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Informationen zum Dokument  BGer 2A.433/2004  Materielle Begründung
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BGer 2A.433/2004 vom 13.04.2005
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2A.433/2004 /kil
 
Urteil vom 13. April 2005
 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Merkli, Präsident,
 
Bundesrichter Betschart, Hungerbühler, Müller,
 
Bundesrichterin Yersin,
 
Gerichtsschreiber Häberli.
 
Parteien
 
1. A.________,
 
2. B.________,
 
Beschwerdeführer,
 
beide vertreten durch G + S Treuhand AG,
 
gegen
 
Steuerverwaltung des Kantons Bern, Münstergasse 3, 3011 Bern,
 
Steuerrekurskommission des Kantons Bern, Sägemattstrasse 2, Postfach 54, 3097 Liebefeld.
 
Gegenstand
 
Direkte Bundessteuer 1999,
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Bern vom 22. Juni 2004.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die vier Geschwister C.________, D.________ und E.________ sowie A.________ waren Mitglieder der Erbengemeinschaft F.________ sel., verstorben am 27. Juli 1990. Am 18. Juli 1996 nahmen sie eine partielle Teilung des Nachlasses vor, nach welcher in der Erbengemeinschaft nur noch die Liegenschaft X.________ in G.________ mit einem geschätzten Verkehrswert von 3,715 Mio. Franken verblieb (Fläche 11'235 m2); an dieser waren die Erben je mit einem Viertel beteiligt. Im Teilungsvertrag wurde A.________ ein limitiertes Kaufrecht zum Preis von 929'000 Franken am Anteil von E.________ eingeräumt, welches sie bis zum 31. Dezember 1998 ausüben konnte; ein gleiches Kaufrecht wurde C.________ bezüglich des Anteils von D.________ gewährt.
 
B.
 
Weil sich die Liegenschaft X.________ in einem Gebiet mit Planungspflicht befindet, arbeiteten die Erben zusammen mit der Gemeinde G.________ und einem Architekten die erforderliche Überbauungsordnung aus, welche eine Bebauung des Grundstücks mit Mehrfamilienhäusern vorsieht (vgl. den Planungsvertrag vom Oktober 1998). Federführend für die Erben waren dabei A.________ und C.________, welche zu entscheiden hatten, ob sie ihr Kaufrecht ausüben wollten. Am 13. Januar 1999 gründeten die vier Geschwister die H.________AG, welche die Planung und Durchführung der Überbauung bezweckt. Mit Sacheinlagevertrag gleichen Datums wurde die Liegenschaft X.________ - bzw. eine von den Erben zuvor gebildete einfache Gesellschaft, in welche X.________ überführt worden war - zu einem Anrechnungswert von 4,8 Mio. Franken in die H.________AG eingebracht. Dabei übernahm Letztere die Anteile von A.________ und von C.________ für je 1,45 Mio. Franken und jene von D.________ und E.________ für je 950'000 Franken.
 
C.
 
Am 22. November 1999 reichten die Ehegatten A. und B.________ einen Nachtrag zur Steuererklärung 1999/ 2000 ein, in welcher sie - offenbar wahrheitswidrig - erklärten, E.________ seinen Anteil an der Liegenschaft per Ende 1998 abgekauft zu haben und am 1. Januar 1999 zur Hälfte an der einfachen Gesellschaft beteiligt gewesen zu sein. Sie deklarierten die Hälfte des amtlichen Werts der Liegenschaft X.________, ausmachend 1'283'190 Franken, als "Geschäftsvermögen" (Ziff. 1.2 der Steuererklärung; "Anteil an Kollektiv-, Kommandit- oder einfachen Gesellschaften"). Die entsprechend korrigierte Veranlagung für die direkte Bundessteuer 1999/2000 erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
 
D.
 
In der Folge erhob die Steuerverwaltung des Kantons Bern von A. und B.________ eine Jahressteuer gemäss Art. 218 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11). Sie ging davon aus, die Betroffenen hätten im Zusammenhang mit der Veräusserung der Liegenschaft X.________ bzw. der einfachen Gesellschaft an die H.________AG einen Gewinn von 500'000 Franken erzielt, was - nach Abzug des AHV-Beitrags von 10 Prozent - ein ausserordentliches Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit von 450'000 Franken ergebe, und erhob eine Jahressteuer von 47'767 Franken (definitive Veranlagungsverfügung vom 21. August 2001). Dieser Entscheid wurde von der Steuerrekurskommission des Kantons Bern am 22. Juni 2004 auf Beschwerde hin bestätigt, nachdem die Steuerverwaltung im Einspracheverfahren vorübergehend eine für die Steuerpflichtigen ungünstigere Auffassung vertreten hatte.
 
E.
 
Am 30. Juli 2004 haben A. und B.________ beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht mit dem Antrag, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und "das steuerbare Einkommen... auf Null festzusetzen".
 
Die Steuerrekurskommission und die Steuerverwaltung des Kantons Bern sowie die Eidgenössische Steuerverwaltung schliessen je auf Abweisung der Beschwerde.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Die Beschwerdeführerin und ihre drei Geschwister waren bei der Erbteilung von einem Verkehrswert der Liegenschaft X.________ von 3,715 Mio. Franken ausgegangen. Die Liegenschaft wurde alsdann für 4,8 Mio. Franken in die H.________AG eingebracht, wobei die Differenz zwischen dem Übernahmepreis und dem ursprünglichen Wert - abgesehen von einem Betrag von 21'000 Franken pro Person - ausschliesslich der Beschwerdeführerin und C.________ zugute kam: Die Aktiengesellschaft übernahm deren Anteile für je 1,45 Mio. Franken, während sie E.________ und D.________ nur je 950'000 Franken gutschrieb (vgl. Lit. B). Mithin erzielte die Beschwerdeführerin durch die Veräusserung ihres Anteils an der Liegenschaft einen Gewinn von rund 500'000 Franken gegenüber dem bei der Erbteilung eingesetzten Wert. Im Folgenden ist einzig streitig, ob und inwieweit dieser Gewinn steuerbares Einkommen darstellt.
 
2.
 
Gewinne aus der Veräusserung von Privatvermögen unterliegen nicht der direkten Bundessteuer (Art. 16 Abs. 3 DBG). Demgegenüber werden Gewinne aus der Veräusserung (oder buchmässigen Aufwertung) von Geschäftsvermögen als steuerbares Einkommen erfasst (vgl. Art. 18 Abs. 2 DBG).
 
2.1 Die Vorinstanz hat die Beschwerdeführerin auf deren Erklärung vom 22. November 1999 behaftet, ihr Anteil an der von den Erben gegründeten einfachen Gesellschaft stelle Geschäftsvermögen dar. Für sie war entscheidend, dass die Beschwerdeführerin ihre Tätigkeit dergestalt selber als selbständige Erwerbstätigkeit qualifizierte. Weil die entsprechende Veranlagungsverfügung in Rechtskraft erwachsen sei, könne sie heute nicht mehr überprüft werden. Der streitige Gewinn von 500'000 Franken betreffe mithin das Geschäftsvermögen der selbständigen Erwerbstätigkeit und sei gestützt auf Art. 18 Abs. 2 DBG steuerbar.
 
2.2 In ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde machen die Beschwerdeführer demgegenüber geltend, die Erben hätten sich am 31. Dezember 1998 zu einer einfachen Gesellschaft zusammengeschlossen, wobei die Liegenschaft X.________ zu einem Verkehrswert von 4,8 Mio. Franken "eingebucht" worden sei. Weil die Beschwerdeführerin und C.________ ihre Kaufrechte zu 929'000 Franken bis zu diesem Zeitpunkt hätten ausüben können, sei der Mehrwert auf der Liegenschaft gänzlich ihren Kapitalkonti gutgeschrieben worden. Nur wenige Tage später sei die einfache Gesellschaft - ohne Wertveränderungen - in die H.________AG umgewandelt worden. Mithin entspreche der Wert des Anteils der Beschwerdeführerin im Moment, in welchem er durch Einbringung in die einfache Gesellschaft vom Privat- ins Geschäftsvermögen überführt worden sei, jenem Preis, zu welchem er später an die Aktiengesellschaft veräussert worden sei. Der Mehrwert seit Erbteilung sei also vor der Überführung ins Geschäftsvermögen per 31. Dezember 1998 entstanden und bleibe deshalb steuerfrei.
 
3.
 
3.1 Die Erbengemeinschaft ist ein auf die Liquidation angelegtes Übergangsgebilde, welches für die gemeinsame Verfolgung anderer Ziele grundsätzlich nicht geeignet ist. Streben die Erben einen gemeinsamen Zweck an, welcher über die blosse Verwaltung des Nachlasses hinausgeht und dauerhafterer Natur ist, entsteht deshalb - anstelle der Erbengemeinschaft oder allenfalls innerhalb von dieser - regelmässig eine einfache Gesellschaft (vgl. BGE 96 II 325 E. 6d S. 335). Der eine solche begründende Gesellschaftsvertrag kann sich aus dem blossen Verhalten der Partner ergeben und stillschweigend geschlossen werden, ohne dass sich diese des Zusammenschlusses zu einer einfachen Gesellschaft bewusst sind (BGE 124 III 363 E. II/2a S. 364 f.). Vorliegend ist nicht restlos geklärt, wann und wie die Beschwerdeführerin und ihre Geschwister eine einfache Gesellschaft gebildet haben: Ohne ein genaues Datum zu nennen, geht die Steuerrekurskommission im angefochtenen Entscheid davon aus, die Gesellschaft sei anlässlich der Erbteilung oder zumindest in geringem zeitlichem Abstand zu dieser - bewusst - gebildet worden; dies ergibt sich aus ihrer Feststellung, die Liegenschaft X.________ sei zwecks Abklärung der Überbauungsmöglichkeiten in die einfache Gesellschaft eingebracht worden. Ihre entsprechende Annahme deckt sich mit den Vorbringen der Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren (vgl. Replik vom 16. September 2003, S. 3 unten). Im Widerspruch zu ihren früheren Angaben bringen die Beschwerdeführer vor Bundesgericht neu vor, die Erben hätten sich erst am 31. Dezember 1998 - quasi im Hinblick auf die Gründung der H.________AG - zu einer einfachen Gesellschaft zusammengeschlossen. Auf diese unbelegte Behauptung kann mit Blick auf Art. 105 Abs. 2 OG nicht abgestellt werden, auch wenn die Vorinstanz kein bestimmtes Datum für die Entstehung der einfachen Gesellschaft festgehalten hat; es ist vielmehr davon auszugehen, dass die einfache Gesellschaft bereits kurz nach der Erbteilung gegründet wurde und damit lange vor dem 31. Dezember 1998 Bestand hatte. Auf den Wert, mit welchem die Liegenschaft X.________ am 1. Januar 1999 in der angeblichen Eröffnungsbilanz eingestellt worden sein soll, könnte es jedoch im vorliegenden Zusammenhang ohnehin nicht ankommen. Im Übrigen wären die Beschwerdeführer diesbezüglich auf ihre Ergänzung zur Steuererklärung 1999/2000 zu verweisen, in welcher sie den Anteil von A.________ an der einfachen Gesellschaft mit 1'283'190 Franken beziffert haben (vgl. Lit. C) und gestützt auf diese Angaben rechtskräftig veranlagt wurden.
 
3.2 Letztlich ist indessen nicht (oder zumindest nicht direkt) das Datum der Gründung der einfachen Gesellschaft entscheidend, sondern die Antwort auf die Frage, ab welchem Zeitpunkt der Anteil der Beschwerdeführerin an der Liegenschaft X.________ zum Geschäftsvermögen zählte. Die Beschwerdeführer weisen zu Recht darauf hin, dass nur die Differenz zwischen dem Verkehrswert im Moment der Überführung ins Geschäftsvermögen und dem erzielten Verkaufspreis als steuerbarer Kapitalgewinn gemäss Art. 18 Abs. 2 DBG erfasst werden kann. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid allein darauf abgestellt, dass die Beschwerdeführer den Anteil an der einfachen Gesellschaft mit Schreiben vom 22. November 1999 selbst als Geschäftsvermögen deklariert haben; hinsichtlich des Zeitpunkts der Überführung hat sie weder Abklärungen getätigt noch Feststellungen getroffen. Aus der entsprechenden Erklärung der Beschwerdeführer ergibt sich nur, dass der Anteil - spätestens - am 1. Januar 1999 zum Geschäftsvermögen gehörte.
 
3.3 Soll die ganze Wertsteigerung, die zwischen Erbteilung und Einbringung in die Aktiengesellschaft eingetreten ist, steuerlich erfasst werden, so muss der Anteil der Beschwerdeführerin an der Liegenschaft X.________ bereits Geschäftsvermögen dargestellt haben, bevor das Grundstück durch die Ausarbeitung der Überbauungsordnung und die dieser vorangehenden Abklärungen aufgewertet wurde. Dies ist offensichtlich der Fall, liegt doch - obschon die Vorinstanz diese Frage offen gelassen hat - eine über die blosse Vermögensverwaltung hinausgehende und daher nach Art. 18 DBG steuerbare Betätigung als Liegenschaftenhändler vor (vgl. BGE 125 II 113 E. 6a S. 124; 122 II 446 E. 3 S. 450), welche bereits kurze Zeit nach der Erbteilung ihren Anfang nahm: Die Erben haben darauf verzichtet, die Liegenschaft X.________ mit Blick auf die Erbteilung zu veräussern. Sie haben vielmehr eine einfache Gesellschaft gegründet, um - wie sie im vorinstanzlichen Verfahren selbst erklärten - die baulichen Möglichkeiten des Grundstücks abzuklären. Dabei konnten die Erben und insbesondere auch die Beschwerdeführerin A.________ auf die Fachkompetenz deren als selbständiger Bauleiter tätigen Ehemannes zählen. In der Folge liessen die Gesellschafter in Zusammenarbeit mit der Gemeinde G.________ und Fachleuten eine Überbauungsordnung erstellen. Praxisgemäss stellt ein solches systematisches und planmässiges Vorgehen der Erben, die sich vorliegend eigens für ihre Zwecke in einer einfachen Gesellschaft zusammengefunden haben, ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 18 DBG dar. Daran ändert der Umstand nichts, dass die Ausarbeitung einer Überbauungsordnung hier nahe lag, weil die Veräusserung eines Grundstücks, das einer Planungspflicht unterliegt, schwieriger ist als der Verkauf einer frei überbaubaren Parzelle. Für eine steuerbare Erwerbstätigkeit der Beschwerdeführerin spricht weiter die Tatsache, dass die Erben durch die Ausarbeitung der Überbauungsordnung aktiv eine wesentliche Wertvermehrung des Grundstücks herbeigeführt haben. Deshalb ist letztlich unerheblich, dass die Erben nicht eine Vielzahl von Geschäften, sondern nur einen einzigen Verkauf getätigt haben und dass sie für die Finanzierung dieses Geschäfts nicht auf Fremdkapital angewiesen waren.
 
3.4 Nach dem Gesagten liegt bezüglich der Liegenschaft X.________ ein steuerbarer Liegenschaftenhandel vor. Der Mehrwert, den die Beschwerdeführerin bei Veräusserung der Liegenschaft an die H.________AG realisiert hat, stellt deshalb Einkommen aus einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 18 DBG dar (vgl. das Urteil 2A.74/2003 vom 8. September 2004 [insb. E. 3 u. 4] bezüglich eines ähnlich gelagerten Sachverhalts). Die Berechnung des steuerbaren Einkommens einerseits und der Jahressteuer andererseits, wie sie die kantonalen Behörden vorgenommen haben (vgl. Lit. D), ist weder bestritten noch von Amtes wegen zu beanstanden. Mithin verletzt der angefochtene Entscheid nicht Bundesrecht (vgl. Art. 104 OG), und die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist abzuweisen.
 
4.
 
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens werden die bundesgerichtlichen Kosten den Beschwerdeführern unter Solidarhaft auferlegt (Art. 156 Abs. 1 und Abs. 7 in Verbindung mit Art. 153 und Art. 153a OG ). Parteientschädigung ist keine auszurichten.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird den Beschwerdeführern unter Solidarhaft auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Steuerverwaltung und der Steuerrekurskommission des Kantons Bern sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 13. April 2005
 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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