelt habe.
 
2.
 
In der staatsrechtlichen Beschwerde wird dem Kriminalgericht eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung vorgeworfen. So sei es offensichtlich zu Unrecht davon ausgegangen, dass sich der Beschwerdeführer und sein Fahrer - sei es auf Weisung des Ersteren oder im stillschweigenden Einverständnis - bewusst der Konfrontation gestellt und in eine günstige Schussposition gebracht hätten. Es bestünden keinerlei Anhaltspunkte, die es erlaubten, den Beschwerdeführer für die Herbeiführung der Duellsituation verantwortlich zu machen. Die willkürlichen Feststellungen in diesem Punkt führe das Kriminalgericht zu unhaltbaren Schlüssen über das Verhalten des Beschwerdeführers bei der Schussabgabe. Es werde ihm in willkürlicher Weise unterstellt, er habe in aller Ruhe und ohne aussergewöhnliche Regung auf den Wagen mit B.________ geschossen. Ausserdem seien die Feststellungen zu den Tatumständen im angefochtenen Entscheid teilweise widersprüchlich. Dies belege, dass das Kriminalgericht Zweifel über den genauen Hergang der Tat habe. Nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" hätte es nicht von einem für den Beschwerdeführer ungünstigen Sachverhalt ausgehen dürfen.
 
2.1 Der Richter muss im Strafverfahren nur über rechtlich relevante Tatsachen Beweise erheben. Deshalb kann er Beweisanträge, die nicht relevante Tatsachen betreffen, ablehnen (BGE 124 I 208 E. 4a S. 211).
 
Der Beschwerdeführer greift zahlreiche Feststellungen heraus, die das Kriminalgericht in unterschiedlichen Zusammenhängen trifft. Er weist darauf hin, dass daraus der Tatablauf nicht in allen Einzelheiten klar hervorgeht und zwischen einzelnen Feststellungen inhaltliche Differenzen bestehen. Diese Einwände mögen zumindest teilweise durchaus zutreffen. Die verbleibenden Unklarheiten sind aber lediglich die Folge davon, dass sich der genaue Ablauf vor der Schussabgabe nicht eruieren liess, und kleine Abweichungen bei der Sachverhaltsdarstellung in einzelnen Punkten sind offenkundig darauf zurückzuführen, dass im angefochtenen Urteil je nach zu beurteilender Rechtsfrage der eine oder andere Aspekt des Sachverhalts im Vordergrund steht. Da das Kriminalgericht das Vorliegen einer Notwehrsituation bejaht und die umstrittenen Feststellungen nicht im Zusammenhang mit der Frage stehen, ob ein Notwehrexzess vorliegt, kommt ihnen eine rechtserhebliche Bedeutung nur bei der Beurteilung zu, ob der Notwehrexzess "in entschuldbarer Aufregung oder Bestürzung über den Angriff" (Art. 33 Abs. 2 Satz 2 StGB) erfolgte. Es ist daher allein zu prüfen, ob das Kriminalgericht bei den in diesem Zusammenhang getroffenen Tatsachenfeststellungen in Willkür verfallen ist.
 
2.2 Willkürlich ist eine Tatsachenfeststellung, wenn der Richter den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkennt, wenn er ein solches ohne ernsthafte Gründe ausser Acht lässt, obwohl es erheblich ist, und schliesslich wenn er aus getroffenen Beweiserhebungen unhaltbare Schlüsse zieht (BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9).
 
Das Kriminalgericht trifft zur Aufregung oder Bestürzung des Beschwerdeführers Feststellungen zu zwei Phasen des Geschehens. Zunächst erklärt es, dass das aggressive Gebaren von B.________, das schliesslich in den Schussabgaben kulminierte, für den Beschwerdeführer nicht völlig überraschend kam. Das ergebe sich daraus, dass dieser nach dem ersten Telefonanruf von B.________ seine Kalaschnikow samt Munition im Kofferraum seines Wagens behändigt habe. Nach den ersten Schüssen der Verfolger in Oensingen habe der Beschwerdeführer kühl und zielstrebig reagiert. So habe er nach seinen eigenen Aussagen in diesem Moment das Magazin in seine Waffe eingesetzt, die Scheibe des Wagens elektrisch hinuntergelassen und eine Ladebewegung ausgeführt. Auch in der daran anschliessenden zweiten Phase - unmittelbar vor der fraglichen Notwehrhandlung - habe der Beschwerdeführer gefasst und abgeklärt gewirkt. Das ergebe sich unter anderem aus seiner eigenen Aussage, dass er nach der Abgabe von Warnschüssen beim Einbiegen auf den Schulhausparkplatz die Kalaschnikow von Einzel- auf Seriefeuer umgestellt habe, weil er gewusst habe, was nun passieren werde. Für eine aussergewöhnliche Emotion, Panik oder Bestürzung des Beschwerdeführers gebe es in dieser zweiten Phase keine Anhaltspunkte. Wohl möge er von innerer Spannung und Aufregung erfüllt gewesen sein, doch sei dies nicht ungewöhnlich für jemanden, der sich einem ungerechtfertigten Angriff ausgesetzt sehe.
 
Der Beschwerdeführer kritisiert diese Feststellungen zunächst als widersprüchlich und deshalb als willkürlich. Dieser Eindruck mag allenfalls entstehen, wenn einzelne Aussagen des angefochtenen Entscheids aus ihrem Zusammenhang gerissen und einander gegenübergestellt werden. Bei gesamthafter Lektüre wird indessen klar, dass das Kriminalgericht beim Beschwerdeführer vor der Schussabgabe auf den Wagen der Verfolger wohl eine innere Spannung und Aufregung feststellt, diese aber nicht als so gross beurteilt, dass von einem Handeln in Panik, Bestürzung oder aussergewöhnlicher Emotion gesprochen werden könnte. Die differenzierte Darstellung des Hergangs mit mehreren Phasen legt überdies nahe, dass der Beschwerdeführer - gesamthaft betrachtet - angesichts der sich allmählich abzeichnenden Eskalation durchaus umsichtig und zielgerichtet handelte, wenn er auch den Ablauf in der Schlussphase nicht vorhersah und A.________ den Schulhausparkplatz möglicherweise auf Grund eines Missverständnisses ansteuerte. Jedenfalls erscheint die Würdigung der verschiedenen Aussagen der Beteiligten im angefochtenen Entscheid durchaus vertretbar, zumal das Kriminalgericht die näheren Umstände der Notwehrhandlung gerade nicht feststellt, sondern - wie erwähnt - mangels hinreichender Beweise offen lässt.
 
Bei dieser Sachlage ist auch der weiteren Rüge des Beschwerdeführers, dass ihm das Kriminalgericht in willkürlicher Weise vorwerfe, die Duellsituation gesucht zu haben oder dafür zumindest mitverantwortlich zu sein, der Boden entzogen. Eine solche Feststellung findet sich an keiner Stelle des angefochtenen Entscheids. Dieser hält lediglich fest, dass die Notwehrsituation für den Beschwerdeführer nicht völlig unerwartet und unvorbereitet eintrat, unterstellt ihm aber nicht, ein Duell gesucht zu haben. Das Kriminalgericht erwähnt wohl im Zusammenhang mit der Prüfung des Tötungsvorsatzes, dass sich der Beschwerdeführer in eine günstige Schussposition gebracht habe und sein Ziel in aller Ruhe habe ins Auge fassen können. Doch erklärt es nirgends, der Beschwerdeführer habe eine solche Position bewusst angestrebt, um darauf zum Duell zu schreiten.
 
2.3 Alle mit staatsrechtlicher Beschwerde vorgebrachten Rügen erweisen sich demnach als unbegründet, weshalb dieses Rechtsmittel vollumfänglich abzuweisen ist.
 
3.
 
Die Nichtigkeitsbeschwerde richtet sich zunächst gegen die Bejahung eines Notwehrexzesses statt einer angemessenen Notwehr gemäss Art. 33 Abs. 1 StGB sowie gegen die Verneinung des Handelns in entschuldbarer Aufregung oder Bestürzung gemäss Art. 33 Abs. 2 Satz 2 StGB.
 
3.1 Gemäss Art. 33 StGB ist derjenige, der ohne Recht angegriffen oder unmittelbar mit einem Angriff bedroht wird, oder jeder andere berechtigt, den Angriff in einer den Umständen angemessenen Weise abzuwehren (Abs. 1). Überschreitet der Abwehrende die Grenzen der Notwehr, so mildert der Richter die Strafe nach freiem Ermessen gemäss Art. 66 StGB. Überschreitet der Abwehrende die Grenzen der Notwehr in entschuldbarer Aufregung oder Bestürzung über den Angriff, so bleibt er straflos (Abs. 2).
 
Nach der Rechtsprechung muss die Abwehr in einer Notwehrsituation nach der Gesamtheit der Umstände als verhältnismässig erscheinen. Eine Rolle spielen vor allem die Schwere des Angriffs, die durch den Angriff und die Abwehr bedrohten Rechtsgüter, die Art des Abwehrmittels und dessen tatsächliche Verwendung. Die Angemessenheit der Abwehr ist auf Grund jener Situation zu beurteilen, in der sich der rechtswidrig Angegriffene im Zeitpunkt seiner Tat befand. Besondere Zurückhaltung ist bei der Verwendung von gefährlichen Werkzeugen zur Abwehr (Messer, Schusswaffen etc.) geboten, da deren Verwendung stets die Gefahr schwerer oder gar tödlicher Verletzungen mit sich bringt. Angemessen ist die Abwehr, wenn der Angriff nicht mit weniger gefährlichen und zumutbaren Mitteln hätte abgewendet werden können, der Täter womöglich gewarnt worden ist und der Abwehrende vor Einsatz des gefährlichen Werkzeugs das Nötige zur Vermeidung einer übermässigen Schädigung vorgekehrt hat. Auch ist eine Abwägung der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter unerlässlich. Doch muss deren Ergebnis für den Angegriffenen, der erfahrungsgemäss rasch handeln muss, mühelos erkennbar sein (BGE 107 IV 12 E. 3 S. 15).
 
3.2 Die Vorinstanz erklärt, eine angemessene Abwehr des Beschwerdeführers hätte darin bestanden, einzelne Schüsse auf das herannahende Fahrzeug der Verfolger abzugeben, dabei aber das Feuer gegen den Boden oder auf die Unterseite des Fahrzeugs zu richten. Der Beschwerdeführer habe jedoch ein Seriefeuer gegen den sich nähernden Wagen eröffnet, wobei er auf die Höhe der Insassen gezielt habe, wie drei Einschüsse in der Windschutzscheibe auf der Beifahrerseite zeigten. Damit sei es ihm nicht mehr nur darum gegangen, den Angriff zu stoppen, zumal er und A.________ in diesem Moment nicht mehr unter Beschuss standen. Vielmehr habe er einen darüber hinausgehenden Vernichtungswillen manifestiert.
 
Nach den verbindlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid mussten der Beschwerdeführer und A.________ mit dem Schlimmsten rechnen, als B.________ begonnen hatte, sie unter Beschuss zu nehmen. Denn sie konnten nicht wissen, ob die ersten Schüsse nur zur Warnung in die Luft oder gezielt auf sie abgegeben worden waren. Bei einem solchen Angriff auf Leib und Leben kann zwar zur Abwehr ein Eingriff in Leib und Leben des Angreifers durchaus in Betracht fallen. Dies ändert aber nichts daran, dass der Angegriffene nach der erwähnten Rechtsprechung nicht zu einer unnötig harten Abwehrmassnahme greifen, namentlich nicht ohne Notwendigkeit einen Widersacher töten darf. Der Beschwerdeführer behauptet selber nicht, dass die Schussabgabe, die im vorliegenden Fall ohne weiteres zur Tötung der Verfolger hätte führen können, objektiv betrachtet zur Abwehr erforderlich war. Er macht einzig geltend, dass er sie aus seiner subjektiven Perspektive als erforderlich betrachten durfte. Dieser Einwand überzeugt jedoch nicht. Zunächst ist es überhaupt fraglich, ob die Annahme eines Notwehrexzesses voraussetzt, dass der Täter sich der Überschreitung der Notwehrgrenzen bewusst sein muss (eine solche Voraussetzung ablehnend Kurt Seelmann, Basler Kommentar, Strafgesetzbuch I, Art. 33 N. 22). Vor allem aber kann ein solches Bewusstsein dem Beschwerdeführer unter den gegebenen Umständen nicht abgesprochen werden. Er begann, ein fast volles Magazin in Seriefeuer gegen die Frontscheibe des herannahenden Wagens mit den Verfolgten zu verschiessen. Und er hätte das Magazin geleert, wenn nicht nach fünf bis sieben Schüssen eine Störung eingetreten wäre. Wie die Vorinstanz zu Recht festhält, trachtete er mit die-sem Verhalten nach dem Leben der Angreifer, ohne sich um die Notwendigkeit eines so massiven Vorgehens zur Abwehr des Angriffs zu kümmern. Dies unterstreicht noch die Tatsache, dass er die Waffe auf Seriefeuer stellte. Denn damit wurde, wie der Beschwerdeführer selber hervorhebt, die Schussabgabe nur noch schwer kontrollierbar.
 
Die weiteren Einwände, die der Beschwerdeführer gegen die Bejahung der Überschreitung der Notwehr im angefochtenen Entscheid erhebt, entbehren ebenfalls der Grundlage. Sie unterstellen der Vorinstanz Aussagen, die sich im angefochtenen Urteil nicht finden. So spricht sie dem Beschwerdeführer weder den Abwehrwillen ab, noch qualifiziert sie in diesem Zusammenhang C.________ als unbeteiligte Drittperson.
 
3.3 Soweit der Beschwerdeführer ebenfalls rügt, dass die Vorinstanz das Vorliegen einer entschuldbaren Aufregung oder Bestürzung im Sinne von Art. 33 Abs. 2 Satz 2 StGB verneine, geht seine Argumentation von einem unzutreffenden Ansatz aus. Er übersieht, dass die von ihm zitierte Wendung, wonach sich frage, "ob auch ein rechtlich gesinnter Mensch durch den Angriff in Aufregung und Bestürzung geraten wäre" (so Stefan Trechsel, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl. 1997, Art. 33 N. 17), sich allein auf die Entschuldbarkeit des Affekts, aber nicht auf die Heftigkeit der Erregung bezieht. Zur Entschuldbarkeit äussert sich freilich die Vorinstanz gar nicht, da sie bereits das Vorliegen eines Affekts verneint. Letztere Beurteilung verletzt im Lichte der - nicht als willkürlich erkannten (vgl. E. 2.2) - tatsächlichen Feststellungen kein Bundesrecht.
 
4.
 
Mit Nichtigkeitsbeschwerde wird schliesslich ebenfalls die Strafzumessung gerügt. So erscheine die ausgesprochene Zuchthausstrafe von 2½ Jahren bereits im Ergebnis unhaltbar. Ausserdem gewichte die Vorinstanz einzelne Strafzumessungsfaktoren offensichtlich falsch bzw. begründe die vorgenommene Gewichtung überhaupt nicht näher.
 
4.1 Nach Art. 63 StGB misst der Richter die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Er berücksichtigt die Beweggründe, das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Schuldigen.
 
Dem Sachrichter steht bei der Gewichtung der genannten Strafzumessungskomponenten ein erheblicher Spielraum des Ermessens zu. Das Bundesgericht greift in diesen im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde, mit der ausschliesslich eine Rechtsverletzung geltend gemacht werden kann, nur ein, wenn der kantonale Richter den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn er von rechtlich nicht massgebenden Gesichtspunkten ausgegangen ist oder umgekehrt wesentliche Faktoren ausser Acht gelassen hat und schliesslich wenn er solche Elemente in Überschreitung oder Missbrauch seines Ermessens falsch gewichtet hat (BGE 129 IV 6 E. 6.1 S. 21; 124 IV 286 E. 4a S. 295).
 
4.2 Die Vorinstanz begründet die Strafzumessung sehr eingehend. Wenn der Beschwerdeführer kritisiert, dass nicht für jeden Zumessungsfaktor dargelegt wird, wie er sich quantitativ auf das Strafmass auswirke, übersieht er, dass der Strafrichter die Gewichtung nicht für jeden Umstand in Ziffern oder Prozenten angeben muss und er auf Zumessungselemente ohne erhebliches Gewicht nicht einzugehen braucht (BGE 127 IV 101 E. 2c S. 104 f.). Der angefochtene Entscheid nimmt im Übrigen eine Quantifizierung der wesentlichen Schritte der Strafzumessung vor. Gesamthaft ist die Strafzumessung ohne weiteres nachvollziehbar, und es kann nicht von einer unzureichenden Begründung gesprochen werden.
 
4.3 Die Kritik an der Gewichtung einzelner Strafzumessungsfaktoren richtet sich zunächst gegen die Bewertung des Verschuldens. Die Vorinstanz beurteilt es als erheblich, da der Beschwerdeführer zwei Menschenleben aufs Spiel gesetzt habe. Es trifft zwar zu, dass ein Schuldspruch wegen versuchter Tötung notwendigerweise den Vorwurf einschliesst, Menschenleben in Gefahr gebracht zu haben, und die Formulierung der Vorinstanz insofern streng genommen tautologisch ist. Ermessensverletzend erscheint die Gewichtung des Verschuldens deshalb aber nicht. Es bestehen im Urteil auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Vorinstanz die Gefährdung der Menschenleben noch besonders straferhöhend berücksichtigt und damit eine unzulässige Doppelverwertung vorgenommen hätte.
 
Der Beschwerdeführer rügt weiter, dass die Vorinstanz davon ausgeht, die Strafe würde im Fall der vollendeten Tötung unter den gegebenen Umständen - ohne Berücksichtigung des Versuchs, der mehrfachen Tatbegehung und des Notwehrexzesses - 14 Jahre Zuchthaus betragen. Aus den eingehenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid geht durchaus hervor, wie die Vorinstanz zu diesem Strafmass gelangt. Es ist nicht ersichtlich und wird vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet, dass sie dabei einzelne Zumessungsfaktoren in ermessensverletzender Weise gewichtet hätte. Wenn auch die so bestimmte Ausgangsstrafe - namentlich im Blick auf die leicht reduzierte Zurechnungsfähigkeit - eher hoch erscheint, so gilt dies jedenfalls nicht für das Strafmass von 8 Jahren, zu dem die Vorinstanz nach der Reduktion wegen Versuchs und Erhöhung wegen mehrfacher Tatbegehung gelangt. Nach der Rechtsprechung gilt eine Strafe von 7½ Jahren Zuchthaus für eine versuchte vorsätzliche Tötung - ohne Berücksichtigung einer mehrfachen Tatbegehung - nicht als ungewöhnlich (BGE 121 IV 49 E. 2b S. 58). Schliesslich reduziert die Vorinstanz diese Strafe gestützt auf Art. 33 Abs. 2 StGB in Verbindung mit Art. 66 StGB nochmals sehr erheblich. Sie begründet dies damit, dass sie die Überschreitung der Notwehr nicht als sehr schwerwiegend ansehe. Eine solche Strafreduktion bewegt sich im Bereich des dem Strafrichter zustehenden Ermessens. Der Beschwerdeführer zeigt denn auch nicht auf, inwiefern dieses Ermessen verletzt sein könnte. Die ausgesprochene Strafe steht daher mit dem Bundesrecht im Einklang.
 
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist aus diesen Gründen ebenfalls abzuweisen.
 
5.
 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG; Art. 278 Abs. 1 BStP).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde und die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde werden abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn und dem Kriminalgericht des Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 22. März 2005
 
Im Namen des Kassationshofes
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
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