VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer U 275/2005  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer U 275/2005 vom 21.12.2005
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
 
Tribunale federale delle assicurazioni
 
Tribunal federal d'assicuranzas
 
Sozialversicherungsabteilung
 
des Bundesgerichts
 
Prozess
 
{T 7}
 
U 275/05
 
Urteil vom 21. Dezember 2005
 
IV. Kammer
 
Besetzung
 
Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiber Scartazzini
 
Parteien
 
S.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Herrn Milosav Milovanovic, Beratungsstelle für Ausländer, Weinbergstrasse 147, 8006 Zürich,
 
gegen
 
Winterthur Schweizerische Versicherungs-Gesellschaft, General-Guisan-Strasse 40, 8401 Winterthur, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwältin Marianne I. Sieger, c/o Leuch & Sieger, Kuttelgasse 8, 8001 Zürich
 
Vorinstanz
 
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn
 
(Entscheid vom 22. Juni 2005)
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die 1958 geborene S.________ war für das Sportcenter J.________ tätig und als solche bei der Winterthur Versicherungsgesellschaft (nachfolgend Winterthur) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert. Am 13. September 2000 wurde sie in einen Unfall verwickelt, indem sie als Fahrradlenkerin beim Zeichengeben von einem überholenden Personenwagen erfasst wurde und dabei einen Schlag gegen den linken Arm bzw. die linke Schulter erlitt. Anlässlich der Konsultationen im Kantonsspital Aarau wurde eine subkapitale Humerusfraktur links (Armbruch) diagnostiziert. Die Winterthur übernahm die Heilungskosten und erbrachte Taggeldleistungen. Mit Verfügung vom 21. August 2003 stellte sie ihre Leistungen auf den 30. November 2001 mit der Begründung ein, es fehle an einem adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und den gesundheitlichen Beschwerden bzw. der bestehenden Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit. Dies bestätigte die Winterthur mit Einspracheentscheid vom 20. April 2004.
 
B.
 
Dagegen liess S.________ Beschwerde erheben und beantragen, in Aufhebung des Einspracheentscheides sei die Winterthur zu verpflichten, die Versicherungsleistungen zu erbringen sowie eine Invalidenrente und eine Integritätsentschädigung zuzusprechen. Mit Entscheid vom 22. Juni 2005 wies das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn die Beschwerde ab.
 
C.
 
S.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und die Rechtsbegehren stellen, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, der Beschwerdeführerin Versicherungsleistungen ab dem 30. November 2001 aufgrund einer 100 %-igen unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit auszurichten. Insbesondere seien ihr eine Unfallrente und eine Integritätsentschädigung zuzusprechen.
 
Die Winterthur lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen, während das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung verzichtet.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Streitig und zu prüfen ist unter dem Gesichtswinkel des in Art. 6 Abs. 1 UVG angelegten Anspruchserfordernisses der Kausalität, ob der Gesundheitszustand, wie ihn die Beschwerdeführerin geltend macht (Schulter/Armschmerzsymptomatik links mit Symptomausweitung in die linke Körperhälfte), in einem rechtserheblichen Kausalzusammenhang zum versicherten Unfall vom 13. September 2000 steht und ob dieser bis längstens zum Erlass des Einspracheentscheides vom 20. April 2004, welcher die zeitliche Grenze der richterlichen Überprüfungsbefugnis bildet (BGE 121 V 366 Erw. 1b mit Hinweis; vgl. auch BGE 129 V 4 Erw. 1.2, 169 Erw. 1, 356 Erw. 1, je mit Hinweisen), auch über den 30. November 2001 hinaus (Einstellung der Leistungen) Anspruch auf Versicherungsleistungen gibt. Die zur Beurteilung der Frage der Kausalität rechtsprechungsgemäss erforderlichen Grundsätze und die massgeblichen Gesetzesbestimmungen hat das kantonale Gericht in allen Teilen zutreffend dargelegt. Schliesslich ist festzuhalten, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) nach den von der Rechtsprechung entwickelten intertemporalrechtlichen Regeln (BGE 130 V 446 f. Erw. 1.2 mit Hinweisen) auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar ist.
 
2.
 
2.1 Gestützt auf zahlreiche medizinische Berichte rheumatologischer, neurologischer und orthopädischer Natur gelangte das kantonale Gericht im angefochtenen Entscheid zum Schluss, dass die Winterthur die Weiterführung ihrer Leistungspflicht für die geklagten Beschwerden mangels erheblichem nachweisbarem organischem Substrat nach dem 30. November 2001 zu Recht verneint hatte. In psychischer Hinsicht stützte sich die Vorinstanz auf einen psychiatrischen Bericht des Dr. med. A.________ vom 21. Juli 2003, wonach eine schwere depressive Störung vorliege, die nach einem Autounfall entstanden sei, sich neben der depressiven Verstimmung, Angstgefühlen sowie Antriebslosigkeit manifestiert und sich auf dem Boden einer selbstunsicheren Persönlichkeit gebildet habe. Diesen Zustand bestätigte der Psychiater Dr. med. C.________ in seinem Bericht vom 10. Februar 2005. Vor allem stellte dieser Arzt eine schwere depressive Episode als Folge des Unfalles (ICD-10 F32.2) und eine posttraumatische Belastungsstörung als Folge des Todes der Tochter (F43.1) fest. Aber auch in den zahlreichen die somatischen Leiden betreffenden Berichten wird die Depression als dominierendes Beschwerdebild hervorgehoben. So attestierte das Kantonsspital R.________, Departement Chirurgie, bereits am 21. März 2001, nach Angaben der Versicherten bestünden Schmerzen, die klinisch nicht objektivierbar seien. Im Bericht der Rheumaklinik desselben Spitals vom 13. Juni 2001 wurden u.a. ein inadäquates Schmerzverhalten und eine posttraumatische Depression diagnostiziert. Schliesslich führte der Orthopäde Dr. med. H.________ in seinem Bericht vom 6. Juli 2004 aus, neurologisch lasse sich das sensible Hemisyndrom links nicht erklären. Es dürfe sich somit am ehesten um eine funktionelle Störung im Rahmen des posttraumatischen Schmerzsyndroms handeln.
 
Die Vorinstanz gelangte gestützt auf diese Angaben zum Schluss, dass von einem mittelschweren Unfallereignis auszugehen sei und dass selbst beim Vorliegen einer psychiatrischen Diagnose der adäquate Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und allfälligen psychischen Störungen zu verneinen sei. Insbesondere befand das kantonale Gericht, dass für eine Leistungspflicht wegen psychischer Fehlentwicklung in Anbetracht der in BGE 115 V 133 ff. festgelegten Grundsätze kein einziges der notwendigen Kriterien erfüllt sei.
 
2.2 Dagegen wird in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde lediglich geltend gemacht, der Unfall dürfe weder in psychiatrischer noch in somatischer Hinsicht banalisiert werden. Hauptsächlich seien die Berichte der Dres. med. Y.________, H.________ und A.________ nicht berücksichtigt worden. Zudem sei der Versicherten eine ganze Rente der Invalidenversicherung zugesprochen worden.
 
2.3 Die Argumentation der Beschwerdeführerin ist in keiner Hinsicht stichhaltig und ihrer Betrachtungsweise kann daher nicht gefolgt werden. Insbesondere ist festzuhalten, dass das kantonale Gericht die genannten Berichte vollständig und eingehend geprüft hat und dass es dabei zum selben Ergebnis gelangt ist wie die Beschwerdegegnerin. Gestützt auf die zur Verfügung stehenden medizinischen Akten kann in der Tat die Frage, ob es sich bei den von der Beschwerdeführerin geklagten Gesundheitsstörungen um eine natürliche Folge des versicherten Unfalles handelt, nicht mit dem im Sozialversicherungsrecht erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 126 V 360 Erw. 5b mit Hinweisen) beantwortet werden. Eine Rückweisung der Sache zwecks Einholung weiterer medizinischer Unterlagen erübrigt sich aber; denn selbst wenn aufgrund zusätzlicher Abklärungen der natürliche Kausalzusammenhang zu bejahen wäre, würde es, wie die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat, jedenfalls an der Adäquanz des Kausalzusammenhangs fehlen. Unerheblich ist sodann der Umstand, dass der Beschwerdeführerin eine Rente der Invalidenversicherung ausgerichtet wird, zumal sich in jenem Bereich die Frage eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfall und den geklagten Beschwerden nicht stellt. Demzufolge hat das kantonale Gericht, indem es das Vorliegen eines natürlichen Kausalzusammenhangs bei den somatischen Leiden verneint und in psychiatrischer Hinsicht lediglich als teilweise gegeben betrachtet hat (vgl. BGE 129 V 181 Erw. 3.1, 406 Erw. 4.3.1, 119 V 337 Erw. 1, 118 V 289 Erw. 1b, je mit Hinweisen), das Begehren auf weitere Versicherungsleistungen zu Recht abgelehnt.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.
 
Luzern, 21. Dezember 2005
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber:
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).