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Informationen zum Dokument  BGer 4P.186/2005  Materielle Begründung
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BGer 4P.186/2005 vom 12.10.2005
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
4P.186/2005 /ast
 
Urteil vom 12. Oktober 2005
 
I. Zivilabteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Corboz, Präsident,
 
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss,
 
Gerichtsschreiber Huguenin.
 
Parteien
 
X.________ AG,
 
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Cyrill Egli,
 
gegen
 
A.________,
 
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Marcel Furrer,
 
Arbeitslosenkasse Ob- und Nidwalden, Nebenintervenientin, Postfach, 6052 Hergiswil NW,
 
Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, Postfach, 6002 Luzern.
 
Gegenstand
 
Art. 9 BV (Willkürliche Beweiswürdigung im Zivilprozess),
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, vom 6. Juni 2005.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Am 1. Februar 2002 schloss A.________ (Beschwerdegegner) mit der X.________ AG (Beschwerdeführerin) für die feste Dauer eines Jahres einen Arbeitsvertrag, der sich ohne Kündigung wiederum um die feste Dauer eines Jahres verlängern sollte. Der Beschwerdegegner beteiligte sich zudem mit Fr. 30'000.-- an der Beschwerdeführerin und nahm Ende März 2002 Einsitz in deren Verwaltungsrat. Er wurde im Februar 2003 zum Geschäftsführer befördert und erhielt per Ende März 2003 die Einzelzeichnungsberechtigung. Nachdem es im Frühjahr 2003 zwischen dem Beschwerdegegner und B.________, dem Verwaltungsratspräsidenten und Mehrheitsaktionär der Beschwerdeführerin, zu Differenzen gekommen war, kündigte der Beschwerdegegner am 9. Juli 2003 das Arbeitsverhältnis ordentlich auf den 31. Januar 2004. Ab dem 16. Juli 2003 stellte ihn hierauf die Beschwerdeführerin frei und kündigte das Arbeitsverhältnis am 28. August 2003 fristlos.
 
B.
 
Mit Klage vom 17. September 2003 beantragte der Beschwerdegegner dem Amtsgericht Luzern-Land, die Beschwerdeführerin zu verpflichten, ihm Fr. 42'051.30 (Lohn August 2003 bis Januar 2004 à netto Fr. 7'008.55) nebst 5 % Zins seit 1. September 2003 zu bezahlen. Ferner verlangte er eine angemessene Entschädigung im Sinne von Art. 337c Abs. 3 OR nach richterlichem Ermessen, mindestens jedoch drei Monatslöhne, sowie die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses mit dem von ihm vorgegebenen Wortlaut.
 
Die Arbeitslosenkasse Ob- und Nidwalden hat sich als Nebenintervenientin am kantonalen Verfahren beteiligt. Sie machte geltend, nach Art. 29 AVIG im Umfang ihrer Zahlungen von Fr. 4'713.15 in die strittige Lohnforderung eingetreten zu sein. Um diesen Betrag reduzierte der Beschwerdegegner sein Begehren.
 
Mit Bezug auf das Arbeitszeugnis haben sich die Parteien im Laufe des Verfahrens geeinigt. Die übrigen Forderungen blieben bis auf den von der Beschwerdeführerin anerkannten Betrag von Fr. 2'121.65 streitig.
 
Das Amtsgericht Luzern-Land schützte die Klage mit Urteil vom 12. Juli 2004 im Umfang von Fr. 38'874.45 nebst 5 % Zins seit 1. September 2003. Es kam zum Ergebnis, der Beschwerdegegner habe seine Treuepflichten nicht in einer Weise verletzt, welche die fristlose Auflösung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt hätte. Soweit dem Beschwerdegegner geringfügigere Verfehlungen vorgeworfen würden, fehle es an einer Abmahnung. Zudem habe die Arbeitgeberin zu lange mit der fristlosen Kündigung zugewartet, weshalb sie ihr Recht dazu ohnehin verwirkt habe. Auf Appellation der Beschwerdeführerin sprach das Obergericht des Kantons Luzern dem Beschwerdegegner in weitgehender Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils am 6. Juli 2005 Fr. 38'207.80 zuzüglich 5 % Zins seit 1. September 2003 zu.
 
C.
 
Die Beschwerdeführerin beantragt mit ihrer staatsrechtlichen Beschwerde die Aufhebung des Urteils des Obergerichts des Kantons Luzern vom 6. Juli 2005 und die Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz. Sie hat dieses Urteil auch mit Berufung beim Bundesgericht angefochten.
 
Der Beschwerdegegner schliesst in seiner Vernehmlassung auf Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde. Das Obergericht des Kantons Luzern beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die nicht anwaltlich vertretene Nebenintervenientin hat ein Schreiben eingereicht, in dem sie die Abweisung der Beschwerde beantragt, im Übrigen aber aus prozessökonomischen Gründen auf eine Stellungnahme zu den Vorbringen in der Beschwerdeschrift verzichtet.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 Wird ein Entscheid sowohl mit staatsrechtlicher Beschwerde als auch mit Berufung angefochten, so ist die Behandlung der letzteren in der Regel auszusetzen, bis über die erstere entschieden worden ist (Art. 57 Abs. 5 OG; BGE 122 I 81 E. 1 S. 82 f.). Es besteht vorliegend kein Grund, von dieser Regel abzuweichen.
 
1.2 Von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen ist die staatsrechtliche Beschwerde rein kassatorischer Natur (BGE 129 I 129 E. 1.2.1 S. 131 f.; 127 II 1 E. 2c). Auf die Beschwerde ist daher insoweit nicht einzutreten, als die Beschwerdeführerin mehr verlangt als die Aufhebung des angefochtenen Entscheides.
 
2.
 
Das Obergericht teilte die Auffassung des Amtsgerichts, wonach der Beschwerdegegner seiner Schadenminderungspflicht nachgekommen sei. Die Beschwerdeführerin nimmt dagegen sinngemäss den Standpunkt ein, bei hinreichenden Suchbemühungen hätte der Beschwerdegegner zweieinhalb Monate früher Arbeit gefunden und dabei Fr. 17'521.40 netto verdient, welcher Betrag im Sinne von Art. 337c Abs. 2 OR an den Lohnersatzanspruch des Beschwerdegegners anzurechnen sei. Die Beschwerdeführerin rügt in diesem Zusammenhang eine willkürliche Beweiswürdigung durch das Obergericht.
 
3.
 
3.1 Willkür liegt nach ständiger Rechtsprechung nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung als die vom kantonalen Gericht gewählte ebenfalls vertretbar scheint oder gar vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht hebt einen kantonalen Entscheid wegen eines Verstosses gegen das Willkürverbot vielmehr nur auf, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; 122 I 61 E. 3a S. 66 f.; 121 I 113 E. 3a S. 114; 119 Ia 113 E. 3a S. 117, je mit Hinweisen). Dass offensichtliche Unhaltbarkeit in diesem Sinne gegeben ist, hat der Beschwerdeführer anhand der von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien im Einzelnen darzulegen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 110 Ia 1 E. 2a S. 3 f.; vgl. auch BGE 122 I 70 E. 1c S. 73 mit Hinweisen). Es geht nicht an, in einer staatsrechtlichen Beschwerde bloss appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid zu üben, als ob dem Bundesgericht die freie Prüfung aller Tat- und Rechtsfragen zukäme.
 
3.2 Da vorliegend eine vermögensrechtliche Streitigkeit zur Beurteilung steht, deren Streitwert über Fr. 8'000.-- liegt, Berufungsfähigkeit somit gegeben ist (Art. 46 OG), fällt zudem in Betracht, dass wegen der Subsidiarität der staatsrechtlichen Beschwerde (Art. 84 Abs. 2 OG) die Rüge falscher Anwendung von Bundesrecht mit Berufung vorzubringen ist, so dass die staatsrechtliche Beschwerde insoweit verschlossen bleibt (BGE 120 II 384 E. 4a S. 385).
 
3.3 Ferner ist zu beachten, dass es nach ständiger Praxis des Bundesgerichts im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde grundsätzlich verboten ist, neue Tatsachenbehauptungen sowie rechtliche Argumente vorzubringen und neue Beweisanträge zu stellen (BGE 128 I 354 E. 6c S. 357 mit Hinweisen). Das Bundesgericht hat bei der Überprüfung einer Willkürbeschwerde mithin vom Sachverhalt auszugehen, wie er dem angefochtenen Entscheid zugrunde gelegt worden ist, es sei denn, der Beschwerdeführer weise nach, dass die kantonale Instanz verfassungswidrig unrichtige oder unvollständige tatsächliche Feststellungen getroffen hat.
 
4.
 
4.1 Tatfrage und der Rüge willkürlicher Beweiswürdigung zugänglich ist einzig, ob und welche Suchbemühungen der Beschwerdegegner nachgewiesen hat. Ob die festgestellten Suchbemühungen genügten oder nicht bzw. ob dem entlassenen Arbeitnehmer zuzumuten war, sich intensiver dafür einzusetzen, anderweitig Arbeit zu finden, beschlägt die Anwendung von Bundesrecht und ist der Überprüfung im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde entzogen (E. 3.2 hiervor).
 
4.2 Das Obergericht schloss aus dem Umstand, dass der Beschwerdegegner bereits ab Mitte August bei einer anderen Arbeitgeberin zum Einsatz gelangte, dass er in der ersten Zeit nach der Freistellung nicht untätig geblieben sei. Lediglich für die Zeit unmittelbar vor und nach der fristlosen Kündigung vom 28. August 2003 habe der Beschwerdegegner keine Suchanstrengungen nachweisen können. Von Mitte bis Ende September 2003 habe er sich an zwei Stellen beworben. Für die Zeit ab Oktober 2003 bis Ende Januar 2004 nahm das Obergericht an, dass sich der Beschwerdegegner hinreichend nach einer neuen Arbeit umgesehen habe, zumal aus den Akten für diese Zeit keine Einstellung in der Anspruchsberechtigung auf Taggelder der Arbeitslosenversicherung ersichtlich sei.
 
4.3
 
4.3.1 Welche dieser Tatsachenfeststellungen und inwiefern sie gegen das Willkürverbot verstossen sollen, ist der staatsrechtlichen Beschwerde nicht zu entnehmen. Diese erschöpft sich vielmehr in appellatorischer Kritik, indem sie teilweise von einem anderem Sachverhalt ausgeht, als das Obergericht festgestellt hat, ohne jedoch substanziierte Rügen im Sinne von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG vorzutragen, und zur Hauptsache die rechtliche Würdigung des Obergerichts beanstandet, wonach die nachgewiesenen Bewerbungen hinreichende Suchbemühungen dargestellt hätten. Insoweit ist auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht einzutreten.
 
4.3.2 Für die Zeit ab dem 1. Oktober 2003 gibt die Beschwerdeführerin den Schluss des Obergerichts, der Beschwerdegegner sei seiner Schadenminderungspflicht nachgekommen, als unhaltbar aus. Zwar sei die Feststellung richtig, dass der Beschwerdegegner für diese Zeit die Anforderungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes betreffend Arbeitssuche erfüllt habe. Indessen ergebe sich aus den Akten, dass er für zwei Kalendermonate keinerlei Ansprüche auf Arbeitslosengelder gestellt habe.
 
Dass sich die Beschwerdeführerin vor Obergericht darauf berufen hätte, der Beschwerdegegner habe für zwei Monate keine Ansprüche gestellt, legt sie in der staatsrechtlichen Beschwerde nicht dar und lässt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen. Das Vorbringen ist deshalb neu und unzulässig (E. 3.3 hiervor).
 
5.
 
Nach dem Gesagten ist insgesamt auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht einzutreten.
 
Da der Streitwert Fr. 30'000.-- übersteigt, ist das Verfahren nicht kostenlos (Art. 343 Abs. 3 OR). Der Beschwerdeführerin ist gemäss dem Ausgang des Verfahrens die Gerichtsgebühr aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Sie hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG). Die Nebenintervenientin hat dagegen keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung, da sie nicht anwaltlich vertreten ist und ihr aus dem bundesgerichtlichen Verfahren kein ersatzfähiger Aufwand im Sinne von Art. 2 des Tarifs über die Entschädigungen an die Gegenpartei für das Verfahren vor dem Bundesgericht (SR 173.119.1) erwachsen ist (vgl. dazu BGE 125 II 518 E. 5b; 113 Ib 353 E. 6b S. 357).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht
 
im Verfahren nach Art. 36a OG:
 
1.
 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Arbeitslosenkasse Ob- und Nidwalden und dem Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 12. Oktober 2005
 
Im Namen der I. Zivilabteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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