BGer 2P.155/2005 | |||
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BGer 2P.155/2005 vom 21.06.2005 | |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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2P.155/2005 /kil
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Urteil vom 21. Juni 2005
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II. Öffentlichrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Merkli, Präsident,
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Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
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Gerichtsschreiber Feller.
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Parteien
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X.________,
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Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
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Peter Wicki,
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gegen
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Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern, Bahnhofstrasse 15, Postfach 4168, 6002 Luzern.
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Gegenstand
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Art. 5, 9 und 29 BV (Nichterteilung einer Aufenthaltsbewilligung im Rahmen des Familiennachzugs),
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Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Justiz- und Sicherheitsdepartements des Kantons Luzern vom 29. April 2005.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Das Amt für Migration des Kantons Luzern wies am 15. Dezember 2004 ein Gesuch von X.________, Staatsangehöriger von Serbien-Montenegro, um Familiennachzug für seine Ehefrau und vier Kinder ab. Da der Briefträger X.________ nicht antraf und ihm die Verfügung nicht aushändigen konnte, legte er ihm am 17. Dezember 2004 eine Abholungseinladung in den Briefkasten. Die Sendung wurde schliesslich am 6. Januar 2005 dem Bruder von X.________ übergeben. Am 26. Januar 2005 reichte X.________ durch seinen Rechtsvertreter beim Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern eine Verwaltungsbeschwerde gegen die Verfügung des Amtes für Migration ein. Das Departement trat am 29. April 2005 auf die Beschwerde nicht ein, weil diese verspätet eingereicht worden sei und auch kein Fristwiederherstellungsgrund vorliege.
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Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 2. Juni 2005 beantragt X.________ dem Bundesgericht im Wesentlichen, den Nichteintretensentscheid des Departements aufzuheben und dieses anzuweisen, auf die Verwaltungsbeschwerde vom 26. Januar 2005 einzutreten. Gerügt wird Rechtsverweigerung, Rechtsverzögerung, überspitzter Formalismus, Verletzung des rechtlichen Gehörs und Willkür.
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Das Justiz- und Sicherheitsdepartement hat die kantonalen Akten eingereicht. Ein Schriftenwechsel ist nicht angeordnet worden. Das Urteil ergeht im vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG).
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2.
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2.1 Das Justiz- und Sicherheitsdepartement listet in E. 3.2 und 3.3 die Vorkehrungen auf, die der Beschwerdeführer bisher im Hinblick auf den Nachzug seiner Familie getroffen hat und in welcher Form die zahlreichen Gesuche von den Behörden behandelt worden sind. Seine Folgerung, dass der Beschwerdeführer anfangs Oktober 2004 ein neues Gesuch gestellt hat, liegt auf der Hand. Was der Beschwerdeführer dazu weitschweifig ausführt, ist nicht nachvollziehbar und erst recht in keiner Weise geeignet, diese Folgerung als willkürlich oder sonstwie verfassungswidrig erscheinen zu lassen; offensichtlich ins Leere stösst damit im Zusammenhang mit dem vorliegenden Verfahren der Rechtsverzögerungsvorwurf. Die seit Jahren dauernden Auseinandersetzungen des Beschwerdeführers und seiner Familie mit dem Amt für Migration sind für die zu beurteilende Frage, ob der angefochtene Nichteintretensentscheid verfassungsmässige Rechte verletze, ohne Belang. Es ist für das Folgende davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer anfangs Oktober 2004 ein eigenständiges Verfahren anhängig gemacht und ein neues Prozessrechtsverhältnis begründet hat; sein prozessuales Verhalten ist an dieser Vorgabe zu messen.
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2.2 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung haben Parteien nach Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses gestützt auf den Grundsatz von Treu und Glauben die Pflicht, dafür zu sorgen, dass ihnen behördliche Akte wie Verfügungen, Entscheidungen und andere massgebliche Mitteilungen des Gerichts zugestellt werden können. In den auf die Einleitung des Prozesses folgenden Wochen muss mit der Zustellung eines behördlichen Aktes mit grosser Wahrscheinlichkeit gerechnet werden. Die angerufene Behörde darf dabei erwarten, dass die Zustellung an einer vorbehaltlos mitgeteilten Adresse erfolgen kann. Hält sich die Partei nicht dort auf, ist sie verpflichtet, alles vorzukehren, um die Entgegennahme behördlicher Sendungen sicherzustellen. Kann die Zustellung an der angegebenen Adresse nicht erfolgen, wird fingiert, dass die Sendung dem Empfänger sieben Tage (übliche Abholungsfrist für eingeschriebene Postsendungen) nach dem erfolglosen Zustellungsversuch zugekommen ist (vgl. BGE 127 I 31 E. 2a/aa S. 34; 123 III 492; 115 Ia 12 E. 2 S. 13 ff.; 107 V 187 E. 2 S. 189 f.). Es ist verfassungsrechtlich zulässig, diese Grundsätze selbst dann anzuwenden, wenn die Post von sich aus eine längere Abholungsfrist gewährt (BGE 127 I 31 E. 2b S. 34 f.). Wird gestützt auf eine Zustellungsfiktion im beschriebenen Sinn ein Nichteintretensentscheid wegen verspäteter Einreichung eines Rechtsmittels gefällt, verletzt dies weder das Rechtsverweigerungsverbot noch ist dies überspitzt formalistisch.
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Nach Darstellung im angefochtenen Entscheid stimmt die Rechtsprechung der Luzerner Behörden zur Frage der Zustellungsfiktion mit der eben beschriebenen bundesgerichtlichen Rechtsprechung überein. Dass dies im Lichte kantonalrechtlicher Normen verfassungsrechtlich nicht zulässig wäre, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf.
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2.3 Vorliegend verhält es sich so, dass der Beschwerdeführer zur Zeit, als die Verfügung des Amtes für Migration hätte zugestellt werden sollen, landesabwesend war. Am 17. Dezember 2005 wurde ihm daher eine Abholungseinladung in den Briefkasten gelegt. Gemäss der Bestätigung seines Bruders vom 13. April 2005 hat dieser über Weihnachten/Neujahr 2004/2005 jeweils den Briefkasten des Beschwerdeführers geleert. Dabei hat er noch im Laufe des Monats Dezember 2004 eine Abholungseinladung für die Verfügung des Amtes für Migration vorgefunden; die Post händigte ihm aber mangels Vollmacht die entsprechende Sendung nicht aus; er nahm die Verfügung erst am 6. Januar 2005 gestützt auf eine Vollmacht des Beschwerdeführers in Empfang, die ihm dieser gleichentags gefaxt hatte.
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Damit steht fest, dass der Beschwerdeführer der ihm durch die Begründung des Prozessrechtsverhältnisses entstandenen Verfahrenspflicht, die Zustellung von behördlichen Mitteilungen zu ermöglichen, nicht nachgekommen ist. Diese hätte geboten, dass er entweder das Migrationsamt über eine vorübergehende, zeitlich begrenzte Abwesenheit informierte oder aber dem ohnehin mit der Leerung des Briefkastens betrauten Bruder zum Voraus eine Vollmacht zur Entgegennahme von Einschreibesendungen erteilte. Dass Letzteres ein Leichtes gewesen wäre, zeigt der Umstand, dass er eine solche Vollmacht am 6. Januar 2005 selbst vom Ausland aus ohne weiteres erteilte. Schon allein aus diesem Grunde ist nicht ersichtlich, inwiefern die Zustellungsfiktion gegen verfassungsmässige Rechte verstossen sollte. Insbesondere ist unerfindlich, was der Beschwerdeführer in dieser Hinsicht geltend machen will, wenn er der Post vorhält, sie hätte die Sendung nicht länger als sieben Tage zurückbehalten dürfen.
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Im Übrigen ist, auch in Berücksichtigung der Erklärung vom 13. April 2005, davon auszugehen, dass der Bruder des Beschwerdeführers wusste, dass die Abholungsfrist für die fragliche Sendung bereits im Laufe des Monats Dezember 2004 abgelaufen war. Dieses Wissen ist dem Beschwerdeführer zuzurechnen, nachdem der Bruder seinen Briefkasten in seinem Auftrag überwachte; ob der Beschwerdeführer diese Hintergründe auch dem Rechtsvertreter rechtzeitig schilderte, ist dabei unerheblich. Jedenfalls vermochte unter diesen Umständen die Erkenntnis des Rechtsvertreters, dass die Verfügung am 6. Januar 2005 tatsächlich ausgehändigt worden ist, nicht begründetes Vertrauen entstehen zu lassen, dass der Lauf der Beschwerdefrist erst dannzumal ausgelöst worden sein könnte. Angesichts der gesamten Verfahrensabläufe durfte das Departement annehmen, es liege kein Fristwiederherstellungstatbestand vor.
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2.4 Auch was der Beschwerdeführer sonst vorbringt, genügt nicht, um eine Verfassungsverletzung aufzuzeigen. So liegt insbesondere keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor, wenn das Familiennachzugs-Gesuch unmittelbar durch eine negative Verfügung beantwortet wurde. Die Tatsache, dass in gewissen Fällen einem Gesuchsteller die Möglichkeit eines negativen Entscheids in Aussicht gestellt wird, bedeutet nicht, dass eine derartige Pflicht grundsätzlich von Verfassungs wegen besteht. Die Ausführungen über die Auslegung des kantonalen Rechts (§ 28 des Luzerner Gesetzes vom 3. Juli 1972 über die Verwaltungsrechtspflege, VRPG) sodann sind unerheblich (Beschwerdeschrift Ziff. II.11 S. 16): Die vom Beschwerdeführer dazu zitierte Rechtsprechung beschlägt nicht den vorliegend allein interessierenden Tatbestand der Zustellungsfiktion.
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2.5 Da der Nichteintretensentscheid verfassungsrichterlicher Prüfung standhält, stösst der - ohnehin unzulässige Feststellungsantrag (Ziff. 3) - ins Leere.
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2.6 Soweit auf die Beschwerde eingetreten werden kann, ist sie offensichtlich unbegründet und abzuweisen.
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2.7 Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art. 152 OG). Dementsprechend trägt der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153 OG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht
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im Verfahren nach Art. 36a OG:
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1.
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Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
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3.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'200.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
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4.
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Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 21. Juni 2005
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Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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