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Informationen zum Dokument  BGer 4P.266/2005  Materielle Begründung
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BGer 4P.266/2005 vom 06.01.2006
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
4P.266/2005 /bie
 
Urteil vom 6. Januar 2006
 
I. Zivilabteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Corboz, Präsident,
 
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
 
Gerichtsschreiber Huguenin.
 
Parteien
 
X.________, Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Advokat Dr. Dieter M. Troxler,
 
gegen
 
Y.________ AG, Beschwerdegegnerin,
 
vertreten durch Prof. Dr. David Dürr
 
und Thomas Moog, Rechtsanwälte,
 
Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung
 
Zivil- und Strafrecht, Postfach 635, 4410 Liestal.
 
Gegenstand
 
Art. 9 und 29 BV (Zivilprozess),
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil
 
des Kantonsgerichts Basel-Landschaft,
 
Abteilung Zivil- und Strafrecht, vom 12. Juli 2005.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
X.________ war Geschäftsleiter und Verwaltungsrat mit Einzelunterschrift der Hotel Z.________ AG. Diese mietete in den Jahren 1996 bis 2001 verschiedene Objekte der Liegenschaft A.________-strasse 1 in Basel von der Y.________ AG.
 
A.a Die Hotel Z.________ AG und die Vermieterin einigten sich nach verschiedenen Auseinandersetzungen in einem Vertrag vom 2. April 1998 unter anderem über die Abgeltung gegenseitiger Ansprüche. Gemäss Ziffer 4.2 dieses Vertrages sollte X.________ für die Verpflichtungen der Hotel Z.________ AG aus den drei Mietverträgen bis zu einem Betrag von Fr. 60'000.-- eine Bürgschaft eingehen, was er mit Erklärung vom 30. April 1998 tat.
 
A.b Am 20. November 2001 wurde über die Hotel Z.________ AG der Konkurs eröffnet, worauf die Vermieterin X.________ gestützt auf die Bürgschaftserklärung vom 30. April 1998 aufforderte, ihr den Betrag von Fr. 60'000.-- nebst Zins zu 5 % seit dem 20. November 2001 zu bezahlen. Da X.________ der Aufforderung nicht nachkam, setzte die Vermieterin den Betrag in Betreibung. Der Betriebene erhob Rechtsvorschlag. Mit Beschluss vom 10. April 2002 bewilligte das Bezirksgerichtspräsidium B.________ der Y.________ AG die provisorische Rechtsöffnung in der Betreibung Nr. 000000 des Betreibungsamtes C.________.
 
A.c Am 6. Mai 2002 gelangte X.________ an das Bezirksgericht B.________ mit dem Begehren, es seien die Forderungen, für welche mit Entscheid des Bezirksgerichtspräsidiums B.________ vom 10. April 2002 provisorische Rechtsöffnung (Fr. 60'000.-- nebst Zins zu 5 % ab 20. November 2001) erteilt wurde, abzuerkennen, resp. es sei gerichtlich festzustellen, dass diese Forderungen nicht bestehen. Ausserdem beantragte er die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Dieses Gesuch wies der Bezirksgerichtspräsident zufolge Aussichtslosigkeit der Klage ab. Das Kantonsgericht Basel-Landschaft bestätigte die Abweisung des Gesuchs auf Beschwerde mit Beschluss vom 26. August 2003.
 
A.d Das Bezirksgericht B.________ wies die Aberkennungsklage mit Urteil vom 11. August 2004 ab. Demgemäss wurde die in der Betreibung Nr. 000000 des Betreibungsamtes C.________ gegen den Aberkennungskläger für den Betrag von Fr. 60'000.-- nebst 5 % Zins seit 20. November 2001 bewilligte Rechtsöffnung für definitiv erklärt.
 
B.
 
Mit Urteil vom 12. Juli 2005 bestätigte das Kantonsgericht Basel-Landschaft das Urteil des Bezirksgerichts B.________ in Abweisung der Appellation des Aberkennungsklägers vollumfänglich. Das Kantonsgericht stimmte der erstinstanzlichen Erwägung zu, dass die vom Kläger behauptete Gegenforderung nicht rechtskräftig beurteilt sei (E. 3). Es hielt sodann fest, dass das erstinstanzliche Urteil nicht an schweren Verfahrensmängeln leide (E. 4), wies die Behauptung des Klägers ab, es sei ihm von der Hauptschuldnerin am 19. Oktober 2001 eine Forderung gegen die Beklagte von Fr. 97'965.75 abgetreten worden, mit der er verrechnen könne (E. 5), hielt den Bestand der behaupteten Verrechnungsforderung für nicht bewiesen (E.6) und kam zum Schluss, dass die drei Mietverträge nicht gegen zwingendes Bundesrecht verstossen (E. 7).
 
C.
 
X.________ focht des Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 12. Juli 2005 mit staatsrechtlicher Beschwerde und Berufung beim Bundesgericht an. Mit der vorliegenden Beschwerde beantragt er die Aufhebung des angefochtenen Urteils. Die Beschwerdegegnerin und das Kantonsgericht stellen in ihren Vernehmlassungen Antrag auf Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde gegen den angefochtenen, letztinstanzlichen Entscheid (§§ 216 ff. Gesetz betreffend die Zivilprozessordnung des Kantons Basel-Landschaft vom 21. September 1961; abgekürzt ZPO BL) ist zulässig wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger (Art. 84 Abs. 1 lit. a OG). Die Beschwerde ist nur gegeben, wenn die behauptete Rechtsverletzung nicht sonstwie durch Rechtsmittel beim Bundesgericht gerügt werden kann (Art. 84 Abs. 2 OG).
 
1.1 Da es sich vorliegend um eine berufungsfähige Zivilrechtsstreitigkeit handelt, ist die Rüge der Verletzung des Bundesrechts im Sinne von Art. 43 OG ausgeschlossen. Soweit der Beschwerdeführer ausdrücklich oder sinngemäss entsprechende Rügen erhebt, kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.
 
1.2 Die Verletzung der Beweisregel von Art. 8 ZGB kann mit Berufung gerügt werden. Soweit die Vorbringen des Beschwerdeführers in diesem Zusammenhang nicht die Beweiswürdigung betreffen, kann darauf nicht eingetreten werden. Auch soweit der Beschwerdeführer die willkürliche Anwendung von Art. 256 OR rügt bzw. die Nichtigkeit der Bürgschaftsverpflichtung behauptet, ist die Beschwerde von vornherein unzulässig.
 
2.
 
Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss die Beschwerdeschrift die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, gegen welche verfassungsmässigen Rechte der angefochtene Entscheid verstossen hat. Es ist darzulegen, welche verfassungsmässigen Rechte oder unbestrittenen Rechtsgrundsätze und inwiefern sie verletzt worden sein sollen (BGE 110 Ia 1 E. 2 S. 3 f.; 130 I 26 E. 2.1 S. 31). Auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 107 Ia 186 E. b).
 
2.1 Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Auslegung von § 104 Abs. 2 ZPO BL. Soweit er in diesem Zusammenhang vorbringt, die Praxis des Kantonsgerichts müsste "mit den Grundsätzen des überspitzten Formalismus kollidieren", ist nicht erkennbar, welches verfassungsmässige Recht er als verletzt erachtet. Die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge einer Verweigerung des rechtlichen Gehörs kann ebenfalls nicht gehört werden, da deren Begründung den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht genügt. Soweit der Beschwerdeführer im Übrigen Willkür in der Sachverhaltsfeststellung bzw. in der Würdigung von Rechtsschriften rügt, erschöpfen sich seine Vorbringen weitgehend in appellatorischer Kritik. Nur soweit wenigstens sinngemäss erkennbar ist, inwiefern der Beschwerdeführer das Willkürverbot als verletzt erachtet, kann auf die diesbezüglichen Rügen eingetreten werden.
 
2.2 Nach ständiger Rechtsprechung liegt Willkür nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar oder gar vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid vielmehr nur auf, wenn dieser mit der tatsächlichen Situation in offensichtlichem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Dabei rechtfertigt sich die Aufhebung des angefochtenen Entscheides nur, wenn er auch im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 129 I 49 E. 4 S. 58). Dem Sachgericht steht bei der Würdigung der Beweise ein grosser Ermessensspielraum zu. Willkür ist in diesem Bereich nur zu bejahen, wenn das Gericht offensichtlich den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels verkannt, ohne vernünftigen Grund ein wichtiges und erhebliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder aus den vorhandenen Elementen unhaltbare Schlüsse gezogen hat (BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9).
 
3.
 
Nach § 104 Abs. 2 ZPO BL soll die schriftliche Klage namentlich enthalten:
 
c. eine kurze und deutliche Darstellung der Tatsachen, welche das Rechtsbegehren begründen,
 
d. die Angabe der Beweismittel, von denen der Kläger Gebrauch machen will; diese sind, soweit es sich um Urkunden handelt, der Klage beizulegen."
 
3.1 Das Kantonsgericht hat im angefochtenen Urteil festgehalten, der Beschwerdeführer habe nicht rechtsgenügend substanziiert, wie sich seine Gegenforderung zusammensetze, und die erst mit der Replik eingereichten Bankbelege seien verspätet in den Prozess eingeführt worden. In der vorangehenden Erwägung hat das Kantonsgericht als fraglich bezeichnet, ob die vom Beschwerdeführer behaupteten Investitionen genügend substanziiert seien, wenn sie nicht direkt in der Klage aufgeführt würden und nur der Gesamtbetrag genannt werde, während aus den Beilagen konstruiert werden müsse, wie sich die Summe zusammensetze. Die als Beilage vom Beschwerdeführer eingereichte Übersicht aller angeblich bezahlten Rechnungen qualifizierte das Kantonsgericht als blosse Parteibehauptung ohne Beweiskraft. Den der Klageschrift beigelegten Rechnungen vermochte das Kantonsgericht nicht zu entnehmen, dass tatsächlich Zahlungen erfolgt waren.
 
3.2 Der Beschwerdeführer stellt nicht in Frage, dass es sich bei den von ihm mit der Replik eingereichten Bankbelegen um Urkunden handelt. Es entspricht dem Wortlaut von § 104 Abs. 2 lit. d ZPO BL, dass diese der Klage beigelegt werden müssen. Das Kantonsgericht stützte seine Rechtsauffassung, dass später eingereichte Urkunden unberücksichtigt bleiben müssten, zudem auf die Lehrmeinung von Kommentatoren und seine eigene Praxis. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers entspricht diese Auslegung dem Zweck eines geordneten und zeitgerechten Prozessverfahrens. Der Beschwerdeführer begründet denn auch in keiner Weise, weshalb es ihm nicht möglich gewesen sein sollte, die Bankbelege bereits der Klage beizulegen, wie es der Wortlaut von § 104 Abs. 2 lit. d ZPO BL verlangt. Dass das Kantonsgericht die blosse Beweisofferte nicht als hinreichend ansah, ist jedenfalls vertretbar und damit nicht willkürlich. Unter diesen Umständen ist unerheblich, ob der Beschwerdeführer die Anforderungen an die Substanziierung der behaupteten Investitionen erfüllt hat, wie er vorbringt, und ob die Beschwerdegegnerin seine Darstellung rechtzeitig bestritten hat.
 
4.
 
Der Beschwerdeführer beanstandet sodann die Feststellung des Kantonsgerichts, dass er die zugrunde liegenden Mietzinsausstände und die Bürgschaftsforderung ausdrücklich anerkannt habe.
 
4.1 Das Kantonsgericht hatte die Rüge des Beschwerdeführers zu beurteilen, das Bezirksgericht habe sich nicht mit der Nichtigkeit der Bürgschaftsforderung auseinandergesetzt. Das Kantonsgericht kam zum Schluss, es habe für das erstinstanzliche Gericht kein Anlass bestanden, die Nichtigkeit der Hauptforderung zu prüfen, da der Beschwerdeführer in dieser Hinsicht nichts vorgebracht habe. In diesem Zusammenhang bemerkte das Gericht, der Beschwerdeführer habe sowohl die Mietzinsausstände wie die Bürgschaftsforderung "ausdrücklich" anerkannt.
 
4.2 Der Beschwerdeführer bestreitet eine ausdrückliche Anerkennung und rügt als willkürliche Feststellung und als Verletzung der aus dem Gebot des rechtlichen Gehörs fliessenden Begründungspflicht, dass das Kantonsgericht die Aktenstelle nicht angebe, wo er angeblich eine ausdrückliche Anerkennung erklärt habe. Er nennt freilich seinerseits keine Aktenstelle, aus der sich eine Bestreitung ergeben könnte und weist insbesondere nicht nach, dass er die Nichtigkeit der von ihm verbürgten Mietzinsforderungen schon vor erster Instanz behauptet habe. Unter diesen Umständen ist nicht erkennbar, wie die - möglicherweise diskutable - Feststellung einer "ausdrücklichen" Anerkennung das Ergebnis des angefochtenen Entscheides hätte beeinflussen können. Das Kantonsgericht hat im angefochtenen Urteil die vom Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Kantonsgericht aufgeworfene Frage der Nichtigkeit der Hauptforderung geprüft. Dass es im Ergebnis in Willkür verfallen sein könnte mit dem Schluss, das erstinstanzliche Gericht habe zu dieser Prüfung aufgrund der Parteivorbringen keinen Anlass gehabt, ist nicht dargetan.
 
5.
 
Aus diesen Gründen ist die staatsrechtliche Beschwerde abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann.
 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend ist die Gerichtsgebühr dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Dieser hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'500.-- zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Zivil- und Strafrecht, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 6. Januar 2006
 
Im Namen der I. Zivilabteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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