BGer 2A.277/2005 | |||
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BGer 2A.277/2005 vom 30.08.2005 | |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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2A.277/2005 /leb
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Urteil vom 30. August 2005
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II. Öffentlichrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Merkli, Präsident,
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Bundesrichter Betschart, Hungerbühler,
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Gerichtsschreiber Klopfenstein.
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Parteien
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X.________ Mobile AG,
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Beschwerdeführerin, vertreten durch
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Rechtsanwalt Roberto Hayer,
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gegen
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Eidgenössische Kommunikationskommission (ComCom), Marktgasse 9, 3003 Bern.
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Gegenstand
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Akteneinsicht,
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Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Verfügung der Eidgenössischen Kommunikationskommission vom 18. April 2005.
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Sachverhalt:
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A.
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Mit Verfügung vom 21. Januar 2001 erteilte die Eidgenössische Kommunikationskommission (ComCom) der X.________ Mobile AG die Konzession Nr. **** "für die Erbringung von Fernmeldediensten über ein landesweites digitales zellulares Mobilfunknetz auf der Basis des UMTS-Standards (...)" zum Zuschlagspreis von Fr. 50'000'000.-- (gemäss Auktion vom 6. Dezember 2000).
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Am 1. September 2004 wurde vom Bundesamt für Kommunikation (Bakom) gegen die X.________ Mobile AG ein Aufsichtsverfahren wegen Nichteinhaltung der Auflagen der UMTS-Konzession eingeleitet. Die X.________ Mobile AG stellte in der Folge am 27. Dezember 2004 bei der ComCom ein Gesuch um Änderung der Konzession. Am 8. März 2005 beantragte sie zudem die Übertragung der Konzession auf eine der drei anderen UMTS-Konzessionärinnen, die Y.________ Mobile AG. Im Zusammenhang mit diesen Verfahren hatte die X.________ Mobile AG am 25. Februar 2005 bei der ComCom und beim Bundesamt für Kommunikation in zwei separaten Rechtsschriften um Einsicht in eine Reihe von Entscheiden und in dazugehörige Verfahrensakten der ComCom sowie in gewisse Akten des Bundesamtes ersucht.
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B.
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Mit Verfügung vom 18. April 2005 stellte die Eidgenössische Kommunikationskommission zunächst fest (S. 2), im Gegensatz zur X.________ Mobile AG, welche den Netzaufbau im Berichtszeitraum nicht vorangetrieben bzw. weder Netzelemente in Betrieb genommen noch Standorte erschlossen habe, hätten die drei anderen Konzessionärinnen die Versorgungsvorgaben erfüllt. Gegen die X.________ Mobile AG sei deshalb ein Aufsichtsverfahren eröffnet worden.
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Sodann erwog die Kommission (S. 5), sie sei gestützt auf Art. 57 Abs. 2 des Fernmeldegesetzes vom 30. April 1997 (FMG; SR 784.10) dem Bundesamt für Kommunikation gegenüber weisungsberechtigt. Sie sei damit auch für die Beurteilung der vorliegend an das Bakom gerichteten Akteneinsichtsgesuche zuständig.
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In materieller Hinsicht hiess die Kommission die Einsichtsgesuche in Bezug auf bestimmte Akten gut und wies sie im Übrigen ab. Sie erwog im Wesentlichen, die Gesuchstellerin habe keinen Anspruch auf Einsicht in den vollständigen Wortlaut bzw. in die Vorakten eines Entscheides der ComCom vom 10. Juli 2000 betreffend die Übertragung einer WLL-Funkkonzession (Antrag a), hingegen dürfe sie in die Akten des Entscheides vom 26. August 1999 betreffend die Ausschreibung und die Vergabe von vier landesweiten UMTS-Konzessionen Einsicht nehmen (Antrag b). Kein Anspruch auf Einsicht bestehe im Falle des Entscheides vom 30. November 2000 betreffend den Abbruch der Auktion zur Vergabe von GSM-Frequenzen (Antrag c), ebenso wenig in den Fällen der Entscheide vom 30. November 2000 betreffend die Durchführung der UMTS-Auktion (Antrag d), vom 2. November 2004 betreffend die Vergabe von Restfrequenzen (Antrag e), vom 6. November 2003 bezüglich des Entzugs einer WLL-Konzession (Antrag f), vom 18. Dezember 2003 betreffend die Erteilung von zwei GSM-Mobilfunkkonzessionen (Antrag g), und vom 25. Juni 2002 betreffend die Änderungen der UMTS-Konzessionsbedingungen bzw. Mobilfunkkonzessionen der übrigen Mobilfunkkonzessionäre (Antrag h). Falls die Gesuchstellerin in diesen Fällen hingegen Einsicht in eigene Angaben, in ihre eigenen als Beweismittel eingereichten Urkunden und in die ihr eröffneten Verfügungen nehmen möchte, könne ihr dies nicht verweigert werden.
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In Bezug auf die Einsichtsgesuche, die die X.________ Mobile AG an das Bundesamt für Kommunikation gerichtet hatte, erwog die Kommunikationskommunikation im Wesentlichen, nicht einsehbar für die Gesuchstellerin seien - abgesehen vom Anspruch auf Einsicht in eigene Angaben - die Akten der Untersuchung des Bakom betreffend die Einhaltung der UMTS-Konzessionsbedingungen und Versorgungsauflagen durch die UMTS-Mobilfunkkonzessionäre (Antrag a), zumal kein konkreter Verdacht auf Ungleichbehandlung geltend gemacht werden könne und die vier UMTS-Konzessionen mit Ausnahme der Frage des National Roaming auf GSM-Netzen gleich ausgestaltet seien. Anspruch auf Einsicht habe die Gesuchstellerin hingegen in die Akten des gegen sie selbst am 1. September 2004 eröffneten Aufsichtsverfahrens (Antrag b) sowie in die Verfahrensakten betreffend die Änderungen der UMTS-Konzessionsbedingungen, eingeleitet durch das Gesuch vom 27. Dezember 2004 (Antrag c).
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Die Eidgenössische Kommunikationskommission verfügte gestützt auf diese Erwägungen, die Gesuchstellerin erhalte - unter Ausnahme von internen Akten sowie von Akten, die andere Konzessionärinnen beträfen - die bei der ComCom mit den Anträgen b und h sowie die beim Bakom mit den Anträgen a, b und c verlangte Akteneinsicht. Im Übrigen wies sie die Anträge ab.
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C.
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Mit Eingabe vom 2. Mai 2005 führt die X.________ Mobile AG Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht mit dem Antrag, die Verfügung der Eidgenössischen Kommunikationskommission vom 18. April 2005 aufzuheben, soweit damit das beim Bundesamt für Kommunikation gestellte Einsichtsgesuch 1a abgewiesen und soweit von der ComCom festgestellt werde, die übrigen Konzessionäre hätten die Versorgungsvorgaben erfüllt. Es sei ihr Einsicht in die betreffenden Akten des Bakom zu gewähren, eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die ComCom zurückzuweisen.
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Die Eidgenössische Kommunikationskommission (ComCom) beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten, sie eventuell abzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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1.1 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist gegen Verfügungen zulässig, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen oder hätten stützen sollen und von einer der in Art. 98 des Bundesrechtspflegegesetzes (OG, SR 173.110) genannten Vorinstanzen ausgehen; zudem darf ihr keiner der in Art. 99 ff. OG oder in der Spezialgesetzgebung vorgesehenen Ausschlussgründe entgegenstehen (Art. 97 in Verbindung mit Art. 5 VwVG [SR 172.021]). Gegen Zwischenentscheide ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig, sofern dieses Rechtsmittel auch gegen den Endentscheid offen steht (vgl. Art. 101 lit. a OG) und dem Betroffenen ein nicht wieder gutzumachender Nachteil droht (Art. 97 OG in Verbindung mit Art. 5 und Art. 45 Abs. 1 VwVG). Diese Voraussetzung gilt auch für die in Art. 45 Abs. 2 VwVG als selbständig anfechtbar bezeichneten Zwischenverfügungen (BGE 127 II 132 E. 2a S. 136; 125 II 613 E. 2a S. 619 f.). Der Nachteil muss nicht rechtlicher Natur sein; die Beeinträchtigung in schutzwürdigen tatsächlichen, insbesondere auch wirtschaftlichen Interessen genügt, sofern der Betroffene nicht nur versucht, eine Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens zu verhindern (BGE 130 II 149 E. 1.1 S. 153; 127 II 132 E. 2a S. 136; 125 II 613 E. 2a S. 620; 120 Ib 97 E. 1c S. 99 f., vgl. u.a. auch Alfred Kölz/Isabelle Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Auflage 1998, N. 516 mit Hinweisen).
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1.2
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1.2.1 Bei der angefochtenen Verfügung über die Akteneinsicht handelt es sich um einen Zwischenentscheid, der als solcher zum Vornherein nur dann der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterliegen kann, wenn dieses Rechtsmittel auch gegen den Endentscheid zulässig ist (vgl. E. 1.1). Das streitige Akteneinsichtsgesuch bezieht sich auf konzessions- und aufsichtsrechtliche Verfahren, in denen - als Folge der Nichteinhaltung von Konzessionsauflagen - als Endentscheid eine der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht unterliegende Anordnung ergehen könnte (Änderung oder Widerruf der Konzession). Der Ausschlussgrund von Art. 99 Abs. 1 lit. d OG käme in einem solchen Fall nicht zum Tragen (vgl. auch Art. 61 FMG). Insofern können auch die in diesem Verfahren ergehenden Zwischenverfügungen diesem Rechtsmittel unterliegen. Sodann ist die für die Anfechtung von Zwischenentscheiden geltende kürzere Rechtsmittelfrist von zehn Tagen (Art. 106 Abs. 1 OG) vorliegend eingehalten.
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1.2.2 Für die Anfechtbarkeit des streitigen Zwischenentscheides fehlt es jedoch an der Voraussetzung des drohenden unheilbaren Nachteils (vgl. zur Handhabung dieses Erfordernisses bei Verfügungen über die Akteneinsicht Urteil 2A.691/2004 vom 17. Mai 2005, E. 1.2.2, mit Hinweisen). Was die Beschwerdeführerin diesbezüglich vortragen lässt (vgl. Ziff. 8 - 14 der Beschwerdeschrift sowie S. 1 und 2 des Gesuchs vom 19. August 2005 um Anordnung eines zweiten Schriftenwechsels), ist nicht geeignet, das Vorliegen eines drohenden unheilbaren Nachteils bzw. ein qualifiziertes schutzwürdiges Interesse an der sofortigen gesonderten Überprüfung der angefochtenen Zwischenverfügung über den Umfang der zu gewährenden Akteneinsicht darzutun:
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Soweit sich die Beschwerdeführerin auf die ihr durch das eröffnete Aufsichtsverfahren verursachten "erheblichen Rechtsvertreter- und Beraterkosten" beruft, droht ihr nach dem Gesagten (vgl. E. 1.1, am Ende) kein unheilbarer Nachteil. Des weiteren vermag auch der behauptete "Imageschaden", den die Beschwerdeführerin durch das gegen sie eröffnete Verfahren erleiden soll, noch kein qualifiziertes Interesse an einer sofortigen Beurteilung zu begründen. Ebenso wenig stichhaltig erscheint das Argument, dass die Beschwerdeführerin, anders als die übrigen Konzessionärinnen, keine Einnahmen aus der Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen erziele und im Gegensatz zu den anderen Konzessionärinnen, welche ungestört ihre Aufbauarbeiten fortsetzen könnten, mit einem Aufsichtsverfahren und entsprechenden Anfragen von Medienunternehmen konfrontiert sei. Dass die Beschwerdeführerin bei der Ausnützung der Konzession ins Hintertreffen geraten ist, ist nicht die Folge der vorliegenden Verfahren, sondern hat diese erst ausgelöst.
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Dass die Vorinstanz ihren Entscheid über die Akteneinsicht auf tatsächliche Annahmen stützt (Fehlen konkreter Anhaltspunkte für eine Ungleichbehandlung), welche von der Beschwerdeführerin bestritten werden, vermag die Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde ebenfalls nicht zu begründen; die Beschwerdeführerin kann diesbezügliche Rügen ohne Risiko eines unheilbaren Nachteils auch noch im Anschluss an den Endentscheid vorbringen. Ihrem Gesuch, es sei ihr zur Beantwortung von in der Vernehmlassung der Vorinstanz enthaltenen neuen tatsächlichen und rechtlichen Vorbringen eine Replikmöglichkeit einzuräumen, ist nicht zu entsprechen.
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Die Beschwerdeführerin macht ferner geltend, es drohe ihr, falls ihr Akteneinsichtsrecht erst im Anschluss an den Endentscheid der Eidgenössischen Kommunikationskommission erfüllt werde, ein unheilbarer Nachteil dadurch, dass das Bundesgericht diesen Entscheid nur mit Zurückhaltung überprüfen werde und ihr damit im Ergebnis eine Instanz verloren gehe. Dem ist entgegenzuhalten, dass das Bundesgericht den Entscheid der Eidgenössischen Kommunikationskommission - bei der es sich nicht um eine richterliche Behörde im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG handelt - nicht bloss in rechtlicher Hinsicht, sondern auch bezüglich der Sachverhaltsermittlung frei überprüfen kann (Urteil 2A.587/2003 vom 1. Oktober 2004, E. 3.2). Dass das Bundesgericht bei der Würdigung technischer oder anderer Fachfragen Zurückhaltung übt, trifft zwar zu (erwähntes Urteil, E. 3.5). Dies hat aber zugleich zur Folge, dass das Bundesgericht bei Verletzung des rechtlichen Gehörs - zum Beispiel durch ungenügende Gewährung der Einsicht in relevante Akten - in der Regel keinen eigenen Sachentscheid fällt, sondern die Angelegenheit zur verbesserten Sachverhaltsabklärung und Gewährung des rechtlichen Gehörs an die Vorinstanz zurückweist (vgl. Art. 114 Abs. 2 OG). Der durch die Verweigerung der Akteneinsicht betroffenen Partei droht auch in dieser Hinsicht kein unheilbarer Nachteil.
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2.
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Soweit die Beschwerdeführerin die in den Erwägungen bzw. in der Sachverhaltsdarstellung des angefochtenen Entscheides (S. 2) enthaltene Feststellung anfechten will, wonach die drei anderen Konzessionärinnen die Versorgungsvorgaben erfüllt hätten (vgl. Ziff. 1 des Beschwerdebegehrens), übersieht sie, dass diese Feststellung nicht Gegenstand der streitigen Zwischenverfügung bildet. Sie dient lediglich der Begründung des Entscheides über den Umfang der Akteneinsicht und kann damit keine Rechtskraft beanspruchen. Da der Entscheid über die Akteneinsicht nach dem Gesagten nicht gesondert anfechtbar ist, kann auch die Richtigkeit von Feststellungen, die der Begründung dieses Entscheides dienen, nicht Gegenstand der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde bilden.
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3.
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Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist nicht einzutreten.
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Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und Art. 153a OG). Parteikosten sind keine zu sprechen (Art. 159 Abs. 2 OG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten.
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2.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und der Eidgenössischen Kommunikationskommission (ComCom) schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 30. August 2005
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Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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