BGer 4C.44/2005 | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
BGer 4C.44/2005 vom 21.04.2005 | |
Tribunale federale
| |
{T 0/2}
| |
4C.44/2005 /lma
| |
Urteil vom 21. April 2005
| |
I. Zivilabteilung
| |
Besetzung
| |
Bundesrichter Corboz, Präsident,
| |
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
| |
Bundesrichter Nyffeler,
| |
Gerichtsschreiber Luczak.
| |
Parteien
| |
A.________ AG,
| |
Beklagte und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Simon Käch,
| |
gegen
| |
B.________ AG,
| |
Klägerin und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Marc Kaeslin.
| |
Gegenstand
| |
Alleinvertriebsvertrag; UWG,
| |
Berufung gegen das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Aargau vom 3. Januar 2005.
| |
Sachverhalt:
| |
A.
| |
Die B.________ AG (Klägerin) wurde in den Jahren 1999-2001 von der A.________ AG (Beklagte) mit mobilen Schwimmbädern, Schwimmbadzubehör und Schwimmbadchemikalien beliefert. Im Januar 2002 beendete die Klägerin die Geschäftsbeziehung. Sie verlangte von der Beklagten nach erfolgloser Vermittlungsverhandlung mit Klage vom 25. Juli 2003 Fr. 14'996.-- nebst Zins aus Lieferungen und Gutschriften.
| |
B.
| |
Die Beklagte erhob am 10. November 2003 Widerklage und verlangte von der Klägerin Fr. 48'203.75 nebst Zins. Sie anerkannte im Grundsatz die Forderung der Klägerin. Sie ist aber der Ansicht, mit der Klägerin für das Jahr 2002 einen Alleinvertriebsvertrag abgeschlossen zu haben, an den sich die Klägerin nicht gehalten habe, da sie sich bei einem anderen Unternehmen eindeckte. Zudem wirft sie der Klägerin einen Verstoss gegen das Lauterkeitsrecht vor. Der Schaden belaufe sich bei einem angenommenen Einstandspreis der von der Klägerin über andere Kanäle bestellten Ware von Fr. 176'000.-- und einer angenommenen Gewinnmarge von 35 % auf mindestens Fr. 61'600.--.
| |
C.
| |
Am 3. Januar 2005 hiess das Handelsgericht des Kantons Aargau die Klage im Wesentlichen gut und wies die Widerklage ab. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte sowohl staatsrechtliche Beschwerde als auch Berufung erhoben. Die staatsrechtliche Beschwerde wies das Bundesgericht heute ab, soweit es darauf eintrat. Mit der Berufung beantragt die Beklagte, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Streitsache zur Neubeurteilung an das Handelsgericht zurückzuweisen. Die Klägerin schliesst auf Abweisung der Berufung, soweit darauf einzutreten ist.
| |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
| |
1.
| |
Die Berufungsschrift enthält keinen materiellen Antrag, wie er nach Art. 55 Abs. 1 lit. b OG erforderlich ist. Der blosse Rückweisungsantrag genügt indessen, da die Vorinstanz zum Quantitativ des von der Beklagten gelten gemachten Schadens keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat und das Bundesgericht mithin, sollte es die Rechtsauffassung der Beklagten für begründet erachten, kein Sachurteil fällen kann, sondern die Streitsache zur weiteren Abklärung des Sachverhaltes an die Vorinstanz zurückweisen muss (BGE 125 III 412 E. 1b S. 414).
| |
2.
| |
Zunächst bringt die Beklagte vor, aufgrund der Auslegung nach dem Vertrauensprinzip sei davon auszugehen, dass sich die Klägerin verpflichtet habe, die in Frage stehenden Produkte ausschliesslich bei der Beklagten zu beziehen. Die Vorinstanz habe folgende Äusserung der Klägerin in einem Schreiben an die Beklagte vom 31. Oktober 2001 unbeachtet gelassen:
| |
"In der Beilage senden wir Ihnen unsere Sortimentliste der Artikel, welche wir im Hauptkatalog Frühjahr Sommer 2002 anbieten und von Ihnen beziehen werden."
| |
Wenn man zusätzlich in Betracht ziehe, dass die im Hauptkatalog der Klägerin verwendeten Produktnummern mit denjenigen der Lieferantin, also der Beklagten, übereinstimmten, dass die Beklagte verpflichtet war, 50 % der Gesamtliefermenge zum Voraus sicherzustellen und dass die Klägerin schon in den vorangegangenen Jahren die Schwimmbäder samt Zubehör und Chemikalien bei der Beklagten bezogen hatte, sei die Pflicht zum ausschliesslichen Bezug bei der Beklagten nach Treu und Glauben offensichtlich gegeben.
| |
2.1 Im Berufungsverfahren ist das Bundesgericht grundsätzlich an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz gebunden. Ausnahmen von dieser Bindung kommen nur in Betracht, wenn die Vorinstanz bundesrechtliche Beweisvorschriften verletzt hat, wenn ihr ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist (Art. 63 Abs. 2 OG) oder wenn der von ihr ermittelte Sachverhalt im Hinblick auf die Anwendung des Bundesrechts der Ergänzung bedarf (Art. 64 OG). Die Partei, die den Sachverhalt berichtigt oder ergänzt wissen will, hat darüber genaue Angaben mit Aktenhinweisen zu machen (Art. 55 Abs. 1 lit. d OG; BGE 130 III 102 E. 2.2 S. 106; 127 III 248 E. 2c S. 252; 115 II 484 E. 2a S. 485 f., je mit Hinweisen). Eine Ergänzung setzt zudem voraus, dass entsprechende Sachbehauptungen bereits im kantonalen Verfahren prozesskonform aufgestellt, von der Vorinstanz aber zu Unrecht für unerheblich gehalten oder übersehen worden sind, was wiederum näher anzugeben ist. Ohne diese Angaben gelten Vorbringen, die über die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil hinausgehen, als neu und sind damit unzulässig (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG; BGE 115 II 484 E. 2a S. 485 f.). Ergänzungen des Sachverhalts haben nur zu erfolgen, soweit sie entscheidwesentliche Tatsachen betreffen (BGE 128 III 163 E. 3b S. 167; 111 II 471 E. 1c S. 473). Blosse Kritik an der vorinstanzlichen Beweiswürdigung ist im Berufungsverfahren unzulässig (BGE 127 III 73 E. 6a S. 81; 126 III 10 E. 2b S. 13; 119 II 84 E. 3 S. 85).
| |
2.2 Die von der Beklagten zitierte Passage des Schreibens vom 31. Oktober 2001 findet sich nicht in den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz. Eine Ergänzung des Sachverhalts würde voraussetzen, dass die Vorinstanz die entsprechende Aktenstelle übersehen oder zu Unrecht für unwesentlich gehalten hat. Ein Hinweis darauf, wo sich das Schreiben in den Akten befindet beziehungsweise mit welcher Eingabe es im kantonalen Verfahren prozesskonform in das Verfahren eingebracht wurde, so dass es von der Vorinstanz hätte berücksichtigt werden müssen, findet sich in der Berufungsschrift nicht. Bereits unter diesem Gesichtspunkt ist fraglich, ob die Vorbringen der Beklagten den Anforderungen für eine Ergänzung des Sachverhalts genügen.
| |
2.3 Zudem führt die Vorinstanz aus, in der Korrespondenz der Parteien sei keine Exklusivklausel enthalten. Dieser Annahme steht die von der Beklagten angeführte Stelle nicht entgegen. So wird nicht etwa ausgeführt, die Klägerin werde die fraglichen Artikel ausschliesslich bei der Beklagten beziehen. Ein offensichtliches Versehen ist schon aus diesem Grund nicht gegeben. Dass die Produktnummern im Katalog der Klägerin mit den Produktnummern der Beklagten übereinstimmen, ergibt sich ebenfalls nicht aus den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils, und wieder fehlen bereits die Aktenhinweise, wie sie für eine Ergänzung des Sachverhalts notwendig sind. Die Beklagte übt appellatorische Kritik an der Beweiswürdigung der Vorinstanz, welche im Rahmen der Berufung nicht zu hören ist. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid erscheint die Annahme, dass keine Exklusivklausel vereinbart wurde, bundesrechtskonform.
| |
3.
| |
Die Beklagte wirft der Klägerin einen Verstoss gegen Art. 2 und 4 lit. d UWG vor. Sie führt dazu aus, die Klägerin habe ohne weitere Abklärungen die Zusammenarbeit mit einem neuen Unternehmen akzeptiert, als sie darüber informiert worden sei, dass die Beklagte nicht mehr beliefert werde. Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin hätte auf ihre Exklusivbezugspflicht hinweisen und auf Lieferung durch die Beklagte bestehen müssen. Da es der Beklagten indessen nicht gelungen ist, eine derartige Exklusivbezugspflicht nachzuweisen, ist nicht ersichtlich, inwiefern sich die Klägerin, indem sie sich von anderen Unternehmen beliefern liess, unlauter im Sinne von Art. 2 und 4 lit. d UWG verhalten haben soll.
| |
4.
| |
Schliesslich wendet sich die Beklagte gegen die Eventualbegründung der Vorinstanz, wonach der Anspruch der Beklagten selbst bei Annahme einer Exklusivbezugspflicht nicht begründet wäre, da die Klägerin diesfalls zu einer ausserordentlichen Kündigung berechtigt gewesen wäre. Da sich die Hauptbegründung als bundesrechtskonform erweist, kann offen bleiben, ob auch die Eventualbegründung stichhaltig ist. Auf die entsprechende Rüge ist nicht einzutreten, da sie unter diesen Umständen auf einen blossen Streit über Entscheidungsgründe hinausläuft, wofür kein Rechtsschutzinteresse besteht (vgl. 122 III 43 E. 3 S. 45 mit Hinweis).
| |
5.
| |
Die Berufung erweist sich insgesamt als unbegründet und ist abzuweisen, soweit überhaupt darauf einzutreten ist. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird die Beklagte kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und 159 Abs. 1 OG).
| |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
| |
1.
| |
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
| |
2.
| |
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'500.-- wird der Beklagten auferlegt.
| |
3.
| |
Die Beklagte hat die Klägerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen.
| |
4.
| |
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt.
| |
Lausanne, 21. April 2005
| |
Im Namen der I. Zivilabteilung
| |
des Schweizerischen Bundesgerichts
| |
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
| |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |