BGer C 82/2005 | |||
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BGer C 82/2005 vom 20.06.2005 | |
Eidgenössisches Versicherungsgericht
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Tribunale federale delle assicurazioni
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Tribunal federal d'assicuranzas
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Sozialversicherungsabteilung
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des Bundesgerichts
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Prozess
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{T 7}
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C 82/05
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Urteil vom 20. Juni 2005
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IV. Kammer
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Besetzung
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Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiberin Polla
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Parteien
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Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Solothurn, Untere Sternengasse 2, 4500 Solothurn, Beschwerdeführer,
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gegen
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K.________, 1952, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwältin und Notarin Sabine Steiger-Sackmann, Dornacherstrasse 10, 4603 Olten
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Vorinstanz
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Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn
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(Entscheid vom 1. Februar 2005)
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Sachverhalt:
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A.
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Die 1952 geborene K.________ war als kaufmännische Angestellte teilzeitlich sowohl in der Einzelfirma ihres Ehemannes, der Baukeramik X.________ als auch in der Privatschule tätig. Auf den 23. und 31. Januar 2004 beendete sie die Arbeitsverhältnisse und meldete sich am 17. Februar 2004 zum Leistungsbezug bei der Arbeitslosenversicherung an. Mit Verfügung vom 6. April 2004 setzte die Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Solothurn den versicherten Verdienst einzig auf der Basis der Entlöhnung bei der Privatschule auf Fr. 2407.- fest, weil K.________ aufgrund ihrer arbeitgeberähnlichen Stellung bei der Baukeramik X.________ bezüglich dieses Arbeitsverhältnisses nicht anspruchsberechtigt sei. Wiedererwägungsweise verneinte die Kasse daraufhin zwar die arbeitgeberähnliche Stellung ab 16. Juni 2004, da K.________ aber eine tatsächlich erfolgte Lohnzahlung durch die Einzelfirma nicht beweisen könne, bleibe es beim auf Fr. 2407.- festgelegten versicherten Verdienst (Verfügung vom 21. Juli 2004). Die hierauf erfolgte Einsprache hiess das Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) teilweise gut, indem es den Lohnfluss als hinreichend bewiesen erachtete, jedoch anstellte der als Monatsverdienst angegebenen Fr. 3000.- einen orts- und branchenüblichen Lohn anrechnete, woraus es einen versicherten Verdienst von Fr. 3939.- ermittelte (Einspracheentscheid vom 27. August 2004).
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B.
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Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn gut, indem es bei der Bestimmung des versicherten Verdienstes den ganzen bei der Baukeramik X.________ erzielten Verdienst von Fr. 3000.- mit berücksichtigte (Entscheid vom 1. Februar 2005).
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C.
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Das AWA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei der versicherte Verdienst unter Berücksichtigung eines Bruttoeinkommens ab 1. September 2003 von total Fr. 4424.- festzulegen.
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K.________ lässt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen sowie um unentgeltliche Rechtspflege ersuchen. Das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichtet auf eine Stellungnahme.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
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1.
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1.1 Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts (vgl. BGE 129 V 4 Erw. 1.2, 169 Erw. 1, 356 Erw. 1, je mit Hinweisen) ist das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000, mit welchem zahlreiche Bestimmungen im Arbeitslosenversicherungsbereich geändert worden sind, vorbehältlich abweichender Regelungen des AVIG (Art. 2 ATSG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 AVIG) auf den hier zu beurteilenden Fall anwendbar.
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1.2 Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze über die Festlegung des versicherten Verdienstes anhand des massgebenden Lohnes im Sinne der Gesetzgebung der Alters- und Hinterlassenenversicherung (Art. 23 Abs. 1 AVIG) korrekt dargelegt. Dasselbe gilt für den Bemessungszeitraum des versicherten Verdienstes (Art. 37 AVIV). Darauf wird verwiesen.
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2.
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2.1 Streitig und zu prüfen ist, ob bei der Bemessung des versicherten Verdienstes das bei der Baukeramik X.________ erzielte Einkommen in voller Höhe von Fr. 3000.- zu berücksichtigen ist, wie dies die Vorinstanz erkannt hat. Obwohl die Beschwerdegegnerin zwar die rechtsprechungsgemäss grundsätzlich erforderlichen Belege für eine Lohnüberweisung (Post- oder Bankkontoauszüge oder Quittungen für Lohnzahlungen; ARV 2004 S. 115) nicht beibringen konnte, hielt die Arbeitslosenkasse den Lohnfluss als rechtsgenüglich bewiesen, sodass sie vom AHV-pflichtigen Lohn ausging, wie er dem individuellen Konto zu entnehmen ist. Nichts anderes ergab die durch das kantonale Gericht anlässlich der Instruktionsverhandlung vom 25. Januar 2005 vorgenommene Befragung des Ehemanns und dessen für die Auszahlung der Löhne verantwortlichen Tochter als Zeugen. Der effektive Bezug dieses Lohnes in bar ist daher zu Recht nicht mehr streitig.
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2.2 Die Vorinstanz gelangte zum Schluss, mit Blick auf die Tätigkeit als Buchhaltung führende Chefsekretärin sei der ausbezahlte Lohn von Fr. 3000.- für ein (nach Aufnahme der zweiten Tätigkeit bei der Privatschule stillschweigend vereinbarten) Pensum von 50 % nicht übersetzt. Dass die Versicherte gegen Ende des Arbeitsverhältnisses lediglich noch 10 bis 15 Stunden wöchentlich für den Betrieb gearbeitet habe, stelle zwar Vertragsbruch dar, sei aber für die Ermittlung des versicherten Verdienstes nicht relevant, weshalb der für ein 50%iges Pensum gedachte Lohn in ganzer Höhe zu berücksichtigen sei.
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2.3 In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wendet das AWA ein, die jeweils monatlich erhaltende Leistung von Fr. 3000.- stelle nicht nur Lohn im Sinne eines Entgelts für geleistete Arbeit dar. Spätestens ab 1. September 2003 habe die Versicherte lediglich im Umfang von wöchentlich 10 bis 15 Stunden in der Firma ihres Ehemannes gearbeitet. Bei einem - gemäss kantonalem Gericht - angemessenen Verdienst von Fr. 3000.- für ein halbes Arbeitspensum, ergebe dies konsequenterweise bei geleisteten 10 bis 15 Stunden wöchentlich und einer betriebsüblichen Arbeitszeit von 44 Stunden einen Bruttolohn von Fr. 2045.45.-, welcher zum Einkommen aus der Tätigkeit bei der Privatschule von Fr. 2379.- hinzuzurechnen sei, weshalb sich der versicherte Verdienst ab 1. September 2003 gestützt auf ein Einkommen von Fr. 4424.45 ergäbe.
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2.4
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2.4.1 Nach Gesetz und Rechtsprechung ist bei der Ermittlung des versicherten Verdienstes grundsätzlich von den tatsächlichen Lohnbezügen auszugehen. Von dieser Regelung im Einzelfall abzuweichen rechtfertigt sich nur dort, wo ein Missbrauch im Sinne der Vereinbarung fiktiver Löhne, welche in Wirklichkeit nicht zur Auszahlung gelangt sind (vgl. ARV 1995 Nr. 15 S. 81 Erw. 2c), praktisch ausgeschlossen werden kann. Eine restriktive Haltung dergestalt, dass bei der Ermittlung des versicherten Verdienstes nur in begründeten Ausnahmefällen auf die Lohnabrede zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer abzustellen ist, erscheint auch aus gesetzessystematischen Gründen als geboten. (BGE 128 V 190 Erw. 3/aa mit Hinweis).
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2.4.2 Eine Besonderheit besteht dort, wo der im Beruf oder Gewerbe des andern mitarbeitende Ehegatte für diese Tätigkeit Anspruch auf angemessene Entschädigung nach Art. 165 Abs. 1 ZGB hat. Diesfalls bemisst sich der versicherte Verdienst nach der allenfalls gerichtlich festzulegenden Höhe der Entschädigungsforderung (vgl. ARV 1999 Nr. 21 S. 116 ff. Erw. 2). Nach Art. 165 Abs. 3 ZGB besteht aber kein Entschädigungsanspruch gestützt auf Art. 165 Abs. 1 ZGB, wenn der Beitrag des Ehegatten an den Unterhalt der Familie in Form der Mitarbeit im Beruf oder Gewerbe des andern seinen Rechtsgrund u.a. in einem Arbeitsvertrag hat, was vorliegend zu bejahen ist.
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2.5 Ist erstellt, dass die Beschwerdegegnerin tatsächlich monatlich Fr. 3000.- als Lohn erhalten hat und keine Besonderheit vorliegt, um nicht auf die tatsächlichen Lohnbezüge innerhalb des Bemessungszeitraumes abzustellen, besteht für die Herabsetzung eines allenfalls übersetzten Einkommens kein Raum, da die Arbeitslosenversicherungsgesetzgebung ein solches Instrument zur Herabsetzung des für den versicherten Verdienst massgebenden Lohnes nicht kennt. Bei einem hinsichtlich beruflicher Qualifikation und ausgeübter Tätigkeit - beispielsweise wegen einer nicht orts- und branchenüblichen Entlöhnung - hoch ausgefallenen versicherten Verdienstes, was die Vermittlung einer zumutbaren Arbeit erschwert, besteht einzig die Möglichkeit, mit Zustimmung der tripartiten Kommission ausnahmsweise eine Arbeit für zumutbar zu erklären, deren Entlöhnung weniger als 70 % des versicherten Verdienstes beträgt (Art. 16 Abs. 2 lit. i AVIG). Die Höhe des versicherten Verdienstes wird dadurch, wie dargelegt, aber nicht tangiert. Der vorinstanzliche Entscheid hält demgemäss Stand.
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3.
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Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von den Gerichtskosten ist daher gegenstandslos. Dem Prozessausgang entsprechend hat die Beschwerdegegnerin Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 159 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 135 OG), weshalb das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung ebenfalls gegenstandslos ist.
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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1.
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Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3.
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Das Amt für Wirtschaft und Arbeit hat der Beschwerdegegnerin für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 1000.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
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4.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, der Öffentlichen Arbeitslosenkasse des Kantons Solothurn und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
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Luzern, 20. Juni 2005
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Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
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Der Präsident der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
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