BGer 2A.387/2005 | |||
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BGer 2A.387/2005 vom 11.11.2005 | |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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2A.387/2005 /vje
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Urteil vom 11. November 2005
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II. Öffentlichrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Merkli, Präsident,
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Bundesrichter Betschart, Hungerbühler,
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Gerichtsschreiber Uebersax.
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Parteien
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X.________, z.Zt. Strafanstalt Saxerriet, 9465 Salez,
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Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
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Fredy Fässler,
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gegen
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Justiz- und Polizeidepartement des Kantons
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St. Gallen, Oberer Graben 32, 9001 St. Gallen,
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Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen, Spisergasse 41, 9001 St. Gallen.
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Gegenstand
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Ausweisung,
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Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil
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des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen
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vom 10. Mai 2005.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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1.1 Der 1972 geborene X.________, Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina, übersiedelte am 25. Oktober 1987 im Rahmen des Familiennachzuges in die Schweiz zu seinen Eltern. 1988 erhielt er die Niederlassungsbewilligung im Kanton St. Gallen. Am 20. Januar 1995 heiratete er seine Landsfrau Y.________, geb. 1970, die 1993 als Asylbewerberin in die Schweiz eingereist war. Aus der Ehe gingen zwei Kinder, geboren 1995 und 1999, hervor. Die Ehefrau und die Kinder sind heute ebenfalls im Besitz der Niederlassungsbewilligung.
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In der Zeit von 1992 bis 2003 wurde X.________ sechs Mal, insbesondere wegen wiederholten Eigentums- und Vermögensdelikten, strafrechtlich verurteilt und insgesamt mit Freiheitsstrafen von mehr als fünfeinhalb Jahren bestraft. Nach den ersten vier Verurteilungen verwarnte ihn das Ausländeramt des Kantons St. Gallen am 27. September 1999. Während des Strafvollzugs wies das Ausländeramt X.________ am 1. September 2004 aus der Schweiz aus. Mit Entscheid vom 31. Januar 2005 wies das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons St. Gallen einen dagegen erhobenen Rekurs ab und setzte die Dauer der Ausweisung auf zehn Jahre fest. Am 10. Mai 2005 wies das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen eine Beschwerde gegen den Departementsentscheid ab.
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1.2 Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 15. Juni 2005 an das Bundesgericht beantragt X.________ im Wesentlichen, die Verfügung des Justiz- und Polizeidepartements vom 31. Januar 2005 sei aufzuheben und von einer Ausweisung sei abzusehen; eventuell sei die Sache zu nochmaliger Prüfung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen.
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Das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons St. Gallen sowie das Bundesamt für Migration schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht stellt Antrag auf Abweisung, soweit auf die Beschwerde einzutreten sei.
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1.3 Mit Verfügung vom 5. Juli 2005 hat der Präsident der II. öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde gemäss einem entsprechenden Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung erteilt.
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2.
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Gegen kantonal letztinstanzliche Entscheide über fremdenpolizeiliche Ausweisungen ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht grundsätzlich zulässig (Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 OG e contrario). Auf die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann jedoch insoweit nicht eingetreten werden, als der Beschwerdeführer die Aufhebung des Departementsentscheids verlangt, handelt es sich doch dabei nicht um den letzinstanzlichen kantonalen Entscheid. Vor Bundesgericht anfechtbar ist lediglich das Urteil des Verwaltungsgerichts (vgl. Art. 98 lit. g OG), wobei der Inhalt des Departementsentscheids notwendigerweise mitüberprüft wird (vgl. BGE 125 II 29 E. 1c S. 33 mit Hinweisen).
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3.
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3.1 Ein Ausländer darf aus der Schweiz ausgewiesen werden, wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens gerichtlich bestraft wurde (Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG) und die Ausweisung nach den gesamten Umständen angemessen erscheint (Art. 11 Abs. 3 ANAG; vgl. BGE 125 II 521 E. 2b S. 524). Dabei sind namentlich die Schwere seines Verschuldens, die Dauer seiner Anwesenheit sowie die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen (vgl. Art. 16 Abs. 3 ANAV; BGE 125 II 105 ff.). Soweit wie hier nahe Familienangehörige mit einem gefestigten Anwesenheitsrecht in der Schweiz leben, sind sodann auch die Anforderungen von Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 BV zu beachten. Dabei sind grundsätzlich die gleichen Kriterien wesentlich wie bei der Anwendung von Art. 16 Abs. 3 ANAV (vgl. das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte i.S. Boultif gegen die Schweiz vom 2. August 2001, Rz. 8, VPB 65/2001 Nr. 138; BGE 129 II 215 E. 4 S. 218 f.). Das Bundesgericht prüft die Verhältnismässigkeit der Ausweisung als Rechtsfrage frei (vgl. Art. 104 lit. a OG); es ist ihm jedoch verwehrt, sein eigenes Ermessen - im Sinne einer Überprüfung der Opportunität - an die Stelle desjenigen der zuständigen kantonalen Behörde zu setzen (BGE 114 Ib 1 E. 1b S. 2; 125 II 521 E. 2a S. 523).
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Je länger ein Ausländer in der Schweiz gelebt hat, desto strengere Anforderungen sind an seine Ausweisung zu stellen. Ausländer, die bereits ausgesprochen lange hier leben, dürfen in der Regel nicht schon wegen eines einzelnen Delikts ausgewiesen werden, sondern nur bei wiederholten Straftaten von einigem Gewicht und falls eine sich zusehends verschlechternde Situation besteht, d.h. der Ausländer - statt sich zu bessern - mit der deliktischen Tätigkeit fortfährt und sich namentlich immer schwerere Straftaten zuschulden kommen lässt (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 2A.274/2005 vom 17. Oktober 2005, E. 2.2).
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3.2 Der Beschwerdeführer wurde wiederholt strafrechtlich verurteilt. Dabei erweist sich der Ausweisungsgrund von Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG als erfüllt. Sein Verschulden ist erheblich, wie nicht zuletzt auch das Kreisgericht St. Gallen in seinem Strafurteil vom 30. Oktober 2003 festgehalten hat, wobei es die verminderte Zurechnungsfähigkeit wegen der Spielsucht bereits mitberücksichtigte. Allein in diesem letzten Strafverfahren waren über 80 Einbruchdiebstähle, eine Deliktsumme von mehr als Fr. 786'000.-- sowie Sachschäden von mindestens Fr. 150'000.-- zu beurteilen. Der Beschwerdeführer liess sich auch von laufenden Strafverfahren und Probezeiten sowie von einer fremdenpolizeilichen Verwarnung im Jahre 1999 nicht von weiteren Straftaten abhalten. Die Schwere der Straftaten erhöhte sich mit zunehmender Delinquenz. Allein die beiden letzten Urteile lauteten jeweils auf zweieinhalb Jahre Zuchthaus. Unter dem Gesichtspunkt der Resozialisierung hat sich die Vorinstanz eingehend mit den verschiedenen psychiatrischen und therapeutischen Gutachten auseinander gesetzt und dabei festgehalten, eine Rückfallgefahr lasse sich nicht ausschliessen. Diese Feststellung ist mit Blick auf Art. 105 Abs. 2 OG nicht zu beanstanden. Daran ändert nichts, dass der Beschwerdeführer während des Strafvollzugs keine weiteren Straftaten beging und sich auch sonst gut gehalten hat. Dass die Strafgerichte von einer strafrechtlichen Landesverweisung abgesehen haben, steht einer fremdenpolizeilichen Ausweisung ebenfalls nicht entgegen (BGE 129 II 215 E. 3.2 S. 216 f.). Gegen den Beschwerdeführer mussten im Übrigen auch 22 Verlustscheine in der Höhe von insgesamt rund Fr. 69'000.-- ausgestellt werden.
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Der Beschwerdeführer gelangte im Alter von rund 15 Jahren in die Schweiz und hält sich nunmehr seit über 17 Jahren hier auf. Aufgewachsen ist er aber weitgehend in seiner Heimat. Es handelt sich bei ihm somit nicht um einen (hier geborenen und aufgewachsenen) Ausländer der "zweiten Generation", weshalb die von ihm begangenen Vermögens- und Eigentumsdelikte eine Ausweisung grundsätzlich durchaus zu rechtfertigen vermögen. Seine Frau, die seit etwa zwölf Jahren hier lebt, war bei der Ausreise in die Schweiz bereits rund 23 Jahre alt. Eine Rückkehr in die Heimat ist dem Beschwerdeführer und seiner Frau somit zumutbar, selbst wenn dies mit gewissen persönlichen und familiären Schwierigkeiten verbunden ist und die Rückfallgefahr dort allenfalls grösser erscheint als hier. Dass die Gesundheitsstörungen des Beschwerdeführers eine Ausreise ausschlössen, ist nicht ersichtlich. Den Kindern dürfte eine Ausreise freilich schwerer fallen, doch befinden sie sich weitgehend noch in einem anpassungsfähigen Alter.
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Insgesamt überwiegen die öffentlichen Interessen an der Ausweisung, insbesondere angesichts der Schwere der Straftaten, der Vielzahl der Delikte und der nach wie vor bestehenden Rückfallgefahr, die entgegenstehenden privaten Interessen des Beschwerdeführers deutlich.
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4.
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Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist im vereinfachten Verfahren nach Art. 36a OG abzuweisen.
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Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1, Art. 153 und 153a OG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht
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im Verfahren nach Art. 36a OG:
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1.
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Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Justiz- und Polizeidepartement und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 11. November 2005
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Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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