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Informationen zum Dokument  BGer 1A.123/2005  Materielle Begründung
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BGer 1A.123/2005 vom 10.11.2005
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
1A.123/2005
 
1P.291/2005 /ggs
 
Urteil vom 10. November 2005
 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Féraud, Präsident,
 
Bundesrichter Nay, Aeschlimann,
 
Gerichtsschreiberin Gerber.
 
Parteien
 
1. A.________,
 
2. B.________ AG,
 
3. C.________,
 
Beschwerdeführer, alle vertreten durch Rechtsanwalt
 
Dr. Peter Clavadetscher,
 
gegen
 
D.________ AG, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Armon Vital,
 
Gemeinde Samnaun, 7562 Samnaun-Compatsch, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Otmar Bänziger,
 
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 4. Kammer, Obere Plessurstrasse 1, 7001 Chur.
 
Gegenstand
 
Baueinsprache,
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde (1A.123/2005) und staatsrechtliche Beschwerde (1P.291/2005) gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 4. Kammer, vom 9. Dezember 2004.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die D.________ AG ist Eigentümerin der in der Wohnzone II gelegenen Hangparzelle Nr. 866 in der Gemeinde Samnaun. Im Süden grenzt die Parzelle hangaufwärts an ein Waldareal. Am 19. Januar 2004 reichte die D.________ AG bei der Gemeinde ein Gesuch für den Bau eines Hauses mit mehreren Wohnungen auf Parzelle Nr. 866 ein.
 
Auf Einsprache der Eigentümer der umliegenden Parzellen Nrn. 863 (A.________), 864 und 865 (B.________ AG) und 867 (C.________) wurde das Bauvorhaben nochmals überarbeitet. Am 8. Juni 2004 wies die Gemeinde die Einsprachen ab und erteilte die Baubewilligung.
 
B.
 
Gegen die Baubewilligung erhoben die Einsprecher Rekurs beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. Dieses wies den Rekurs am 9. Dezember 2004 ab.
 
C.
 
Gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid erheben A.________, die B.________ AG und C.________ (im Folgenden: Beschwerdeführer 1-3) Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde ans Bundesgericht. Sie beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die anbegehrte Baubewilligung sei zu verweigern. Eventuell sei die Streitsache an die Vorinstanz zum Erlass eines neuen Entscheides zurückzuweisen.
 
D.
 
Die D.________ AG (im Folgenden: die Beschwerdegegnerin) und die Gemeinde Samnaun beantragen, auf die Beschwerden sei nicht einzutreten; eventuell seien sie abzuweisen. Das Verwaltungsgericht beantragt Abweisung der Beschwerden, soweit darauf eingetreten werden könne. Den Beschwerdeführern wurde Gelegenheit gegeben, sich zu den Vernehmlassungen der Gegenpartei und der Vorinstanzen zu äussern.
 
E.
 
Das BUWAL äussert sich in seiner Vernehmlassung zu den in der Beschwerde aufgeworfenen waldrechtlichen Fragen. Die Beteiligten erhielten Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob und inwieweit auf ein Rechtsmittel eingetreten werden kann (BGE 129 I 173 E. 1 S. 174, 185 E. 1 S. 188; je mit Hinweisen).
 
1.1 Die Beschwerdegegnerin und die Gemeinde Samnaun beantragen, auf die Beschwerden sei nicht einzutreten, weil diese in einer gemeinsamen Eingabe zusammengefasst seien, ohne äusserlich klar auseinander gehalten zu werden. Praxisgemäss ist jedoch die gemeinsame Begründung einer staatsrechtlichen Beschwerde und einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig, wobei auch die falsche Bezeichnung der Rechtsmittel den Beschwerdeführern nicht schadet, sofern nur bezüglich des jeweils statthaften Rechtsmittels sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind (BGE 131 I 291 E. 1.3 S. 296).
 
Die von der Beschwerdegegnerin zitierte Rechtsprechung zur Verbindung einer Berufung mit einer staatsrechtlichen Beschwerde (BGE 115 II 396 E. 2a und b S. 397 f.) beruht auf anderen Rechtsgrundlagen (vgl. Art. 43 Abs. 1 Satz 2 OG, wonach mit Berufung - anders als mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde - nicht die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden kann) und ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig.
 
1.2 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist zulässig gegen Verfügungen, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen oder hätten stützen sollen (Art. 5 VwVG in Verbindung mit Art. 97 OG). Der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterliegen auch gemischtrechtliche Verfügungen sowie auf übrigem kantonalem Recht beruhende Anordnungen, die einen hinreichend engen Sachzusammenhang mit der im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu beurteilenden Frage des Bundesverwaltungsrechts aufweisen (BGE 128 I 46 E. 1b/aa S. 49; 123 II 359 E. 1a/aa S. 361, je mit Hinweisen).
 
1.2.1 Die Beschwerdeführer machen geltend, die Verankerung der vorgesehenen Stützmauer unterschreite den Waldabstand und rage sogar teilweise in das Waldareal hinein. Die von der Gemeinde nach Anhörung des Amts für Wald erteilte Bewilligung dieser Verankerung sei rechtswidrig; soweit Waldboden beansprucht werde, wäre eine Ausnahmebewilligung des Kantons gemäss Art. 24 RPG erforderlich gewesen.
 
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die Rüge, die kantonalen Waldabstandsvorschriften seien verletzt, grundsätzlich mit staatsrechtlicher Beschwerde zu rügen, da es sich insoweit um selbständiges kantonales Recht handelt. Dagegen ist die Rüge, das bundesrechtliche Walderhaltungsgebot (Art. 17 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Wald vom 4. Oktober 1991 [WaG; SR 921.0]) sei verletzt, mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend zu machen (grundlegend BGE 112 Ib 320 E. 3b S. 321 f.; vgl. auch Urteile 1A.275/1996 vom 19. September 1997, publ. in: ZBl 99/1998 S. 444, E. 1b; 1A.293/2000 vom 10. April 2001, in: ZBl 103/2002, S. 485, E. 1a).
 
Im vorliegenden Fall rügen die Beschwerdeführer in erster Linie die Verletzung des Walderhaltungsgebots. Dies ist nach dem Gesagten im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu prüfen. Gleiches gilt für die Frage, ob eine Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG erforderlich gewesen wäre (vgl. Art. 34 Abs. 1 RPG).
 
Die übrigen, das kantonale Waldrecht und die kantonale Zuständigkeitsordnung betreffenden Rügen weisen einen engen Sachzusammenhang mit den im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu beurteilenden Frage des Bundesverwaltungsrechts auf und sind deshalb im selben Verfahren zu prüfen. Allerdings richtet sich die Kognition des Bundesgerichts insoweit nach den Grundsätzen der staatsrechtlichen Beschwerde, d.h. die Auslegung und Anwendung von selbständigem kantonalen Recht kann grundsätzlich nur auf Willkür hin geprüft werden.
 
1.2.2 Die Beschwerdeführer 2 und 3 sind Eigentümer der Parzellen westlich und östlich der Bauparzelle, die ebenfalls an den Wald anstossen. Sie haben daher ein schutzwürdiges (tatsächliches) Interesse an der Einhaltung eines den bundesrechtlichen Minimalanforderungen genügenden Waldabstands, was sie zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde berechtigt (Art. 103 lit. a OG; Urteil 1A.275/1996 vom 19. September 1997, in: ZBl 99/1998 S. 444, E. 1c). Es kann offen bleiben, ob auch der Beschwerdeführer 1 allein zur Beschwerde legitimiert wäre, dessen Parzelle sich nordwestlich der Bauparzelle, auf der dem Wald abgewandten Seite des Bauvorhabens, befindet.
 
1.2.3 Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzutreten.
 
1.3 Die übrigen Rügen der Beschwerdeführer, welche die Auslegung und Anwendung des kommunalen Baugesetzes betreffen, sind dagegen im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde zu prüfen.
 
1.3.1 Dies gilt auch für die Rüge, der bewaldete und deshalb unüberbaubare Teil der Parzelle hätte für die Ausnützungsberechnung nicht berücksichtigt werden dürfen: Streitig ist, ob die Baubewilligung die zulässige Ausnützungsziffer (AZ) von 0,7 verletzt, weil sie die anrechenbare Grundstücksfläche falsch berechnet. Insoweit stützt sich die Baubewilligung auf kommunales Baurecht, auch wenn vorfrageweise die Waldqualität eines Grundstücksteils und dessen Überbaubarkeit zu beurteilen ist (so schon BGE 110 Ia 91, nicht veröffentlichte E. 1a).
 
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer besteht kein direkter Zusammenhang zwischen der Ausnützungsberechnung und dem Walderhaltungsgebot: Zwar dürfen Überbauungen in Waldesnähe die Erhaltung, Pflege und Nutzung des Waldes nicht beeinträchtigen (Art. 17 Abs. 1 WaG); innerhalb dieser Schranken ist die Gemeinde jedoch bei der Festsetzung der Ausnützungsziffer frei. Wird die Ausnützung falsch berechnet, indem unüberbaubares Waldareal zu Unrecht mitberücksichtigt wird, führt dies nicht zu einer Inanspruchnahme von Wald, sondern lediglich zu einer Überschreitung der zulässigen Ausnützungsziffer auf dem unbewaldeten Grundstücksteil. Dies verletzt zwar die Ausnützungsbestimmungen des kommunalen Baugesetzes bzw. die Zonen- oder Quartierplanung der Gemeinde, führt aber per se nicht zu einer Beeinträchtigung oder Gefährdung des Waldes.
 
1.3.2 Die Beschwerdegegnerin macht geltend, die unzulässige Anrechnung von Waldfläche sei im kantonalen Verfahren nicht gerügt worden; es handle sich somit um ein Novum, das im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde unzulässig sei.
 
Es trifft zu, dass diese Rüge im Rekurs an das Verwaltungsgericht vom 29. Juni 2004 fehlte und erst in der Replik vom 27. September 2004 erhoben worden ist. Das Verwaltungsgericht hat die Anrechenbarkeit der Waldfläche jedoch im angefochtenen Entscheid (E. 3b S. 9 f.) ausführlich behandelt. Daher dürfen die Beschwerdeführer diesen Teil des Entscheids als willkürlich rügen, selbst wenn es sich um eine von ihnen nicht (rechtzeitig) gerügte, sondern vom Verwaltungsgericht von Amtes wegen geprüfte Rechtsfrage handelt.
 
1.3.3 Die Beschwerdeführer sind als Parteien des kantonalen Verfahrens legitimiert, die Verletzung verfassungsrechtlicher Verfahrensgarantien zu rügen.
 
Als Eigentümer benachbarter Parzellen sind sie zudem befugt, eine willkürliche Anwendung derjenigen Bauvorschriften zu rügen, die (auch) dem Schutz nachbarlicher Interessen dienen (Art. 88 OG; BGE 127 I 44 E. 2c S. 46). Dazu gehören die Bestimmungen über die Ausnützungsziffer, die Gebäudemasse und -abstände (BGE 127 I 44 E. 2d S. 47 mit Hinweisen).
 
Dagegen ist ihre Legitimation zu verneinen, soweit die Beschwerdeführer auch Willkür bei der Berechnung des Grenzabstands zur Strasse rügen. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern dies die rechtlich geschützten Interessen der Beschwerdeführer beeinträchtigen könnte. Diese sind jedoch befugt, die Nichtbehandlung dieser Rüge durch das Verwaltungsgericht als Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend zu machen.
 
1.3.4 Nach dem Gesagten ist auf die übrigen Vorbringen der Beschwerdeführer - vorbehältlich rechtsgenügend begründeter Rügen - im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde einzutreten.
 
2.
 
Zunächst sind im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde alle mit dem Walderhaltungsgebot zusammenhängenden Rügen zu prüfen.
 
2.1 Nach Art. 17 WaG sind Bauten und Anlagen in Waldesnähe nur zulässig, wenn sie die Erhaltung, Pflege und Nutzung des Waldes nicht beeinträchtigen (Abs. 1); die Kantone schreiben einen angemessenen Mindestabstand der Bauten und Anlagen vom Waldrand vor (Abs. 2). Die Rodung von Wald, d.h. dessen dauernde oder vorübergehende Zweckentfremdung (Art. 4 WaG), ist grundsätzlich verboten und kann nur ausnahmsweise nach Art. 5 WaG bewilligt werden. Unzulässig sind auch Nutzungen, die keine Rodung im Sinne von Artikel 4 darstellen, jedoch die Funktionen oder die Bewirtschaftung des Waldes gefährden oder beeinträchtigen können (Art. 16 Abs. 1 WaG). Aus wichtigen Gründen können die Kantone solche Nutzungen unter Auflagen und Bedingungen bewilligen (Art. 16 Abs. 2 WaG).
 
2.2 Im Kanton Graubünden ist der Waldabstand in Art. 26 der Ausführungsbestimmungen zum kantonalen Waldgesetz (RABzKWaG) vom 19. Dezember 1995 geregelt, der nach Genehmigung des Bundes am 1. Juli 1996 in Kraft getreten ist. Danach beträgt der Minimalabstand von Bauten und Anlagen gegenüber Hochwald 10 m und gegenüber Niederwald 5 m. Diese Abstände entfalten jedoch bei Quartierplänen, die vor dem Inkrafttreten der Ausführungsbestimmungen rechtskräftig geworden sind, keine Wirkung (Art. 58 Abs. 3 RABzKWaG). Im vorliegenden Fall ist daher auf den Waldabstand gemäss dem im Mai 1996 rechtskräftig gewordenen Quartierplan "Pragrond/Pra de la Jenna" abzustellen, der 2 m beträgt.
 
Es ist unstreitig, dass die Stützmauer, die das Bauvorhaben gegen den Hang sichert, ausserhalb dieses Waldabstands steht. Jedoch reicht ihre unterirdische Verankerung in den Waldabstand und in den mit Wald bestockten Hang hinein. Die Anker befinden sich am Hangfuss, so dass sie mindestens 6 m unter dem bewaldeten Terrain liegen.
 
2.3 Das kantonale Amt für Wald nahm mit Schreiben vom 17. Dezember 2003 zum Projekt Stellung und bestätigte am 22. Juli 2004 nochmals ausdrücklich, dass auch der vorgesehenen Verankerung der Stützwand und der Baugrubensicherung aus forstpolizeilicher Sicht keine Hindernisse entgegenstünden.
 
Die Beurteilung der Waldverträglichkeit nach verschiedenen Schutzzwecken setzt spezifisches Fachwissen voraus, das weitgehend waldtechnische Belange zum Gegenstand hat. Dieser fachtechnische Sachverstand ist zu respektieren, was nur eine zurückhaltende Prüfung erlaubt (Entscheid 1A.293/2000 vom 10. April 2001, E. 2f, publ. in ZBl 103/2002 485 ff., 489). Insofern darf grundsätzlich auf die Beurteilung der kantonalen Fachstelle abgestellt werden, die auch das BUWAL als Fachbehörde des Bundes nicht in Zweifel zieht. Die Beschwerdeführer legen denn auch nicht dar, inwiefern die 6 m und mehr unter dem Waldboden befestigten Anker Erhaltung, Pflege oder Nutzung des Waldes beeinträchtigen könnten.
 
Dem Einwand der Beschwerdeführer, die an das Amt für Wald gerichteten Fragen seien irreführend gewesen, ist entgegenzuhalten, dass das Amt über die Pläne der Stützmauer mit eingezeichneten Ankern verfügte, den gemäss Quartierplan geltenden Waldabstand kannte und wusste, dass die Stützmauer gerade noch ausserhalb des Waldabstandes steht. Damit erteilte es seine Zustimmung in Kenntnis aller wesentlichen Umstände.
 
Eine Verletzung des Walderhaltungsgebots ist deshalb zu verneinen.
 
2.4 Die Beschwerdeführer sind der Auffassung, für die Verankerung hätte eine Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG erteilt werden müssen, soweit sie in das Waldareal hinein rage und deshalb ausserhalb der Bauzone liege. Leitbehörde wäre das Departement bzw. das Amt für Raumplanung gewesen, das gestützt auf eine Stellungnahme des Kreisforstamtes hätte entscheiden müssen.
 
Dagegen ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Gemeinde als Bewilligungsbehörde für das Bauvorhaben - nach Anhörung des Amtes für Wald - auch für die Bewilligung der in den Waldabstand bzw. das Waldareal hineinragenden Verankerung zuständig sei. Es stützte sich auf Art. 27 Abs. 3 RABzKWaG, wonach die Behörde, die über das Vorhaben im Leitverfahren entscheidet, für unterirdische Bauten und Anlagen, Kleinbauten, Hochspannungsmasten und dergleichen, nach Anhörung des Amtes für Wald, Ausnahmen vom Waldabstand erteilen kann.
 
Von ihrem Wortlaut her betrifft diese Bestimmung nur Ausnahmen vom Waldabstand und nicht unterirdische Bauten und Anlagen im Waldbereich: Nichtforstliche Kleinanlagen im Wald, wie z.B. erdverlegte Leitungen (vgl. Art. 2a RABzKWaG), bedürfen zwar keiner Rodungsbewilligung, wohl aber einer Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG. Diese darf nur im Einvernehmen mit der zuständigen kantonalen Forstbehörde erteilt werden (Art. 14 Abs. 2 der Verordnung vom 30. November 1992 über den Wald [WaV; SR 921.01]); im Kanton Graubünden bedarf es hierfür der Zustimmung des Kreisforstamtes (Art. 16 Abs. 2 des kantonalen Waldgesetzes vom 25. Juni 1995 [KWaG]).
 
Der in das Waldareal ragende Teil der unterirdischen Verankerung stellt jedoch keine selbständige Anlage dar, sondern ist ein unselbständiger Teil einer in der Bauzone errichteten zonenkonformen Baute, die im Verfahren gemäss Art. 22 RPG zu bewilligen ist. Die Verankerung wirft keine selbständigen raumplanungsrechtlichen Fragen auf, sondern es ist einzig zu prüfen, ob die Anker oder die hierfür erforderlichen Bauarbeiten die Walderhaltung beeinträchtigen, z.B. Baumwurzeln verletzen können. Insofern erscheint es unter dem Blickwinkel von Art. 24 RPG zulässig, das Baubewilligungsverfahren als Leitverfahren zu bezeichnen und kein selbständiges Ausnahmebewilligungsverfahren nur für die unterirdische Verankerung durchzuführen.
 
Dann aber liegt es nahe und ist jedenfalls nicht willkürlich, diese Prüfung im Verfahren gemäss Art. 27 Abs. 3 RABzKWaG durchzuführen. Auch in diesem Verfahren ist gewährleistet, dass eine Forstbehörde (Amt für Wald) die Waldverträglichkeit des Bauvorhabens beurteilt.
 
2.5 Nach dem Gesagten erweist sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde als unbegründet.
 
3.
 
Die Beschwerdeführer rügen die Ausnützungsberechnung der Gemeinde in zweierlei Hinsicht als willkürlich: Der Einbezug des bewaldeten und deshalb unüberbaubaren Teils des Grundstücks in die AZ-Berechnung sei unhaltbar und widerspreche der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. dazu unten, E. 3.1-3.5). Unzulässig sei auch der Einbezug des Skipisten-Korridors als anrechenbare Grundstücksfläche (vgl. dazu unten, E. 3.6).
 
3.1 In BGE 110 Ia 91 (E. 2d S. 83 f.) entschied das Bundesgericht in einem die Gemeinde Davos betreffenden Fall, dass es willkürlich sei, Waldareal in die Berechnung der Ausnützungsziffer einzubeziehen: Da dieses Gebiet nach Bundesrecht nicht überbaut werden dürfe, könne es nicht als Land innerhalb der Bauzone im Sinne der kommunalen oder kantonalen Ausnützungsbestimmungen bezeichnet werden, selbst wenn es gemäss geltendem Zonenplan formell in der Bauzone liege. Dies käme einer unzulässigen Nutzungsübertragung von Nicht-Bauland auf eine Parzelle in der Bauzone gleich. Zudem hätte eine solche Praxis zur Folge, dass für das Gebiet längs der Zonengrenze je nach den Umständen verschiedene Ausnützungen gälten und damit Bauten mit unterschiedlichen Ausmassen entstünden, was unhaltbar sei.
 
An dieser Rechtsprechung ist grundsätzlich festzuhalten; hierfür kann auf die Vernehmlassung des BUWAL (Ziff. 3.1) verwiesen werden.
 
3.2 Der vorliegend zu beurteilende Fall weist allerdings die Besonderheit auf, dass ein rechtskräftiger Quartierplan ("Quartierplanung Pragrond/Pra de la Jenna") vorliegt.
 
Das Verwaltungsgericht hielt im angefochtenen Entscheid fest, dass die Parzellen Nrn. 866 und 865, die beide Waldflächen enthielten, flächenmässig ganz als Bauland taxiert worden seien. Die Parzelle 865 der Beschwerdeführerin 2 sei bereits mit einem Personalhaus überbaut worden, ohne dass ein Flächenabzug wegen des dort im Süden hineinragenden Waldstücks vorgenommen worden sei. Das Verwaltungsgericht ging deshalb davon aus, dass die Gemeinde, gestützt auf den rechtskräftigen Quartierplan, befugt sei, an der bisherigen AZ-Berechnungsmethode festzuhalten, zumal eine Umstellung bei der AZ-Ermittlung zu einer krassen Ungleichbehandlung gegenüber der ebenfalls bereits ohne zusätzliche Abzüge überbauten Parzelle Nr. 865 führen würde.
 
3.3 Die Beschwerdeführer machen dagegen geltend, der Quartierplan enthalte keine ausdrückliche Bestimmung über die Anrechenbarkeit des Waldareals bei der AZ-Berechnung; eine solche, von der Grundordnung abweichende Anordnung wäre auch unzulässig gewesen.
 
Sie räumen ein, dass das Waldareal bei der Bonitierung als Bauland behandelt und dass bereits die Baubewilligung für die Parzelle Nr. 865 unter Anrechnung des Waldareals erteilt worden sei. Sie weisen jedoch darauf hin, dass zumindest der Beschwerdeführer 3 keinen Vorteil aus einer rechtswidrigen Baubewilligung erlangt habe.
 
3.4 Unstreitig ist, dass die im Quartierplangebiet liegenden Waldgebiete der Parzellen 865 und 866 im Quartierplanverfahren als Bauland bonitiert worden sind. Damit wollte die Gemeinde nicht eine Überbauung der Waldflächen ermöglichen, legt doch der Quartierplan selbst eine Waldabstandslinie fest. Deshalb kann der Bewertung als Bauland nur die Bedeutung zukommen, dass die Waldfläche bei der AZ-Berechnung zu berücksichtigen sei, d.h. eine höhere bauliche Ausnützung des unbewaldeten Parzellenteils ermöglichen solle. In diesem Sinne wurde der Quartierplan auch bisher von allen Beteiligten verstanden, wie sich aus der in den Akten liegenden Baubewilligung für die Parzelle Nr. 865 ergibt: Damals war unstreitig, dass für die AZ-Berechnung auf die gesamte Grundstücksfläche abzustellen sei, inklusive des Waldareals.
 
Die Auslegung des Quartierplans durch das Verwaltungsgericht im Sinne eines Anrechnungsgebots hält somit vor dem Willkürverbot stand.
 
3.5 Die Rechtswidrigkeit eines Zonen- oder Quartierplans kann grundsätzlich nur im Anschluss an den Erlass bestritten werden. Eine spätere Anfechtung auf einen Anwendungsakt hin ist nur in Ausnahmefällen noch zulässig. Dies ist einerseits der Fall, wenn der Plan an einem Nichtigkeitsgrund leidet; andererseits lässt das Bundesgericht die akzessorische Überprüfung von Nutzungsplänen bei deren späteren Anwendung dann noch zu, wenn sich der Betroffene bei Planerlass noch nicht über die ihm auferlegten Beschränkungen Rechenschaft legen konnte oder er im damaligen Zeitpunkt keine Möglichkeit hatte, seine Interessen zu verteidigen, oder wenn sich die Verhältnisse seit Planerlass derart geändert haben, dass das öffentliche Interesse an den auferlegten Eigentumsbeschränkungen dahingefallen sein könnte (BGE 115 Ia 1 E. 3 S. 3 f.; 111 Ia 129 E. 3d S. 131 mit Hinweisen; vgl. als Anwendungsbeispiel betreffend eine im Zonenplan rechtswidrig festgelegte Waldabstandslinie das Urteil 1A.39/1992 vom 28. April 1993 E. 2).
 
Im vorliegenden Fall ist Nichtigkeit des Quartierplans zu verneinen, da sich die Anrechenbarkeit des Waldareals erst aus einer Auslegung der Bonitierungsvorschriften ergibt und damit zumindest für Aussenstehende nicht leicht erkennbar war. Nach dem oben (E. 3.4) Gesagten ist jedoch davon auszugehen, dass sich die Beschwerdeführer, die selbst am Quartierplanverfahren beteiligt waren und zum Teil selbst Land mit einem Waldanteil zugewiesen erhielten (Parzelle Nr. 865), schon damals die Möglichkeit gehabt hätten, ihre Interessen zu verteidigen.
 
Seit Erlass des Quartierplans haben sich die Verhältnisse nicht wesentlich geändert. Im Gegenteil: Durch die Überbauung der Parzelle Nr. 865 ist der Quartierplan teilweise vollzogen worden; die damit erfolgte Begünstigung des Beschwerdeführers 1 (Bauherr) und der Beschwerdeführerin 2 (Eigentümerin der Parzelle) kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Die Beschwerdegegnerin weist zu Recht darauf hin, dass auch der Beschwerdeführer 3 von der Regelung im Quartierplan profitiert hat: Wäre das Waldareal nicht als Bauland behandelt worden, hätte die Beschwerdegegnerin einen geringeren Anteil an Landabzug für die Erschliessungsstrasse und alle Beschwerdeführer einen entsprechend grösseren Abzug hinnehmen müssen. Entsprechendes gilt für die Quartierplankosten, die proportional zur anrechenbaren Grundstücksfläche verteilt worden sind.
 
Soweit ersichtlich, umfassen nur die Parzellen Nr. 865 und 866 einen Waldanteil. Die Parzelle der Beschwerdegegnerin ist also die letzte im Quartierplangebiet, bei der sich die Frage der Anrechnung von Waldgebiet stellt. Es wäre stossend, die AZ-Berechnungsmethode in diesem letzten Anwendungsfall abzuändern, mit der Folge, dass nur die Beschwerdegegnerin einen Nachteil erleiden würde, während alle anderen Eigentümer, namentlich die Beschwerdeführer, von der Bonitierung des Waldareals als Bauland profitiert haben.
 
Unter diesen Umständen war es nicht willkürlich, das Waldareal bei der AZ-Berechnung mitzuberücksichtigen.
 
3.6 Schliesslich rügen die Beschwerdeführer auch den Nichtabzug des im Winter mit einer Skipiste belegten Grundstücksteils bei der AZ-Berechnung als willkürlich. Die Skipiste sei eine öffentliche Erschliessungsanlage und sei insoweit einem öffentlichen Trottoir vergleichbar, das in der Gemeinde Samnaun nicht als anrechenbare Grundstücksfläche behandelt werde.
 
Dagegen nahm das Verwaltungsgericht an, dass die nur im Winter benutzbare Skipiste keine auf Dauer angelegte Erschliessungsanlage darstelle: Sie sei vielmehr mit einem Fuss- oder Fahrwegrecht vergleichbar, und dürfe deshalb zur Grundstücksfläche gezählt werden, zumal derselbe Skikorridor bei der AZ-Ermittlung des Personalhauses auf der Nachbarparzelle Nr. 865 ebenfalls unberücksichtigt geblieben sei.
 
Diese Erwägungen lassen keine Willkür erkennen.
 
4.
 
Als willkürlich rügen die Beschwerdeführer auch die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Gebäude- und Firsthöhe: Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht vom gewachsenen Terrain aus gemessen; wenn - wie im vorliegenden Fall - Abgrabungen auf der Strassenseite vorgenommen würden, müsse vom abgegrabenen Terrain ausgegangen werden. Auch bei der benachbarten Parzelle 865 sei vom Strassenniveau aus gemessen worden. Das Verwaltungsgericht sei auf diese Einwände nicht eingetreten und habe auch die beantragte Edition der Unterlagen des Baus auf Parzelle 865 nicht verfügt. Damit habe es den Gehörsanspruch der Beschwerdeführer verletzt und den Grundsatz der Rechtsgleichheit missachtet.
 
4.1 In den Akten des Verwaltungsgerichts befindet sich der Baubewilligungs- und Einspracheentscheid bezüglich Parzelle Nr. 865. Daraus geht hervor, dass die Gebäude- und Firsthöhe damals nicht streitig war, weshalb die Baubehörde keine Ausführungen zum Messpunkt und zu angeblichen Abgrabungen machte, sondern lediglich festhielt, dass die Gebäudemasse des Projekts (Länge, Breite, Höhen) dem Baugesetz entsprechen.
 
Insofern war das Verwaltungsgericht nicht verpflichtet, sich weiter mit diesem Bewilligungsentscheid auseinanderzusetzen oder weitere Unterlagen dazu einzuholen. Im Übrigen hätte es dem Beschwerdeführer 1 freigestanden, von sich aus die Baupläne bei Gericht einzureichen, über die er als Bauherr verfügen muss. Hierfür bedurfte es keiner Editionsverfügung des Gerichts.
 
4.2 Materiell kann sich die Auffassung des Verwaltungsgerichts auf den Wortlaut von Art. 47 des Baugesetzes der Gemeinde Samnaun vom 15. Juli 1985 (BG) stützen, wonach grundsätzlich auf den gewachsenen Boden abzustellen ist, und erscheint jedenfalls nicht willkürlich.
 
5.
 
Die Beschwerdeführer machen schliesslich geltend, sie hätten im Verfahren vor Verwaltungsgericht gerügt, dass das Bauprojekt den Grenzabstand gegenüber den Parzellen 865 und 867 verletze und diesen Abstand auch gegenüber der Strasse nicht einhalte. Auf diese Rügen sei das Verwaltungsgericht in seinem Entscheid nicht eingegangen. Dies verletze den Anspruch der Beschwerdeführer auf rechtliches Gehör.
 
5.1 Allerdings sind diese Rügen, wie sich aus den Akten ergibt, erst in der Replik erhoben worden; in der Rekursschrift findet sich kein Hinweis auf eine Verletzung von Grenzabständen. Bemängelt wurde lediglich in formeller Hinsicht, dass die Ausschreibungsunterlagen unvollständig gewesen seien, weil sie keine Dokumente über die Einräumung von Näher- oder Grenzbaurechten enthielten (vgl. Rekursschrift, Ziff. 5 zu A. "Formelles").
 
Die Beschwerdeführer legen nicht dar, inwiefern das Verwaltungs-gericht verpflichtet gewesen wäre, diese erst in der Replik erhobenen Rügen zu prüfen und inwiefern dies eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstellt. Insofern ist auf die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs mangels genügender Begründung nicht einzutreten (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG).
 
5.2 Nachdem die Einhaltung der Grenzabstände im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht behandelt worden ist, kann auch im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde nicht geprüft werden, ob der angefochtene Entscheid hinsichtlich der Grenzabstände willkürlich ist. Es handelt sich insoweit um ein rechtliches Novum, das bei der Willkürbeschwerde unzulässig ist (BGE 118 Ia 20 E. 5a S. 26 mit Hinweis; Walter Kälin, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Aufl., S. 369 ff.).
 
6.
 
Nach dem Gesagten sind die Beschwerden abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens tragen die Beschwerdeführer die Gerichtskosten und müssen die Beschwerdegegnerin sowie (im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde) auch die Gemeinde Samnaun für die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens entschädigen (Art. 156 und 159 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde und die staatsrechtliche Beschwerde werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird den Beschwerdeführern auferlegt.
 
3.
 
Die Beschwerdeführer haben die Beschwerdegegnerin mit Fr. 3'000.-- und die Gemeinde Samnaun mit Fr. 2'000.-- für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Gemeinde Samnaun und dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 4. Kammer, sowie dem Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 10. November 2005
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
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