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Informationen zum Dokument  BGer 6S.30/2005  Materielle Begründung
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BGer 6S.30/2005 vom 02.05.2005
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
6S.30/2005 /pai
 
Urteil vom 2. Mai 2005
 
Kassationshof
 
Besetzung
 
Bundesrichter Schneider, Präsident,
 
Bundesrichter Wiprächtiger, Kolly, Karlen, Zünd,
 
Gerichtsschreiber Weissenberger.
 
Parteien
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, 8090 Zürich,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Y.________,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Missachtung eines Verbotssignals,
 
Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 28. Dezember 2004.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Y.________ fuhr mit seinem Taxi-Personenwagen am 24. April 2003 um 23.15 Uhr von der Limmatstrasse in die Ackerstrasse. Er beabsichtigte, durch die Ackerstrasse hindurch zu fahren, um am Limmatplatz einen Kaffee zu trinken. An der Einfahrt zur Ackerstrasse (Ecke Limmat-/Ackerstrasse) steht das Signal "Verbot für Motorwagen und Motorräder 22.00 - 05.00 h" mit der Zusatztafel "Zufahrt für Anwohner, Taxi, PTT, öffentl. Dienste und zum Güterumschlag jederzeit gestattet".
 
B.
 
Mit Verfügung vom 13. August 2003 sprach der Stadtrichter von Zürich Y.________ gestützt auf Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 18 Abs. 1 SSV sowie in Anwendung von Art. 90 Ziff. 1 SVG der Missachtung des Vorschriftssignals "Allgemeines Fahrverbot in beiden Richtungen" schuldig und bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 100.--. Y.________ erhob dagegen Einsprache.
 
Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirks Zürich sprach Y.________ am 9. November 2004 von Schuld und Strafe frei. Eine kantonale Nichtigkeitsbeschwerde des Stadtrichteramtes Zürich wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 28. Dezember 2004 ab.
 
C.
 
Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Obergericht des Kantons Zürich verzichtet auf eine Stellungnahme zur Beschwerde. Y.________ hat sich innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht vernehmen lassen.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Das Obergericht nimmt an, der Wortlaut der Zusatztafel sei "klar und weder interpretationswürdig noch -fähig". Aus dem Umstand, dass der Beschwerdegegner keinen konkreten Fahrauftrag gehabt und die Ackerstrasse befahren habe, um am Limmatplatz eine Pause einzulegen, könne keine Verletzung des Fahrverbots abgeleitet werden. Pausen seien Bestandteil der Arbeit und gesetzlich vorgeschrieben. Zudem hätte sich Y.________ unterwegs ohne weiteres die Gelegenheit bieten können, einen Fussgänger als Fahrgast aufzunehmen. Wenn Rechte, die Taxifahrern zugestanden würden, "nach momentaner konkreter Tätigkeit im Einzelfall jeweils interpretiert und ausgelegt werden" müssten, würde dies zu "kaum lösbaren, problematischen Schwierigkeiten auf Kosten der Rechtssicherheit führen" (angefochtener Beschluss, S. 5).
 
2.
 
2.1 Beim Hauptsignal handelt es sich um ein auf Motorwagen und Motorräder beschränktes und nur für einen bestimmten Tagesabschnitt geltendes (Teil-)Fahrverbot im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. a und b der Signalisationsverordnung vom 5. September 1979 (SSV; SR 741.21) und der Abbildung in Ziff. 2.13 Anhang 2 SSV. Die Zusatztafel (Art. 1 Abs. 5 SSV) enthält ergänzende Angaben zur Signalisation nach den Grundsätzen der Art. 63 ff. SSV. Laut Art. 17 Abs. 1 SSV werden Ausnahmen von signalisierten Vorschriften (z.B. "Zubringerdienst gestattet", "Mit schriftlicher Ausnahmebewilligung gestattet") auf einer Zusatztafel nach den Bestimmungen der Art. 63-65 SSV vermerkt.
 
2.2 Es wird von keiner Seite in Frage gestellt, dass die Signale ordnungsgemäss angeordnet und aufgestellt worden waren sowie auch sonst den gesetzlichen Vorschriften entsprachen.
 
2.3 Das signalisierte Fahrverbot für Motorwagen und Motorräder in der Ackerstrasse galt wie erwähnt nur nachts zwischen 22.00 h und 05.00h. Der Erlaubnisvorbehalt gemäss der Zusatztafel gestattete Anwohnern, Taxis, der PTT, den öffentlichen Diensten und zum Güterumschlag jederzeit die Zufahrt in die Ackerstrasse, also auch zwischen 22.00 h und 05.00 h.
 
Fraglich ist, was unter Zufahrt zu verstehen ist. Zufahrt bedeutet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch die Möglichkeit des Fahrens bis zu etwas hin (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Neuausgabe 1994, Gütersloh 1996, S. 1800), also zu einem bestimmten Ziel. Dementsprechend ist Zufahrt synonym mit Einfahrt und Zugang (Duden, Das Synonymwörterbuch, Bd. 8, 3. Aufl., Mannheim 2004, S. 1081, 1083). Wie die Aufzählung der ausnahmsweise in der Zeit von 22.00 h bis 05.00 h vom Fahrverbot befreiten Personen, Betriebe und Dienstleister deutlich macht, ist die Ausnahmeregelung im Sinne eines erlaubten Zubringerdienstes im konkret abgesteckten Umfang zu verstehen. Art.17 Abs. 3 SSV definiert den Begriff des Zubringerdienstes bzw. der Zubringer. Laut dieser Bestimmung erlaubt der Vermerk "Zubringerdienst gestattet" bei Fahrverboten sowie Mass- und Gewichtsbeschränkungen Fahrten zum Abliefern oder Abholen von Waren bei Anwohnern oder auf anliegenden Grundstücken, Fahrten von Anwohnern und von Personen, die Anwohner zu treffen oder auf anliegenden Grundstücken Arbeiten zu verrichten haben sowie die Beförderung solcher Personen durch Dritte. Der Begriff des Zubringerdienstes ist somit etwas weiter gefasst als die hier zu beurteilende Ausnahmeregelung für ausgewählte Zufahrten. Allerdings ist auch bei einem gestatteten Zubringerdienst im Sinne von Art. 17 Abs. 3 SSV die direkte Durchfahrt der signalisierten Strasse nicht erlaubt.
 
Von der fraglichen Ausnahmebewilligung erfasst sind nach dem Gesagten allein zweckgebundene Zufahrten der ausdrücklich genannten Zubringer und Dienstleister in die Ackerstrasse, nicht jedoch reine Durchfahrten. Taxifahrer, die nicht selbst Anwohner sind, dürfen somit zwischen 22.00 h und 05.00 h die Ackerstrasse nur befahren, wenn sie einen Kundenauftrag an die Ackerstrasse oder eine Bestellung von der Ackerstrasse aus haben. Ob die Ausnahmebewilligung sich auch darauf erstreckt, in der Ackerstrasse auf potenzielle Kundschaft zu warten, bestimmt sich nach dem kantonalen oder kommunalen Recht über das Taxigewerbe (insbesondere Taxistandplätze) und braucht hier nicht beantwortet zu werden. Am dargelegten Umfang der Ausnahmebewilligung vermag der Umstand, dass das Wort Zufahrt auch mit jenem der Durchfahrt sinnverwandt ist bzw. sein kann (Duden, a.a.O., S. 1081), nichts zu ändern. Im konkreten Zusammenhang wären die beiden Wörter nur synonym, wenn die fragliche Zusatztafel mit einem Zusatz im Sinne der gestatteten Zufahrt bis zu einem bestimmten Ort jenseits der Ackerstrasse versehen gewesen wäre (z.B. "Zufahrt bis Limmatplatz gestattet").
 
2.4 Der Beschwerdegegner befuhr die Ackerstrasse um 23.15 h. Er hatte keinen Kundenauftrag zur Ackerstrasse und wollte dort auch nicht auf potenzielle Kundschaft warten. Vielmehr beabsichtigte er, die Strasse zu durchfahren, um am Limmatplatz eine Pause einzulegen. Die Ausnahmebewilligung für ausgewählte, einen Bezug zur Ackerstrasse aufweisende Zufahrten galt nicht für die Fahrt des Beschwerdegegners. Die Signalisation war klar und verständlich. Die Bedeutung der ausnahmsweise erlaubten Zufahrt für Taxis im Unterschied zur (verbotenen) direkten Durchfahrt war vor Ort ohne besonderen Interpretationsbedarf erkennbar. Der Beschwerdegegner missachtete somit das zeitlich beschränkte und allgemein verständliche Fahrverbot. Das ihn frei sprechende Urteil der Vorinstanz verletzt Bundesrecht.
 
3.
 
Die Beschwerde ist gutzuheissen. Der Beschwerdeführerin steht keine Entschädigung zu (Art. 278 Abs. 3 BStP). Der Beschwerdegegner hat keine Vernehmlassung eingereicht und keine Anträge gestellt, weshalb praxisgemäss keine Kosten zu erheben sind.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 28. Dezember 2004 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
 
2.
 
Es werden keine Kosten erhoben.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 2. Mai 2005
 
Im Namen des Kassationshofes
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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