VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 1P.547/2005  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 1P.547/2005 vom 10.10.2005
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
1P.547/2005 /gij
 
Urteil vom 10. Oktober 2005
 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Féraud, Präsident,
 
Bundesrichter Nay, Eusebio,
 
Gerichtsschreiber Forster.
 
Parteien
 
X.________, zzt. in Untersuchungshaft, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Caterina Nägeli,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland, Hermann Götz-Strasse 24, Postfach, 8401 Winterthur,
 
Bezirksgericht Dielsdorf, Haftrichter, Spitalstrasse 7, 8157 Dielsdorf.
 
Gegenstand
 
Ausschluss von Haftentlassungsgesuchen,
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen die Verfügung
 
des Bezirksgerichts Dielsdorf, Haftrichter, vom
 
25. August 2005.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Mit Verfügung vom 10. Juni 2005 versetzte der Haftrichter des Bezirksgerichtes Dielsdorf X.________ in Untersuchungshaft. Dem Angeschuldigten wird seitens der Staatsanwaltschaft Winterthur/ Unterland unter anderem massives sogenanntes "Stalking" vorgeworfen (verbunden mit Körperverletzung, Drohung, Nötigung, Hausfriedensbruch sowie Tätlichkeiten). Nach seiner am 12. Juli 2005 antragsgemäss verfügten Haftentlassung wurde der Angeschuldigte mit haftrichterlicher Verfügung vom 20. Juli 2005 erneut inhaftiert. Ein von X.________ am 4. August 2005 eingereichtes Haftentlassungsgesuch wies der Haftrichter mit Verfügung vom 12. August 2005 ab; gleichzeitig bewilligte der Haftrichter die Fortdauer der Untersuchungshaft bis zum 26. August 2005.
 
B.
 
Mit Begehren vom 18. August 2005 beantragte der Angeschuldigte erneut seine Haftentlassung. Am 25. August 2005 erliess der Haftrichter des Bezirksgerichtes Dielsdorf folgenden Entscheid:
 
1. Das Haftentlassungsgesuch wird abgewiesen.
 
2. Die Untersuchungshaft wird fortgesetzt, und der Angeschuldigte wird zur stationären psychiatrischen Begutachtung in eine psychiatrische Klinik eingewiesen.
 
3. Es wird solange kein neues Haftentlassungsgesuch zugelassen, als nicht ein abschliessendes klärendes Gutachten im Hinblick auf den Geisteszustand und die Gefährlichkeit des Angeschuldigten vorliegt."
 
C.
 
Gegen den haftrichterlichen Entscheid gelangte X.________ mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 9. September 2005 an das Bundesgericht. Er beantragt, "die Ziffer 3 der Verfügung des Haftrichters des Bezirkes Dielsdorf vom 25. August 2005 sei aufzuheben".
 
D.
 
Die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland und der kantonale Haftrichter beantragen mit Stellungnahmen vom 15. bzw. 19. September 2005 je die Abweisung der Beschwerde. Am 28. September 2005 verzichtete der Beschwerdeführer auf eine Replik.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Der Beschwerdeführer beantragt allein die Aufhebung von Ziffer 3 des Dispositives des angefochtenen Entscheides (Beschränkung von neuen Haftentlassungsgesuchen). Durch den Ausschluss von neuen Haftentlassungsgesuchen (bis zum Eintreffen eines weiteren "abschliessenden" psychiatrischen Gutachtens) wird der inhaftierte Beschwerdeführer in seinen von Art. 31 Abs. 4 BV geschützten prozessualen Rechten direkt und unmittelbar betroffen, weshalb er zur Beschwerde legitimiert ist (Art. 88 OG).
 
2.
 
Im angefochtenen Entscheid wird die angeordnete prozessuale Sperrfrist für neue Haftentlassungsgesuche wie folgt begründet: Zwar liege ein "Gefährlichkeitsgutachten vom 25. Juli 2005 der psychiatrischen Klinik Schlössli" vor. Es sei jedoch ein weiteres "detailliertes Gutachten in Bezug auf den Geisteszustand des Angeklagten, insbesondere dessen Zurechnungsfähigkeit" in Bearbeitung. Dieses "dürfte offenbar aber erst Ende September 2005 vorliegen". "Solange nicht ein diese Frage abschliessend klärendes Gutachten" erstellt wurde, müsse "einem weiteren Haftverfahren die Berechtigung abgesprochen werden". Neue Haftprüfungsverfahren würden nach Ansicht des kantonalen Haftrichters "lediglich sämtliche Beteiligten unnötigerweise strapazieren". Daher erscheine es als "angemessen, bis zum Vorliegen eines umfassenden Gutachtens im vorgenannten Sinne kein neues Haftentlassungsgesuch zuzulassen".
 
3.
 
Der Beschwerdeführer rügt, die angefochtene Haftprüfungssperre sei unverhältnismässig und verletze namentlich Art. 5 Ziff. 4 EMRK sowie seinen Anspruch auf "rechtliches Gehör". Die streitige Ausschlussfrist sei zeitlich nicht bestimmt, und es sei "überhaupt nicht absehbar", wann die fragliche Expertise eingehen werde. Zum einen sei durchaus damit zu rechnen, dass sich das Gutachten um weitere "ein bis zwei Monate oder mehr" verzögern könnte. Zum andern erscheine es "möglich, dass dieses" Gutachten (wie schon die Expertise vom 25. Juli 2005) von den kantonalen Behörden erneut "nicht als abschliessend klärendes Gutachten" im Sinne des angefochtenen Entscheides anerkannt würde. Es sei nicht zulässig, "dem Beschwerdeführer auf derart unbestimmte Zeit die richterliche Haftprüfung zu verwehren".
 
4.
 
Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat gemäss Art. 31 Abs. 4 BV das Recht, "jederzeit ein Gericht anzurufen"; dieses entscheidet "so rasch wie möglich" über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs. Das Recht des ohne gerichtliches Urteil Inhaftierten, jederzeit bzw. in vernünftigen Abständen eine richterliche Haftprüfung zu verlangen, gewährleistet einen spezifischen Aspekt der in Art. 10 Abs. 2 BV garantierten persönlichen Freiheit (BGE 126 I 26 E. 2 S. 28 f.; 123 I 31 E. 4c S. 38; 117 Ia 72 E. 1d S. 79, 372 E. 3a S. 375; 116 Ia 60 E. 2 S. 63, je mit Hinweisen). Auch Art. 5 Ziff. 4 EMRK garantiert dem Untersuchungsgefangenen das Recht, ein Verfahren zu beantragen, in dem von einem Gericht "ehetunlich über die Rechtmässigkeit der Haft entschieden" und im Falle der Widerrechtlichkeit seine Entlassung angeordnet wird.
 
5.
 
Einschränkungen der in Art. 31 Abs. 4 BV bzw. Art. 5 Ziff. 4 EMRK gewährleisteten prozessualen Grundrechte der Inhaftierten sind zulässig, wenn sie eine gesetzliche Grundlage haben, im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sind sowie nicht in den Kerngehalt des Grundrechts eingreifen (Art. 36 BV; vgl. BGE 126 I 26 E. 2 S. 29; 125 I 369 E. 5d S. 379, je mit Hinweisen). § 64 Abs. 1 StPO/ZH bestimmt, dass der Angeschuldigte "jederzeit" ein Gesuch um Aufhebung der Untersuchungshaft stellen kann. "Vorbehalten" wird allerdings § 66 StPO/ZH. Dieser lautet wie folgt:
 
"Der Haftrichter kann bei Anordnung der Untersuchungshaft und bei Abweisung eines Gesuches um Aufhebung der Haft einen Zeitpunkt bestimmen, bis zu welchem kein beziehungsweise kein neues Gesuch zugelassen wird".
 
6.
 
Das Bundesgericht prüft in freier Kognition, ob die dem Inhaftierten (in Art. 31 Abs. 4 BV und Art. 5 Ziff. 4 EMRK) gewährleisteten prozessualen Grundrechte bei der Anwendung des kantonalen Strafverfahrensrechts (insbesondere von § 66 StPO/ZH) verletzt wurden; die Auslegung des kantonalen Prozessrechts erfolgt im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren mit blosser Willkürkognition (BGE 126 I 26 E. 4b S. 30 mit Hinweis).
 
6.1 § 66 StPO/ZH sagt über die zulässige Höchstdauer der Ausschlussfrist für neue Haftentlassungsgesuche nach zürcherischem Strafprozessrecht nichts aus. Auch die Gründe für die Anordnung einer Haftprüfungssperre werden im Gesetz nicht genannt. Der Wortlaut der Bestimmung verlangt jedoch, dass der Haftrichter beim Erlass einer Prüfungssperre "einen Zeitpunkt" bestimmt, bis zu dem die Ausschlussfrist dauern soll. In der einschlägigen Kommentarliteratur wird verlangt, dass "der Anfangs- und der Endzeitpunkt auf den Tag genau fixiert" werden müssen (Andreas Donatsch/Niklaus Schmid, Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Zürich vom 14. Mai 1919, Zürich 1996, § 66 N. 6).
 
6.2 Nach der übereinstimmenden grundrechtlichen Praxis des Bundesgerichtes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) kommt es für die Frage, welche Abstände zwischen periodischen Haftprüfungen als "vernünftig" anzusehen sind, auf die Verhältnisse des konkreten Falles und auf die Besonderheiten der anwendbaren Prozessvorschriften an (BGE 123 I 31 E. 4c S. 38; 130 III 729 E. 2.1.2 S. 731; Urteile des EGMR vom 15. November 1996 i.S. Silva Rocha, Rec. 1996-V, S. 1913, vom 25. Oktober 1989 i.S. Bezicheri, EGMR Série A, vol. 164, Ziff. 21 = EuGRZ 1989 S. 116, vom 28. Mai 1985 i.S. Ashingdane, EGMR Série A, vol. 93, Ziff. 52 = EuGRZ 1986, S. 11, vom 23. Februar 1984 i.S. Luberti, EGMR Série A, vol. 75, Ziff. 31 = EuGRZ 1985, S. 645, sowie vom 24. Juni 1982 i.S. Droogenbroeck, EGMR Série A, vol. 50, Ziff. 45 = EuGRZ 1984, S. 6 ff.).
 
Gemäss dieser Rechtsprechung ist die Ansetzung einer Sperr- bzw. Ausschlussfrist von einem Monat für die Einreichung neuer Haftentlassungsgesuche grundsätzlich zulässig (BGE 126 I 26 E. 2 S. 28; 123 I 31 E. 4c-d S. 37 ff., je mit Hinweisen). Zwar schliesst § 66 StPO/ZH auch längere Prüfungssperren nicht aus. Sperrfristen zwischen einem und (höchstens) drei Monaten sind jedoch nur ausnahmsweise zulässig, falls den sich wandelnden tatsächlichen Verhältnissen (mit Blick auf die Haftgründe oder die Haftdauer) auch so ausreichend Rechnung getragen werden kann (BGE 126 I 26 E. 2 S. 28; vgl. auch Donatsch/ Schmid, a.a.O., § 66 N. 8 f.; Marc Forster, Rechtsschutz bei strafprozessualer Haft, SJZ 94 [1998] 1 ff., S. 36). Im Gegensatz etwa zum Fürsorgerischen Freiheitsentzug von Geisteskranken müssen die Haftprüfungsabstände bei Untersuchungsgefangenen relativ kurz sein (BGE 130 III 729 E. 2.1.2 S. 731; 123 I 31 E. 4c S. 38, je mit Hinweisen).
 
6.3 Nach der Praxis des Bundesgerichtes ist ein Nichtzulassen von rechtsmissbräuchlichen, trölerischen oder zum Vornherein unzulässigen Haftentlassungsgesuchen im Interesse des Funktionierens der Strafjustiz und der Verfahrensökonomie zwar mit Verfassung und EMRK grundsätzlich vereinbar. Dieses Interesse rechtfertigt jedoch keinen pauschalen Ausschluss von sämtlichen Haftentlassungsgesuchen des Angeschuldigten auf unbestimmte Zeit (BGE 126 I 26 E. 2 S. 29; Urteil 1P.182/1994 vom 8. April 1994, E. 3b = EuGRZ 1994 S. 491). In BGE 123 I 31 wurde entschieden, dass es unzulässig ist, eine zweimonatige Ausschlussfrist allein damit zu begründen, der Inhaftierte habe innerhalb eines Monats drei Haftentlassungsgesuche gestellt und damit die Strafuntersuchung unnötig behindert. Diese Begründung nehme keinen Bezug auf den Stand der Strafuntersuchung. Auch lasse sich daraus nicht entnehmen, ob die weiteren noch erforderlichen Untersuchungshandlungen frühestens nach zwei Monaten abgeschlossen sein würden und ob die Haftgründe noch so lange als erfüllt angesehen werden könnten. Eine Sperrfrist von zwei Monaten für die Einreichung eines neuen Gesuchs erweise sich unter diesen Umständen als übersetzt (BGE 123 I 31 E. 4d-e S. 39 f.; 126 I 26 E. 2 S. 28). Der Erlass einer Haftprüfungssperre, die länger als einen Monat dauern soll, setzt grundsätzlich den Eingang von häufigen, missbräuchlichen, trölerischen oder missbräuchlichen Haftentlassungsgesuchen voraus (BGE 126 I 26 E. 4b S. 30-32 mit Hinweisen). Dabei können Haftprüfungsbegehren, die in Abständen von mehr als einem Monat gestellt werden, nicht bloss deswegen als missbräuchlich angesehen werden, weil sie im konkreten Fall keine Aussicht auf Erfolg hatten (BGE 126 I 26 E. 4b/dd S. 32).
 
7.
 
Im vorliegenden Fall hat der kantonale Haftrichter die Dauer der angeordneten Sperrfrist ausschliesslich vom Eintreffen einer weiteren (bzw. einer "abschliessenden klärenden") psychiatrischen Begutachtung abhängig gemacht. Eine zeitliche Befristung wurde weder für die ausstehende Expertise, noch für die damit verknüpfte Dauer der Ausschlussfrist verfügt. Ebenso wenig steht fest, ob die kantonalen Strafjustizbehörden das hängige zweite Gutachten in der Folge als "abschliessend" und "klärend" ansehen werden.
 
7.1 Der Wortlaut von § 66 StPO/ZH verlangt die Festlegung eines "Zeitpunktes", bis zu dem die verfügte Prüfungssperre dauern soll. Grundsätzlich sind sowohl der Anfangs- als auch der Endzeitpunkt der Ausschlussfrist präzise zu datieren (vgl. Donatsch/Schmid, a.a.O., § 66 N. 6). Zumindest muss für den Inhaftierten die Dauer der verfügten Sperrfrist im Zeitpunkt der Verfügung absehbar sein. Eine zeitlich unbestimmte Sperre für neue Haftprüfungen darf sich im Lichte der oben dargelegten Rechtsprechung jedenfalls nicht unverhältnismässig und grundrechtswidrig auswirken. Dabei ist auch der besonderen psychologischen Situation des Untersuchungshäftlings Rechnung zu tragen.
 
Sofern es ausgeschlossen erscheint, dass das hier fragliche Gutachten innert der Frist von - höchstenfalls - drei Monaten seit der letzten Haftprüfung erstellt werden kann, wäre die verfügte Ausschlussfrist apriori verfassungswidrig. Das prozessuale Grundrecht des Inhaftierten, die Rechtmässigkeit der Haft in vernünftigen Abständen prüfen zu lassen (Art. 31 Abs. 4 BV), darf nicht dadurch ausser Kraft gesetzt werden, dass es vom Eingang eines aufwändigen Gutachtens oder von anderen zeitlich weit entfernten Prozesshandlungen abhängig gemacht wird. Selbst wenn das "rechtzeitige" Eintreffen des Gutachtens allenfalls möglich erschiene, hinge die Zulässigkeit der hier verfügten haftprozessualen Sperrfrist faktisch davon ab, wann das Gutachten tatsächlich eintrifft. Eine solche zeitlich unbestimmte Verfügung von Haftprüfungssperren erscheint problematisch, zumal eine Ausschlussfrist von mehr als einem Monat nach der dargelegten Lehre und Praxis nur in besonderen Ausnahmefällen zulässig ist. Selbst in einem Fall, bei dem der Inhaftierte innerhalb eines Monats drei Haftentlassungsgesuche gestellt hatte, erachtete das Bundesgericht den Erlass einer zweimonatigen Prüfungssperre für unverhältnismässig (vgl. BGE 123 I 31 E. 4 S. 37 ff.). Ausschlussfristen zwischen einem und höchstenfalls drei Monaten können nur in Ausnahmefällen zulässig sein (BGE 126 I 26 E. 2 S. 28 mit Hinweisen; vgl. Donatsch/Schmid, a.a.O., § 66 N. 8 f.; Forster, a.a.O, S. 36). Nach Fristablauf ist das Fortbestehen von strafprozessualen Haftgründen nötigenfalls auch ohne (zusätzliches) psychiatrisches Gutachten zu prüfen, nämlich aufgrund der aktuellen Aktenlage.
 
7.2 Im vorliegenden Fall hält die streitige Ziffer 3 des Dispositives des angefochtenen Entscheides vor Art. 31 Abs. 4 BV nicht stand. Entgegen der Prognose des kantonalen Haftrichters liegt das auf Ende September 2005 erwartete Gutachten - auch nach Ablauf von deutlich mehr als einem Monat seit der letzten Haftprüfung - unbestrittenermassen nicht vor. Aufgrund der dem Bundesgericht vorgelegten Akten kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Ausfertigung des Gutachtens noch weitere Wochen beanspruchen wird. Aus den vorliegenden Akten ergeben sich sodann keine Anhaltspunkte dafür, dass die vom Beschwerdeführer bisher gestellten Haftentlassungsgesuche als geradezu rechtsmissbräuchlich oder trölerisch eingestuft werden müssten (vgl. BGE 126 I 26 E. 2 S. 29). Gemäss Sachdarstellung im angefochtenen Entscheid hat der Beschwerdeführer seit seiner Inhaftierung vor vier Monaten drei Haftentlassungsbegehren gestellt (inklusive das vom Haftrichter zuletzt abgewiesene Ersuchen). Rechtsmissbrauch liegt hier um so weniger vor, als das erste Ersuchen immerhin zur zwischenzeitlichen Haftentlassung geführt hat; gestützt auf das Eventualbegehren des zweiten Ersuchens wurde die Haftverlängerung auf 14 Tage eingeschränkt. Im Übrigen ergäbe sich selbst aus einer regelmässigen Abweisung von in vernünftigen Abständen gestellten Haftentlassungsanträgen noch kein Rechtsmissbrauchsvorwurf (BGE 126 I 26 E. 4b/dd S. 32). Zu berücksichtigen ist weiter, dass bereits ein erstes psychiatrisches Gefährlichkeitsgutachten vom 25. Juli 2005 vorliegt, das zumindest eine vorläufige Beurteilung der Haftgründe ermöglicht. Bei den untersuchten "Vergehen" handelt es sich im Übrigen nach Darlegung der kantonalen Behörden auch nicht um einen Fall von besonders schwerer Kriminalität. An die Verhältnismässigkeit und Verfassungskonformität der Haftprüfungsfrist ist daher im vorliegenden Fall (und im Lichte der dargelegten Praxis) ein relativ strenger Massstab anzulegen.
 
7.3 Die streitige prozessuale Sperrfrist in Haftsachen kann bei dieser Sachlage nicht ohne jede zeitliche Beschränkung bis zum unbestimmten Eintreffen des zusätzlich angeordneten psychiatrischen Gutachtens fortdauern. Den kantonalen Strafjustizbehörden bleibt es zwar unbenommen, die Frage der Gefährlichkeit des Angeschuldigten näher psychiatrisch abklären zu lassen. Diese Abklärung vermag jedoch - entgegen der Ansicht des kantonalen Haftrichters - die prozessualen Grundrechte des inhaftierten Beschwerdeführers nicht bis auf Weiteres ausser Kraft zu setzen. Auch der Hinweis des Haftrichters auf § 157 Abs. 2 StPO/ZH vermag daran nichts zu ändern. Wohl sieht diese Bestimmung vor, dass der Angeschuldigte "zur Beobachtung in eine psychiatrische Klinik eingewiesen" werden kann. Gleichzeitig wird aber klar gestellt, dass dabei die "§§ 60-66" StPO/ZH betreffend Haftentlassungsgesuch und Haftprüfung "sinngemäss gelten" und dass der (strafprozessual begründete) Aufenthalt des Angeschuldigten in der psychiatrischen Klinik "der Untersuchungshaft gleichgestellt" ist. Auch der Ansicht des Haftrichters, während einer psychiatrischen Begutachtung könne sich an den Haftgründen oder an der Verhältnismässigkeit der Haftdauer zum Vornherein nichts ändern, kann nicht gefolgt werden.
 
Aus dem Dispositiv und den Erwägungen des angefochtenen Entscheides ergibt sich in aller Deutlichkeit, dass der Haftrichter nicht gewillt ist, vor dem Eintreffen des von den kantonalen Behörden in Auftrag gegebenen neuen (und überdies noch als "abschliessend" einzustufenden) Gutachtens auf weitere Haftentlassungsgesuche einzutreten. Damit wird dem Inhaftierten der in Art. 31 Abs. 4 BV gewährleistete Rechtsweg auf weitere unbestimmte Zeit faktisch abgeschnitten. Ziffer 3 des Dispositives des angefochtenen Entscheides ist daher antragsgemäss aufzuheben. Falls der Haftrichter an einer prozessualen Sperrfrist festhalten will, wird er diese zeitlich zu befristen und die Verhältnismässigkeit ihrer Dauer zu begründen haben. Die im Regelfall zulässige Ausschlussfrist von einem Monat Dauer ist bereits deutlich überschritten. Damit würde es im Lichte der Garantien von Art. 31 Abs. 4 BV für eine weitere Prüfungssperre zeitlich sehr eng. Eine längere Frist wäre nur in besonderen Ausnahmefällen zulässig. Sie dürfte nach der dargelegten Lehre und Praxis jedenfalls nicht pauschal oder gar "routinemässig" angeordnet werden. Eine allfällige Sperrfrist von höchstens bis zu drei Monaten Dauer bildet vielmehr (wie dargelegt) die absolute Obergrenze in sachlich begründeten besonderen Ausnahmefällen.
 
8.
 
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen und Ziffer 3 des Dispositives des angefochtenen Entscheides aufzuheben. Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 156 Abs. 2 OG) und ist dem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer für das Verfahren vor Bundesgericht eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 159 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen, und Ziffer 3 des Dispositives des angefochtenen Entscheides des Haftrichters des Bezirksgerichtes Dielsdorf vom 25. August 2005 wird aufgehoben.
 
2.
 
Es werden keine Kosten erhoben.
 
3.
 
Der Kanton Zürich hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- zu entrichten.
 
4.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland und dem Bezirksgericht Dielsdorf, Haftrichter, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 10. Oktober 2005
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).